Leben bis zum Ende
Lebensfragen am Ende betreffen viele Menschen, die sich sorgen, dass sie dann nicht mehr leistungsfähig und einsam sind und nicht mehr über sich selbst bestimmen können. Hoch betagt oder schwer erkrankt, oft auch schon in jüngeren Jahren, fürchten Menschen sich vor Schmerzen und einem schwer ertragbaren Schwebezustand zwischen Leben und Tod. Sie möchten in Würde sterben können.
Das Leben eines jeden Menschen ist kostbar
Aus Sorge um den Menschen setzen sich Christen dafür ein, dass das Leben eines jeden Menschen – gerade auch in der Nähe des Todes – zu jedem Zeitpunkt geschützt wird. Sie glauben daran, dass wir alles, was ist, Gott verdanken. Gott hat den Menschen als sein Abbild geschaffen und ihm eine unantastbare Würde verliehen. Diese Würde gründet nicht in seiner Leistung oder in dem Nutzen, den er für andere hat. Die Würde des Menschen folgt daraus, dass Gott ihn bejaht. Aus dem Wissen um Gottes Zuwendung und Liebe heraus darf und kann der Mensch auch im Leiden und im Sterben sein Leben bejahen und seinen Tod aus Gottes Hand annehmen. Aus der Überzeugung, dass das menschliche Leben von Gott geschenkt ist, folgt auch die Überzeugung, dass der Mensch keine volle Verfügungsgewalt über sein Leben haben kann. Christen müssen bekennen: In Würde stirbt, wer anerkennt, dass sein Leben als solches unverfügbar ist. Es hat einen Wert in sich, auch wenn der Körper keine Leistung erbringt oder nicht voll funktionsfähig ist. Die Entscheidung gegen das eigene Leben, auch wenn es durch Schmerzen und Leid geprägt ist, widerspricht fundamental dem Wesen des Menschen. Anfang und Ende des Lebens sind der Verfügung des Menschen entzogen. Daraus folgt, dass der Tod nicht herbeigeführt werden sollte.
Sterbende begleiten und den Tod zulassen
Gleichzeitig bedeutet dies aber auch, dass der Tod zugelassen werden darf. Sterben in Würde zu ermöglichen, bedeutet aus christlicher Sicht, dass der Sterbende an der Hand eines Menschen stirbt und nicht durch sie. Gerade in seinem letzten Lebensabschnitt braucht der Mensch Zuwendung, Schutz und Trost. Ein Sterben in Würde für jeden Menschen zu ermöglichen, ist daher auch eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe.
Die katholische Kirche spricht sich nachdrücklich gegen alle Formen der aktiven Sterbehilfe und der Beihilfe zur Selbsttötung aus. Sie ist der Überzeugung, dass der Staat dann ein würdevolles Sterben ermöglicht, wenn er die flächendeckende medizinische und pflegerische Begleitung Schwerstkranker und Sterbender in den Mittelpunkt stellt und nach Kräften fördert. Die Kirche beteiligt sich hier mit einer intensiven seelsorglichen Betreuung der Sterbenden und ihrer Angehörigen. Es ist notwendig, die Palliativversorgung und die Hospizarbeit in ambulanten und stationären Einrichtungen zu fördern und auszubauen. Sie stellen eine zunehmend wichtige Antwort auf die Lebenslage und Bedürfnisse der Menschen dar. Viele haupt- und ehrenamtliche Hospizhelfer leisten einen wertvollen Dienst, indem sie Menschen im Sterben beistehen.
Die Gesellschaft darf nicht zulassen, dass der künstlich herbeigeführte Tod in der Endphase eines Lebens zu einer ärztlichen Dienstleistung wird. Eine gesetzliche Regelung, die derartige Angebote duldet, würde dazu führen, dass der innere und äußere Druck auf alle Alten, Schwerkranken und Pflegebedürftigen zunimmt, von derartigen Optionen Gebrauch zu machen – um keine Last für Angehörige zu sein.
Verbot der Hilfe bei der Selbsttötung aufheben?
Seit einiger Zeit ist eine Debatte entbrannt, ob aktive Sterbehilfe und assistierter Selbstmord erlaubt werden sollten. Dürfen wir der Erlösung von Leid und Schmerz nachhelfen? Eine Gruppe von Medizinern hat die Forderung an die Politik gestellt, das Verbot von Hilfe bei der Selbsttötung aufzuheben und dies Ärzten unter bestimmten Umständen zu erlauben.
Die Frage, ob wir aktiv am Tod eines anderen Menschen mitwirken dürfen, auch wenn er sich dies wünscht, ist nur oberflächlich eine strafrechtliche. Sie sprengt den Rahmen der staatlichen Regulierungsmöglichkeiten, denn sie berührt im Wesentlichen unsere Einstellung zur Würde des Menschen; ihre Beantwortung ist auf das Engste verknüpft mit unserem grundlegenden Menschenbild. Der Wert, den wir dem Menschen und seinem Leben zumessen, auch dann, wenn es leidvoll ist und sich dem Ende zuneigt, sollte – für Befürworter wie Gegner gleichermaßen – der Ausgangspunkt jeglicher Überlegungen bezüglich der Sterbehilfe sein.
Ein Klima der selbstverständlichen Solidarität schaffen
Ein würdevolles Sterben kann die Gesellschaft aber nur dann gewährleisten, wenn sie ein Klima der selbstverständlichen Solidarität und Hilfe schafft, in der sich Sterbende nicht als Last empfinden. Wer die Humanität schützen und die Freiheit des Sterbenden wahren will, muss gleichsam einen Schutzraum eröffnen, in dem umfassende palliativmedizinische Betreuung und helfende, liebende Annahme stattfinden.
Die Kirche setzt sich dafür ein, dass anerkannt wird: Der Mensch ist Mensch bis zuletzt. Aus christlicher Sicht soll der Tod eines Menschen nicht künstlich hinausgezögert werden, wenn es keine Chance mehr auf Heilung oder ein erträgliches Leben gibt. Den Tod willentlich herbeizuführen aber kann aus christlicher Perspektive keine Alternative zu einer liebevollen und mitfühlenden Begleitung des Menschen auf seiner letzten Wegstrecke sein.
Weitere Informationen
Stellungnahmen
2024
Am 24. Juni 2022 haben die Mitglieder des Deutschen Bundestages in 1. Lesung über drei überfraktionelle Gruppenanträge zur gesetzlichen Neuregelung der Suizidassistenz beraten. Erklärung des Vorsitzenden der Glaubenskommission der Deutschen Bischofskonferenz, Bischof Dr. Franz-Josef Overbeck, und des Vorsitzenden der Kommission für caritative Fragen der Deutschen Bischofskonferenz, Erzbischof Stephan Burger
Zur Pressemitteilung vom 21. Juni 2024
Das Bundesgesundheitsministerium hat am 2. Mai 2024 eine nationale Suizidpräventionsstrategie vorgestellt. Erklärung von Prälat Dr. Karl Jüsten, Leiter des Katholischen Büros in Berlin
Mehr lesen: Pressemitteilung vom 2. Mai 2024
2023
Zum assistierten Suizid und der Frage nach einer gesetzlichen Regelung
Mehr lesen: Pressemitteilung vom 28. September 2023
Am 6. Juli 2023 hat der Deutsche Bundestag über die fraktionsübergreifenden Gesetzentwürfe zur Neuregelung der Suizidassistenz und einen gemeinsamen Antrag zur Stärkung der Suizidprävention abgestimmt. Erklärung des Vorsitzenden der Deutschen Bischofskonferenz, Bischof Dr. Georg Bätzing
Mehr lesen:
Das Urteil des Bundesverfassungsgerichts vom 26. Februar 2020 hat eine politische wie ethische Debatte um Suizid und Suizidassistenz und ihre rechtlichen Rahmenbedingungen ausgelöst.
Mehr lesen:
- Zur Stellungnahme im Wortlaut (Internetseite des Katholischen Büros Berlin)
- Zur Anlage – Position Deutscher Caritasverband vom 19.10.2022 (Internetseite des Katholischen Büros Berlin)
- Zur Kurzstellungnahme vom 16. März 2023 (Internetseite des Katholischen Büros Berlin)
Zur im Deutschen Bundestag laufenden Debatte zur Regulierung der Suizidassistenz und dem Antrag zur Stärkung und zum Ausbau der Suizidprävention
Mehr lesen: Pressemitteilung vom 2. März 2023
2022
Erklärung des Vorsitzenden der Deutschen Bischofskonferenz, Bischof Dr. Georg Bätzing, anlässlich der Verabschiedung des Gesetzes zur Triage im Deutschen Bundestag
Mehr lesen: Pressemitteilung vom 11. November 2022
Argumentationsskizze des Sekretariats der Deutschen Bischofskonferenz
Mehr lesen: Aktuelle Meldung vom 8. April 2020
Zu einer Anfrage des Bundesgesundheitsministers vom 15. April 2020
Zur aktuellen Meldung vom 26. Juni 2020
2019–2020
Stellungnahme des Katholischen Büro in Berlin zur Orientierungsdebatte zum assistierten Suizid im Bundestag am 22. April 2021
Zur aktuellen Meldung vom 21. April 2024
Menschen in den dunklen Momenten ihres Lebens beistehen: Hospiz- und Palliativarbeit fördern, assistierten Suizid verhindern
Zur Pressemitteilung vom 26. Januar 2021
Zum Verbot der geschäftsmäßigen Förderung der Selbsttötung
Zur Pressemitteilung vom 26. Februar 2020
Mehr lesen: Pressemitteilung vom 23. Mai 2019
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Sterben in Würde – Anmerkungen zur aktuellen Debattenach dem Urteil des Bundesverwaltungsgerichts vom 2. März 2017 im Pressebericht von Kardinal Reinhard Marx, Vorsitzender der Deutschen Bischofskonferenz, zur Abschlusspressekonferenz der Frühjahrs-Vollversammlung 2017 der Deutschen Bischofskonferenz in Bensberg (Kapitel 5)
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Erklärung des Pressesprechers der Deutschen Bischofskonferenz, Matthias Koppzum Urteil des Bundesverwaltungsgerichts Leipzig zur schmerzlosen Selbsttötung in extremen Ausnahmefällen
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Erklärung: Assistierter SuizidErklärung des Ständigen Rates der Deutschen Bischofskonferenz zur Diskussion um den assistierten Suizid vom 27. Januar 2014
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Erklärung: Beihilfe zur SelbsttötungErklärung des Ständigen Rates der Deutschen Bischofskonferenz zur Diskussion über die Beihilfe zur Selbsttötung vom 12. September 2012
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Christliche Patientenvorsorgedurch Vorsorgevollmachten, Betreuungsverfügung, Patientenverfügung und Behandlungswünsche – Handreichung und Formular der Deutschen Bischofskonferenz und des Rates der Evangelischen Kirche in Deutschland in Verbindung mit weiteren Mitglieds- und Gastkirchen der Arbeitsgemeinschaft Christlicher Kirchen in Deutschland. Gemeinsame Texte Nr. 20 (Bonn 2018)
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Dikasterium für die GlaubenslehreErklärung „Dignitas infinita“ über die menschliche Würde. Verlautbarungen des Apostolischen Stuhls Nr. 240 (Bonn 2024)
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Menschen mit Demenz in der KircheWie eigene Angebote gelingen. Ein gemeinsamer Text der Deutschen Bischofskonferenz und der Evangelischen Kirche in Deutschland. Gemeinsame Texte Nr. 29 (Bonn, Hannover 2023)
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Bleibt hier und wacht mit mir! (Mt 26,38)Palliative und seelsorgliche Begleitung von Sterbenden. Die deutschen Bischöfe/Pastoralkommission Nr. 51 (Bonn 2021)
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Alter, Pflege und Sterben in der FamilieFamilienpastorale Arbeitshilfe zum Familiensonntag. Arbeitshilfen Nr. 329 (Bonn 2021)
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Schreiben „Samaritanus bonus“ über die Sorge an Personen in kritischen Phasen und in der Endphase des LebensVerlautbarungen des Apostolischen Stuhls Nr. 228 (Bonn 2020)
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Broschüre Suizidprävention – „Damit das Leben weitergeht“Katholische und evangelische TelefonSeelsorge veröffentlichen Thesen zur Suizidprävention (20.07.2016)
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Flyer „Sterben in Würde“Im Flyer „Sterben in Würde – worum geht es eigentlich?“ wird in einer verständlichen Sprache für ein Sterben in Würde geworben. (Bonn 2014)
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Sterbebegleitung statt aktiver SterbehilfeEine Sammlung kirchlicher Texte. Hgg. vom Sekretariat der Deutschen Bischofskonferenz und vom Kirchenamt der Evangelischen Kirche in Deutschland. Gemeinsame Texte Nr. 17 (Bonn/Hannover 2011)
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Menschenwürdig sterben und christlich sterbenDie deutschen Bischöfe Nr. 47 (Bonn 1996)
Diese Broschüre enthält folgende Publikationen:
- Menschenwürdig sterben und christlich sterben (1978)
- Schwerstkranken und Sterbenden beistehen (1991)
- Die Hospizbewegung: Profil eines hilfreichen Weges in katholischem Verständnis (Erklärung der Pastoralkommission, 1993)
- Im Sterben – umfangen vom Leben (Woche für das Leben 1996) -
Gott ist ein Freund des LebensHerausforderungen und Aufgaben beim Schutz des Lebens. Hgg. vom Sekretariat der Deutschen Bischofskonferenz und vom Kirchenamt der Evangelischen Kirche in Deutschland. Arbeitshilfen Nr. 76. Sonderausgabe anlässlich 10 Jahre „Woche für das Leben“. (Bonn/Hannover 2000)
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Wegweiser Hospiz- und PalliativmedizinWer bietet was in der Hospiz- und Palliativversorgung?
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Deutsche Gesellschaft für Palliativmedizin e. V. (DGP)Mit eigener Sektion Seelsorge
Die Deutsche Gesellschaft für Palliativmedizin (DGP) steht als wissenschaftliche Fachgesellschaft für die interdisziplinäre und multiprofessionelle Vernetzung. -
Deutscher Hospiz- und PalliativVerband e. V.Dachverband von über 1.100 Hospizvereinen und Palliativeinrichtungen, in denen sich mehr als 100.000 Menschen ehrenamtlich, bürgerschaftlich und hauptamtlich engagieren