| Pressemeldung

Buchvorstellung: Die katholischen deutschen Märtyrer des 20. Jahrhunderts

Verzeichnis hrsg. von Prälat Dr. Helmut Moll im im Auftrag der Deutschen Bischofskonferenz, Verlag Ferdinand Schöningh, Paderborn 1999

Statement von Kardinal Joachim Meisner, Vorsitzender der Liturgiekommission der Deutschen Bischofskonferenz, bei der Pressekonferenz am 17. Juni 1999 zur Vorstellung des Einführungsbandes
Zur Jahrhundert- und Jahrtausendwende werden überall Bilanzen aufgestellt. Die Haben-Seite wird darin mit der Soll-Seite verglichen. Dabei ist fast immer die Bestandsaufnahme des Negativen weitaus höher als die des Positiven. Darum sind wir Menschen heute auch sehr schnell bereit, früheren Generationen großzügig Schuldzuweisungen zuzuerkennen. Mit Schuldannahme für uns selbst aus der Gegenwart tun wir uns dagegen sehr schwer.

Um diesem Irrtum zu entgehen, hat der Heilige Vater in seinem Apostolischen Schreiben "Tertio millenio adveniente" vom 10. November 1994 die Ortskirchen aufgerufen, die Märtyrer des 20. Jahrhunderts aufzulisten. "Am Ende des zweiten Jahrtausends ist die Kirche erneut zur Märtyrerkirche geworden. Die Verfolgung von Gläubigen - Priestern, Ordensleuten und Laien - hat in verschiedenen Teilen der Welt eine reiche Saat von Märtyrern bewirkt. Das Zeugnis für Christus bis hin zum Blutvergießen ist zum gemeinsamen Erbe von Katholiken, Orthodoxen, Anglikanern und Protestanten geworden, wie schon Paul VI. in der Homilie bei der Heiligsprechung der Märtyrer von Uganda betonte. Das ist ein Zeugnis das nicht vergessen werden darf" (Nr. 37). Ein solches Buch der Märtyrer ist nach dem Willen des Heiligen Vaters die teuerste Mitgift für junge Christen im dritten nachchristlichen Jahrtausend.

Die katholische Kirche braucht sich ihres Weges durch die Bedrängnisse des 20. Jahrhunderts nicht zu schämen. Gläubige Menschen jeden Alters, Frauen und Männer jeder sozialen Herkunft und in den unterschiedlichsten Situationen, sind für den Herrn und seine Kirche eingetreten, sei es gelegen oder ungelegen (vgl. 2 Tim 4,2). Für die meisten war es ungelegen, denn sie haben damit Familie, berufliche Vorteile, Karriere, Zukunftschancen usw., etwa auch ihrer Kinder und Angehörigen aus Treue zu Jesus Christus und seinem Evangelium aufs Spiel gesetzt.

Im Blick auf die Deutsche Bischofskonferenz sowie unter Berücksichtigung der Deutschen im Ausland gibt es vier Kategorien von Blutzeugen, die sich teils auf das gesamte Jahrhundert, teils auf bestimmte Jahrzehnte erstrecken. Die jetzt vorliegenden Untersuchungen stehen unter der Leitung des theologischen Konsultors an der römischen Kongregation für die Heiligsprechungsverfahren, Prälat Dr. Helmut Moll, der als Beauftragter der Deutschen Bischofskonferenz zusammen mit 27 Diözesanbeauftragten, zehn Beauftragten der Visitatoren und mit über 130 Fachleuten das deutsche Martyrologium des 20. Jahrhunderts zusammengestellt hat.

Die Blutzeugen unter Hitlers Terror in den Jahren zwischen 1933 und 1945 liegen uns bewußtseinsmäßig besonders nahe. Die Konfrontation der katholischen Kirche wie ihrer Glieder mit der mit dem Christentum im Kern unvereinbaren Ideologie des Nationalsozialismus forderte einen enorm hohen Blutzoll auf allen Ebenen. Sicherlich waren Ursachen und Anlässe der feindseligen Bestrebungen unterschiedlich und regional sehr verschieden, doch Adolf Hitler und seine Partei waren darauf aus, das Christentum "mit Stumpf und Stiel" auszurotten.

Auch wenn im Einzelfall Mangel an Treue und Tapferkeit nicht verschwiegen werden darf, so müssen umgekehrt all jene Glaubenszeugen dem Vergessen entrissen werden, die in dieser dunklen Epoche unserer Geschichte ein hervorragendes Beispiel christlichen Lebens und Sterbens gegeben haben: Mehr als 160 Diözesanpriester wurden in Konzentrationslagern, Zuchthäusern und Gefängnissen zu Märtyrern um ihres Glaubens willen. Darüber hinaus beschlossen knapp 60 Ordensmänner, vier Ordensfrauen, zwei Mitglieder von Instituten des geweihten Lebens sowie 110 katholische Männer und Frauen ihr Leben mit dem Martyrium. Ein Ehepaar ging gemeinsam in den Tod. Das Bistum Ermland verfügt über 31, das Erzbistum Köln und das Sudetenland über je 19, Aachen, Berlin und Breslau über je 18 Blutzeugen, um nur die Bistümer mit dem höchsten Märtyreranteil zu nennen.

Zu den jüngsten unter ihnen zählen der 17jährige Lehrling Heinz-Udo Hallau aus Bielefeld sowie die zum katholischen Glauben konvertierte Jugendliche Elfriede Goldschmidt und der Anlernschaltmechaniker Walter Klingenbeck mit je 19 Jahren - beide aus dem Erzbistum München und Freising. Zu den ältesten gehören der Hünfelder Müller Adam Rössner mit 75 Jahren wie der Verbandspräses der Katholischen Arbeitervereine Deutschlands, Msgr. Dr. Otto Müller, aus dem Erzbistum Köln, mit knapp 74 Jahren.

Chronologisch weiträumiger gefaßt ist die Kategorie der Blutzeugen aus der Zeit des Kommunismus. Die mit dem Zusammenbruch des Zarenreiches im Oktober 1917 beginnende Epoche führte nicht nur zum Sturz der politischen Ordnung, sondern brachte in der Folge der Revolution die Diktatur der Bolschewiken. Die neuen Machthaber proklamierten die strikte Trennung von Staat und Kirche. Unverzüglich setzte die Auflösung auch der römisch-katholischen Kirche ein, die in wenigen Jahren aus ideologischen Gründen vollständig zerschlagen war. Die konsequente Verfolgung der kleinen Minderheit der römisch-katholischen Christen, besonders unter Josef Stalin, der seit dem Jahre 1927 unbeschränkter Diktator der Sowjetunion war, bewirkte einen hohen Blutzoll unter den rußlanddeutschen Katholiken.

Sowohl der für den südlichen Teil der Apostolischen Administratur des europäischen Rußlands des lateinischen Ritus zuständige Weihbischof Clemens Pickel als auch der Apostolische Administrator von Sibirien, Bischof Josef Werth SJ (Novisibirsk), auf deren Territorien die allermeisten rußlanddeutschen Märtyrer zu Tode gekommen sind, begrüßten die Initiative, die zwei Bischöfe und 72 Priester (auch) in das deutsche Martyrologium aufzunehmen. Darüber hinaus wünschte die Visitatur der Deutschen aus Südosteuropa, daß auch die 36 Donauschwaben aus Jugoslawien, Rumänien und Ungarn, die unter dem kommunistischen Staatspräsidenten Josip Tito (1892-1980) verfolgt und vertrieben wurden, in das deutsche Blutzeugenverzeichnis Aufnahme finden sollten.

Die dritte Kategorie bilden die sog. Reinheitsmartyrien. Es handelt sich hierbei um Gläubige, die aus religiöser Motivation unsittlichen Angreifern mutig die Stirn geboten und sich mit aller Kraft gegen deren unmoralisches Verlangen gewehrt haben, dann aber tödlich verletzt wurden. Unter die Gruppe des martyrium puritatis fallen über 70 Personen unterschiedlichen Alters und Geschlechts: zunächst junge Mädchen, die wie die heilige Jungfrau und Märtyrerin Maria Goretti (1890-1902) eher zu sterben als in die Sünde einzuwilligen bereit waren, sodann alle Ordensschwestern und Frauen, die gegen Ende des Zweiten Weltkriegs von den in die ehemals deutschen Ostgebiete einmarschierenden russischen Soldaten überwältigt und ermordet worden sind, ferner die Beschützer der von Vergewaltigung bedrohten Frauen, die bei ihrem Eintreten für die christliche Würde der Frau kaltblütig niedergeschossen wurden.

Die vierte und zugleich letzte Kategorie betrifft die Blutzeugen aus den Missionsgebieten. Die Geschichte der Mission im 20. Jahrhundert weitet den Horizont für die Universalität der katholischen Kirche. Aus Deutschland stammende und hier aufgewachsene Männer und Frauen zogen als Erwachsene in verschiedene Missionsländer, um dort das Evangelium zu verkünden. In den Erdteilen, in den die mehr als 170 Patres, Brüder, Schwestern und Laien wirkten, mußten sie die Feindschaft primitiver Stammesreligonen überwinden, den Kampf, dem die Ureinwohner allem Fremden gegenüber angesagt hatten, bestehen, sowie ideologischen Rivalitäten wie dem atheistischen Kommunismus in Südostasien entschlossen begegnen.
Es würde an dieser Stelle zu weit führen, alle Orden und Kongregationen aufzuzählen. Der Anteil der Ordensfrauen, die in Asien, Afrika und Lateinamerika aus Haß auf den christlichen Glauben ermordet wurden, ist auffallend hoch; mehr als 40 Steyler Missionsschwestern, St. Benediktus-Missionsschwestern, Missionsdominikanerinnen, Franziskanerinnen und Mariannhiller Missionsschwestern waren bereit für das Martyrium. Die Ordensmänner kommen ebenso in der Regel aus den Missionsorden: die Herz-Jesu-Missionare, die Missionsbenediktiner, die Steyler Missionare, die Schulbrüder der Christlichen Schulen, die Jesuiten, die Mariannhiller Missionare und die Salesianer Don Boscos.

Unter einer großen und dichten Wolke von etwa 700 Zeugen (vgl. Hebr 12,1) überschreiten wir in wenigen Monaten die Schwelle zum neuen Jahrhundert. Darum braucht uns - wie bereits erwähnt - vor der Zukunft nicht Angst zu sein. Wir sind den Herausforderungen des 21. Jahrhunderts gewachsen, wissend, daß uns in der Gemeinschaft der Heiligen so viele bewährte Frauen und Männer, Kinder und Jugendliche beiseite stehen. Hier hat das ermunternde Wort des Herrn seine Begründung: "Fürchte dich nicht, du kleine Herde! Denn euer Vater hat beschlossen, euch das Reich zu geben!" (Lk 12,32).

Mit diesem Buch darf die katholische Kirche in Deutschland dankbar und vertrauensvoll die Schwelle ins neue Jahrtausend überschreiten. Damit gilt allen ein besonderer Dank, die zur Zusammenstellung dieser Glaubenszeugnisse beigetragen haben.

Hinweis
Zur Einführung und Übersicht:

Helmut Moll
im Auftrag der Deutschen Bischofskonferenz
Die katholischen deutschen Martyrer des 20. Jahrhunderts
Ein Verzeichnis
1999. 100 Seiten, mit 8 Abb., kart.,
DM 9,80/öS 71,80/sFr 9,--
ISBN 3-506-75777-6

Im Herbst erscheint:
Zeugen für Christus
Das deutsche Martyrologium des 20. Jahrhunderts
Herausgegeben von Helmut Moll
im Auftrag der Deutschen Bischofskonferenz
1999. 2 Bände, zus. ca. 1500 Seiten, über 500 Abbildungen
Leinen mit Schutzumschlag
Sonderpreis für das Heilige Jahr 2000: DM 98,--/öS 715,--/sFr 90,--
ISBN 3-506-75778-4

Beide Bücher erscheinen im Verlag Ferdinand Schöningh Paderborn.

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