| Aktuelle Meldung | Nr. 014
Grußwort von Bischof Dr. Bertram Meier, Co-Vorsitzender der Kontaktgruppe der Deutschen und Polnischen Bischofskonferenz, beim ökumenischen Gottesdienst anlässlich des 35. Jahrestags der Versöhnungsmesse in Kreisau
Sehr geehrte Damen und Herren,
liebe Schwestern und Brüder in Christus,
es ist mir eine Ehre, dass ich Ihnen die Grüße der Deutschen Bischofskonferenz überbringen darf, die sich seit Jahrzehnten dem Prozess der deutsch-polnischen Versöhnung verpflichtet fühlt. Nicht zuletzt reflektiert die deutsch-polnische Kontaktgruppe der beiden Bischofskonferenzen, deren deutscher Co-Vorsitzender ich bin, kontinuierlich über unsere Beziehungen. Ich freue mich daher, ein paar Worte an Sie richten zu können.
In dieser Zeit, die von Verunsicherung geprägt ist und Krieg in Europa herrscht: In dieser Zeit ist die Erinnerung an die Versöhnungsmesse in Kreisau 1989 in besonderer Weise kraftvoll und ermutigend. Mit ihr wurde ein neues Kapitel der deutsch-polnischen Geschichte aufgeschlagen. Dabei war allen Beteiligten klar, dass sie auf den Schultern derjenigen standen, die in den Jahrzehnten davor die Hoffnung auf Versöhnung zwischen Deutschen und Polen tatkräftig gelebt hatten. Der Briefwechsel der polnischen und deutschen Bischöfe nimmt darin eine besondere Stellung ein. In ihm sowie dem, was aus ihm folgte, wird die schmerzhafte und bisweilen riskante Herausforderung sichtbar, die Versöhnungsprozessen innewohnt.
Es ist eine Geschichte in sich, voller mutiger Initiativen, Durchbrüche, Rückschläge und des Festhaltens an der Vision, dass die Gewalt nicht das letzte Wort haben wird.
Vor allem aber ist es eine Geschichte des verlässlichen Wirkens des Geistes. Dieser war auch in der Haltung der Mitglieder des Kreisauer Kreises. Fast alle haben für ihr Bekenntnis zu Christus und die darin wurzelnde Verantwortung mit dem Leben bezahlt. Sie sind im Sinne von Papst Franziskus Vertreter der „Ökumene des Blutes“. Es ist daher gut, dass wir heute ökumenisch, als Deutsche und Polen, als Christen und Europäer zusammenkommen, um ihrer zu gedenken. Auch wir stehen auf den Schultern derjenigen, die vor uns gewirkt haben. Kein Zweifel: jede Generation hat ihre eigenen Herausforderungen. Doch zu allen Zeiten „braucht ‚die Welt‘“, um einen grundlegenden Text der Würzburger Synode von 1975 zu zitieren, „keine Verdoppelung ihrer Hoffnungslosigkeit durch Religion; sie braucht und sucht (wenn überhaupt) das Gegengewicht, die Sprengkraft gelebter Hoffnung. (…) In diesem Sinn ist die Frage nach unserer Gegenwartsverantwortung und Gegenwartsbedeutung die gleiche wie jene nach unserer christlichen Identität: Sind wir, was wir im Zeichen der Hoffnung bekennen?“ (Zitiert nach: Unsere Hoffnung. Ein Bekenntnis zum Glauben in dieser Zeit. Würzburger Synode 1975, II.2.)
Die deutsch-polnische Versöhnung entfaltet ihre Kraft in einem doppelten Horizont: Zum einen in der Erfahrung, dass selbst massivste Vernichtungs-politik nicht das Ende sein muss und zum anderen dem andauernden Prozess gelebter europäischen Nachbarschaft. Versöhnung ist oftmals ein schmerz¬hafter Prozess. Unser wesentlicher Beitrag dazu besteht in ehrlichen Beziehungen, einem vertrauensvollen Dialog und praktischer Solidarität. Ein beredtes Zeichen dafür ist auch die Stiftung „Kreisau“ für Europäische Verständigung – den dort Engagierten und Ihnen allen danke ich von Herzen!