Einmal – Morris Gleitzman, Uwe-Michael Gutzschhahn für die Übersetzung

Die Geschichte beginnt im Jahr 1942. Das Deutsche Reich hält Polen seit drei Jahren besetzt, und Juden sind ihres Lebens nicht mehr sicher. Deshalb lebt Felix in einem katholischen Kinderheim, seine Eltern hatten ihn dort untergebracht, weil sie ihn als jüdische Buchhändler nicht mehr beschützen konnten. Von dem wenigen, was er besessen hatte, ist dem Neunjährigen nur ein altes Notizbuch geblieben, in dem er sorgfältig die Erinnerungen an seine Eltern festhält. Besonders Geschichten, die sie ihm erzählt haben, zum Beispiel, wie sie einmal nach Afrika gefahren sind, um ein umgestürztes Buchregal wieder aufzurichten, oder nach Deutschland, weil man dort Bücher nur zum Stabilisieren wackelnder Tische verwendet. Dieser Weltaneignung in Geschichten entspricht der Erzählstil des Autors, der jedes Kapitel mit einem unbestimmt-märchenhaften „Einmal“ beginnen lässt.

Felix hat das Erzähltalent von seinen Eltern gelernt, unermüdlich erfindet er selbst Geschichten. Sie sind für ihn keine Unterhaltung, sondern Deutungen der Realität, und die fällt viel menschen-freundlicher aus, als die Zeitumstände eigentlich sind. Mal fällt er damit den Kindern im Heim auf die Nerven, mal sind sie die letzte Rettung in einer ausweglosen Situation, wenn er etwa den „Neuen“ vor den Quälereien der „Folterbande“ beschützt. Eine ganze Karotte in der Mittagssuppe, die sonst gewöhnlich nur Krautfitzelchen, Fett und Putz von der baufälligen Küchendecke enthält, deutet Felix als Botschaft, dass seine Eltern ihn bald abholen werden. Statt seiner Eltern aber kommen Männer in Uniform, die Bücher im Hof des Heims verbrennen. Erschrocken beschließt der Junge, seine Eltern vor diesen Bücherverbrennern zu warnen. Er verlässt das Heim, um sie auf eigene Faust zu suchen. Es beginnt eine Odyssee, ohne Essen und Trinken, ohne schützende Kleidung. Immer wieder erklärt er sich schlimme Situationen auf seine eigene Weise. So gelingt es ihm, seine Angst zu überwinden. Unterwegs lernt er Zelda kennen, ein kleines Mädchen, das gerade seine Eltern verloren hat. Er schafft es, sie mit den Barmherzigkeiten seiner erfundenen Weltsicht zu trösten. Gemeinsam ziehen sie weiter, bis es sie schließlich ins Warschauer Ghetto verschlägt. Dort finden sie Unterschlupf in einer Kindergruppe, die unter dem Schutz eines jüdischen Arztes steht. Als sie ins Vernichtungslager transportiert werden, nehmen sie entschlossen die Chance wahr, aus dem fahrenden Zug zu springen. Es ist ein Sprung ins Ungewisse …

Ähnlich wie Roberto Begnini in seinem Film „Das Leben ist schön“ gelingt es auch Morris Gleitzman, die Gleichzeitigkeit von Tragik und Komik zum erzählerischen Moment zu machen, wenn Felix der Bedrohlichkeit des Geschehens mit dem Blick für das Absurde begegnet und kindliche Angst dabei in schöpferische Kraft umwandelt. Glaube, Liebe und Hoffnung werden dabei in einer kindlichen Figur sichtbar gemacht, die der Welt mit Staunen begegnet und gerade dadurch eine Sprache für das Unaussprechliche findet. Felix ist ein junger Mensch, der fähig ist, mitten im Entsetzen an das Gute zu glauben. Damit hält er das Tor für eine heilende Wendung offen. Wenn sie dann eintritt, nennt unsere Welt das einen „glücklichen Zufall“. Die Heilige Schrift nennt es Wunder.

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