| Pressemeldung | Nr. 025b

Bildung christlicher Identität in pluraler Gesellschaft

Kardinal Dr. Christoph Schönborn, Erzbischof von Wien, auf dem II. Bundeskongress Katholischer Schulen am 21. Mai 2001 in Bonn

Es gilt das gesprochene Wort
0. Einleitung
Es gibt Vorträge, bei denen man als Referent weiß, dass die Zuhörer mit Fug und Recht klare Antworten und solide Problemlösungen erwarten. Und dann gibt es solche, bei denen allen bewusst ist, dass aus vielerlei Gründen keine glatten und eindeutigen Antworten vorgelegt werden können - außer der Redner wäre ein Scharlatan.
Bei unserem heutigen Thema geht es letztlich um eine der grundlegendsten Fragen, nämlich wie Kirche sich entwickeln wird müssen, um heute und morgen unter den Bedingungen einer pluralistischen Gesellschaft ihren Auftrag erfüllen zu können. Es ist klar, dass es hier keine Patentantworten, sondern lediglich Suchbewegungen und Orientierungen geben kann: durch theoretische Reflexion und durch das Wagnis der Praxis. Dazu hat der Freiburger Pastoraltheologe Hubert Windisch prägnant formuliert: "Wenn heute der Eröffnungstext der Pastoralkonstitution Gaudium et spes neu zu formulieren wäre, müsste man den Begriffspaaren ,Freude und Hoffnung', ,Trauer und Angst' wohl den Zustand der Ratlosigkeit hinzufügen. ... Man muss sogar behaupten, dass die Kirche nicht nur die Ausweglosigkeiten des Augenblicks teilt, sondern darüber hinaus unter spezifisch innerkirchlicher Ratlosigkeit zu leiden hat."1
Ich werde im Folgenden vier Punkte anreißen: Nach einer Verhältnisbestimmung von Identität und Relevanz in einer pluralistischen Gesellschaft (1) werde ich versuchen, einige Fallen zu benennen als Warnung für diejenigen, die sich auf dem Weg befinden - in Theorie und Praxis. Ich nenne sie verkürzt Identitätsfallen (2) und Pluralismusfallen (3), sie gilt es zumindest zu umgehen, im besten Fall zu entschärfen bzw. unwirksam zu machen. Im Zusammenhang mit Ihrem Tätigkeitsfeld möchte ich Ihnen dann einige Anregungen (4) vorlegen, die sich aus dem Gesagten ergeben könnten.
1. Identität in ihrem Verhältnis zu Relevanz in einer pluralistischen Gesellschaft
Ich erspare uns allen eine Darlegung der verschiedenen Definitionen von Identität, Pluralität und Pluralismus und verlasse mich auf ein umgangssprachlich vergemeinschaftetes Vorverständnis. Ich stelle Ihnen gleich das Verhältnis zwischen Identität und Relevanz im geläufigsten Ansatz dar und werde diesen in seinem mehr oder minder absoluten Geltungsanspruch auch anfragen. Ich meine das sogenannte Identität - Relevanz - Dilemma, das vor allem auf die Spannung zwischen diesen beiden Polen abstellt.
Das Dilemma besagt in aller Kürze, dass die klare Benennung all dessen, was meiner Identität zutiefst entspricht, meine aktuelle Relevanz auf dem Markt der Meinungen und Optionen in einer pluralistischen Gesellschaft senkt.
Davon legen die vielfach verwechselbar gewordenen Profile der stimmenstarken politischen Parteien Europas ein beredtes Zeugnis ab. In dem Moment, in dem etwa Grünparteien ihre Individualverkehrskonzepte, Sozialdemokraten ihre Umverteilungskonzepte vorlegen, etwas, was zweifelsohne beider Identität betrifft, sinken ihre Umfragewerte rapide ab.Ähnlich ist auch unsere Erfahrung als Kirche: Wo wir unsere kantenfreie Nützlichkeit unter Beweis stellen können, beim Ausrichten von Feiern, im Bereich von Sinnstiftung und "softer" Kontingenzbewältigung, im Feld der Bildung oder des Sozialen billigt man uns gerne Relevanz zu. Diese sinkt aber sehr schnell, wenn wir Wahrheitsansprüche geltend machen oder Grundlinien unserer Soziallehre einfordern. Wir erleben also, dass uns die Gesellschaft klar vorgibt, wodurch wir unsere Relevanz effektiv erweisen und wodurch nicht.Theologisch noch einmal vertieft geht es bei diesem Identitäts-Relevanz-Dilemma um die Frage, ob ich die Bewahrung des "Eigentlichen" meiner Botschaft, das mir Identität garantiert, vor oder nach meinem Bestreben reihe, gesellschaftlich aktuell relevant zu sein.
Nun ist natürlich schon durch die Bezeichnung der Spannung als "Dilemma" eine gedankliche Einengung vorgenommen, denn sie schließt Auswege aus. Und doch lohnt es sich, über solche Wege, die keinesfalls immer nur Aus-wege sind, nachzudenken.
Aus den Erfahrungen mit den politischen Parteien erhalten wir ja de facto nur über mehr oder minder kurzfristige Entwicklungen Aufschluss, da diese jeweils im Sinne des Dilemmas sofort reagieren. Sie ändern im Normalfall ihre Identitätsstrategie stante pede zugunsten einer Relevanzstrategie. Bei längerfristigem Verhalten im Sinne einer Identitätsstrategie wäre es durchaus denkbar, dass sich die Spannung zwischen Identität und Relevanz als eben doch nicht dilemmatisch erweist. Denn im Blick auf den hohen Bedarf an Bestimmtheit, die eine pluralistische Gesellschaft zum Überleben braucht, könnte sich das Dilemma auflösen: Gerade ein hohes Maß an konsequent offengelegter Identität würde hohe Relevanz zur Folge haben. Dieser Möglichkeit, von einigen Soziologen durchaus ernsthaft erwogen, tritt man innerkirchlich eher nur zögerlich nahe. Ich lade Sie ein, für die vielen Entwicklungen in diese Richtung die Augen, die Ohren und die Herzen zu öffnen und sich von ihnen Mut zu holen.
Eines steht jedenfalls leider fest: die Relevanzstrategie, welche die Kirche in den letzten Jahrzehnten vielfach verfolgt hat, war ja, wie die Erfahrung zeigt, nicht gerade die erfolgreichste, hat eher zur Identitätskonfusion geführt, ohne die eigentlich zu erwartende hohe Relevanz zur Folge gehabt zu haben.Aber auch von einem immer wichtiger werdenden Ethos der Verständigung innerhalb einer pluralistischen Gesellschaft muss das Dilemma grundsätzlich angefragt werden. Es scheint status-ehrlicher, wenn wir - selbst gegen pragmatische Erfahrungen - zuerst unser identitätskonformes Profil offen legen und leben und uns dann auf ein gelassenes Gespräch über all unsere Beiträge im Sinne einer öffentlichen Relevanz einlassen. Damit wäre erstens ein wichtiger Schritt gegenüber einer zunehmenden Funktionalisierung dessen, was wir sind, getan. Vielleicht ist das heute der letzte verbleibende Weg gegenüber dem Zwang von Religion, zu einer bloß brauchbaren "civil religion" zu mutieren. Dadurch wäre aber zweitens ein nicht zu unterschätzender - und zugleich hoch relevanter - Beitrag zu dem geleistet, was in der pluralistischen Gesellschaft oberstes, aber höchst zerbrechlich gemachtes Gut ist: Freiheit, die in Gefahr ist, zur Beliebigkeit zu verkommen.Die mit ganz bestimmten Konnotationen versehenen Paare, die dem Dilemma zugrunde liegen, verdienen es ebenfalls in ihrem "aut-aut", in ihrem "entweder-oder" genauer betrachtet zu werden. Es werden nur je eine ganz bestimmte Spielart von Identität und eine ganz bestimmte von Relevanz gegenübergestellt: eine Identität, die das Eigentliche nur bewahrt und quasi unverändert vermittelt; eine Relevanz, die durch Aktualisierung und Situierung das eigentlich Identitätkonstituierende verdunkelt. Dass Identitätsstiftendes auch so neu gesagt werden kann - ja muss! - , dass es aktuell verstehbar und damit relevant wird, kommt viel zu wenig in Betracht. Ebenso wird ausgeblendet, dass Erfahrungen von Relevanz selbstverständlich wieder Rückwirkungen auf die Identität haben.
Ich denke, der schöne Grundsatz von der doppelten Treue gegenüber Gott und dem Menschen, Ihnen allen bestens vertraut, könnte hier leitend sein - ganz im Sinne eines gut katholischen "et-et", einem "sowohl als auch". Denen, die auf Identität ausschließlich durch Bewahrung wie jenen, die auf Relevanz ausschließlich durch Veränderung setzen, beiden kann der Satz aus Lampedusas berühmten Roman "Der Leopard" mitgegeben sein: "Damit alles bleibt, wie es ist, wird sich sehr viel ändern müssen."2. Identitätsfallen: Fallen beim Konzipieren und Aufbauen von Identität
2.1. Identität als Selbstzweck
Bei der Lektüre mancher Theoretiker individueller wie kollektiver Identitäten entsteht der Eindruck, den ich auf die folgende Kurzformel bringen möchte: "Identität gewonnen - alles gewonnen". Vielleicht resultiert auch daraus die etwas verbitterte Grundstimmung im kirchlichen Kampf um Identität, die es auch zu relativieren gilt.
Denn mit aller Entschiedenheit ist auf ihren grundsätzlichen Geschenkcharakter, dann aber auch auf den dienenden Charakter von Identität zu verweisen. Identität zu bewahren und sie unter dem Anspruch des Kairos zu entwickeln, ist besonders für die Kirche niemals Selbstzweck, sondern Voraussetzung für die Erfüllung des Weltauftrags, welcher ihr mit auf ihrem Weg gegeben ist.
Eben wegen dieses spezifischen Auftrags der Kirche an und in der Welt darf ihr auch nicht jedes Mittel recht sein, sich ihrer Identität zu vergewissern: Erklärung der Welt zur feindlichen Gegenwelt, Realitätsverweigerung und Aufrufe zum Rückzug in den Bunker der Gleichgesinnten - all das sind Wege, die ihr nicht zustehen. Es wäre letztlich Identitätsverlust, wenn sie sich aus einem durchaus verständlichen Bedürfnis nach Sicherheit, Geborgenheit und Unangefochtenheit aus dieser Welt heraushielte. Jede Definition eigener Identität als ein "Stand-Gewinnen in sich selbst", die diese Hinordnung auf ein "Sein für andere im Auftrag eines Anderen" nicht berücksichtigt, lädt ein zu einer Bewegung, die uns leider ohnehin viel zu vertraut ist: Dem Kreisen um uns selbst.
Ich danke ausdrücklich denjenigen, die diese Tagung konzipiert haben, dass genau dieser Kurzschluss vermieden wurde durch die explizite Kombination einer Bildung von christlicher Identität auf der einen und dem missionarischen Auftrag von Kirche auf der anderen Seite. Dadurch hat man es vermieden, sich auch nur in die Nähe der Selbstverwirklichungsfalle, einem ungebrochenen Megatrend der letzten Jahrzehnte, zu begeben.
2.2. Identität als Ergebnis bloß von Negation
Es ist bekannt, dass - zumindestens vordergründig - nichts Identität besser entstehen lässt als ein solides Feindbild, von dem man sich in möglichst vielen Punkten abgrenzen kann.
Dieser Weg hat selbstverständlich auch in der Geschichte der Kirche eine große Tradition und er hatte in Zeiten von Verfolgung und Diaspora sicher auch seine Berechtigung. Es darf aber nicht außer Acht gelassen werden, dass uns das II. Vatikanische Konzil einen anderen Weg eröffnet hat und uns mutig vorangegangen ist. Es konnte über Gott, die Welt, die Kirche und die Menschen handeln ohne sich auch nur eines einzigen Anathemas zu bedienen. Es musste nicht in erster Linie auf Differenzen seinen Blick richten, sondern konnte zuerst einmal auf Gemeinsamkeiten setzen: Zwischen Kirche und Welt, zwischen Priestern und Laien, zwischen den Gläubigen und den Nichtglaubenden, zwischen den Religionen und zwischen den Kirchen. Damit hat es uns zu einer noch viel zu wenig beachteten Sichtweise auch für unsere Identität eingeladen - gerade in einer pluralistischen Gesellschaft.
Fast wäre es eine Kirchenvision wert, sich vorrangig seiner Identität vergewissern zu können, indem man das in den Vordergrund stellt, zu dem man seine Zustimmung geben kann. Jürgen Werbick fasst das so zusammen: "Wer nach der Identität des Christlichen fragt, der darf eben nicht bei den ,Neins' anfangen. Die führen ihn von der Mitte des Christlichen weg. Er muss versuchen, Rechenschaft zu geben, wozu er - wozu die Christen - glaubend ,Ja und Amen' sagen. Wer so anfängt, wird schnell dankbar feststellen, dass dann auch wirklich von einer Identität des Christlichen gesprochen werden darf und nicht nur von konfessionellen Identitäten."2
Dass es dabei gerade um der Identität willen immer auch die Notwendigkeit einer klaren und dezidierten Abgrenzung gibt und geben muss, versteht sich von selbst. Die alles entscheidende Frage ist, was ich im Sinne eines Kriteriums als das Eigentliche, das Zentrale, das Unaufgebbare meiner Identität ansetze. Bestimme ich - auf der Suche nach christlicher Identität - etwa bestimmte kirchliche Strukturen als das, woran alles für mich hängt, gerate ich in Gefahr, Peripherie und Mitte miteinander zu verwechseln und überhaupt den grundsätzlichen Verweischarakter von Kirche auf das Geheimnis Gottes zu vergessen. Das wäre dann ein Fundamentalismus, den man zu Recht fürchten müsste. Es gibt aber auch ein Fundamental-Sein anderer Art, das theologisch verantwortbar den lebensfreundlichen Gott und seine tiefe Zuwendung zur Welt in die Mitte rückt und - fernab von allen Dilemmata - nicht bereit ist, sich von dieser Mitte zu distanzieren und sie der Beliebigkeit anheimzugeben.
So nenne ich die Falle, die es hier zu umgehen gilt, die Fundamentalismusfalle. In sie tappt selbst, wer weniger Wesentliches zum Wesentlichsten erhebt und dafür in den Kampf der Ab- und Ausgrenzung zieht. In sie führt aber auch, wer jeden, der sich zeitgeistkonformen Plausibilitäten verweigert, ungeprüft einem Fundamentalismusverdacht aussetzt.
2.3. Identität als Festung
In der Theorie der Identität gibt es verschiedene Grundmuster, eines möchte ich hier einbringen. Man spricht von sogenannten geschlossenen und sogenannten offenen Identitäten - ich möchte sie kurz und etwas überspitzt zeichnen.
Geschlossene Identitäten kann man sich am besten unter dem Bild eines Hauses mit geschlossen Türen und Fenstern vorstellen. Man ist sich selbst genug, erklärt sein Haus für die Welt und erwartet sich nichts von Außen, weshalb es auch keine weiteren Kontakte gibt. Die Grenzmauern zwischen drinnen und draußen sind klar gesetzt, sie schützen die Innenwelt, geben Halt und sorgen dafür, dass alle Bewohner wissen, wohin sie gehören. Für offene Identitäten kann ebenfalls das Bild eines Hauses verwendet werden, allerdings mit Vorgärtchen samt einer Bank zum Verweilen. Fenster mit Blumenkistchen und alle Türen sind geöffnet, von außen kann man in das Innere blicken. Bewohner und Gäste gehen gerne ein und aus, an den offenen Fenstern tauchen Menschen auf, die Ausschau halten und Gespräche anknüpfen. Auch hier definieren Mauern den Innenraum, man fühlt sich heimelig, aber man hofft auf Bereicherung von Außen.
Vielleicht ist Ihnen manches dazu in den Sinn gekommen. Für mich ist es immer wieder der Gegensatz zwischen dem Kirchenlied "Ein Haus voll Glorie schauet, aus ewigem Stein erbauet ..." und der Zeltstadt, wie man sie in Taizé erleben kann. Und ich gestehe, dass ich beidem zugetan bin und beide Bilder, gerade in ihrer Spannung, als tief und echt erlebe.
Eine andere als eine offene, an den Rändern durchlässige Identität ist für die Kirche gar nicht denkbar. Lebt sie doch vor allem aus der eschatologischen Spannung auf ihre Vollendung im Reich Gottes hin. Offen für diese immer größeren Verheißungen Gottes, begeben sich Christen, die in der Kirche Heimat haben, aus der Sicherheit des eigenen Hauses heraus auf Suche nach einer Verständigung über das, was andere Menschen in dieser pluralistischen Welt trägt. Auch fremden Lebens- und Glaubensgeschichten wird zuerst einmal zugetraut, ebenfalls Zeugnis von der größeren Wahrheit Gottes zu sein. Die Erkenntnis, dass man das Andere auch braucht, um die einzigartige Rolle, die man selbst zu erfüllen hat, zu verstehen, lässt die Augen voll Erwartung aufgehen. In der Wahrnehmung von Gemeinsamem wie von Unterschiedlichem wächst Identität und lernt man sich selbst immer besser verstehen und auch abzugrenzen. In einer solchen Kirche wird in erster Linie einmal nicht abqualifiziert, was sich an religiösen Suchbewegungen außerhalb des eigenen Hauses oder überhaupt unbehaust ereignet. Viele Bewegungen, die angeblich erst der postmoderne Pluralismus mit sich gebracht hat, werden plötzlich als eigene Kinder erkannt und wieder eingeladen: Individualismus, Lust an Freiheit, vielfältige Sorge für die Schöpfung. So könnte es nach Michael Ebertz der Kirche gelingen, "sich in der Welt anschlussfähig zu halten, ohne in ihr aufzugehen, in der Beliebigkeit oder Irrevelanz zu zerfließen und das Skandalon ihrer Verkündigung preiszugeben"3.
Wer demgegenüber bei der Bildung christlicher Identität nur auf Geschlossenheit setzt, erstarrt in der Rückzugsfalle, die vieles vergessen macht: dass Kirche als Ekklesia eine Herausgerufene um aller Menschen willen ist und dass Gott einer ist, der hinausführt. Norbert Lohfink hat genau diese Dimension in fast schmerzlicher Schärfe in Ausdeutung der Patriarchenerzählungen folgendermaßen benannt: "Unser Gott ist ein Gott, der Menschen zu Fremdlingen macht im eigenen Land. ... Die Begegnung mit Gott zerstört uns die Welt, in der wir uns eingerichtet haben"4.
3. Pluralismusfallen: Fallen in der Art und Weise, über den Pluralismus zu denken und sich ihm gegenüber zu verhalten
3.1. Pluralismus als das große und fremde Gegenüber der Kirche
Allzu gerne sehen wir den Pluralismus als etwas an, das als rein gesellschaftliches, uns noch dazu vor allem negativ berührendes Phänomen verunsichert. Das ist zweifelsohne richtig, er ist ein gesellschaftliches Phänomen und wir verspüren ihn derzeit als starken Gegenwind.
Aber genauso richtig ist es auch, dass uns Pluralismus in der Kirche ganz und gar nicht fremd ist und in unserer Geschichte auch schon den Charakter eines tragenden Rückenwinds entfaltet hat. Es beginnt bei der Eigenart unserer Offenbarungstraditionen, die uns in manchmal fast unvereinbarer theologischer Vielfalt gegeben sind. Es sind die Wege, welche die junge Kirche mit der Aufnahme von Heidenchristen, aber auch im Römischen Reich spannungsreich durchlebte, unterschiedliche Erfahrungen von atemberaubender Pluralität. Auch die Vielfalt der Orden mit ihren unterschiedlichen Lebensregeln, verschieden gewichteten Verhältnissen von Aktion und Kontemplation, und den daraus resultierenden so differenten Wirkungsgeschichten, gehört zu uns. Einer der ersten Schritte zur Pluralisierung in Europa wurde durch die schmerzlichen konfessionellen Trennungen gesetzt, welche die Kirchen zu verantworten haben. Als eigentlicher Beginn des Pluralismus in Europa gilt nach recht gut belegter religionssoziologischer Theorie sogar der Protestantismus selbst, mit seiner dem glaubenden Individuum zugemessenen Bedeutung - auch im Unterschied zur Institution der Kirche5.
Wir haben es gelernt, wenn auch nicht jeden einzelnen auf jeder einzelnen Ebene, aber doch Pluralismus grundsätzlich als Wert auch innerhalb der Kirche anzusehen. Das zeigt sich sehr deutlich in der ökumenischen Bewegung, in der es nicht darum gehen kann, Einheit um den Preis eines Verlusts von Vielfalt zu erstreben. In jedem Fall darf Pluralismus, vielleicht sogar in besonderer Weise der innerkirchliche, so verwirrend er auch manchmal ist, als Herausforderung gesehen werden.
Wer also Pluralismus nur in seiner bedrohlichen Außendimension wahrnimmt, tappt in eine Reduktionsfalle und gerät dadurch in Gefahr, die vielfältigen kirchlichen Erfahrungen und durchaus erfolgreichen Strategien im Umgang mit Pluralismus nicht zu heben.
3.2. Pluralismus als Legitimation geistiger Bequemlichkeit
Für manche Zeitgenossen scheint sich der postmoderne Pluralismus als ein "anything goes" darzustellen: alles ist gleich gut, dann wird alles gleich gültig, zuletzt alles gleichgültig. In einem solchen Verständnis erübrigt sich jeder anspruchsvolle Diskurs, die Frage nach Wahrheit, nach Konsistenz und Argumentierbarkeit von Konzeptionen kommt erst gar nicht in Sichtweite. Jede noch so banale Äußerung gelangt durch den Hinweis, dass dies eben eine persönliche Sichtweise sei, in den Grundverdacht, deswegen auch schon wahr zu sein.
Gestatten Sie mir, schon einen Vorgriff auf die Schule zu machen und eine Passage aus dem köstlichen Buch des Wiener Pädagogen Alfred Schirlbauer zu zitieren, der ein solch banal-scheinbar postmodern-pluralistisches Lehrer-Schüler-Gespräch entwirft. Der Lehrer, selbstverständlich dem Jargon der Szene verfallen, radebrecht: "Also, ich für mich, sehe das so. Wie seht ihr das für euch, von euch her?" Oder elaborierter: "Meine ganz subjektive Sichtweise ... ist diese, dass ich für mich nur sagen kann, dass ich es furchtbar finde, wenn ... Ich finde, jeder sollte hier, von sich her, zu seiner ganz persönlichen Meinung finden ... Sigrid, vielleicht sagst du uns einmal von deiner ganz persönlichen Erfahrung her, wie du das siehst ... Ich meine, wir sollten hier zu uns ganz ehrlich sein und uns nicht von irgendwelchen Autoritäten beeinflussen lassen."6 Der große Kenner der Postmoderne, der Berliner Philosoph Wolfgang Welsch bezeichnet diese oberflächliche Form von vermeintlicher Pluralität als eine Praxis "vordergründiger und oberflächlicher Subjektivität ..., die Pluralität nur im Modus der Bequemlichkeit und zu Entlastungszwecken in Anspruch nimmt", bildhaft nennt er sie ein Sitzen "im Lehnstuhl von Selbstherrlichkeit"7.
Wenn es also darum geht, die positiven Formen von Pluralisierung zu entwickeln, ist ein doppeltes zu bedenken. Um der Wahrheit willen ist "auf eine Praxis der Artikulation und Zuschärfung", eine "Praxis der Differenz und der Präzision"8 zu setzen. Um der Menschen willen, die durch eine systematische Orientierungslosigkeit kontinuierlich überfordert sind, ist darauf zu achten, dass die pluralistische Gesellschaft nicht zu einem unüberschaubaren und undifferenzierten Durcheinander wird, das unweigerlich Fundamentalismen verschiedenster Art generiert. Vielmehr muss sich um jeweilige Bestimmtheit sorgen, wer zur Vielfalt der pluralistischen Gesellschaft steht und sie produktiv gestalten möchte.
Wer also nur auf Bestimmtheitsverzicht und Bestimmtheitsverweigerung setzt, fällt in die Falle der Verwechselbarkeit. Theologie, Katholische Schule und konfessioneller Religionsunterricht, mit beiden Kirche im gesamten, können und sollen vielmehr "im kulturellen und religiösen Pluralisierungsprozess der Gegenwart eine distinkte Stimme behalten und nicht nur zum allgemeinen religiösen Rauschen beitragen"9.
3.3. "Alles Pluralismus"
Sie kennen vielleicht jene berühmten Worte "Alles Walzer", mit denen beim Wiener Opernball nach der Eröffnung das Tanzparkett für alle freigegeben wird. In Anlehnung daran habe ich den geläufigen Gesamteindruck unserer Gesellschaft formuliert: "Alles Pluralismus". Also ein scheinbar klares Ja zur Vielfalt, zur unbegrenzt anerkannten Vielzahl von Optionen, kein bedrohliches antipluralistisches Wölkchen auf dem strahlendblauen Pluralismushimmel.
Nun trügt aber der Schein, es gibt deutliche Gegenbewegungen zum vielbeschworenen Pluralismus, die aber auf den ersten Blick nicht als solche erkannt werden. Man würde meinen, dass diese Gegenbewegungen unter Umständen Weggenossen sein könnten. Aber Sorgfalt ist angebracht und genaues Hinsehen zahlt sich aus.
Es seien hier zwei Phänomene genannt: Zum einen ist es der zunehmende Ökonomismus, der jedem Pluralismus nur solange förderlich gegenübersteht, als dieser nicht die Dominanz der Ökonomie gegenüber allen Lebensbereichen in Frage stellt. Er hat mit seinen Dogmen des unbegrenzten Wachstums und des "consumo, ergo sum" pseudoreligiösen Charakter bekommen und ist - zum Unterschied von fast allen anderen Anbietern - durchaus bereit, seinen Absolutheitsanspruch zu verteidigen.Zum anderen ist es die Globalisierung mit ihren neuen Kommunikationsformen, die durch ihre ausgrenzende Wirkung gegenüber praktisch allen Armen dieser Welt deren ganz wichtigen Beitrag zu einer umfassend pluralistischen Lebenssicht systemisch ausschaltet. In ihrem Gefolge entsteht eine ausgesprochen pluralismusfeindliche, geradezu erschreckende Vereinheitlichung der kulturellen Verhaltensweisen, welche oft eine durch Jahrhunderte und Jahrtausende gewachsene Vielfalt verkommen lässt.Diese an sich pluralismusfeindlichen Phänomene werden letztlich ebenfalls zu einer neuen Stärkung von Identitäten führen, allerdings nicht immer auf die sanfte Art, die hier und heute das Thema ist: Menschen werden - auch mit Gewalt - zu ergreifen suchen, was ihr gutes Recht ist: Mehr zu sein als Antriebskräfte wirtschaftlicher Prozesse; von Partizipation nicht ausgeschlossen zu sein; kulturelle - und damit auch nationale - Identität zu erhalten.
Wer hier nicht die Gabe der Unterscheidung kultiviert, tappt in die Pinocchio-Falle. Dieser hölzerne Hampelmann, hatte, wie man gut ausgedeutet im Bestseller von Kardinal Biffi nachlesen kann, bekanntlich bei der Auswahl seiner Weggefährten größere Probleme.
4. Katholische Schule als missionarischer Ort in pluralistischer Gesellschaft
Wenn ich jetzt zum letzten Teil meines Referats komme, dann will ich etwas viel zu wenig Bedachtes dankbar ins Bewusstsein bringen: Katholische Schule ist für mich - und das gilt ebenso für den Religionsunterricht - einer der wesentlichen und zukunftsorientierten Lebens- und Lernorte - keinesfalls nur für die SchülerInnen, sondern auch für die Kirche. Hier lernt Kirche, was es heißt, in diakonischer, aber nicht selbstvergessener Weise auf das Wort Gottes und auf das Wort des Menschen hinzuhören. Deshalb hat sie schon um ihrer selbst willen den gesamten Bereich Bildung nicht wie ein weggelegtes Kind zu behandeln. Wir haben daher in der Erzdiözese Wien sehr deutlich in unserem Leitbild auf seine Bedeutung hingewiesen.
Bei der Frage nach der Besonderheit der Katholischen Schule geht es immer darum, ihre "gleichwertige Andersheit"10 zu definieren: Man kann von ihrem Proprium, ihrem "Magis" oder eben von ihrer Identität sprechen. Letztere ist im Feld der schulischen Arbeit, die der Menschwerdung junger Menschen auch durch Identitätsfindung verpflichtet ist, besonders wichtig. Ansonsten käme Schule ja leicht in den Verdacht, vom Syndrom des hilflosen Helfers befallen zu sein. Für meine Anregungen zum Schluss werde ich den Begriff der Kultur, der auch unser Leitbild prägt, als roten Faden verwenden.
4.1 Kultur der Confessio
Es geht in der Katholischen Schule - im klaren Unterschied zur Schule des weltanschaulich neutralen Staates - um Confessio, um Bekenntnis. Die Befähigung und Ermunterung dazu zieht sich als roter Faden durch das gesamte "progetto educativo". Und selbstverständlich steht unsere Confessio immer in der Spannung des biblischen "Herr, ich glaube. Hilf meinem Unglauben" (Mk 9,23), in der Angefochtenheit des Glaubens, die der Einzelne wie die Kirche bis zum Ende ihrer Geschichte erleben.
Es gehört vielleicht gerade in der heutigen Zeit, in der alles angefragt werden darf, wieder einmal in Erinnerung gerufen, dass das, worum es in unserer Confessio geht, nicht so sehr die Ventilierung der Gottesfrage ist. Ihr Thema ist nicht so sehr die "Gottes-frage, sondern die Gottes-sage"11. Sein Wort an den Menschen - und das ist mit Gottes-Sage gemeint - bedeutet wohl Frage, aber zuerst einmal Frage und Anfrage an den Menschen, ob er in seinem Glauben die Antwort darauf finden kann, dass zuerst einmal Gott an ihn glaubt. Eine solche Confessio ist fernab jeder postmodernen Beliebigkeit, vertraut auf genau jene großen Erzählungen, deren Ende die Postmoderne verkündigt hat und baut sich auf dem Grund jenes letzten und unüberbietbaren Wortes auf, das in Jesus, dem Christus, Mensch geworden ist. Teil dieser Confessio ist auch jene Auskunftsbereitschaft jedes Einzelnen im Sinne von 1 Petr 3,15, zu der eine sich als missionarisch verstehende Kirche immer ermutigen wird12. Letztlich geht es ja um ein "großherziges Teilen unseres Glaubens"13.
Wie das im konkreten Alltag aussehen kann, hängt von der Klärung mancher Vorfragen ab, die hier nur zur Provokation als Alternativen gestellt sein sollen: Setzen wir auf jene Kultur, die der Confessio von sich her eignet, nämlich die ihrer Einbindung in alle Grundfunktionen der Kirche, in Martyria, in Liturgia, in Diakonia und in Koinonia? Oder pflegen wir auch für unsere Confessio eine Kultur, die uns die gegenwärtige profane Kultur suggeriert und geradezu aufzwingt? Mit dieser Spannung gilt es produktiv und kritisch umzugehen. Ich denke, es wäre interessant, sich an einer unter diesem Aspekt neu zu bedenkenden Theologie der Haustafeln zu orientieren. Die patriarchale Kultur, zu der auch die Unfreiheit der Sklaven gehörte, war für die jungen Gemeinden damals nicht wirklich aufhebbar. Und doch sind die Haustafeln ein Versuch, reale und lebbare Grenzmarken anzugeben, die es erlauben, in Treue gegenüber der Confessio in einer "fremden" Welt zu leben und diese sogar von innen heraus zu gestalten, solange der Stachel der prophetischen Kritik nicht abgeschliffen wird
Letztlich wird es für viele Menschen ein wichtiger Anhaltspunkt sein, zu sehen, wie es uns gelingt, aus unserer Confessio heraus eine "ars vivendi" zu kultivieren, die unverwechselbar, authentisch und visionär ist, weil unsere Wirklichkeit sich mit jedem Pulsschlag nach ihrer Verheißung ausstreckt.
4.2 Kultur der Zusammenschau von Fides und ratio
Es ist ein besonderer Auftrag, dass in der Katholischen Schule vielerlei zusammentrifft: Da ist der gemeinsame Glaube, der über die Generationen hinweg eine gemeinsame Basis schafft, die es immer wieder zu verbreitern und zu vertiefen gilt. Zuerst einmal sind alle Lehrenden in einer Katholischen Schule aufgerufen, über einen, nämlich ihren, spannungsreichen Zusammenhang zwischen Glauben und Leben Rechenschaft zu geben. Da ist aber auch die vielfältige und unterschiedliche Kompetenz der Lehrenden, die sie befähigt, auch die Zusammenhänge zwischen Glauben und Wissen aufzuzeigen. Das setzt manches voraus:
Erstens einmal, dass die Inhalte christlichen Glaubens - in der gebotenen Differenzierung im Sinne einer Hierarchie der Wahrheiten - explizit benannt und reflektiert werden. Wer meint, das als vermeintlich angemessenen Ausdruck einer Orientierung an der Schülerwelt unterlassen zu müssen, trägt in unverantwortlicher Weise zu jenem religiösen Bildungsnotstand bei, unter dem wir zunehmend leiden. Religionspädagogische Theorie, die im Anschluss vor allem an Karl Rahner jede Lebenserfahrung als per se religiöse Erfahrung versteht, wird derzeit mit grundlegenden und berechtigten Anfragen seitens der Systematischen Theologie14 konfrontiert. Eine Praxis des Religionsunterrichts, die sich dem tiefgründigen Motto "Das Recht zu glauben, die Freiheit zu wissen" verpflichtet weiß, wird hingegen erneut ihre freiheitsstiftende Funktion auch der "intellektuellen Diakonie"15 erfüllen können. So wird Religionsunterricht - nicht nur in der Katholischen Schule - ein wichtiger hermeneutischer Schlüssel zur Deutung und Entwicklung christlicher Identität in pluralistischer Gesellschaft sein können. Nicht zuletzt geht es um die Sicherung von Auskunftsfähigkeit, welche die schon angesprochene Auskunftsbereitschaft unverzichtbar ergänzen wird müssen.
Zweitens bedeutet es, dass für solches Ringen um Zusammenschau von fides und ratio in einer Katholischen Schule Orte geschaffen werden müssen, in denen - intellektueller, aber auch geistlicher - Austausch, offenes Anfragen und gemeinsame Suche gefördert werden. Hier dürfen auch manchmal Fragen in ihrer unauflösbaren Spannung, auch mit der am Anfang schon genannten Ratlosigkeit, die keinesfalls mit Resignation zu verwechseln ist, stehen gelassen werden. In dieser Suche nach Synthese kommt jene fruchtbare Angewiesenheit von Intellekt und Glauben in den Blick, wie sie in der Enzyklika Fides et ratio richtungsweisend ausgeführt ist. Jede Beschäftigung mit dem sogenannten Profanen ist ja offen auf das große Geheimnis Gottes, das immer zugleich auch Geheimnis des Menschen ist. So kann jedes Wissen, in den Horizont des Glaubens gestellt, zur Weisheit werden, die dann jenes menschliche Maß bedeutet, das Erich Fried angesprochen hat: "Wichtig ist nicht nur, dass ein Mensch das Richtige denkt, sondern auch, dass der, der das Richtige denkt, ein Mensch ist."
4.3 Kultur der Gelassenheit
Katholische Schule stellt sich dem Anspruch, ihr Wirken so zu gestalten, dass sie "die Person in ihrer umfassenden, transzendentalen und geschichtlichen Identität im Mittelpunkt hält"16. Dieses große Denken vom Menschen im aufreibenden Alltag durchzuhalten ist sicher eine der wesentlichsten Herausforderungen an die Lehrer und Erzieher. Und ihrer gilt es sich vor allen anderen im Schulalltag scheinbar so wichtigen Bestimmungen immer wieder zu vergewissern. "Gebildet-ungebildet, begabt-unbegabt, gesund-krank, verhaltensoriginell-verhaltensauffällig oder verhaltensunauffällig, mit Auszeichnung absolviert oder gerade noch durchgerutscht", all das sind Zuordnungen, die mit Blick auf die von Gott verliehene Dignität nicht verabsolutiert werden dürften.
Zu unserem Denken über den Menschen gehört eine große Hoffnung, die wir für unser aller Zukunft, aber auch für die individuelle Zukunft eines jeden von uns von Gott her haben dürfen. So besehen weitet Kirche den Horizont des Bildungsgeschehens. Indem sie die Hoffnung auf eine diese Welt übersteigende Zukunft wach hält, in der alles Bruchstückhafte, alles Angefangene und doch nicht Abgeschlossene letztendlich zu einer geschenkten Vollendung kommt, relativiert sie manchen erdrückenden Leistungsdruck in der pädagogischen Landschaft - für Schüler wie für Lehrer. Aber Kirche vertieft auch die Vorstellung von Bildung als Menschwerdung des Menschen, indem sie die darüber hinausgehende Berufung eines jeden Menschen, Gott ähnlich zu werden, unermüdlich in Erinnerung hält. So besehen hat ein vom Glauben inspiriertes Bildungskonzept einen weit längeren Atem, als es mit dem Wort vom lebenslangen Lernen in Europa gemeint sein kann.
5. Schluss:
So komme ich endgültig zum Schluss und greife die eben erwähnte produktive Gelassenheit auf. Sie fällt uns allen nicht leicht, wir haben uns zu sehr daran gewöhnt, jenen defizitorientierten Blick zu entwickeln, der die Chancen mancher Krisen verstellt.
Aus der islamischen Weisheit gibt es eine schöne und kurze Geschichte, die ich Ihnen als Abschluss zum Bedenken - vielleicht auch zum Lächeln - mitgeben möchte. Sie entspricht sicher unserem derzeitigen innerkirchlichen Lebensgefühl im Angesicht der pluralistischen Gesellschaft, weist uns aber eine wunderbare Perspektive:
"Ein Weiser ging seines Wegs, als über ihm ein Affe eine Kokosnuss von einer Palme abriss und sie ihm auf den Kopf warf. Der Mann hob die Nuss auf, öffnete sie, trank zuerst die Milch, aß dann genüsslich das Fruchtfleisch und machte aus der Schale zwei brauchbare Schüsseln: eine für sich selbst, eine als Geschenk für einen anderen."
Anmerkungen:
1 H. Windisch, Pastoraltheologische Zwischenrufe, Würzburg 1998, 9 f2 J. Werbick, Vom entscheidend und unterscheidend Christlichen, Düsseldorf 1992, 112 f.3 M.E. Ebertz, Kirche im Gegenwind. Zum Umbruch der religiösen Landschaft, Freiburg 1997, 145.4 N. Lohfink, Ein Gott, der Menschen zu Fremdlingen macht im eigenen Land, Fortbildungswoche in Brixen, 98, 1 und 12 (bislang unveröffentlicht).5 Vgl. K.F. Daiber, Religion in Kirche und Gesellschaft, Stuttgart 1997, va. 143-154.6 A. Schirlbauer, Im Schatten des pädagogischen Eros, Wien 1996, 73 f.7 W.Welsch, Unsere postmoderne Moderne, Weinheim 1987, 322.8 Ebda, 322 f.9 I. Dalferth, Jenseits von Mythos und Logos, (QD 142), Freiburg 1993, 3.10 E. Kalb, Die Stellung der Schulen in kirchlicher Trägerschaft im pluralen Bildungssystem aus der Sicht eines freien Trägers, in: B. Nacke (Hg.) Kirche in Staat und Gesellschaft, Mainz 1998, 78-87, 83.11 R. Schulte, Zur Gottesfrage heute,:, in: ThPQu 121,(1973), 106-119, 10712 "Zeit der Aussaat". Missionarisch Kirche sein, hg. vom Sekretariat der Deutschen Bischofskonferenz, Bonn 2000, III, 213 Den Glauben anbieten in der heutigen Gesellschaft. Brief an die Katholiken Frankreichs von 1996, Stimmen der Weltkirche 37 , hg. vom Sekretariat der Deutschen Bischofskonferenz, Bonn 2000, 1014 Vgl. Th. Rust, Der verwechselbare Gott, (QD 181), Freiburg 200015 H.Obst, Religiöser Pluralismus und die Praxis der Theologie, in: J. Mehlhausen (Hg.), Pluralismus und Identität, Gütersloh 1995, 180-184, 18316 Die Katholische Schule an der Schwelle zum dritten Jahrtausend, Rom 1997,89

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