Interreligiöser Dialog
Auf der Grundlage der Dokumente des Zweiten Vatikanischen Konzils (insbesondere Nostra aetate und Lumen gentium) weiß sich die katholische Kirche weltweit wie auch in Deutschland in besonderer Weise dem interreligiösen Dialog verpflichtet.
Dialog mit dem Judentum
In der Erklärung über das Verhältnis der katholischen Kirche zu den nichtchristlichen Religionen Nostra aeate (1965) hat das Zweite Vatikanische Konzil die theologischen Grundlagen für ein neues Verhältnis zu den Juden gelegt, das nicht mehr – wie so oft in der Geschichte – von Vorurteilen, Missachtung, Gleichgültigkeit oder sogar Verfolgung, sondern von gegenseitigem Respekt, Dialog und Freundschaft geprägt ist. In Anlehnung an die Kapitel 9 bis 11 im Brief des Apostels Paulus an die Römer rufen die Konzilsväter in Erinnerung, dass der christliche Glaube in der Glaubensgeschichte Israels wurzelt, und stellen fest, dass „die Juden nach dem Zeugnis der Apostel immer noch von Gott geliebt um der Väter willen (sind); sind doch seine Gnadengaben und seine Berufung unwiderruflich“. Oder um es mit den Worten von Papst Franziskus zu sagen: „Gott wirkt weiterhin im Volk des Alten Bundes und lässt einen Weisheitsschatz entstehen, der aus der Begegnung mit dem göttlichen Wort entspringt. Deshalb ist es auch für die Kirche eine Bereicherung, wenn sie die Werte des Judentums aufnimmt.“ (Apostolisches Schreiben Evangelii gaudium, Nr. 249). „Der Dialog und die Freundschaft mit den Kindern Israels gehören zum Leben der Jünger Jesu.“ (Ebd., Nr. 248.)
Um den Dialog mit den Juden in Deutschland zu fördern, gründete der spätere Bischof von Aachen, Klaus Hemmerle, 1971 den Gesprächskreis „Juden und Christen“ beim Zentralkomitee der deutschen Katholiken (ZdK) , dem Zusammenschluss der Vertreter der katholischen Laien. In diesem Kreis treffen sich derzeit 14 jüdische und 17 katholische Vertreter zu einem regelmäßigen Austausch über theologische und politische Fragen.
Weitere Informationen:
Internetseite des ZdK
Auf der Ebene der Deutschen Bischofskonferenz wurde 1979 eine Arbeitsgruppe „Fragen des Judentums“ gegründet, die 2006 zur Unterkommission für die religiösen Beziehungen zum Judentum aufgewertet wurde und der Ökumenekommission zugeordnet ist. Ihr Vorsitzender ist der Bischof von Erfurt Dr. Ulrich Neymeyr.
Mittlerweile haben sich regelmäßige und intensive Kontakte zur Allgemeinen Rabbinerkonferenz Deutschlands und zur Orthodoxen Rabbinerkonferenz Deutschlands sowie zum Zentralrat der Juden in Deutschland entwickelt. In den jährlichen Gesprächen zwischen Bischöfen und Rabbinern werden aktuelle politische und sozialethische, aber auch theologische Fragen erörtert. Daneben hat sich im akademischen Bereich eine Vielzahl von gemeinsamen wissenschaftlichen Projekten etabliert, die das christlich-jüdische Verhältnis erforschen.
Zudem unterstützt die katholische Kirche die über 80 Gesellschaften für christlich-jüdische Zusammenarbeit, die im Deutschen Koordinierungsrat zusammengeschlossen sind. In diesen Gesellschaften findet ein intensiver Dialog auf lokaler Ebene statt, der von Mitgliedern der Kirchen- und Synagogengemeinden gestaltet wird.
Einen bedeutenden Platz nimmt der christlich-jüdische Dialog auch im Religionsunterricht und in der Erwachsenenbildung ein, insbesondere in den Programmen der kirchlichen Akademien. Dabei spielt die Aufklärung über alte und neue Formen des Antisemitismus weiterhin eine wichtige Rolle. (Antisemitismusbericht der Bundesregierung – pdf-Datei herunterladen)
Dialog mit dem Islam
Der Dialog mit den Islam stellt, wie Papst Benededikt XVI. bei seiner Begegnung mit Muslimen in Köln im Jahr 2005 gesagt hat, nicht eine Option, sondern eine Notwendigkeit dar. Schon 1998 hatte die Deutsche Bischofskonferenz mit der Einrichtung der Unterkommission für den Interreligiösen Dialog den Dialog mit dem Islam zu einem eigenen und vorrangigen Arbeitsfeld gemacht.
Die bis heute gültigen Aufgaben der Unterkommission hat sie Ende September 2001 wie folgt präzisiert: die Verbesserung der Rahmenbedingungen für den christlich-islamischen Dialog, die Klärung kirchlicher Positionen im Dreiecksverhältnis Kirche-Staat-Islam und die Gestaltung des Dialoggeschehens auf bischöflicher Ebene.
Heute wirken in den meisten deutschen Diözesen eigene Islambeauftragte. Die katholischen Akademien bieten – regelmäßig und kompetent – auch islamrelevante Bildungsinhalte an. In der Priesterausbildung sollen auch Grundkenntnisse über den Islam vermittelt werden.
Überdiözesan wie innerhalb vieler Diözesen gibt es neue kirchliche Kooperationsstrukturen, denn viele Arbeitsfelder der Kirche werden auf unterschiedlichste Weise von der Präsenz von Muslimen berührt. Die von den Weißen Vätern gegründete Christlich-Islamische Begegnungs- und Dokumentationsstelle (CIBEDO) in Frankfurt wurde zu einer in ganz Deutschland aktiven Arbeitsstelle für den Dialog mit dem Islam ausgebaut.
Die Unterkommission arbeitet weiterhin an der Klärung der kirchlichen Positionen im Dreiecksverhältnis Kirche, Islam und Staat/Gesellschaft. Ihre Arbeitshilfe 172 „Christen und Muslime in Deutschland“ stellt ein unverzichtbares Handbuch für katholische Akteure im Dialog mit dem Islam dar.
Die Orientierungshilfe zum „Moscheebau in Deutschland“ hat sehr dazu beigetragen, die Kontroversen um den Bau von Moscheen in unserem Lande zu versachlichen. Die in gemeinsamer Verantwortung mit der Pastoralkommission erarbeitete Handreichung zur Begleitung von Taufbewerbern mit muslimischem Hintergrund mit dem Titel „Christus aus Liebe verkündigen“ bewährt sich gerade auch heute angesichts mancher Taufbewerber unter den zahlreichen Flüchtlingen aus islamisch geprägten Ländern.
Im Mittelpunkt der konkreten Dialogarbeit der Unterkommission Interreligiöser Dialog stehen Gespräche mit den führenden islamischen Verbänden und Bewegungen in Deutschland sowie – seit dem Aufbau islamtheologischer Lehrstühle an staatlichen Universitäten – auch mit islamischen Theologen und Vertretern aus Forschung und Lehre. Die Unterkommission steht auch als Gesprächspartner für Vertreter des Islam auf internationaler Ebene zur Verfügung. Marksteine waren die Begegnungen mit der Islamischen Weltliga in Berlin (2002), mit dem Großmufti von Ägypten in Bonn (2003) und mit dem Großimam und Scheich der ehrwürdigen Al-Azhar in Kairo, Dr. Ahmed at-Tayyip, im März 2016. Mit einem jährlichen Empfang aus Anlass des Hochfestes „Verkündigung des Herrn“ für die Partner im christlich-islamischen Dialog möchte die Deutsche Bischofskonferenz ein weiteres Zeichen für die Bedeutung und die Wertschätzung des interreligiösen Dialogs in Deutschland setzen.
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Wichtige Dokumente: Verhältnis zu den JudenUmfangreiche Sammlung von Nostra aetate bis heute
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Zweites Vatikanisches Konzil: Dogmatische Konstitution Lumen gentiumÜber die Kirche (Vatikan 1965)
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Zweites Vatikanisches Konzil: Erklärung Nostra aetateÜber das Verhältnis der Kirche zu den nichtchristlichen Religionen (Vatikan 1965)