| Pressemeldung | Nr. 001

Predigt von Bischof Dr. Georg Bätzing, Vorsitzender der Deutschen Bischofskonferenz, in der Eucharistiefeier zum Jahresbeginn

in der Kapelle des Bischofshauses in Limburg

Liebe Schwestern und Brüder,

in unserer Sprache gibt es eine schöne Wendung, mit der wir spontan und intuitiv zum Ausdruck bringen, ob etwas bedeutsam für uns ist oder nicht. „Damit kann ich nichts anfangen“, oder: „Damit kann ich etwas anfangen“, sagen wir. Wenn ich ehrlich bin, dann reagiere ich so oder so auch auf manches Weihnachtsgeschenk und wäge seine Bedeutung.

Anfangen. Etwas anfangen. Heute beginnt ein neues Jahr, und manch einer von uns wird froh sein, dass das alte Jahr hinter uns liegt. So etwas haben wir nicht gekannt. Eigentlich kann es nur besser werden, denn der Hoffnungsschein der bevorstehenden Impfungen lässt uns irgendwie ein Ende der Krise erahnen, auch wenn wir uns vermutlich noch auf harte Monate einstellen müssen. Das halten wir aus, wenn es nur irgendwann wieder besser wird.

Anfangen. Womit könnten wir denn etwas anfangen, wirklich anfangen, wenn wir dieses neue Jahr beginnen? Was kann uns helfen und leiten in dieser neuen Zeitspanne? Woran können wir uns orientieren? Ich finde, die Liturgie gibt uns mit ihrer Auswahl an Schrifttexten gute Hinweise.

„Der Herr segne dich und behüte dich“ (Num 6,24). Wir gehen und stehen unter Gottes Segen. Das zu wissen, gibt mir Mut und Zuversicht. Immer, wenn es bei uns zu Hause in einen Tag hinein ging, der mit besonderen Prüfungen oder Anstrengungen verbunden war, dann gab uns die Mutter einen besonderen Segen mit. Noch heute zeichnen viele Eltern ihren Kindern mit oder ohne Worte ein Kreuz auf die Stirn, wenn sie morgens das Haus verlassen. Das Zeichen wirkt, denn es sagt: Du bist behütet, komme, was mag. Und über allem menschlichen Wollen und Vermögen steht der Herr, der für uns sorgt. Er leuchtet uns die Wege aus. In seinem Blick findest du Frieden und Geborgenheit.

„Abba, Vater“ (Gal 4,6). Das ist die kürzeste Zusammenfassung unseres christlichen Gottesbildes. Wir glauben nicht an irgendwen und irgendwas. Gott ist kein unbewegter Beweger, keine unberührbare Macht, kein ferner Lenker. Er ist uns Vater und Mutter. So hat es Jesus erfahren und an uns weitergegeben. Gott sieht dich, aber nicht mit dem kritischen Blick eines Beobachters von außen, sondern mit dem liebevollen Engagement dessen, der dich ins Leben gerufen hat. Gott begleitet dich, aber nicht wie ein Manager oder Karriereberater mit viel Eigeninteresse, sondern mit dem leidenschaftlichen Engagement dessen, der weiß, welche Gaben in dir schlummern. Gott ist besorgt um dich, aber nicht wie einer, der bloß Unruhe vermeiden und Ruhe haben will, sondern mit dem Mitgefühl dessen, der dich im wahrsten Sinn „leiden“ kann, der mitfühlt und leidenschaftlich um dich ringt. In solchem Wohlwollen stehen wir, liebe Schwestern und Brüder. So ist unser Gott, wie ein treuer Vater und eine liebende Mutter.

„Die Hirten eilten nach Bethlehem und fanden… und sie kehrten zurück“ (vgl. Lk 2,16.20). Wie wäre es, wir würden die Zeit des neuen Jahres als eine Entdeckungsreise verstehen, als ein Unterwegssein, um Jesus zu finden und ihm zu begegnen? Er hat es ja selbst gesagt. Das Unerwartete geschieht mitten im Alltag. Seit Jesus ein Mensch wie wir geworden ist, ist er eingetaucht in die Gewöhnlichkeit unseres Lebens. Und deshalb taucht er dort auch am liebsten auf und lässt sich finden: in den Nächsten und Fernsten, in der Last des Tages und der Freude des Augenblicks, in der Kernzeit der Arbeit und der freien Zeit der Erholung, in der Stille und manchmal mitten im Getöse, in Freuden und in Schmerzen. Manchmal gibt er sich zu erkennen, wenn ich ihn suche, nach ihm frage, ihn preise oder bitte. Und manchmal steht er mir mitten im Weg, wo ich ihn nicht erwartet habe. Er ist so frei, einfach da zu sein. Aber immer ist er da für mich und für dich. Eilen und finden und heimkehren: jedes Mal eine Chance der Gottesbegeg¬nung.

Geh behütet! Sag „Vater“ und „Mutter“ zu Gott. Eile und finde und komm nach Hause. Ob Sie damit wohl etwas anfangen können, liebe Schwestern und Brüder? Das entscheiden Sie selbst. Und dazu wünsche ich Ihnen ein gutes neues Jahr.

Öffne die Tür
lass
Schritt für Schritt
den Weg entstehen

Der
dir entgegen kommt
führt dich
die Tage entlang
die Nächte hindurch

abgrundtief wolkenhoch

sein Zutrauen
trägt
                            (Catrina E. Schneider)

 

Hinweis:

Die Predigt von Bischof Bätzing ist untenstehend auch als pdf-Datei verfügbar.

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