| Pressemeldung | Nr. 108

Muharrem-Fasten und Aşure-Fest 2025

Segenswünsche der Deutschen Bischofskonferenz an Aleviten

 

Am 26. Juni 2025 beginnt für die Alevitinnen und Aleviten in Deutschland das Muharrem-Fasten, dem sich am 8. Juli 2025 das Aşure-Fest anschließt. In einer Grußbotschaft übermittelt Bischof Dr. Bertram Meier (Augsburg), Vorsitzender der Unterkommission der Deutschen Bischofskonferenz für den Interreligiösen Dialog, der alevitischen Gemeinschaft in Deutschland die Segenswünsche der Deutschen Bischofskonferenz.

Liebe alevitische Gläubige,

zu Beginn des diesjährigen Muharrem-Fastens sende ich Ihnen im Namen der katholischen Kirche die besten Segenswünsche. Nach einer zwölftägigen Fastenzeit begehen Sie am 8. Juli mit dem Aşure-Fest einen Höhepunkt in Ihrem religiösen Leben. Auch aus persönlichen Begegnungen mit Alevitinnen und Aleviten weiß ich, welch tiefe spirituelle Bedeutung beide Ereignisse für Sie haben. Die Tage des Muharrem sind eine Zeit der Einkehr, Erinnerung und Erneuerung. Das Martyrium des von Ihnen hochverehrten Imam Husain in Kerbela steht dabei besonders im Fokus – ein Ereignis, das in Ihrer Gemeinschaft Trauer und Schmerz, aber auch die Sehnsucht nach Gerechtigkeit und Solidarität hervorruft. So lebt die alevitische Spiritualität von der Achtung gegenüber den Mitmenschen und der Hoffnung auf Versöhnung.

Gerade in Zeiten, in denen Religion nicht selten für Spaltung und Gewalt instrumentalisiert wird, braucht es Zeichen der Umkehr und Friedfertigkeit. Ihr Muharrem-Fasten kann ein solches Zeichen sein. Das stille Zeugnis, das sich im Verzicht, im Gedenken und im Gebet ausdrückt, sollte in seiner Wirksamkeit nicht unterschätzt werden. Auch Christen kennen die Erfahrung, wie sich aus einer Zeit der Besinnung neue Kraft für die Sorge um unser gemeinsames Haus, die Erde, gewinnen lässt. Solches Engagement lag Papst Franziskus besonders am Herzen. Mit seinem Heimgang zum himmlischen Vater im April dieses Jahres haben die Kirche und die Welt einen wahren Brückenbauer zwischen den Kulturen und Religionen verloren. Für die zahlreichen Botschaften der Verbundenheit, die angesichts seines Todes auch aus der alevitischen Gemeinschaft kamen, möchte ich noch einmal herzlich danken.

Gleichzeitig freue ich mich, dass Papst Leo XIV. den Weg der interreligiösen Verständigung mit Entschiedenheit fortsetzt. Direkt zu Beginn seines Pontifikats stellte er in einer Ansprache an die Repräsentanten anderer Religionsgemeinschaften fest: „Heute ist Zeit für den Dialog und den Bau von Brücken. Und deshalb bin ich froh und dankbar für die Anwesenheit von Vertretern anderer religiöser Traditionen, die die Suche nach Gott und seinem Willen teilen, der immer und ausschließlich ein Wille der Liebe und des Lebens für alle Männer und Frauen und für alle Geschöpfe ist.“ Papst Leo XIV. verbindet damit den deutlichen Appell, dass die Religionen der Welt den Geist der Geschwisterlichkeit lebendig werden lassen und so einen wesentlichen Beitrag zum Aufbau einer friedlicheren Welt leisten.

Die Überzeugung, dass Gott ein Gott des Lebens ist, der es gut meint mit den Menschen, verbindet Christen und Aleviten miteinander. In den Aussprüchen des für Sie überaus bedeutsamen Gelehrten Hacı Bektaş Veli heißt es: „Nichts ist kostbarer als der Mensch.“ Die Haltung der Ehrfurcht vor dem Menschen ist auch im christlichen Glauben tief verwurzelt. Ihre Begründung findet sie in der biblischen Überzeugung, dass jeder Mensch nach dem Bild Gottes geschaffen ist. Lassen Sie uns daher gemeinsam für den Schutz der Menschenwürde eintreten, liebe alevitische Gläubige. Und vergessen wir dabei nicht: Die Achtung vor dem Nächsten und die Leidenschaft für den Frieden gehen Hand in Hand.

Möge die Zeit des Fastens und des Feierns für Sie auch in diesem Jahr zu einer Quelle der Ermutigung werden. Und möge Gott Sie in Ihrem Bemühen um Frieden, Gerechtigkeit und Mitmenschlichkeit segnen. Die aus vielen verschiedenen Zutaten bestehende Aşure-Speise, die zu einem harmonischen Ganzen wird, kann dabei als schönes Symbol für die Kraft der Vielfalt verstanden werden. In diesem Sinne wünsche ich Ihnen, Ihren Familien und Gemeinden eine gesegnete Fastenzeit und ein frohes Aşure-Fest.

Dr. Bertram Meier
Bischof von Augsburg


Hintergrund

Die Fastenzeit der Aleviten im Monat Muharrem, dem ersten Monat des islamischen Kalenders, dauert in diesem Jahr vom 26. Juni bis 7. Juli. Während dieser zwölf Tage, deren Zahl an die zwölf Imame erinnert, gedenken die Aleviten insbesondere des gewaltsamen Todes des Imam Husain nebst 72 Familienangehörigen und Anhängern im Jahr 680. Im Anschluss an das Fasten – in diesem Jahr am 8. Juli – feiern die Aleviten das Aşure-Fest, an dem in Erinnerung an das Überleben in der Arche Noah eine Speise (Aşure) aus zwölf Zutaten zubereitet wird. Das alevitische Aşure-Fest ist nicht mit dem Aschura-Tag der Schiiten und der Sunniten zu verwechseln, mit dem sich zum Teil ähnliche, zum Teil aber auch unterschiedliche Überlieferungen verbinden.