| Pressemeldung | Nr. 021
2. Katholische Fachtagung gegen Menschenhandel in Berlin beendet
Heute (11. Februar 2025) ist die 2. Katholische Fachtagung gegen Menschenhandel in Berlin zu Ende gegangen. Zu dieser Veranstaltung hatten die bei der Migrationskommission der Deutschen Bischofskonferenz angesiedelte Arbeitsgruppe Menschenhandel und die Katholische Akademie in Berlin eingeladen. Zu dem Straftatbestand des Menschenhandels gehören neben der Zwangsprostitution auch Zwangsarbeit, Ausbeutung der Arbeitskraft und Ausbeutung durch Bettelei. Opfer sind oft Migranten, weil deren prekäre Lebenslage sie für Ausbeutung besonders anfällig macht. Die meisten der hierzulande Ausgebeuteten stammen aber aus Deutschland, dazu kommt eine größere Gruppe aus Ost- und Südosteuropa.
Die diesjährige Fachtagung hatte eine starke internationale Prägung. Referentinnen und Referenten aus Österreich, den Niederlanden und Großbritannien sowie aus der EU-Kommission blickten über die nationalen Grenzen hinaus, stellten europäische Zusammenhänge her und berichteten über den Kampf gegen die vielfältigen Formen der modernen Sklaverei in den Nachbarländern. Die Notwendigkeit transnationaler Zusammenarbeit hob auch der Vorsitzende der Arbeitsgruppe Menschenhandel, Weihbischof Ansgar Puff (Köln), hervor: „Menschenhändler agieren oft in grenzenlosen Netzwerken. Deshalb müssen wir auch für Gegenmaßnahmen international kooperieren. Es braucht eine EU-weite Zusammenarbeit in der Politik und in der Strafverfolgung, um die Täter zu stellen und den Opfern zu helfen.“ Bei der Tagung erläuterte die EU-Koordinatorin gegen Menschenhandel, Diane Schmitt, die Arbeitsansätze der Europäischen Union. Deren Überlegungen wurden durch ein Podium zum Stand der aktuellen europäischen Politik und zur Umsetzung der EU-Richtlinie zur Verhütung und Bekämpfung des Menschenhandels (2011) vertieft. Die Richtline, die 2024 novelliert wurde, berücksichtigt besonders die Nutzung von Online-Kommunikation und verpflichtet die Mitgliedstaaten, bis 2026 Mindeststandards in der Unterstützung und Beratung von Opfern einzuführen. Auch die Einrichtung der nationalen „Berichterstattungsstelle Menschenhandel“ ist auf die EU-Vorgabe zurückzuführen. Die Leiterin der Berichterstattungsstelle, Naile Tanış, stellte bei der Tagung den aktuellen Stand der Umsetzung europäischer Richtlinien in Deutschland vor.
Ein Leitmotiv der diesjährigen Veranstaltung waren der Schutz der Opfer und die Befähigung der Betroffenen, für ihre Rechte einzutreten. Experten und eine Frau, die einst in die Fänge von Menschenhändlern geraten war, gingen der Frage nach, wer diese Opfer sind und an welchen Merkmalen sie im Alltag erkannt werden können. Weihbischof Puff betonte: „Personen, die Menschenhandel überlebt haben, können durch ihr Zeugnis zu Botschaftern der Hoffnung werden. Wenn sie ermutigt werden, können sie auch anderen ein Halt, potenziellen Opfern eine Warnung und wichtige Akteure im Kampf gegen moderne Sklaverei sein.“ Die Arbeitsgruppe Menschenhandel setzt sich für das Recht der Opfer auf Entschädigung ein. Auch eine Aufenthalts- und Zukunftsperspektive für ausländische Betroffene ist notwendig, damit Opfer aus der Illegalität geholt werden, nicht erneut in die Hände von Menschenfängern geraten und stattdessen die Möglichkeit erhalten, gegen Täter auszusagen.
Schutz, Unterstützung und Entschädigung der Opfer sind auch zentrale Komponenten des Nationalen Aktionsplans Menschenhandel, der von der Fachreferentin des Bundesministeriums für Familie, Senioren, Frauen und Jugend, Dr. Alice Muth, vorgestellt wurde. In diesem Nationalen Aktionsplan werden auch die Schwierigkeiten der Strafverfolgung von Menschenhändlern behandelt. Dieses Thema diskutierten Prof. Dr. Joachim Renzikowski (Lehrstuhl für Strafrecht an der Universität Halle-Wittenberg) und spezialisierte Anwältinnen. Die Juristen wiesen darauf hin, dass transnationale Geldströme und Täternetzwerke die Aufklärung der Täterschaft erschweren. Oft sei es zum Beispiel schwierig nachzuweisen, dass Vermögen aus Menschenhandel stammen und beschlagnahmt werden können.
Die Zusammenhänge zwischen Migrationspolitik und Menschenhandel beleuchtete Prof. Petra Daňková (Technische Hochschule Würzburg-Schweinfurt). Sie wies auf die oft unerwarteten Folgen einer restriktiven Migrationspolitik hin, die den beabsichtigten Zielen entgegenwirke. Statt die Migration zu reduzieren, zwinge sie Menschen, riskantere Optionen zu wählen, wodurch sie auf dem Weg nach Europa sowie nach ihrer Ankunft dort anfälliger für Ausbeutung werden.
Die Arbeitsgruppe gegen Menschenhandel der Deutschen Bischofskonferenz hat 2022 in einem Europäischen Aktionsplan gegen den Menschenhandel neun konkrete Handlungsempfehlungen formuliert. Diese Empfehlungen wurden bei der Tagung in verschiedenen Arbeitsgruppen überprüft. Positiv konnte festgestellt werden, dass im Bereich der sklavereifreien Lieferketten Verbesserungen durch die nationalen und europäischen Lieferkettengesetze stattgefunden haben. Gleichwohl stellt sich die Notwendigkeit weiterer Aufklärung und Beratung der Unternehmen, damit diese Ausbeutung und Zwangsarbeit bei Auftragnehmern aufdecken können. „Gerne erkennen wir erreichte Fortschritte an“, so Weihbischof Puff. „Aber auch in der neuen Legislaturperiode steht für den Bundestag und die Regierung viel Arbeit bei der Bekämpfung des Menschenhandels an. Das betrifft Gesetzesreformen ebenso wie die Bereitstellung von Ressourcen.“
Es ist geplant, dass die Katholische Fachtagung gegen Menschenhandel, die sich an Interessierte aus Wissenschaft und Praxis ebenso wie aus Kirche, Verwaltung, Politik und Justizbehörden richtet, künftig alle zwei Jahre, verbunden mit dem Katholischen Weltgebetstag gegen Menschenhandel (8. Februar), stattfindet.
Hintergrund
Die Arbeitsgruppe Menschenhandel ist bei der Migrationskommission der Deutschen Bischofskonferenz angesiedelt. Unter der Leitung von Weihbischof Ansgar Puff (Köln) sind in der Arbeitsgruppe katholische Organisationen, die sich gegen den globalen Menschenhandel engagieren, zusammengeschlossen. Neben dem Sekretariat der Deutschen Bischofskonferenz und dem Katholischen Büro in Berlin sind dies der Deutsche Caritasverband, die Deutsche Kommission Justitia et Pax, Missio Aachen, die Malteser, Renovabis, Solwodi, IN VIA und das Fraueninformationszentrum Stuttgart.
Hinweis:
Die 2019 vom Vatikan veröffentlichten Pastoralen Orientierungen zum Menschenhandel (Pastoral Orientations on Human Trafficking) und der Europäische Aktionsplan gegen Menschenhandel sind unter den jeweiligen Links verfügbar.