| Pressemeldung | Nr. 200

Bischofskonferenz veröffentlicht Arbeitshilfe zur Situation der Christen in Nigeria

Erzbischof Schick: „Der interreligiöse Dialog ist eine Notwendigkeit“

Die Deutsche Bischofskonferenz hat heute (29. November 2017) in Berlin eine Arbeitshilfe zur Situation der Christen in Nigeria vorgestellt. Die Veröffentlichung ist Teil der Initiative „Solidarität mit verfolgten und bedrängten Christen in unserer Zeit“.

Erzbischof Dr. Ludwig Schick (Bamberg), Vorsitzender der Kommission Weltkirche der Deutschen Bischofskonferenz, erklärte: „Während meines Besuchs im April habe ich die verheerenden Auswirkungen islamistischer Gewalt gesehen. Im Norden Nigerias leiden alle Menschen darunter, ganz besonders die Christen.“ Regelmäßig kommt es in der Region zu Attentaten, Entführungen und brutaler Gewalt durch die islamistische Gruppe Boko Haram, deren Terror seit 2009 rund 20.000 Menschen zum Opfer gefallen sind. Zusätzlich konkurrieren muslimische Nomaden mit mehrheitlich christlichen Bauern um das knapper werdende fruchtbare Land. Immer wieder werden ganze Dörfer durch die Gewalt ausgelöscht.

Im Pressegespräch betonte Erzbischof Schick die Vielschichtigkeit der Konflikte im Norden Nigerias: „Natürlich spielt die religiöse Zugehörigkeit in den Auseinandersetzungen eine Rolle, da Religion ein wesentlicher Teil menschlicher Identität ist. Sie kann die Perspektive der Menschen weiten und Solidarität über die eigene Gruppe hinaus begründen. Nicht selten dient sie aber auch dazu, vorhandene Konflikte aufzuladen. Man wird sicher sagen können, dass die ungerechte Macht- und Ressourcenverteilung ein Kernproblem in Nigeria ist. Die so zustande kommenden Streitigkeiten werden von manchen – besonders von extremistischen muslimischen Kreisen – in einem religiösen Zusammenhang interpretiert. Das ist brandgefährlich.“

Erzbischof Schick wies auf die Notwendigkeit hin, die ökonomische und politische Benachteiligung einzelner Gruppen zu beenden, die grassierende Korruption zu bekämpfen und eine funktionierende Verwaltung aufzubauen. Von Bedeutung seien zudem die Bemühungen um interreligiöse Verständigung: „Das gemeinsame Engagement der Kirche und der lokalen muslimischen Würdenträger für den Frieden hat das Verhältnis zwischen Gläubigen der beiden Religionsgemeinschaften in einigen Regionen entspannt.“ Dass der „interreligiöse Dialog keine Frage des Wollens, sondern eine Notwendigkeit“ sei, zeige auch der Beitrag von Erzbischof Ignatius Kaigama (Jos), der in der Arbeitshilfe das Engagement seiner Diözese beschreibt. Jeweils ungefähr die Hälfte der Nigerianer bekennt sich zum Christentum und zum Islam. Christen stellen im Süden des Landes die Mehrheit, Muslime im Norden.

Bischof Matthew Hassan Kukah aus dem nigerianischen Bistum Sokoto erläuterte die Situation vor Ort. Die mehrheitlich muslimische Region ist durch die Stadt Sokoto bekannt, in der mit dem Sultan von Sokoto der ranghöchste muslimische Würdenträger Nigerias seinen Sitz hat. Bischof Kukah stellte den Alltag der Christen in einem mehrheitlich islamischen Umfeld dar und verwies auf die historischen Gründe der Benachteiligung von Christen in den 19 Bundesstaaten Nordnigerias: „Einige Muslime werfen bis heute Christentum und Kolonialismus in einen Topf. In der Folge werden Christen im Norden Nigerias oft als Kolonialisten und Außenseiter angesehen.“

Der Präsident des Internationalen Katholischen Missionswerks Missio in Aachen, Prälat Dr. Klaus Krämer, stellte einige von Missio geförderte Projekte vor. Dabei würdigte er die interreligiösen Friedensaktivitäten in den vom islamistischen Terror besonders betroffenen Diözesen Maiduguri und Jos. Er betonte, dass eine friedliche religiöse Koexistenz entschiedenen Einsatz verlange, auch angesichts bitterer Rückschläge. „Friedliche religiöse Koexistenz geht einher mit der Pflege interkultureller Kompetenz, der Entwicklung einer eigenen religiösen Identität sowie der Bereitschaft und Fähigkeit zum interreligiösen Dialog. Zu dieser friedlichen religiösen Koexistenz gehört schließlich auch die Freiheit des einzelnen Menschen, sich zu seinem Glauben zu bekennen, ihn zu praktizieren sowie ihn frei wählen zu können. Alle Menschen – vollkommen unabhängig von Religion, ethnischer Zugehörigkeit oder Geschlecht – haben das Recht auf Religionsfreiheit.“


Hintergrund

Die Arbeitshilfe der Deutschen Bischofskonferenz zur Situation der Christen in Nigeria gibt einen Überblick über die Geschichte des Christentums und des Islam in dem westafrikanischen Land, erläutert aktuelle Konfliktlinien und analysiert die Hintergründe der andauernden Gewalt.

Die Initiative „Solidarität mit verfolgten und bedrängten Christen“ wurde von den deutschen Bischöfen 2003 ins Leben gerufen, um für die Lage bedrohter Glaubensgeschwister zu sensibilisieren. Mit Publikationen, liturgischen Handreichungen und öffentlichen Veranstaltungen wird auf die teilweise dramatischen Verhältnisse christlichen Lebens in verschiedenen Teilen der Welt aufmerksam gemacht. Zusätzlich pflegen die Bischöfe mit Solidaritätsreisen den Kontakt zu den unter Druck stehenden Ortskirchen. In Deutschland sucht die Deutsche Bischofskonferenz immer wieder das Gespräch mit Politikern und gesellschaftlichen Akteuren, um auf bedrohliche Entwicklungen hinzuweisen. Jährlicher Höhepunkt der Initiative ist der Gebetstag für verfolgte und bedrängte Christen am 26. Dezember (Stephanustag), der in allen deutschen Diözesen begangen wird.


Hinweise:
Die Statements von Erzbischof Schick, Bischof Kukah sowie von Prälat Krämer sind unten als pdf-Dateien verfügbar.

Die Arbeitshilfe „Solidarität mit verfolgten und bedrängten Christen – Nigeria“ kann in der Rubrik „Veröffentlichungen“ bestellt oder als pdf-Datei heruntergeladen werden.

Das Plakat und der Gebetszettel zum Gebetstag für die verfolgten Christen am 26. Dezember können ebenfalls in der Rubrik „Veröffentlichungen“ bestellt oder als pdf-Dateien heruntergeladen werden.

Weitere Informationen gibt es auf der Initiativseite „Solidarität mit verfolgten und bedrängten Christen in unserer Zeit“.

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