| Pressemeldung | Nr. 178

Charta Oecumenica: Ökumenisches Grundlagenwerk wird aktualisiert unterschrieben

Bischof Meier: Ökumene dient der ganzen Kirche

1997 beschlossen die Konferenz Europäischer Kirchen (KEK) und der Rat der Europäischen Bischofskonferenzen (CCEE) Leitlinien für die ökumenische Zusammenarbeit und das Zusammenwachsen der christlichen Kirchen zu entwerfen. Dieser Text, die Charta Oecumenica, wurde 2001 unterschrieben und veröffentlicht. Seitdem haben sich weitere ökumenische Verbände der Charta angeschlossen, die nach wie vor ein ökumenisches Grundlagendokument unserer Zeit ist. Anlässlich einer gemeinsamen Tagung von KEK und CCEE in Rom wird die Charta Oecumenica morgen (5. November 2025) in einer aktualisierten Fassung unterschrieben.

Bereits heute machte Bischof Dr. Bertram Meier (Augsburg), der dem Gemeinsamen Komitee von CCEE und KEK angehört, auf die Bedeutung der Charta aufmerksam. Bei einem Vortrag auf der Konferenz von KEK und CCEE, die unter dem Leitwort „Fruits of the Spirit: Ecumenical Guidelines for Journeying Together“ steht, betonte er den bleibenden Wert dieses ökumenischen Dokumentes: „Die Charta Oecumenica ist nichts weniger als die praxisorientierte Verdichtung der Fortschritte bi- und multilateraler interkonfessioneller Dialoge auf europäischer Ebene und darüber hinaus. Sie wollte und will breit und gründlich rezipiert werden. Doch letztendlich geht es dabei nicht um eine ‚von außen‘ diktierte Direktive, sondern um Selbstverpflichtungen, die sich aus der Zusammenarbeit der europäischen Kirchen ergeben. Auch wenn die Charta selbst die ‚ökumenische Rezeption‘ als Konzept nicht ausführlich erarbeitet, ist dieser Begriff für das ganze Projekt der ‚Leitlinien für die wachsende Zusammenarbeit zwischen den Kirchen in Europa‘ konstitutiv“, so Bischof Meier.

Dabei erinnerte er daran, dass die Kirchen aufgerufen seien, „wohlwollend, aber doch kritisch Gaben interkonfessioneller Zusammenarbeit zu empfangen. Empfangen als Haltung prägt das Christentum bis zu seinen geschichtlichen Anfängen und seinem innersten theologischen Kern. (…) Auch wenn die Signatarkirchen der Charta Oecumenica unterschiedliche Vorstellungen über Kriterien, Strukturen und Werkzeuge ökumenischer Rezeption haben, sind sie sich grundsätzlich darüber einig, dass es nicht primär um einmalige Ereignisse, sondern um langfristige Prozesse geht. Ohne die Bedeutung von jenen Momenten zu unterschätzen, wo Einheit, Übereinstimmung und Akzeptanz besonders aussagekräftig und sichtbar werden (einen solchen werden wir wohl mit der Unterzeichnung erleben), ist ökumenische Rezeption vor allem eine dynamische, facettenreiche und sich immer weiter entwickelnde Realität“, betonte Bischof Meier. Er erinnerte in seinem Vortrag auch an den Sinn der Ökumene: „Die Ökumene ist nicht einfach selbstreferenzielle Beschäftigung von Experten, sondern Dienst zum Wohl des ganzen Leibes Christi.“ Deshalb sei eine weitere Rezeption der Charta notwendig: „Gerade weil wir eine fruchtbare Zusammenarbeit auf pastoraler Ebene wollen, müssen wir mutig und innovativ diskutieren: Auch hier dürfen Praxis und Theorie keinen Gegensatz bilden.“

Bischof Meier warb dafür, die demografische, geschichtliche, kulturelle und kontextuelle Vielfalt Europas anzusehen, die sich auch im Rezeptionsprozess der Charta widerspiegele: „Während in einigen Teilen Europas bestimmte Thesen der Charta von 2001 als zu mutig erschienen, konnten Gläubige aus anderen Kontexten ihre Frustration über die vermeintlich ökumenischen Selbstverständlichkeiten des Dokuments und seinen fehlenden Durchbruchscharakter nicht verbergen. Ähnliche Reaktionen wird auch diese neue Version hervorrufen. Bei einem Rezeptionsprozess auf europäischer Ebene kann es allerdings nicht um einen Geschwindigkeitswettbewerb gehen, sondern es muss ein gemeinsamer und von allen aufnehmbarer Rhythmus gefunden werden. Fruchtbar wäre es, wenn die Kirchen in Europa sensibler für diese Asymmetrien werden, aber sie nicht als frustrierend, sondern vielmehr als kritisch-konstruktive Rückmeldungen wahrnehmen, um langfristig zu einem zukunftsfähigen Miteinander zu gelangen.“


Hinweis:

Der Vortrag von Bischof Dr. Bertram Meier ist untenstehend als PDF-Datei verfügbar. Aus Termingründen konnte er kurzfristig nicht nach Rom reisen. Der Vortrag wurde aber vor Ort verlesen und gilt als gesprochen.