Historischer Briefwechsel
Deutschland und Polen – zwei Länder, deren Versöhnungsgeschichte von zahllosen Widerständen und Schwierigkeiten geprägt ist. 80 Jahre nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs, 60 Jahre nach dem Briefwechsel, mehr als drei Jahrzehnte nach dem Fall des Eisernen Vorhangs und 21 Jahre nach dem Beitritt Polens zur Europäischen Union sind viele Hindernisse und Vorurteile abgebaut worden. Aber die Beziehungen zwischen beiden Ländern unterliegen immer wieder politischen Schwankungen.
© Deutsche Bischofskonferenz / Markus Grimm
Am 18. November 2025 begehen die Deutsche und die Polnische Bischofskonferenz den 60. Jahrestag des historischen Briefwechsels zwischen beiden Episkopaten, der zu den Wendepunkten in der Geschichte von Polen und Deutschen nach dem Zweiten Weltkrieg zählt. Der Briefwechsel zwischen den Bischofskonferenzen fiel in die Schlussphase des Zweiten Vatikanischen Konzils, bei der sich die Bischöfe aus Polen und Deutschland kennengelernt hatten. Der Brief der polnischen Bischöfe an ihre deutschen Mitbrüder (18. November 1965) enthält den berühmt gewordenen Satz:
„Wir strecken unsere Hände zu Ihnen hin in den Bänken des zu Ende gehenden Konzils, gewähren Vergebung und bitten um Vergebung.“
Polen war das erste Opfer des von den Nationalsozialisten im Osten Europas entfesselten Vernichtungs- und Versklavungskrieges geworden. Flucht und Vertreibung von Millionen Deutschen aus den Ostgebieten des Reiches waren im Bewusstsein der Deutschen lebendig.
In der Rückschau stellt der Briefwechsel ein zentrales Moment jener historischen Bewegung dar, die Polen und Deutsche trotz aller Schrecken wieder zusammenführte. In diesen Kontext gehören auch die „Ostdenkschrift“ der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD) und zahlreiche Laieninitiativen, die besonders vom Zentralkomitee der deutschen Katholiken (ZdK) getragen wurden.
Hirtenbriefe
18. November 1965: Hirtenbrief der polnischen Bischöfe an ihre deutschen Amtsbrüder
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5. Dezember 1965: Antwort der deutschen Bischöfe an die polnischen Bischöfe
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Festveranstaltung zum Gedenken
Am 18. November 2025 werden polnische und deutsche Bischöfe den Jahrestag, an dem der Briefwechsel begann, gemeinsam in Breslau begehen. Breslau war auch die Bischofsstadt von Kardinal Boleslaw Kominek, der als einer der Initiatoren und Hauptverfasser des polnischen Briefes verehrt wird. Mehr lesen: Pressemitteilung vom 5. November 2025
Folgende Termine sind vorgesehen:
11.00 Uhr: Festakt am Denkmal für Kardinal Bolesław Kominek mit Kranzniederlegung und Ansprachen von Erzbischof Dr. Jόzef Kupny, Metropolit von Breslau, und Bischof Dr. Georg Bätzing, Vorsitzender der Deutschen Bischofskonferenz
12.30 Uhr: Feier der Heiligen Messe im Dom St. Johannes der Täufer; Hauptzelebrant: Erzbischof Dr. Tadeusz Wojda, Vorsitzender der Polnischen Bischofskonferenz, Predigt: Bischof Dr. Georg Bätzing
Im Anschluss an den Gottesdienst wird eine gemeinsame Erklärung der Vorsitzenden der Polnischen und der Deutschen Bischofskonferenz unterzeichnet und veröffentlicht.
17.00 Uhr: Taizé-Gebet mit Brüdern aus Taizé in der Kirche St. Maria auf dem Sande (Wyspa Piasek, Wrocław)
Zur Delegation der Deutschen Bischofskonferenz gehören neben Bischof Bätzing Kardinal Rainer Maria Woelki (Köln), Erzbischof Dr. Heiner Koch (Berlin), Bischof Wolfgang Ipolt (Görlitz), Bischof Dr. Bertram Meier (Augsburg), Bischof Heinrich Timmerevers (Dresden-Meißen), Weihbischof Dr. Matthias Heinrich (Berlin) und Weihbischof Rolf Steinhäuser (Köln) sowie die Generalsekretärin der Deutschen Bischofskonferenz, Dr. Beate Gilles. Die Delegation der Polnischen Bischofskonferenz wird von deren Vorsitzendem Erzbischof Dr. Tadeusz Wojda geleitet. Gastgeber des Treffens ist der Erzbischof von Breslau, Dr. Jόzef Kupny.
8. Polnisch-Deutsches Gedenken im Jahr 2025
2025 ist ein wichtiges Gedenkjahr, das auch die deutsch-polnischen Beziehungen der jeweiligen Bischofskonferenzen mehrfach berührt. Gemeinsam mit dem Diözesanadministrator von Köslin-Kolberg, Weihbischof Dr. Krzysztof Zadarko, der als Gast an der Vollversammlung teilgenommen hat, wurde über die Etappen dieses Gedenkjahrs und die Beiträge der Kirche in Deutschland und Polen diskutiert. In der ersten Jahreshälfte galt die Erinnerung dem Ende des Zweiten Weltkriegs vor 80 Jahren (8. Mai) und der Befreiung des Konzentrationslagers Dachau am 26. April 1945. Die große Dachau-Wallfahrt von mehr als 1.400 polnischen Katholikinnen und Katholiken und der Abschlussgottesdienst unter Beteiligung polnischer und deutscher Bischöfe (26. April 2025) zeigten, wie lebendig die Erinnerung an die Inhaftierung und Ermordung vieler Hundert polnischer Kleriker in diesem Konzentrationslager auch heute ist.
2025 ist auch das Jahr des dankbaren Erinnerns an den historischen Briefwechsel zwischen den polnischen und deutschen Bischöfen. Am 18. November 1965, also vor 60 Jahren, richtete der polnische Episkopat ein Schreiben an alle Bischöfe in den beiden deutschen Staaten, in dem eine Einladung zur Tausendjahr-Feier der Christianisierung Polens im Jahr 1966 ausgesprochen wurde. Dieser Brief enthielt das unvergessliche Wort „… wir vergeben und bitten um Vergebung“ und bot den deutschen Bischöfen – 20 Jahre nach dem Ende des Krieges und der barbarischen Okkupation Polens durch Deutschland – die ausgestreckte Hand der Versöhnung an. Auf diese mutige Geste, für die die Bischöfe im kommunistischen Polen einen beachtlichen Preis zahlen mussten, antwortete die Deutsche Bischofskonferenz am 5. Dezember 1965. Sie brachte ihre Hoffnung zum Ausdruck, „dass niemals wieder der Ungeist des Hasses unsere Hände trenne“. Der Briefwechsel ist zusammen mit der Ost-Denkschrift der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD, 1965) und der Sühnewallfahrt von Pax Christi nach Auschwitz (1964) wesentlicher Teil einer historischen Bewegung, die den Prozess der Aussöhnung in Europa in Gang setzte.
Anlässlich des Jubiläums hat die Deutsche Bischofskonferenz am 11. September 2025 einen Fachtag zur Gegenwart und Zukunft der Versöhnung und Zusammenarbeit zwischen Deutschland und Polen ausgerichtet. Unter der Leitung von Bischof Dr. Bertram Meier (Augsburg), dem Vorsitzenden der Kommission Weltkirche unserer Bischofskonferenz, bestand diese Veranstaltung aus einem vertraulichen Konferenzteil, der über 30 polnische und deutsche Expertinnen und Experten aus Kirche, Wissenschaft, Politik und Medien zusammenführte, und einer gut besuchten öffentlichen Abendveranstaltung in der Katholischen Akademie Berlin. Auf dem Podium sprachen der polnische Botschafter Jan Tombiński, der Polen-Beauftragte der Bundesregierung, Knut Abraham MdB, der Co-Geschäftsführer der Stiftung Kreisau, Dr. Robert Żurek, sowie der Vize-Vorsitzende der Deutschen Gesellschaft für Auswärtige Politik und ehemalige Botschafter in Warschau, Rolf Nikel.
Am 18. November 2025 folgt in Breslau eine Begegnung von polnischen und deutschen Bischöfen, bei der in festlichem Rahmen an den Briefwechsel der Vorgänger-Bischöfe erinnert wird. Im Breslauer Dom soll ein Festgottesdienst stattfinden und am Denkmal für den vormaligen Breslauer Erzbischof Bolesław Kardinal Kominek, einer der Initiatoren des Briefes der polnischen Bischöfe, ist eine Zeremonie mit Kranzniederlegung geplant. In einer gemeinsamen Erklärung wollen die Vorsitzenden der beiden Bischofskonferenzen auf die aktuellen europäischen Bedrohungen eingehen und die Bedeutung der heutigen Zusammenarbeit zwischen Polen und Deutschen für ein friedliches und freies Europa hinweisen. Die Stadt Breslau und das dortige Erzbistum planen daneben weitere Veranstaltungen zur Erinnerung an den Briefwechsel vor 60 Jahren.
→ Themenseite Historischer Briefwechsel
→ Symposium „60 Jahre ‚Wir vergeben und bitten um Vergebung‘ – ein Auftrag für die Zukunft?“
(Pressebericht der Herbst-Vollversammlung 2025 in Fulda)
16. Polnisch-Deutsches Gedenken im Jahr 2025
Gerne möchte ich kurz auf die feststehenden Punkte hinweisen, die sich aus dem Gedenken des historischen polnisch-deutschen Briefwechsels von vor 60 Jahren ergeben. Einige hatten mich dazu in der Auftakt-Pressekonferenz gefragt. Das Thema war aber nicht Gegenstand der jetzigen Beratungen.
2025 ist ein Gedenkjahr, dass die Kirche in Polen und Deutschland in besonderer Weise miteinander verbindet. Zum 80. Mal jährt sich das Ende des Zweiten Weltkriegs und der nationalsozialistischen Unrechtsherrschaft in Europa. 60 Jahre ist es her, dass die polnischen Bischöfe einen aufsehenerregenden Brief an die deutschen Mitbrüder richteten, in dem sie angesichts der fürchterlichen Vergangenheit Vergebung gewährten und Vergebung erbaten. Dies war der Startpunkt des polnisch-deutschen Briefwechsels zwischen den Bischofskonferenzen, der für die Versöhnung der Völker in den folgenden Jahrzehnten eine herausragende Bedeutung gewonnen hat.
Die Polnische und die Deutsche Bischofskonferenz werden das Gedenkjahr mit einer Reihe gemeinsamer Aktivitäten begehen. Dazu gehört am 26. April 2025 eine Wallfahrt polnischer Bischöfe, Priester und Laien zum ehemaligen Konzentrationslager Dachau, das vor 80 Jahren befreit wurde. Dort waren 1.800 polnische Kleriker eingekerkert, von denen 900 ihr Leben verloren. Dachau steht damit in besonderer Weise auch für das Leiden der Kirche in Polen während der NS-Zeit. Die Organisation des Gedenktags liegt bei der Deutschen Bischofskonferenz, bei der Delegatur für die polnischsprachige Seelsorge und beim Erzbistum München und Freising. Am 8. Mai 2025 begehen wir außerdem den 80. Jahrestag zum Ende des Zweiten Weltkriegs gemeinsam mit der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD).
Im November 2025 soll eine Begegnung zwischen polnischen und deutschen Bischöfen in Breslau stattfinden, bei der des Jahrestags des Briefwechsels gedacht wird. Die genaue Planung obliegt der regelmäßig tagenden Kontaktgruppe der Polnischen und der Deutschen Bischofskonferenz. Es ist vorgesehen, dass bei der Zusammenkunft in Breslau eine gemeinsame Erklärung der beiden Bischofskonferenzen unterzeichnet und veröffentlicht wird, die der Vergangenheit gedenkt und die aktuellen Herausforderungen für den Frieden in Europa zur Sprache bringt.
→ Historischer Briefwechsel: Hirtenbrief der polnischen Bischöfe an ihre deutschen Amtsbrüder vom 18. November 1965
→ Historischer Briefwechsel: Antwort der deutschen Bischöfe an die polnischen Bischöfe vom 5. Dezember 1965
(Pressebericht der Frühjahrs-Vollversammlung 2025 im Kloster Steinfeld)
Symposium erinnert an 60 Jahre deutsch-polnischen Briefwechsel
Die Kirchen haben historische Meilensteine gesetzt
In Berlin hat am Abend des 11. September 2025 das Symposium „60 Jahre ‚Wir vergeben und bitten um Vergebung‘ – ein Auftrag für die Zukunft?“ der Deutschen Bischofskonferenz in Kooperation mit der Stiftung Kreisau für Europäische Verständigung und der Katholischen Akademie Berlin stattgefunden. Im Mittelpunkt stand die Frage nach der Gegenwart und Zukunft der deutsch-polnischen Beziehungen. Anlass war der 60. Jahrestag des historischen Briefwechsels der polnischen und deutschen Bischöfe im Jahr 1965. An dem Symposium nahmen rund 120 Personen teil.
Mehr lesen:
- Pressemitteilung vom 12. September 2025
- Programm (PDF-Datei)
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Erklärungen
„Versöhnung und Freundschaft – Blick auf Europas Zukunft“. Gemeinsame Erklärung der Deutschen Bischofskonferenz und der Polnischen Bischofskonferenz aus Anlass des 40. Jahrestages des Briefwechsels von 1965 (21. September 2005)
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„Das Geschenk der Versöhnung weitergeben“. Gemeinsame Erklärung der Deutschen Bischofskonferenz und der Polnischen Bischofskonferenz aus Anlass des 30. Jahrestages des Briefwechsels von 1965 (13. Dezember 1995)
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Lesenswert
Lange Wege – Dokumente zur Versöhnungsarbeit der Katholischen Kirche in Deutschland. Sekretariat der Deutschen Bischofskonferenz (Hg.) Arbeitshilfen, Nr. 227 (Bonn 2009)
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Treffen der Kontaktgruppe der Deutschen und der Polnischen Bischofskonferenz in Augsburg (25. bis 27. April 2023)
Pressemitteilung vom 27. April 2023
Die Deutsch-Polnische Kontaktgruppe wurde in den 1990er Jahren – nach dem Ende des Kommunismus in Europa – gegründet, um den Austausch zwischen den Bischofskonferenzen beider Länder zu intensivieren und zur Versöhnung zwischen den Völkern beizutragen.
Rückblick: Reise nach Polen 2018
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Der damalige Vorsitzende der Deutschen Bischofskonferenz, Kardinal Reinhard Marx, hat vom 30. August bis 1. September 2018 Polen besucht. Er traf den Präsidenten der Polnischen Bischofskonferenz, Erzbischof Stanisław Gądecki, in dessen Amtssitz in Posen. Sie sprachen über die Situation der Kirche in Polen und Deutschland sowie Entwicklungen in der Weltkirche. Im Medienhaus „Hl. Adalbertus“ in Posen traf Kardinal Marx mit katholischen Wissenschaftlern und Publizisten zusammen, die kontrovers die politischen Entwicklungen und die dahinter liegenden grundlegenden Fragen des Verständnisses von Staat und Gesellschaft in Polen diskutierten. Mit einer Eucharistiefeier im kleinen Kreis beendete Kardinal Marx am 1. September 2018 seinen Aufenthalt in Polen. Er gedachte dabei der Opfer des Zweiten Weltkrieges, der mit dem deutschen Angriff auf Polen heute vor 79 Jahren begann. „Wir dürfen nie vergessen, wie sehr Polen unter dem nationalsozialistischen Eroberungs-, Versklavungs- und Vernichtungskrieg im Osten gelitten hat“, betonte der Kardinal in Posen. „Wir danken Gott, dass unsere Völker trotz dieser Geschichte wieder zueinander gefunden haben.“
