| Pressemeldung | Nr. 111

Statement von Bischof Bätzing zur Abstimmung des Deutschen Bundestages über die Neuregelung der Suizidassistenz

Heute (6. Juli 2023) hat der Deutsche Bundestag über die fraktionsübergreifenden Gesetzentwürfe zur Neuregelung der Suizidassistenz und einen gemeinsamen Antrag zur Stärkung der Suizidprävention abgestimmt. Dazu erklärt der Vorsitzende der Deutschen Bischofskonferenz, Bischof Dr. Georg Bätzing:

„Den Abgeordneten gebührt Dank für die ernsthafte Debatte und die vielfachen persönlichen Beiträge, die zeigen, wie sehr sie um eine Entscheidung gerungen haben. Ich bedauere es allerdings, dass der Gesetzentwurf der Abgeordnetengruppe Castellucci/Heveling et al keine Mehrheit gefunden hat. Dieser Gesetzentwurf hätte mit seinem Schutzkonzept dazu beitragen können, dass der assistierte Suizid in Deutschland nicht zur gesellschaftlichen Normalität am Lebensende wird. Ich betone, dass es eines derartigen ausbalancierten gesetzlichen Schutzkonzepts dringend bedarf. Ein solches Schutzkonzept muss die Freiverantwortlichkeit des Suizidwunsches soweit wie möglich gewährleisten und zugleich ein dem Leben zugewandtes Gesamtklima und eine Kultur gegenseitiger Fürsorge und Zuwendung bewahren. Andernfalls findet Suizidassistenz in Deutschland statt, ohne dass der Gesetzgeber den Gefahren begegnet, die von einem Angebot von Suizidassistenz für die Autonomie des Einzelnen ausgehen, und ohne dass der Gesetzgeber der Tendenz entgegenwirkt, dass sich der assistierte Suizid als selbstverständliche Form der Lebensbeendigung durchsetzt. Ein derart wichtiges Thema, von dem potenziell alle Menschen in existenzieller Weise betroffen sein können und das unser Zusammenleben prägt, darf nicht ungeregelt bleiben.

Es gilt nun erst recht, niedrigschwellige Angebote zur Suizidprävention durch ein entsprechendes Suizidpräventionsgesetz signifikant auszubauen. Dieses muss nach der begrüßenswerten, von einer sehr breiten Mehrheit des Bundestags getragenen Annahme des Antrags zur Stärkung der Suizidprävention schnell verabschiedet werden. Wir müssen sicherstellen, dass wir die Menschen in Notlagen möglichst frühzeitig erreichen. Fachlich kompetente und menschlich zugewandte Hospizarbeit und Palliativversorgung fördern die Lebensqualität und ein Sterben in Würde. Zentral ist schließlich – und darauf müssen wir unseren Blick genauso richten – eine qualitativ gute Pflege, der sich älter werdende Menschen gerne anvertrauen.

In beiderlei Hinsicht muss die politische wie gesellschaftliche Debatte intensiv weitergeführt werden. Wir müssen als Gesellschaft eine Kultur der Lebensbejahung und gegenseitigen Fürsorge bewahren. Dafür stehen insbesondere auch die Einrichtungen und Dienste der Kirche und ihrer Caritas sowie ihre Mitarbeitenden, die die Menschen in ihrer jeweiligen Lebenssituation tagtäglich unterstützen und begleiten, sich ihnen zuwenden und für sie da sind. Auch ihnen gilt heute mein Dank.

Der Wunsch, sein Leben zu beenden, kann viele Ursachen haben. Keinem Menschen steht darüber von außen ein Urteil zu. Doch gilt es, Menschen davor zu schützen, eine solche Entscheidung übereilt oder nicht freiverantwortlich zu treffen. Einer Normalisierung der Suizidassistenz darf darum keinesfalls Vorschub geleistet werden. Als Menschen sind wir Geschöpfe Gottes und stehen in Beziehung zu ihm, zu uns selbst und zu anderen. Selbstbestimmung bedeutet daher für uns, das Leben selbst zu gestalten und es zugleich vor uns selbst, vor anderen und vor Gott zu verantworten. Als katholische Kirche wollen wir weiterhin jede Hilfe im Sterben leisten, aber nicht Hilfe zum Sterben. Wir werden uns darum weiter an dieser Debatte beteiligen und mit unserer Arbeit in den Einrichtungen und Diensten und der Seelsorge zu einer Kultur der Lebensbejahung und gegenseitigen Fürsorge beitragen, damit kein Mensch den Suizid wählt, weil er ihn als die scheinbar einfache oder beste Lösung ansieht oder ihm nicht die notwendige Hilfe zuteilwurde. Das wäre für die Kirche nicht tragbar und kann auch gesellschaftlich nicht gewollt sein.“
 

Hinweis:

Weitere Informationen sind auf der Themenseite Sterben in Würde verfügbar.

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