| Pressemeldung | Nr. 025c

Schlusswort von Bischof Manfred Müller, Regensburg, Vorsitzender der Kommission für Erziehung und Schule der Deutschen Bischofskonferenz, auf dem II. Bundeskongress Katholischer Schulen am 11. Mai 2001 in Bonn

Es gilt das gesprochene Wort
Sehr geehrte Damen und Herren,
der zweite Bundeskongress Katholischer Schulen neigt sich nach einem Tag des vertieften Nachdenkens über einen Wesenszug unserer Schulen dem Ende zu und mir als Vorsitzendem der Bischöflichen Kommission für Erziehung und Schule fällt es zu, dass Schlusswort zu sprechen, nein, richtigerweise muss ich sagen, es fällt mir nicht zu, ich habe es mir vielmehr ausgesucht, als Letzter hier zu sprechen. Denn mein Schlusswort zu diesem Kongress ist zugleich mein Abschied von Ihnen als "Schulbischof", wie mein Amt untechnisch, aber liebevoll und im Kern zutreffend immer genannt wird.
Schule begleitet mich von meinem ersten Schultag bis zu meiner Emeritierung, erst als Schüler, dann als Lehrer, und auch dem Bischof blieb sie treu, und ich denke, dass es eine Treue auf Gegenseitigkeit ist. Schule braucht auch diese Treue und Beständigkeit, wenn sie ihrer Aufgabe gerecht werden und ihre Wirkung entfalten will. Es bekommt ihr nicht, wenn sie Wechselbädern ausgesetzt wird, wenn sie bei den Politikern das eine Mal Mega-Thema und das andere Mal mega-out ist, wenn sie von der Wirtschaft je nach Konjunktur und Arbeitsmarktlage hinter den Kulissen vergessen oder ins Rampenlicht geschoben wird und wenn öffentliches Interesse hauptsächlich über Negativentwicklungen wie Leistungsdefizite und Lehrermangel geweckt wird. Um nicht missverstanden zu werden: Ich bin sehr froh über das gegenwärtige große Interesse an Schule und hoffe nur, dass es sich verstetigt. Noch mehr freue ich mich darüber, dass im öffentlichen Denken und Reden ein Bild von Schule entworfen wird, in dem wir Vieles von dem wieder erkennen, was schon seit langen Jahren in den katholischen Schulen in freier Trägerschaft praktiziert wird. Andererseits erheben sich nun auch Forderungen und Ansinnen an Schule, vor denen wir aus der Erfahrung und dem Verständnis unserer Schulen warnen und gegen die wir im guten Sinne widerständig sein wollen. Katholische Schulen sind keine pädagogischen Oasen, sondern Teil des öffentlichen Schulwesens, teilen vieles mit diesem, auch viele seiner Probleme, doch müssen sie sich nicht in allem angleichen, da sie dem vom Gesetzgeber gewollten Grundsatz der Gleichwertigkeit, nicht der Gleichartigkeit folgen. Dies versetzt unsere Schulen in die Lage, sich klar profiliert im öffentlichen Schulwesen zu positionieren und aufzuzeigen, wie wir Schule betreiben und fortentwickeln.
Entwicklung und Reform gehören wesensmäßig zur Schule. Da ihr das Kostbarste anvertraut ist, was eine Gesellschaft besitzt, nämlich die nachwachsende Generation, kann sie nie gut genug sein und muss sich ständig verbessern. Äußere Anstöße können hilfreich sein, aber sie genügen nicht. Es bedarf vielmehr einer Kraft, die von innen bewegt, ein Konzept, das Schule ein Ziel gibt und sie auf dem Weg hält. Dies zu haben - nicht im Sinne eines gesicherten Besitzes, sondern eines vorwärts drängenden Auftrages -, macht das Unterscheidende und Besondere des Katholischen Schulwesens aus. Die Referate und Diskussionen des heutigen Tages haben dies noch einmal deutlich gemacht. Dass wir mit unserem Konzept nicht in die Isolation, sondern mitten in Kirche und Gesellschaft hinein gehen, zeigen die hohen und weiterhin steigenden Anmeldezahlen an unseren Schulen, die, das sei am Rande vermerkt, viele Schulleiter und Schulträger zu der schmerzlichen Erfahrung führen, oft mehr als die Hälfte der Bewerber aus Kapazitätsgründen abweisen zu müssen. Die jüngste, noch nicht veröffentlichte Erhebung der Zentralstelle Bildung belegt einen Anstieg der Schülerzahlen an katholischen Schulen zwischen 1996 und 2000 um 22.000 auf insgesamt 351.000. Das ist ein neuer Höchststand seit dem Krieg.
Katholische Schulen liegen offensichtlich nicht nur mit ihrem pädagogischen Angebot im Trend, sie passen auch in das Bild einer politisch-gesellschaftlichen Entwicklung, für die Begriffe wie Zivilgesellschaft oder aktive Bürgergesellschaft stehen und die eine staatliche Deregulierung beinhaltet, d.h. eine Abschichtung staatlicher Aufgaben an gesellschaftliche Gruppen und Einrichtungen. In diesem Zusammenhang haben kirchliche Träger - gemeinsam mit anderen freien Trägern von Schule - längst unter Beweis gestellt, dass sie Schule mindestens genauso gut betreiben können wie staatliche Träger. Die Rahmenbedingungen scheinen gut, dass Deutschland, das in seinem Anteil an Schulen in Freier Trägerschaft unter den westlichen Demokratien einen unrühmlichen hinteren Platz einnimmt, Anschluss gewinnt, und dies gerade durch das institutionelle, personelle und finanzielle Engagement der kirchlichen Träger.
Doch geht man fehl in der naheliegenden Annahme, dass der Staat d.h. die Bundesländer und Kommunen diese Leistungen honorieren und Schulen in Freier Trägerschaft durch administrative und finanzielle Maßnahmen fördern würde. Die Entwicklung weist eher in die entgegengesetzte Richtung: Staatliche Auflagen bei Neugründungen freier Schulen, die eher Verhinderungscharakter tragen, Absenkung staatlicher Refinanzierungsquoten, die sich bereits jetzt mehr am unteren Rand bewegen, Versuche, die Rechtsaufsicht des Staates in eine Fachaufsicht auszuweiten, die de facto die Aufhebung der Gestaltungsfreiheit bedeutet und anderes mehr. Immer häufiger müssen unsere Schulträger die Gerichte anrufen, um zu ihrem Recht zu gelangen. Dies sind unwürdige Vorgänge und haben nichts mit einer fairen Partnerschaft zwischen staatlichen und freien Trägern von Schulen zu tun, wie wir sie aus Überzeugung und zum Nutzen aller Beteiligten wollen. Was nützt es, wenn in den bildungspolitischen Programmen der Parteien ein Pluralismus im Schulwesen begrüßt wird, solange in den Köpfen der politischen Entscheidungsträger und vor allem der Beamten die Überzeugung fest sitzt, dass Schule-Halten eine staatliche Veranstaltung ist und Schulen in Freier Trägerschaft mal eben zu dulden seien?
Beharrlich verhandeln unsere Träger und katholischen Büros mit den Ministerien, in regelmäßigen Abständen finden Gespräche auf hoher und höchster politischer Ebene statt, wie z.B. gestern das Spitzengespräch der beiden Kirchen mit der KMK-Präsidentin und den Kultusministern. All unsere Gravamina sind vorgetragen und weitgehend verständnisvoll aufgenommen worden, ob dies zu Änderungen in der Praxis führt, darf auf Grund früherer Erfahrungen durchaus mit einem Fragezeichen versehen werden.
Wir werden nicht umhin können, einen Schritt weiter zu gehen und auf allen Ebenen bei politischen Entscheidungsträgern wie bei verantwortlichen Beamten Bewusstseinsbildung durch Lobbyarbeit zu betreiben. Es ist bei manchem nicht gleich böser Wille, sondern schlicht Uninformiertheit über katholische und andere freie Schulen. Um uns auf diesem Feld etwas vorzuwagen, hat die Kommission Anfang des Jahres eine Kommunikationsinitiative beschlossen, in der Sie als Träger und Leiter katholischer Schulen eine zentrale Aufgabe wahrnehmen sollen. Zur Zeit wird unter Federführung der Zentralstelle Bildung durch eine Agentur eine "Image-Broschüre" des katholischen Schulwesens erstellt, die von Ihnen, den Leiterinnen und Leitern, in enger Abstimmung mit den Trägern ab Herbst diesen Jahres den politischen Mandatsträgern im Bereich Ihrer Schule persönlich vorgestellt werden soll. Da dies bundesweit in einem bestimmten Zeitkorridor geschieht, erhoffen wir eine nachhaltige Wahrnehmung unseres Anliegens. Die Erfahrung der letzten Jahre zeigt eben, dass es nicht genügt, gute Leistungen zu erbringen, wir müssen sie auch selbst offensiv in die Öffentlichkeit und in den Politikbereich bringen.
Nun bin ich doch etwas ernster geworden und in mehr Details gegangen, als es meine Absicht war. Kehren wir also zum unmittelbaren Anlass, dem Kongress zurück!
Verehrte Anwesende, als die Bischöfliche Kommission für Erziehung und Schule beschloss, erstmals 1999 im Zweijahresrhythmus einen Bundeskongress Katholischer Schulen in Bonn durchzuführen, wollte sie zwei Dinge erreichen: zum einen wollte sie Leiterinnen und Leitern sowie Trägern Katholischer Schulen eine Möglichkeit eröffnen, bundesweit Erfahrungen auszutauschen und sich gegenseitig in ihrer Arbeit zu stärken, zum anderen wollte sie ein Forum schaffen, auf dem sich das katholische Schulwesen der Öffentlichkeit stellen und darstellen kann. Beide bisher durchgeführten Kongresse mit unterschiedlicher inhaltlicher Akzentuierung haben diesen Erwartungen entsprochen und werden den Bundeskongress zu einer festen Einrichtung des Katholischen Schulwesens werden lassen.
Wir haben uns heute vergewissern können, dass die Sorge einer katholischen Schule über Bildung und Erziehung hinaus auf das Heil der jungen Menschen gerichtet sein muss, zu dem die Botschaft des Evangeliums den Weg weist. Ich bitte und ermutige Sie daher, die Sie Verantwortung für Katholische Schule tragen, Ihre Arbeit in Treue zum Glauben und in Liebe zu den Ihnen anvertrauten Kindern und Jugendlichen fortzuführen. Ich danke Ihnen und bete für Sie und Ihre Schulen um Gottes reichen Segen.

Cookie Einstellungen

Wir verwenden Statistik Cookies um zu verstehen, wie Sie mit unserer Webseite interagieren.

Anbieter:

Google

Datenschutz

Matomo

Datenschutz

Diese Cookies sind für den Betrieb der Webseite zwingend erforderlich. Hier werden bspw. Ihre Cookie Einstellungen gespeichert.

Anbieter:

Deutsche Bischofskonferenz

Datenschutz