| Pressemeldung | Nr. 151
Herbst-Vollversammlung der Deutschen Bischofskonferenz in Fulda: Pressegespräch zur Vorbereitung der Weltsynode in Rom
Hinweis: Dieses Pressestatement ist eine Gesamtsicht auf die Aufgaben und Herausforderungen der Weltsynode. Die von den Bischöfen übernommenen Passagen sind deren persönliche Worte und können in der Zitation nur auf sie bezogen werden. Über die Passagen hinaus werden die Bischöfe ggf. noch eigene Anmerkungen machen.
Bischof Dr. Stefan Oster SDB:
Mit der zweiten Sitzung der XVI. Ordentlichen Generalversammlung der Bischofssynode vom 2. bis 27. Oktober 2024 in Rom wird der synodale Weg, zu dem Papst Franziskus die katholische Kirche auf der ganzen Welt eingeladen hat, in eine entscheidende Etappe eintreten. Es sollte jetzt gelingen, einige Entscheidungen im Blick auf gelebte Synodalität in der katholischen Kirche zu treffen. In besonderer Weise geht es nach meiner Einschätzung um die Fragen, die das Ineinander einer synodalen und einer zugleich hierarchischen Kirche betreffen.
Die Befassung mit der Frage nach der Synodalität der Kirche verstehe ich nicht als Selbstbespiegelung und fortwährende Strukturdebatte. Vielmehr geht es um einen neuen Aufbruch, um einen neuen Stil, miteinander Kirche zu sein. Er ist darauf ausgerichtet, die Stimmen der Gläubigen zu hören, aber auch die Stimmen anderer Menschen, besonders derer am Rand. Es geht darum, die Anforderungen der gegenwärtigen Epoche aufmerksam zur Kenntnis zu nehmen und im gemeinsamen Hören aufeinander und nicht zuletzt im Licht des Evangeliums danach zu fragen, was der Geist seiner Kirche in dieser Zeit sagen möchte.
Die für die Versammlungen der Weltsynode gewählte Methode des „Gesprächs im heiligen Geist“ wird offensichtlich mittlerweile in weiten Teilen der Weltkirche positiv aufgenommen und immer mehr praktiziert. Es ist mehr als nur eine Methode, vielmehr halte ich die Methode zugleich für den Inhalt, verbunden mit der Frage: Wenn der eigentliche Protagonist der Kirche der Geist Gottes ist – wie kann es dann gelingen, diesem Geist in uns und unter uns wirklich Raum zu geben?
Wesentlich ist aus meiner Sicht auch die Betonung des Aspektes der Mission: Wenn die Beschäftigung mit Synodalität mehr ist als ein Kreisen um sich selbst, dann deshalb, weil uns der Geist drängt, das Evangelium zu leben und zu verkünden, vor allem auch denen, die Christus noch nicht kennen. Meiner Ansicht nach ist es auch das, was Papst Franziskus will. Miteinander gehen (= synodal) heißt vor allem auch: Hinausgehen! Ich freue mich auf das Gespräch darüber, wie auch das heute gelingen kann und bin gespannt zu erfahren, wo es wirklich gelingt.
Bischof Dr. Bertram Meier:
Der Blick auf die Synodalität beruht dabei letztlich auf der Einsicht, dass die Kirche nicht in einer Art „Top-down-Modell“ durch einsame Entscheidungen der Bevollmächtigten von oben nach unten geleitet und getragen werden kann. Teilhabe, Transparenz, Offenheit, Rechenschaft, Einheit in Verschiedenheit, Inkulturation und Hinwendung zu den „Rändern“ sind daher wichtige Stichworte für die Beratungen dieser Synode.
Mit dem Instrumentum laboris, das vom Generalsekretariat der Synode veröffentlicht wurde, ist eine solide Grundlage für die kommende Arbeit gelegt. Viele Themen, die sich im Verlauf der Beratungen der ersten Sitzung im letzten Jahr herauskristallisiert haben, scheinen auch im Instrumentum laboris wieder auf. Unter der Überschrift Beziehungen verdeutlicht der Text, wie sehr es in einer synodalen Kirche darauf ankommt, ein stabiles und zugleich offenes und aufnahmefähiges Netz von Beziehungen zu stärken: mit dem Herrn, zwischen Männern und Frauen, in der Familie, in der Gemeinschaft, zwischen gesellschaftlichen Gruppen. Erforderlich dafür sind die Offenheit füreinander und die Fähigkeit, auch diejenigen in der Kirche willkommen zu heißen, die am Rand stehen. Denn diese „fehlende Annahme weist sie zurück, behindert ihren Glaubensweg und ihre Begegnung mit dem Herrn und enthält der Kirche ihren Beitrag zur Sendung vor“ (Nr. 33).
Das Stichwort Wege führt zu zahlreichen Überlegungen im Hinblick auf das synodale Miteinander in der Kirche, nicht zuletzt, wenn es um Entscheidungsprozesse geht: „Es ist schwer vorstellbar, dass es einen wirksameren Weg zur Verwirklichung einer synodalen Kirche gibt als die Teilhabe aller an den Entscheidungsprozessen.“ (Nr. 67) Unter diesem Aspekt ist zu beobachten, wie das Zueinander von Beraten und Entscheiden in der synodalen Diskussion an Kontur gewinnt. Einen breiten Raum nehmen dabei Überlegungen zum Thema Rechenschaftspflicht kirchlicher Verantwortlicher ein, zu denen das Instrumentum laboris unmissverständlich festhält: „Eine synodale Kirche braucht eine Kultur und Praxis der Transparenz und Rechenschaftspflicht (…), die unerlässlich sind, um das gegenseitige Vertrauen zu fördern, das für einen gemeinsamen Weg und die Wahrnehmung der Mitverantwortung für die gemeinsame Sendung notwendig ist.“ (Nr. 73)
Mit dem dritten Stichwort Orte verbindet sich einerseits der Hinweis, dass der christliche Glaube immer im konkreten Leben verortet und inkulturiert ist, andererseits aber auch die Erkenntnis, dass eine solche Verortung in der Welt von heute nicht statisch gedacht werden darf, sondern vielmehr die konkrete Lebenssituation meint. „Die Bedeutung des Ortes zu unterstreichen, bedeutet nicht, einem Partikularismus oder Relativismus nachzugeben, sondern die Konkretheit zur Geltung zu bringen, in der in Raum und Zeit das gemeinsam erlebte Festhalten an der Offenbarung des heilbringenden Gottes Gestalt annimmt.“ (Nr. 80)
Bischof Dr. Felix Genn:
Viele Themen, die sich im Verlauf der Beratungen der ersten Sitzung im vergangenen Jahr gezeigt haben, greift auch das Instrumentum laboris für die anstehenden Beratungen wieder auf. Wichtig ist jedoch der Hinweis, dass auch der Synthesebericht der ersten Sitzung zu den Arbeitsgrundlagen der bevorstehenden zweiten Sitzung gehört. So kann darauf geachtet werden, dass wichtige Aspekte nicht verloren gehen. Denn die Versammlung blickt bereits auf einen langen Prozess mit verschiedenen Phasen der Arbeit zurück. In weiten Teilen war dies ein bemerkenswert offener und transparenter Prozess, der dementsprechend viele Herausforderungen und klärende Fragen zutage gefördert hat. Es geht um Fragen, die teilweise seit Jahrzehnten drängend gestellt und theologisch gründlich bearbeitet worden sind. Viele dieser Themen und Fragen wurden auch im Rahmen des Synodalen Wegs der Kirche in Deutschland benannt. Gerade die Fragen, die nicht allein in Deutschland beantwortet werden können, sondern eine Behandlung auf der Ebene der Weltkirche erfordern, haben wir als unsere Anliegen an den Heiligen Vater gerichtet. Es war uns dann eine große Hilfe, im Rahmen der Weltsynode die Erfahrung machen zu dürfen, dass diese Fragen nicht nur in Deutschland, sondern weltweit in der Kirche virulent sind.
Der Synthesebericht der letztjährigen Sitzung der Synode hat dementsprechend zahlreiche dieser Themen aufgenommen und deutlich benannt. Mit dem Hinweis, dass die Synode insgesamt auf die Thematik der Synodalität fokussiert bleiben soll, wurde eine ganze Reihe dieser Themen der Beratung durch die Synode entzogen und in separate Arbeitsgruppen verlagert. Ich selbst bin gebeten worden, eine dieser Arbeitsgruppen zu leiten. Diese Verlagerung in Arbeitsgruppen ist einerseits verständlich und nachvollziehbar. Andererseits löst es aber auch bei vielen eine gewisse Sorge aus, dass hier mit wenig Transparenz Arbeitsgruppen eingesetzt wurden, deren Auftrag über den der jetzigen Synodalphase hinausreicht. Die aufgeworfenen Fragen verlangen nach Antworten. Deshalb darf die Arbeit dieser Arbeitsgruppen nicht so verstanden werden, dass hier durch immer weitere Prüfaufträge anstehende synodale Voten und Entscheidungen ins Unbestimmte verschoben werden.
In der Phase zwischen den beiden Synodensitzungen waren die Diözesen und die Bischofskonferenzen gebeten, ihre Reflexionen zum Synthesebericht zusammenzufassen und dem Generalsekretariat der Synode zur Verfügung zu stellen. Natürlich ist es keine leichte Aufgabe, all diese Aspekte und Perspektiven in ein Instrumentum laboris einfließen zu lassen. Dennoch hätte man sich in der einen oder anderen Perspektive noch etwas mehr theologische Reflektiertheit, Konkretheit und Griffigkeit der Ausführungen vorstellen können. Hier kann man sich sicher eine Konzentrierung und Konkretisierung durch die Arbeit der Synode wünschen, um so zu einem Abschlusstext zu gelangen, der nicht hinter die kraftvollen Perspektiven des Syntheseberichts zurückfällt.
Bischof Dr. Georg Bätzing:
Angesichts der methodologischen Vorgaben für die bevorstehende Sitzung ist allerdings zu hoffen, dass es hier nicht zu einer immer stärkeren Festlegung der Arbeits- und Gesprächsabläufe kommt, sodass der freie Austausch und die Parrhesie, die freimütige Rede, keinen ausreichenden Raum mehr finden. Die für die Vorbereitung und Durchführung Verantwortlichen sind sich natürlich der möglichen Dynamiken, die eine Synode entfalten kann, bewusst. Angesichts dessen sind sie spürbar darum bemüht, hier Bahnen zu ziehen, um ein Überborden zu vermeiden, das zu einer Debatte „über alles und nichts“ führen könnte. Deshalb legen sie großen Wert auf eine Regulierung der Arbeitsweisen und auf thematische Eingrenzungen der Diskussionen. Das ist verständlich, macht es den Teilnehmenden aber oft nicht leicht, das zur Sprache zu bringen, was ihnen auf den Nägeln brennt und am Herzen liegt.
An erster Stelle jener Themen, die weltweit eine kaum zu überschätzende Bedeutung für die Zukunft der gesamten Kirche haben, steht die Frage: Wie kann es gelingen, die Teilhabemöglichkeiten von Frauen in der Kirche so zu stärken, dass Frauen sich tatsächlich als vollwertige, ernst genommene und in gleicher Weise anerkannte Mitglieder der Kirche und Verkünderinnen des Evangeliums von Jesus Christus fühlen können? Wie können sie in dieser Kirche ihre geistliche Heimat finden und wie können sie diese Kirche als das gemeinsam pilgernde Volk Gottes erfahren? In dieser Frage muss die Kirche, auch im Rahmen der bevorstehenden Synodensitzung, konkrete Schritte finden. Dabei braucht die Einbeziehung von Frauen auf allen Ebenen des kirchlichen Lebens einschließlich der Leitung und der Einbeziehung in Beratungs- und Entscheidungsprozesse auch eine deutliche Absicherung durch das Kirchenrecht. Es hat mich gefreut wahrzunehmen, dass diese Notwendigkeit auch bei dem Treffen einiger Synodenteilnehmer aus Europa in Linz deutlich geworden ist.
Und es geht darum, dass das Volk Gottes gemeinsam voranschreitet und in der gemeinsamen Überzeugung wächst. Deshalb sollen synodale Gremien auch nicht als nur theoretisch relevante Beratungsgremien arbeiten. Die Synoden-Synthese fragt in diesem Sinn ganz zu Recht: „Wie können wir die konsultativen und deliberativen Aspekte der Synodalität miteinander verbinden? Auf der Grundlage des Zusammenwirkens von Charismen und Diensten im Volk Gottes: Wie integrieren wir die Aufgaben der Beratung, der Unterscheidung und der Entscheidung in den verschiedenen partizipatorischen Gremien?“ (Nr. 18.g) In den Diskussionen, die der Synode 2023 vorangingen, konnte man zuweilen den Eindruck gewinnen, die mit den englischen Begriffen „decision making“ und „decision taking“ verbundene Unterscheidung von Beraten und Entscheiden würde das Zueinander von Synodalität und Hierarchie beschreiben. Doch bereits die Theologische Kommission verdeutlichte, dass es hier eine Verschränkung gibt: „In der synodalen Kirche ist die ganze Gemeinschaft in der freien und reichen Verschiedenheit ihrer Mitglieder zusammengerufen, um zu beten, zu hören, zu analysieren, miteinander zu sprechen, zu unterscheiden und sich zu beraten, um die pastoralen Entscheidungen zu treffen, die Gottes Willen am besten entsprechen.“ (IL Nr. 67) Was die Kirche deshalb benötigt, ist die Suche nach geeigneten Versammlungsformaten und Partizipationsverfahren, die eine ernstzunehmende Einbeziehung möglichst Vieler in Beratungen und Entscheidungen ermöglicht.
Bischof Dr. Franz-Josef Overbeck:
Das greife ich auf: Ich hoffe, dass die Synode uns als Ortskirche stärkt, diesen Weg auch als unseren Synodalen Weg weiterzugehen und dass der gegenseitige Respekt vor den Wegen, die dann vor Ort gefunden werden, in der ganzen Kirche wächst. Hier hat das Linzer Treffen auf europäischer Ebene eine positive Entwicklung angedeutet. Die Vielstimmigkeit in Europa ist das, was dieser Kontinent in die Weltkirche einbringen kann, aber auch muss.
Das zentrale Thema der Synodalität ist mit zahlreichen Aspekten verbunden, die für die Kirche im 21. Jahrhundert entscheidend sind. Zudem weisen sie eine hohe Deckung mit den Anliegen des Synodalen Weges der Kirche in Deutschland auf. Gerade eine Stärkung der Kompetenzen der jeweiligen Ortskirche ist hier zu nennen. Für die Bischöfe bedeutet eine synodalere Kirche, dass sie nicht nur ihren Gläubigen gegenüber die Universalkirche und das Kollegium der Bischöfe unter dem Primat des Papstes zu vertreten haben. Auch umgekehrt müssen sie sich als Vertreter ihrer Gläubigen sehen, an die sie Entscheidungen rückbinden und denen sie sich zur Rechenschaft verpflichtet sehen. Deshalb braucht es kirchenrechtlich verankerte synodale Beratungs- und Entscheidungsprozesse unter Einbeziehung vieler Glieder des Volkes Gottes. Synodalität muss in der Kirche sowohl als Stil des Umgangs miteinander als auch als Strukturprinzip Profil gewinnen, das sich in konkreten Handlungs- und Entscheidungsprozessen niederschlägt.
Einzelfragen kirchlichen Handelns müssen aufgrund von erheblichen kulturellen Unterschieden der weltweiten Catholica, von Ungleichzeitigkeiten in den Entwicklungen und von sehr verschiedenen Kontexten und Notwendigkeiten auch unterschiedlich beantwortet und pastoral gelebt werden können. Hier müssen den Bischofskonferenzen deutlich mehr Kompetenzen zuerkannt werden. Nötige Zentralität in den Kernaspekten des Glaubens und des Kircheseins einerseits und ermöglichende dezentrale Spielräume für das konkrete pastorale Handeln andererseits stehen derzeit in der katholischen Kirche noch nicht in einer fruchtbaren Balance. Die Kirche synodaler zu gestalten bedeutet auch, eine solche neue Balance anzustreben, die Vielfalt in der Kirche neu wertzuschätzen und sich in der Einheit der universalen Kirche gegenseitig das Vertrauen zu schenken, auch auf verschiedene Weise auf der einen gemeinsamen Pilgerschaft unterwegs sein zu können.
An eine solche Sichtweise von Kirche knüpfen sich viele Hoffnungen, und die Tatsache, dass gerade solche weltweiten Zusammenkünfte wie die bevorstehende Synode ihre eigene Dynamik zu entfalten vermögen, bestärkt einen grundlegenden Optimismus. Es bleibt die unverlierbare Hoffnung, dass der Geist seine Braut, die Kirche, unverbrüchlich liebt und sie geleiten wird auf ihrem Weg durch die Zeiten – gerade auch dann, wenn sie sich in der Synodenversammlung trifft, um nach seinem Willen zu fragen.