| Pressemeldung | Nr. PRD-030

City-Pastoral: Kirche, die nach draußen geht

Thesen zur City-Pastoral von Bischof Dr. Joachim Wanke, Erfurt, Vorsitzender der Pastoralkommission der Deutschen Bischofskonferenz

Workshop zum Wort der Deutschen Bischöfe "Zeit zur Aussaat. Missionarisch Kirche sein" und seine Bedeutung für die Kirche in der Stadt am 21. Mai 2001 im Domforum Köln
1. Eine Vision
Citypastoral ist der Name einer Vision: Der Glaube an die Befreiung von Tod und Sünde wird in den großen Städten unseres Landes neu lebendig, sichtbar und antreffbar.
Man ist es gewohnt, Kirche, vor allem die katholische Kirche, für eine eher bäuerliche, ländliche Größe zu halten. Auf dem Land sind die Kirchen noch voll, in den Städten schon fast verwaist.
Diese "ländliche Kirche" macht sich auf, im Erlebnis- und Erfahrungsraum der Stadt neu das Wort zu ergreifen und mit den Menschen ins Gespräch zu kommen.
Damit erneuert die Kirche zugleich ihre ursprüngliche Ausbreitungsphase: Die Gemeindegründungen des Apostels Paulus und der frühen Kirche fanden überwiegend in den großen Städten des römischen Reiches statt. Die Erneuerung der Kirche durch die Armutsbewegung im 13. Jahrhundert war eine Erneuerung in den Städten. Franziskaner, Dominikaner und Jesuiten verkündeten das Evangelium den Menschen, die auf den Märkten der Städte zusammenströmten.
Citypastoral kann der Name für einen Aufbruch werden, der in dieser Tradition steht.
2. Erfahrungen
Die Stadt wird von vielen Menschen als neuer Erfahrungs- und Erlebnisraum empfunden. Sie ist der Raum hoher Mobilität und unaufhörlicher Beweglichkeit, der Raum der flüchtigen, kurzzeitigen Begegnung. Für manche ist sie der Ort der Heimatlosigkeit und eines neuen Nomadentums, der Erfahrung der Einsamkeit in der Menschenmasse. Geläufig ist das Wort vom Schmelztiegel der Kulturen, einer Religionsproduktivität jenseits des Christentums (wie z.B. in der Esoterik). Sie ist der Ort, an dem ein neues Verhältnis von Individualisierung und Sozialisierung experimentiert wird. Hier scheint sich zu entscheiden, wie das von vielen Rollenanforderungen fragmentarisierte Leben des modernen Menschen zu neuer Identität finden kann.
Dort, wo Identität gebildet wird, kann und darf die Kirche nicht fehlen. Ihre Sicht des Menschen hat sich in der Großstadt zu bewähren. Die universale Botschaft von der Befreiung von Tod und Sünde gilt auch für die Menschen, deren Leben von beschleunigten Bewegungen und Zerrissenheit geprägt ist.
3. Das Angebot der Kirche
Unterbrechung ist nach Johann Baptist Metz die kürzeste Definition von Religion. Dort, wo die Bewegung der Menschen ziellos und zum reinen Selbstzweck wird, gilt es, sie um des Heils und des Wohles des Menschen zu unterbrechen.
Im diffusen Strom der Verkehrsbewegungen empfinden sich viele Menschen immer mehr als passives, hin und her geworfenes anonymes Wesen. Hier besteht auch die Gefahr des Verlustes von Freiheit und Selbstbestimmung.
Die Unterbrechung ereignet sich vornehmlich als Begegnung. Zu ihr bedarf es Menschen, die fest davon überzeugt sind: Jeder Mensch ist von Gott geliebt, jeder hat ein unverwechselbares Gesicht, jeder ist dazu begabt, sein Leben verantwortungsvoll und gut zu gestalten.
Wenn sich Mitarbeiter von Citypastoralstellen in den Passantenstrom stellen, dann sehen sie in die Gesichter der Menschen und zeigen selbst ihr Gesicht. Sie sind bereit mitzuteilen, was sie bewegt, was sie ängstigt und von welcher Hoffnung sie getragen sind. Von anderen Menschen angesprochen zu werden bietet die Chance, im Strudel der Ereignisse und ästhetischen Sensationen Subjekt zu werden. Das ist eine natürliche Voraussetzung dafür, sich von Gott angesprochen zu fühlen und seiner Verheißung des Lebens in Fülle zuzustimmen.
4. Strategien
Freilich ist dies alles noch sehr anfänglich, unübersichtlich und unprofiliert. Viele Kräfte und Aktivitäten versammeln sich unter dieser Vision der City-Pastoral.
Gerade die großen und alten Kirchengebäude in den Großstädten werden von vielen Menschen aufgesucht, der Kölner Dom ist der meistbesuchte Ort der Bundesrepublik. Kirchenführer sind bemüht, an die kunsthistorischen Interessen der Besucher anzuknüpfen und ihnen die Kirchenräume als Orte des Glaubens, des Gebetes und der Versammlung der feiernden Gemeinde zu erschließen. Wird dies gelingen?
Viele Innenstadtgemeinden sind klein an Zahl der Gemeindemitglieder geworden. Sie erleiden das Schicksal vieler Städte. Immer weniger Menschen wohnen in ihnen. Die Menschen, die in ihnen anzutreffen sind, sind in Bewegung, sie kommen oder sie gehen. Diese Innenstadtgemeinden suchen nach neuen Aufgaben. Manche verwandeln sich in Personalgemeinden. Welche Wege werden sie gehen?
Es gibt um die zwanzig Einrichtungen der katholischen Kirche in der Bundesrepublik, die außerhalb der Sakralräume das Kirchesein in der Großstadt experimentieren. Schon seit langer Zeit bieten die "Offenen Türen" Beratungsangebot auf einem sehr hohen Standard an. Jüngeren Datums sind Stellen der Citypastoral im engeren Sinne, die das diakonische Handeln der Kirche in der Stadt erweitern um Öffentlichkeitsarbeit, Kultur- und Bildungsarbeit, Beteiligung am kommunalpolitischen Dialog, Ausstellungen und Konzerte, meditative Angebote, um die Verkündigung des Evangeliums. Welches Profil werden sie gewinnen?
Das Konzept missionarischer Pastoral, so wie es im Wort der deutschen Bischöfe "Zeit zur Aussaat. Missionarisch Kirche sein" entwickelt ist, soll diesen vielfältigen Initiativen helfen, zu authentischen Subjekten der Evangelisierung zu werden. Die Hoffnung, die Christen geschenkt ist, muss "berührbar" werden - auch im Herzen unserer Städte.

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