| Aktuelle Meldung | Nr. 034

Bischofssynode in Rom: Wortbeitrag von Bischof Dr. Franz-Josef Bode

Auf der Bischofssynode in Rom hat am vergangenen Samstag (10. Oktober 2015) Bischof Dr. Franz-Josef Bode (Osnabrück) zum zweiten Kapitel des Instrumentum laboris gesprochen. Wir dokumentieren seinen Redebeitrag vor der Synode:

Ein Vierteljahrhundert bin ich nun bald Bischof, davon 20 Jahre Diözesanbischof von Osnabrück. Seit 2010 leite ich zudem die Pastoralkommission der Deutschen Bischofskonferenz, zuvor war ich 14 Jahre Vorsitzender von deren Jugendkommission. So spreche ich zu Ihnen:

Es ist eine große Herausforderung für die Kirche, den Menschen unserer Tage die Hochschätzung der Ehe, die als Sakrament ein Lebensvollzug der Kirche ist, zu vermitteln. Dort, wo Ehe als lebenslanger Bund gelingt, wo „diese eigentümlich menschliche Liebe in frei bejahter Neigung von Person zu Person“ (Gaudium et spes 49) gelebt wird, wo Ehepartner sich die Treue halten, einander zugeneigt bleiben, Kindern Leben und Erziehung geben und die empfangene Liebe weiterschenken, dort wird auch die Kirche je aufs Neue ein wenig mehr zum Salz der Erde und zur Stadt auf dem Berg. „Die Kirche ist ein Gut für die Familie, die Familie ist ein Gut für die Kirche“, heißt es im Instrumentum laboris (59).

Um den Gläubigen und darüber hinaus allen Menschen guten Willens das katholische Eheverständnis nahezubringen und sie nachhaltig dafür zu gewinnen, ist es unverzichtbar, auf die jeweils individuelle Biographie der Menschen einzugehen, auf die Lebenswirklichkeiten und auf die Lebensgeschichten. Der Mensch ist ein geschichtliches Wesen. Er begegnet uns stets als ein vom Erlebten und Erfahrenen geprägter, oft auch gezeichneter, niemals aber als neutraler Empfänger einer auszurichtenden Botschaft. Dieser Bezug zur Biographie ist nicht eine pastorale Strategie oder ein methodischer Kunstgriff. Vielmehr ist der Bezug zur individuellen Lebensgeschichte selbst Teil der kirchlichen Lehre. Das Zweite Vatikanische Konzil spricht in den Anfangsworten von Gaudium et spes davon, dass es nichts wahrhaft Menschliches gebe, das nicht in den Herzen der Gläubigen seinen Widerhall fände (vgl. Gaudium et spes 1). Das Instrumentum laboris dieser Synode nimmt diesen Gedanken auf, wenn es etwa von der „göttlichen Pädagogik“ (39) spricht. Der immer neu herzustellende Bezug zu den Biographien der Menschen ist eine unabdingbare Aufgabe, wenn die allgemeinen und grundlegenden Prinzipien einer Lehre – und insbesondere der Lehre von Ehe und Familie – konkret Raum und Gestalt im menschlichen Leben gewinnen sollen. Thomas von Aquin hat diese Notwendigkeit der konkretisierenden Applikation deutlich gemacht, wenn er sagt: „Zur Klugheit gehört nicht nur die Überlegung der Vernunft, sondern auch die Applikation auf die Handlung, welche das Ziel der praktischen Vernunft ist.“ (STh II-II 47,3: „Ad prudentiam pertinet non solum consideratio rationis, sed etiam applicatio ad opus, quae est finis practicae rationis.“) Diese Applikation kann aber nicht gelingen, ohne die konkreten Handlungsumstände einzubeziehen.

Das Anknüpfen an Geschichte und Gestalt des konkreten Lebens ist dabei nicht ohne ein Eingehen auf die Personen, ein Zugehen auf die Menschen, ein Verstehen ihrer Gedanken und Motive und nicht ohne eine Konkretisierung der allgemeinen Leitbilder auf die jeweilige Lebenssituation hin möglich. Auch das ist Dienst an der Wahrheit. „Die Haltung der Gläubigen gegenüber denjenigen, die noch nicht zum Verständnis der Wichtigkeit des Ehesakramentes gelangt sind, drückt sich vor allen Dingen in einer Beziehung der persönlichen Freundschaft aus. Der Andere soll so angenommen werden, wie er ist, ohne ihn zu verurteilen. Auf seine grundlegenden Bedürfnisse soll eine Antwort gefunden und gleichzeitig die Liebe und die Barmherzigkeit Gottes bezeugt werden. Es ist wichtig, das Bewusstsein zu haben, dass alle schwach sind, Sünder wie die anderen, auch wenn dabei nicht darauf verzichtet werden soll, die Güter und die Werte der christlichen Ehe zu bezeugen. Darüber hinaus ist ein Bewusstsein dafür zu entwickeln, dass die Familie im Plan Gottes keine Verpflichtung ist, sondern ein Geschenk, und dass heute die Entscheidung, das Sakrament einzugehen, nicht von vornherein Selbstverständliches ist, sondern ein Reifungsschritt und ein zu erreichendes Ziel“ (Instrumentum laboris 61). Und dabei gilt es immer auch, Teilaspekte in den Blick zu nehmen und mit Güterkonflikten umzugehen. Oft genug ist es eine Suche nach dem „minus malum“, dem geringeren Übel.

Nicht zuletzt geht es darum, den Menschen anzuschauen als einen, der unterwegs ist zum Besseren. Im Sinne einer „frohen und optimistischen Verkündigung der Wahrheit des Glaubens über die Familie“ (Instrumentum laboris 79). So stellen sich in Bezug auf die Ehe- und Familienpastoral Fragen wie diese:

  • Können wir junge Paare, die – nicht nur in Deutschland – in aller Regel zunächst in einer nicht ehelichen Gemeinschaft zusammenleben, wirklich für die Ehe gewinnen, wenn wir ihnen als Erstes vorhalten: Ihr lebt in schwerer Sünde?
  • Sind wir uns der Chancen ausreichend bewusst, die sich ergeben, wenn Paare nach einer längeren Zeit der Distanz wieder auf Kirche zugehen mit dem Wunsch nach einer kirchlichen Trauung? Pflegen wir eine Kultur des „offenen Hauses“ (vgl. Evangelii gaudium 47)? Bieten wir ihnen eine gute und längere Ehevorbereitung an, einen Weg, den wir gemeinsam mit ihnen gehen?
  • Bieten wir Paaren und Familien, die sich aus unterschiedlichsten Gründen schwertun, die Frohe Botschaft und den Glauben in ihr Leben zu integrieren, tragfähige spirituelle Hilfe und Begleitung an?
  • Wie begegnen wir Ehepaaren in Beziehungskrisen und zerbrechender Partnerschaft? Begleiten wir diese Menschen vorbehaltlos oder bauen wir nur zusätzlichen Druck auf durch moralische Belehrungen?
  • Und nicht zuletzt: Zeigen wir unseren Schwestern und Brüdern in Christus, die nach einer zerbrochenen Ehe eine neue Partnerschaft eingegangen sind, wirklich, dass auch sie zur Kirche gehören? Zu einer Kirche mit offenen Türen, zu einer Mutter mit offenem Herzen (vgl. Evangelii gaudium 46)? Sehen wir tatsächlich den einzelnen Fall differenziert genug? Ist eine Zulassung zu Buße und Eucharistie wirklich in jedem Fall kategorisch auszuschließen?

Ich wünsche mir von dieser Synode ganz besonders, dass die Ergebnisse unserer Beratungen ein deutliches Signal der Unterstützung aussenden für die so segensreichen Bemühungen des Heiligen Vaters um das Heil der Menschen.

Ich danke allen Synodenvätern und auch den Beraterinnen und Beratern bereits jetzt für all ihr Tun in diesem Sinne.

Rom, den 10. Oktober 2015

Franz-Josef Bode
Bischof von Osnabrück

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