| Pressemeldung | Nr. 106

Politischer Dialog zu Perspektiven der sozial-ökologischen Transformation

Kirche soll „Lobbyist der Schöpfung“ sein

Anlässlich der heute (16. Juni 2021) in Berlin veröffentlichten Studie „Wie sozial-ökologische Transformation gelingen kann. Eine interdisziplinäre Studie im Rahmen des Dialogprojektes zum weltkirchlichen Beitrag der katholischen Kirche für eine sozial-ökologische Transformation im Lichte von Laudato si’“ hat die Deutsche Kommission Justitia et Pax einen politischen Theorie-Praxis-Dialog durchgeführt. Im Mittelpunkt stand die Auseinandersetzung mit der Studie, die von der bei der Kommission Weltkirche der Deutschen Bischofskonferenz angesiedelten Sachverständigengruppe „Weltwirtschaft und Sozialethik“ verfasst worden ist. Zentral ging es um die Frage, welche Hemmnisse einer solchen Transformation aktuell im Weg stehen.

Die Studie liefert Ansätze für eine gelingende sozial-ökologische Transformation, zu der Papst Franziskus in seiner Enzyklika Laudato si’ 2015 aufgerufen hat. Auch vor dem Hintergrund des vom Bundesverfassungsgericht erklärten Urteils vom 29. April 2021, dass das Klimaschutzgesetz teilweise verfassungswidrig ist, ist die Studie hoch aktuell. Während der Tagung wurden vier Hindernisse und Herausforderungen diskutiert:

  1. schwache Institutionen und unzureichende Ordnungspolitik, die zu Markt- und Staatsversagen führen können;
  2. ungelöste Verteilungskonflikte und ungleiche Machtverhältnisse;
  3. mangelnde politische Gestaltung und Kommunikation;
  4. falsche Leitbilder und Vernachlässigung der kulturellen Dimension.

Aufbauend auf dieser Grundlage widmet sich die Studie drei Handlungsfeldern: der Agrar- und der Konsumwende – anhand des Beispiels des Mobilitätsverhaltens – sowie der Energiewende.

Bei der Tagung ging es um konkrete Lösungsansätze, wie eine signifikante Reduktion des Ressourcen- und Emissionsumsatzes der wirtschaftlichen Produktion erreicht werden kann. Dazu zählten eine kritische Auseinandersetzung mit dem Konsumverhalten, aber auch ein Bewusstseins- und Wertewandel sowie eine sozialverträgliche Abfederung der entstehenden finanziellen Mehrbelastungen. Die Teilnehmer unterstrichen die Bedeutung technischer Innovationen. Außerdem müsse die Politik dafür sorgen, dass die Preise von Produkten deren wirkliche Kosten spiegeln, d. h. auch die Kosten der Umweltschäden, die bei Produktion und Transport entstanden sind. Diese Kosten werden sonst von „Dritten“ bezahlt, also z. B. von zukünftigen Generationen, die die Folgen des Klimawandels zu tragen haben. Die Debatte zielte darauf ab, unterschiedliche Milieus zusammenzubringen. Daher wurden Persönlichkeiten aus dem Forschungssektor, der Zivilgesellschaft, der Politik, aus Unternehmen sowie der Kirche eingeladen.  

„Gerade die Verlierer der Globalisierung müssen in den Blick genommen und faire Ausgleichsmechanismen geschaffen werden. Veränderung kann nur durch eine attraktive Zukunftsperspektive entstehen“, machte Msgr. Pirmin Spiegel, Hauptgeschäftsführer von Misereor und Vorsitzender der für den Theorie-Praxis-Dialog zuständigen Resonanzgruppe der Deutschen Kommission Justitia et Pax, deutlich. Die Kirche solle „Lobbyist der Schöpfung“ sein, sagte der Vorsitzende der Kommission Weltkirche der Deutschen Bischofskonferenz, Erzbischof Dr. Ludwig Schick (Bamberg). Dabei könne sie nur glaubwürdig sein, wenn sie ihr Handeln auf allen Ebenen umweltgerecht gestalte. Zugleich unterstrich er die Bedeutung des Interreligiösen Dialogs: „Ich habe einen Traum: Wenn die Religionsgemeinschaften zusammenwirken würden, was würde das für den Frieden und die Umwelt bedeuten!“

„Wir müssen die Transformation zu einem Projekt der Menschen machen, nicht nur einer bürgerlichen Elite oder der Mitteleuropäer“, sagte Dr. Barbara Hendricks MdB, Sprecherin des Sachbereichs „Nachhaltige Entwicklung und Globale Verantwortung“ des  Zentralkomitees der deutschen Katholiken. Sie unterstrich, dass die Kirche durch ihr „Tun und Sprechen“ die gesellschaftliche Debatte beeinflussen müsse. Luisa Neubauer von der Klima-Bewegung Fridays for Future betonte, dass die Klimakrise als Teil einer „riesengroßen ökologischen Katastrophe“ betrachtet werden müsse. Daher dürfe man sich nicht allein auf die  Erhöhung des CO2-Preises beschränken, sondern müsse das Thema ganzheitlich angehen.

Prof. Dr. Dr. Johannes Wallacher, Vorsitzender der Sachverständigengruppe „Weltwirtschaft und Sozialethik“, fasste die Ergebnisse der Tagung zusammen: Eine neue Bundesregierung habe den Auftrag, die sozial-ökologische Transformation unverzüglich, in der Breite und mit neuen Akteurs-Allianzen so zu gestalten, dass die damit verbundenen Chancen auch genutzt werden könnten. Bei der Schaffung des dafür notwendigen Ordnungsrahmens müsse sie sich von einer Verhinderungslobby unabhängig machen. Ein CO2-Preis sei eine notwendige, wenn auch nicht hinreichende Voraussetzung der Transformation. Mit Blick auf die Agrarpolitik käme ein immens wichtiges Aufgabengebiet auf die Europäische Union zu. Dieses habe jedoch das Potenzial, die Gemeinschaft zu einen oder zu spalten.

 

Hinweis:

Die Studie „Wie sozial-ökologische Transformation gelingen kann. Eine interdisziplinäre Studie im Rahmen des Dialogprojektes zum weltkirchlichen Beitrag der katholischen Kirche für eine sozial-ökologische Transformation im Lichte von Laudato si’“ ist als pdf-Datei in der Rubrik Publikationen verfügbar. Dort kann diese auch als Broschüre (Weltkirche/Broschüre 22) bestellt werden.

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