| Pressemeldung | Nr. 49

Pressebericht des Vorsitzenden der Deutschen Bischofskonferenz, Bischof Dr. Karl Lehmann, im Anschluss an die Herbst-Vollversammlung vom 25. bis 28. September 2000 in Fulda

I.    Ökumene

1.    Eröffnungsreferat des Vorsitzenden
2.    Studienhalbtag „Einheit der Kirche und Gemeinschaft im Herrenmahl“

II.    Pastorale Fragen
1.    Richtlinien zur Schwangerschaftsberatung
2.    Stellungnahme zum Entwurf eines „Lebenspartnerschaftsgesetzes“
3.    Erklärung „Auf dem Weg zum Sakrament der Ehe“
4.    Erklärung „Zeit zur Aussaat – Missionarisch Kirche sein“

III.    Glaubensfragen
1.    Bioethik

IV.    Gesellschaftliche Fragen
1.    Richtlinien zur Entschädigung von Zwangsarbeitern in kirchlichen Einrichtungen und Versöhnungsfonds
2.    Charta der Grundrechte

V.    Schule, Bildung und Kultur
1.    Theaterstück „Corpus Christi“
2.    Empirische Untersuchung zum Religionsunterricht

VI.    Weltkirchliche Fragen
1.    Wort „Gerechter Friede“
2.    Christen im Heiligen Land

VII.    Personalfragen

I.    Ökumene

1.    Eröffnungsreferat des Vorsitzenden

Der Vorsitzende der Deutschen Bischofskonferenz hält zur Eröffnung der Vollversammlung ein Referat unter dem Titel „Einheit der Kirche und Gemeinschaft im Herrenmahl – Zur neueren ökumenischen Diskussion um Eucharistie- und Kirchengemeinschaft“. Dabei nimmt er Bezug auf die langjährige ökumenische Diskussion, die ihren Niederschlag in zahlreichen Dokumenten gefunden hat. Zugleich schließt er an die Überlegungen an, die in der Deutschen Bischofskonferenz zu den dringenden Problemen der ökumenischen Praxis in den letzten Jahren angestellt wurden und die in dem für 2003 geplanten ökumenischen Kirchentag einen aktuellen Bezugspunkt besitzen.
Zu Beginn weist Bischof Lehmann auf das bleibende Ärgernis und die ständige Herausforde-rung hin, die mit der Spaltung der Kirche Jesu Christi verbunden sind. Er macht deutlich, dass niemand, dem die Einheit der Kirche am Herzen liegt, der Frage nach der vollen Realisierung der eucharistischen Gemeinschaft gleichgültig gegenüberstehen kann. Zugleich betont er, dass die noch ausstehende schwierige theologische Aufarbeitung nicht durch ein aktionistisches und letztlich auch willkürliches Handeln ersetzt werden kann.
In diesem Sinn bringt der Vorsitzende zunächst einige Grundelemente der seit dem Konzil von Trient (Realpräsenz, Transsubstantiation, Opfercharakter) entwickelten Eucharistielehre in Erinnerung und setzt sie mit dem konziliaren Verständnis von „Kirche als Communio“ und „Kirche als Eucharistie“ in Verbindung, wie es seit dem II. Vatikanischen Konzil unter Bezug auf die kirchliche Tradition zur Entfaltung gebracht worden ist. In dieser Reflexion wird deutlich, dass die Eucharistie nicht ein Einzelsakrament neben anderen sakramentalen Zeichen ist, sondern dass zwischen Eucharistie und Kirche ein fundamentaler Zusammenhang besteht. Auch als „Gemeinschaft der Gemeinschaften“ und in ihrer universalen Struktur ist die Kirche, wie Bischof Lehmann unter Bezug auf Arbeiten von Joseph Ratzinger aufzeigt, von der Eucharistie her konstituiert.

Dieser fundamentale konstitutive Zusammenhang darf auch unter den heutigen Bedingungen nicht zerrissen werden. Eucharistiegemeinschaft ohne Kirchengemeinschaft ist nicht möglich. Das bestehende ökumenische Dilemma ihrer Trennung kann nicht einfach pragmatisch gelöst werden. Das Ökumenismus-Dekret des II. Vatikanischen Konzils weist bezüglich der Gemeinschaft im Gottesdienst zwei Prinzipien als maßgebend aus: die Bezeugung der Einheit der Kirche und die Teilnahme an den Mitteln der Gnade. Beide Aspekte stehen in einem ge-wissen Spannungsverhältnis, können aber ebenfalls nicht einseitig gegeneinander ausgespielt werden.

Im Bereich der evangelischen Theologie scheint eine Lösung des bestehenden Problems durch ein bestimmtes Verhältnis zwischen Taufe und Eucharistie nahe zu liegen, wobei beide als verschiedene Ausdrucksweisen des einen Rechtfertigungsglaubens angesehen werden. In dieser Perspektive ergibt sich aus der Anerkennung der christlichen Taufe fast von selbst auch eine gegenseitige Anerkennung und Zulassung zum Herrenmahl. Dieses Verständnis wird jedoch, wie Bischof Lehmann ausführlich darlegt, der inneren Ordnung und dem genaueren Zusammenhang zwischen Taufe und Eucharistie nicht gerecht. Der Gedanke, dass die Taufe „An-fang und Tür“ des Heils, die Eucharistie aber seine Vollendung ist, der seit der Urkirche in seinen viel¬fältigen Dimensionen immer neu bedacht worden ist, geht in dieser Sicht verloren. Zugleich wird der grundlegende Zusammenhang zwischen Eucharistiegemeinschaft und Kirchengemeinschaft aufgelöst. Die Eucharistie, so stellt Bischof Lehmann ausdrücklich fest, kann und darf aber nicht einfach „Mittel zum Zweck“ der Einheit werden. Eine Vorwegnahme der Eucharistiegemeinschaft, ohne dass dies tiefere und bleibende Konsequenzen für das Verhältnis der beteiligten Glaubensgemeinschaften hat, ist nicht möglich.
Die im ökumenischen Dialog zwischen den Kirchen und christlichen Gemeinschaften gefun-denen Definitionen und Modelle der Zulassung zum Abendmahl werden dargestellt. Die in den offiziellen Dokumenten der Katholischen Kirche vorgesehenen Möglichkeiten beziehen sich jedoch durchweg auf die Regelung von Not- und Ausnahmefällen. Die nähere Untersu-chung dieser Bestimmungen lässt eine bemerkenswerte Entwicklung erkennen: Nach einer zunächst einmal eher auf „physische Notlagen“ beschränkten Ausnahmeregelung wurde mehr und mehr auch eine „geistliche Notlage“ in die Überlegungen einbezogen. Bischof Lehmann weist auf die Probleme hin, die wegen des notwendig starken subjektiven Faktors eine angemessene Behandlung derartiger Fälle schwierig macht. Bei der Neuordnung des kanonischen Rechts und im Öku¬menischen Direktorium von 1993 ist deshalb bezeichnender Weise eine deutliche Zurückhal¬tung gegenüber „geistlichen Notlagen“ eingetreten.

Im Hinblick auf das Problem der Eucharistiegemeinschaft bieten alle Einzelfallregelungen wegen des fehlenden ekklesiologischen Gesamtrahmens (wie er im Verhältnis zu den orientalischen orthodoxen Kirchen gegeben ist) jedenfalls keine umfassende Lösung.

Dies gilt weitgehend auch für die Ansätze, die in den Dokumenten einzelner Bischofskon-ferenzen (Kanada, England und Irland) entwickelt worden sind. Sie machen sich an einer Kasuistik besonderer biografischer Anlässe und Lebensereignisse fest (konfessionsverschiedene Trauungen, Totenmessen etc.), die für die Beteiligten im Sinn einer „schweren Notlage“ in-terpretiert werden, und verzichten darauf, eine umfassende Perspektive für eine geordnete kirchliche Praxis aufzuzeigen. Weitergehende Forderungen aus dem internationalen ökumeni-schen Kontext (Bischof Lehmann weist z. B. auf das Malta-Dokument von 1971 hin) lassen die fundamentalen Hindernisse deutlich hervortreten, die aus katholischer Sicht einer Eucha-ristiegemeinschaft mit nicht-katholischen Christen entgegenstehen (insbesondere im Bereich des Kirchen-, Amts- und Sakramentsverständnisses). Auch wenn im Bereich der lutherischen Theologie heute die Differenzen weniger tief erscheinen, bleiben doch ernsthafte Fragen, die auch das in Deutschland von evangelischer Seite favorisierte Modell einer „versöhnten Verschiedenheit“ trotz vieler positiver Aspekte nicht zu lösen vermag. Ähnliches gilt für den neu-eren Begriff der „Kirchengemeinschaft“, der ebenfalls entscheidende ekklesiologische Fragen nicht beantwortet, sondern eher ausgeklammert. Überhaupt muss die Frage nach den Modellen und Kriterien der Einheit neu gestellt werden.

Zum Abschluss seines Referats, das vor allem die äußerst komplexe gegenwärtige Lage in ihrer vielschichtigen theologischen Problematik darzustellen suchte, legt der Vorsitzende einige eigene Schlussfolgerungen zur weiteren Erörterung vor:

  • In der konkreten Praxis gibt es auf der Basis der kirchlichen Bestimmungen die Möglich-keit seelsorglicher Einzelhilfen, die in vielen Situationen weiterführen können und entspre-chend genutzt werden sollten.
  • Eine Gesamtlösung ist auf der Basis von Einzelfallentscheidungen aus praktischen Grün-den, aber auch im Hinblick auf eine gerechte Gleichbehandlung der Fälle nicht möglich.
  • Eine eindeutige und allgemein gültige Kriteriologie für „schwere Notlagen“ lässt sich of-fenbar kaum entwickeln. Eine Ausnahme bildet vielleicht die Situation der konfessionsver-schie¬denen Ehen, die einer erneuten Überprüfung bedarf.
  • Aufgrund der faktischen Situation und der vielschichtigen theologischen Problematik kann eine Lösung nicht darin bestehen, das Miteinander von Kircheneinheit und Eucharistiege-meinschaft aufzulösen. Das gemeinsame Herrenmahl gehört über Einzelfallentscheidungen hinaus an das Ende und nicht an den Anfang ökumenischer Bestrebungen.
  • Dieses derzeitige Ergebnis sollte nicht zu einer enttäuschten Inaktivität führen. Bereits jetzt gibt es viele Aufgaben, die in bewährter ökumenischer Gemeinsamkeit angegangen wer¬den (Woche für das Leben, Jahr mit der Bibel, Ökumenischer Kirchentag 2003).
  • Die Theologie bleibt aufgefordert, die vorhandenen ökumenischen Fragen mit großer Energie zu studieren und voranzubringen. Die positiven Ergebnisse des Projekts „Lehrver-urteilungen – kirchentrennend?“ geben zu der Hoffnung Anlass, dass auch bezüglich des Amtes und der Sakramente weiterführende Antworten gefunden werden.
  • Die Trennung der Kirche ist vor dem Gebot des Herrn nach Einheit ein bleibender Skandal. Die vielen bekenntnisverschiedenen Ehen sind eine ständige Mahnung, die Suche nach Gemeinsamkeit weiter intensiv zu betreiben.

Der Auftrag Jesu Christi, nach der Einheit im Glauben zu streben, wird nicht durch eine Ge-meinsamkeit auf dem kleinsten gemeinsamen Nenner erfüllt. Andererseits besteht, wie Bi-schof Lehmann zuletzt hervorhebt, kein Grund, vor den erkannten Schwierigkeiten inaktiv zu verharren. Die auf evangelischer wie auf katholischer Seite seit langem feststellbare Verunsi-cherung im Verständnis und in der Praxis des Herrenmahls stellen eine ökumenische Heraus-forderung dar, die ein sofortiges Handeln notwendig und möglich macht.Das Referat des Vorsitzenden wird, wie üblich, in der vom Sekretariat herausgegebenen Reihe „Der Vorsitzende der Deutschen Bischofskonferenz“ veröffentlicht.

2.    Studienhalbtag „Einheit der Kirche und Gemeinschaft im Herrenmahl“

Es war von vornherein geplant, das Eingangsreferat des Vorsitzenden, das jeden Herbst statt-findet und dessen Thema frei vom Vorsitzenden bestimmt wird, in diesem Jahr in Zusam-menhang zu bringen mit einem Studienhalbtag zum Thema „Einheit der Kirche und Ge-meinschaft im Herrenmahl“. Die Aussprache über das Referat erfolgte im Zusammenhang der seit einiger Zeit in Gang befindlichen Beratung über eine Erklärung zu diesem Thema, die von der Ökumene-Kommission unter Leitung von Bischof Paul-Werner Scheele erarbeitet wird.

Es zeigte sich, dass angesichts mancher eindrucksvoller Erfolge im ökumenischen Gespräch im Blick auf das Verhältnis von Kircheneinheit und Herrenmahl noch viele Probleme aufzu-arbeiten sind. Diese beziehen sich weniger oder jedenfalls nicht exklusiv auf das Eucharistie-Verständnis allein und die Amtsfrage im Detail, sondern nicht zuletzt auf die Einordnung der Amtsfrage im Blick auf die Kirche und ihre Struktur. Die katholische Theologie kann zwar auch durchaus der Verkündigung des reinen, unverfälschten Evangeliums und der rechten Sakramentenspendung eine gewisse Vorordnung einräumen, aber diese setzen ein gültiges Amt implizit oder explizit voraus, das zwar dienend auf diese beiden Grundfunktionen hingeordnet ist, aber nicht einfach ausgeklammert werden kann. Die Modelle „versöhnte Verschiedenheit“ und der neuere Begriff (ab 1950) „Kirchengemeinschaft“ sind sehr nützlich, jedoch ist die jeweilige Einbeziehung der Amtsfrage bzw. ihre Ausklammerung für die katholische Theologie nicht zufriedenstellend geklärt.
Die Vollversammlung diskutierte ausgiebig über diese Modelle und Kriterien der Einheit der Kirche, ging genauer dem Zusammenhang von Taufe und Eucharistie nach und nahm das Verhältnis des Herrn als des zum Mahl Einladenden zur Kirche als dem Ort und Raum des Mahles selbst in Augenschein. Sie setzte sich auch auseinander mit der wiederholt vorgetra-genen These, die Einladung zum Mahl ergehe ohne Begrenzung nicht nur an die Christen aller Konfessionen, sondern auch an alle, „die den Herrn liebhaben“. Eine solche kirchen- und sogar weltoffene Einla¬dung bleibt nach wie vor umstritten. Wir teilen solche Überzeugungen nicht.

Vor diesem Hintergrund wurde auch die Entwicklung der kirchlichen Bestimmungen zu die-sem Bereich seit 1965 besprochen. Die katholische Kirche kennt nur eine einseitige, begrenzte Zulassung, die sich ausschließlich einzelnen Ausnahmesituationen verdankt. An die¬ser Stelle wurde neben der Situation der Gefährdung des Lebens (Todesgefahr, Gefängnis, Verfolgung) auch die „spirituelle Notlage“ besprochen. Es ist Sache des Diözesanbischofs und der Bischofskonferenzen, solche Notlagen in einem engeren Sinne festzulegen. Besonders umstritten ist dabei die Frage, wie weit die Situation der bekenntnisverschiedenen Ehe eine solche Notlage ist, wie dies von einigen Bischofskonferenzen versucht worden ist.

Vor diesem Hintergrund erwies es sich als notwendig, noch weitere Studien, nicht zuletzt über die besondere Situation der bekenntnisverschiedenen Ehen, zu betreiben. Aufgrund der vor-liegenden Studien und Textfassungen sollte es möglich sein, in der ersten Hälfte des Jahres 2001 eine Erklärung zu verabschieden.

Immer wieder wurde die Belastung gerade auch bekenntnisverschiedener Ehen durch die Spaltung am Tisch des Herrn beklagt. Die Betroffenheit vieler Christen ist ein wichtiges Mo-tiv, um unter Einsatz aller Kräfte eine Aufarbeitung der theologischen Hindernisse fortzusetzen. Ähnlich deutlich war aber auch, dass aktionistische Lösungen, die Druckmittel gebrauchen, keine Wege sind, um zu einem verlässlichen Ergebnis zu kommen. Im übrigen geht es bei der Frage der Eucharistie auch ganz entscheidend darum, die Praxis der Eucharis-tie bzw. des Herrenmahls zu erneuern, um der Würde dieses Sakramentes noch besser zu entsprechen.

Die Vollversammlung dankt Bischof Paul-Werner Scheele und allen, die an der bisherigen Arbeit beteiligt waren, für die intensive Arbeit. In diesem Zusammenhang hat der Bischof von Würzburg die Studie „Communio Sanctorum – die Kirche als Gemeinschaft der Heiligen“ vorgestellt, die von einer bilateralen Arbeitsgruppe der Deutschen Bischofskonferenz und der Kirchenleitung der Vereinigten Evangelisch-Lutherischen Kirche Deutschlands erstellt worden ist (Paderborn-Frankfurt 2000). Die zehnjährige Arbeit an diesem wichtigen Thema hat sich gelohnt. Eine ausführlichere Stellungnahme der auftraggebenden Institutionen wird vorbereitet.

 

II.    Pastorale Fragen

1.    Richtlinien zur Schwangerschaftsberatung

Ein nicht unerheblicher Teil der Beratungszeit gehörte der Verabschiedung der Bischöflichen Richtlinien für katholische Schwangerschaftsberatungsstellen. Die Bischofskonferenz hatte „Vorläufige bischöfliche Richtlinien für katholische Schwangerschaftskonfliktberatungsstel-len“ am 21.11.1995 verabschiedet. Durch die Entscheidung vom November 1999, spätestens ab 1.1.2001 in der Beratung für Frauen in Konflikten keine solche Bescheinigung mehr auszustellen, musste eine Umarbeitung der am 21.11.1995 verabschiedeten Richtlinien erfolgen. Die Vollversammlung hat das Konzept, das sich in hohen Maß bewährt hatte, vertieft und auch durch neue Aufgabenstellungen (wie z. B. Sorge um Probleme nach einer Pränatalen Dia¬gnostikuntersuchung) erweitert. Die Diözesanbischöfe haben bereits verbindlich erklärt, dass in kirchlichen Beratungsstellen keine Bescheinigun¬gen im Sinne der §§ 5-7 des Schwan-gerschaftskonfliktgesetzes vom 21.08.1995 mehr ausgestellt werden.
Die neuen Richtlinien, die einstimmig verabschiedet wurden, setzen die bisherige Beratung – abgesehen von der Ausstellung von Beratungsbescheinigungen – fort und werden zum 1.1.2001 in Kraft treten.

Für diesen neuen Start der bisherigen Beratungspraxis wird die Deutsche Bischofskonferenz in Zusammenarbeit mit einer kompetenten PR-Agentur zum Jahreswechsel 2000/2001 eine Informationskampagne durchführen, die dazu dienen soll, die Aufmerksamkeit wieder auf diesen Beratungsdienst der katholischen Kirche zu richten, der auch unter der Vorausset¬zung, dass kein „Schein“ ausgestellt wird, - wie auch Umfragen belegen – seine grundsätzliche Anerkennung bei der Bevölkerung nicht verloren hat, aber nun auch nach einer längeren, zum Teil auch schädlichen Diskussion einer unterstützenden öffentlichen Kampagne bedarf.

Die Vollversammlung diskutierte in diesem Zusammenhang auch über die Entwicklung von Donum vitae und der Initiative „Frauen helfen“. Dabei zeigt es sich, dass sich in der gegenwärtigen Situation in vieler Hinsicht noch kein genaueres Bild gewinnen lässt. Donum vitae und „Frauen helfen“ werden zwar von einzelnen katholischen Mitbürgerinnen und Mitbürgern gegründet und getragen, sind jedoch keine kirchlichen Vereine und müssen daher klar von der kirchlichen Schwangerschaftsberatung unterschieden werden. Durch die Verabschiedung und besonders nach dem Inkrafttreten der neuen „Bischöflichen Richtlinien“ zum 1.1.2001 wird dieser Unterschied – auch im Sinne einer konkurrierenden Parallelität – noch stärker hervortreten.

Die Deutsche Bischofskonferenz bedauert diese Entwicklung und wird sie in der nächsten Zeit gründlich weiterverfolgen. Die Diözesanbischöfe werden, soweit dies noch nicht geschehen ist, mit den einzelnen Bundesländern Gespräche darüber führen, ob und auf welche Weise die kirchliche Schwangerschaftsberatung, die auch in Konflikten berät, auch nach dem Verzicht auf die Ausstellung von Beratungsbescheinigungen innerhalb des staatlichen gesetzlichen Rahmens eine faktische, wenigstens implizite Anerkennung behält. Sie werden dabei auch klä¬ren, auf welche Weise die kirchliche Beratungsarbeit staatlich gefördert werden kann, zumal das Gesetz von 1995 selbst eine Pluralität weltanschaulicher Beratungsträger verlangt. Ein formeller Beschluss oder eine eigene Erklärung zu diesem Thema wurden zur Zeit nicht gefasst bzw. verfasst.

2.    Stellungnahme zum Entwurf eines „Lebenspartnerschaftsgesetzes“

Das Vorhaben eines Gesetzes zur Rechtsstellung gleichgeschlechtlicher Lebenspartnerschaf¬ten hat in der Öffentlichkeit eine lebhafte und kontroverse Diskussion ausgelöst. Namhafte Juris-ten haben erhebliche rechtliche Bedenken gegen den vorliegenden Gesetzentwurf geäußert. Die Frühjahrs-Vollversammlung der Deutschen Bischofskonferenz hat im März in einer Erklärung „alle Versuche, ein Rechtsinstitut für gleichgeschlechtliche Lebensgemein¬schaften zu schaffen und dieses der Ehe anzunähern oder gleichzustellen“ abgelehnt. Wir haben in dieser Erklärung gefordert, dass die Ehe „in ihrer besonderen, ja einzigartigen Stellung als Gemeinschaft geschützt werden“ muss. Wir haben erneut in der diesem Bericht angefügten Stellungnahme unsere deutlich ablehnende Haltung dargelegt. Die von uns im März geäußerten Bedenken sind im weiteren Verfahren viel zu wenig beachtet worden. Es ist nicht zu übersehen, dass in dem vorliegenden Gesetzentwurf ganz bewusst eine nahezu vollständige Übereinstimmung der beabsichtigten Regelungen für die eingetragenen Lebenspartnerschaf¬ten mit bestehenden Regelungen für Ehegatten vorgesehen ist.

Stellungnahme der Herbst-Vollversammlung zum „Entwurf eines Gesetzes zur Beendigung der Diskriminierung gleichgeschlechtlicher Gemeinschaften: Lebenspartnerschaften (Lebenspartnerschaftsgesetz – LPartG)“


Im Juli dieses Jahres haben die Fraktionen der Regierungsparteien den „Entwurf eines Gesetzes zur Beendigung der Diskriminierung gleichgeschlechtlicher Gemeinschaften: Lebenspartnerschaften (Lebenspartnerschaftsgesetz – LPartG)“ vorgestellt und unverzüglich in erster Lesung in den Bundestag eingebracht. Aus diesem Anlass hat sich die Vollversammlung der Deutschen Bischofskonferenz erneut mit der Frage der Rechtsstellung gleichgeschlechtlicher Partnerschaften befasst.

1.    In Übereinstimmung mit der Stellungnahme der Frühjahrs-Vollversammlung vom 16. März 2000 stellt sie fest: Der Gesetzgeber ist verpflichtet, „die besondere Bedeutung der Ehe, ihren Zusammenhang mit der Familie und das gesamtgesellschaftliche Interesse an der Ehe und Familie zu beachten“ und nicht zu gefährden. „Wenn der Gesetzgeber in ein¬zelnen Rechtsbereichen für gleichgeschlechtliche, auf Lebenszeit angelegte Partnerschaften Regelungen treffen will, so kann er dies nur insofern tun, als das geltende Recht und privatrechtliche Vereinbarungen nicht ausreichen und diese Regelungen mit der Rechts- und Werteordnung der Verfassung übereinstimmen.“

2.    Der nun vorliegende Gesetzentwurf beachtet diese Grundsätze in keiner Weise. Der Entwurf des Lebenspartnerschaftsgesetzes lehnt sich stark an die familienrechtlichen Rege-lungen des BGB über die Ehe an. Er übernimmt teilweise wörtlich Regelungen, verweist auf zahlreiche Vorschriften oder stimmt mit diesen inhaltlich überein. In den symboli¬schen, öffentlichen und rechtsverbindlichen Akten wird dies besonders sichtbar: Die eingetragene Partnerschaft wird auf dem Standesamt begründet. Die Partner haben die Möglichkeit, einen gemeinsamen Partnerschaftsnamen zu führen.

Zu den Angehörigen des jeweiligen Partners wird ein Verwandtschaftsverhältnis begründet. Die Partnerschaft wird vor dem Familiengericht aufgehoben. Als substanzieller Unterschied verbleibt einstweilen, dass den eingetragenen Part¬nerschaften kein Adoptionsrecht eingeräumt wird, wobei Teile der Fraktionen der Regierungsparteien den Ausschluss von Adoptionen ausdrücklich als vorläufig verstehen.
Die nahezu vollständige Übereinstimmung der beabsichtigten Regelungen für die Lebens-partner Eingetragener Partnerschaften mit den bestehenden Regelungen für Ehegatten verdeutlicht, dass die Ehe den Verfassern des Gesetzentwurfes als Vorbild für die eingetragene Partnerschaft gedient hat. Die in der Öffentlichkeit gebräuchliche Rede von der „Homo-Ehe“ dokumentiert, dass die „Eingetragene Lebenspartnerschaft“ als der Ehe rechtlich gleichgestellt wahrgenommen wird.

3.    Die Gleichstellung der „Eingetragenen Lebenspartnerschaft“, die keine Kinder hervorbrin-gen kann und ihrer Natur nach nicht auf Familie angelegt ist, mit der Ehe bringt ein unzureichendes, reduziertes Eheverständnis zum Ausdruck und leistet ihm Vorschub. Der Ge-setzentwurf stellt Ungleiches gleich. Sein Eheverständnis stimmt weder mit dem katholi-schen noch mit dem verfassungsrechtlichen Eheverständnis überein und entspricht auch nicht der tatsächlichen Bedeutung der Ehe in der Gesellschaft.

  • Die Vollversammlung der Deutschen Bischöfe hat in ihrem Wort vom 22. September 1998 „Ehe und Familie – in guter Gesellschaft“ den Zusammenhang zwischen Ehe und Familie sowie die Bedeutung der Ehe für die Familie betont. Die Familie geht aus der Ehe hervor. Die Ehe ist sowohl dauerhafte Lebens- und Liebesgemeinschaft von Mann und Frau als auch die Grundlage der Familie als einer Lebensgemeinschaft von Eltern und Kindern, die in verschiedenen Lebensaltern die Generationen in Solidarität verbin-det und die Zukunft der Gesellschaft sichert. Die Ehe dient damit dem Erhalt der Ge-sellschaft durch die Weitergabe des Lebens, die Sorge für die Kinder und ihre Erzie-hung zu verantwortlichen und selbstbewussten Persönlichkeiten.
  • Auch in der Verfassung kommt die Notwendigkeit und Bedeutung der in der rechtskul-turellen Tradition Europas zentralen Institution Ehe für das Gemeinwesen zum Aus-druck. Die Ehe ist besonders auch deshalb verfassungsrechtlich geschützt, weil sie eine rechtliche Absicherung der Partner bei der Gründung einer Familie mit gemeinsamen Kindern ermöglichen soll. Der Ehe ist daher in enger Verknüpfung mit der Familie eine Ausnahmestellung gegenüber allen anderen Formen von Lebenspartnerschaften einge-räumt.
  • Diese Ausnahmestellung ist auch aufgrund der tatsächlich überragenden Bedeutung der Ehe für die Familie und damit für den Bestand der Gesellschaft gerechtfertigt. 1997 wa¬ren bei mehr als vier Fünftel der neugeborenen Kinder Vater und Mutter miteinander verheiratet. Von den nichtehelich geborenen Kindern erleben etwa ein Drittel die spä¬tere Eheschließung der Eltern. Die Zahl der kinderlosen Ehen hat sich mit einem Anteil von 12-13 % in den letzten Jahrzehnten so gut wie nicht verändert. Die Menschen in un¬serer Gesellschaft bringen nach wie vor in ihrer Lebensführung den Zusammenhang von Ehe und Familie zum Ausdruck.

Der Gesetzentwurf wird mithin dem geltenden Eheverständnis nicht gerecht und droht, dieses zu verändern.

4.    Zahlreiche Rechtswissenschaftler haben zwischenzeitlich das Gesetzvorhaben als verfas-sungswidrig beurteilt. Sie bemängeln, dass der Gesetzentwurf eine Gleichstellung der „Eingetragenen Partnerschaft“ mit der Ehe erzeugt und damit die verfassungsrechtliche Sonderstellung der Ehe nivelliert. Die Vollversammlung der Deutschen Bischöfe hält diese Kritik für begründet und eine Verletzung des Art. 6 Abs. 1 GG für gegeben.

5.    Die Frühjahrs-Vollversammlung der Deutschen Bischöfe hat im März 2000 in Mainz klargestellt, dass alle Versuche abzulehnen sind, „ein Rechtsinstitut für gleichgeschlechtliche Lebensgemeinschaften zu schaffen und dieses der Ehe anzunähern oder gar ihr gleichzu-stellen. Daher kann man die Begriffe, Rechtsfiguren und Denkmuster des Ehe- und Fami-lienrechts – selbst wenn sie modifiziert werden – nicht auf die gleichgeschlechtlichen Partnerschaften übertragen. Die Ehe muss in ihrer besonderen, ja einzigartigen Stellung als Gemeinschaft geschützt wer¬den.“ Der von den Fraktionen der Regierungsparteien vorge-legte Entwurf eines Lebens¬partnerschaftsgesetzes widerspricht dieser Maßgabe und ist deswegen in der derzeitigen Form für die katholische Kirche unannehmbar.

3.    Erklärung „Auf dem Weg zum Sakrament der Ehe“

Die Vollversammlung hat eine Erklärung der Bischöfe zur Trauungspastoral beraten und verabschiedet. Sie trägt den Titel „Auf dem Weg zum Sakrament der Ehe – Überlegungen zur Trauungspastoral im Wandel“ und wendet sich an die haupt- und ehrenamtlichen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in der Pastoral, um die Brautpaare auf dem Weg zur Eheschließung zu begleiten. Die Handreichung will sie ermutigen, die mit der Bitte eines Brautpaares um kirchliche Trauung eröffnete Chance zur Verkündigung aufzugreifen und gut zu nutzen.

Ausgangspunkt der Überlegungen ist die Feststellung, dass es heute für ein Paar nicht mehr selbstverständlich ist zu heiraten und noch weniger, die Ehe auch kirchlich zu schließen. In der bewussten Entscheidung zur kirchlichen Eheschließung drückt sich bei den meisten Paaren zumindest eine Ahnung aus, dass in Liebe und Ehe eine Sehnsucht liegt, die den Horizont der menschlichen Beziehung übersteigt. Zugleich stellen pastorale Mitarbeiterinnen und Mit-arbeiter aber auch fest, dass manche Paare wenig Glaubenserfahrung haben, der Kirche entfremdet sind, das kirchliche Verständnis der Ehe nicht vollständig teilen und die Ehe nicht aus dem Glauben leben wollen. Die Handreichung bringt sehr deutlich die Grundposition zum Ausdruck, in dieser Situation der Bitte um Trauung nicht abwehrend zu begegnen, sondern vielmehr mit dem Paar die in seiner Liebesgeschichte und in seiner Entscheidung zur Heirat enthaltene religiöse Dimension zu erschließen und mit dem Glauben in Verbindung zu bringen. Dabei geht es nicht um „alles oder nichts“, sondern um die in der Situation möglichen Schritte auf dem Glaubensweg.

In den einzelnen Kapiteln betrachtet die Handreichung die Situation junger Paare, erschließt das katholische Eheverständnis von den Erfahrungen der Brautpaare her, formuliert Ziele, zeigt Wege kirchlicher Ehevorbereitung und geht auf die Gestaltung der Trauung ein. Sie be-tont die bleibende Sorge und Unterstützung der Kirche für die Ehe über die Eheschließung hinaus.

4.    Erklärung „Zeit zur Aussaat – Missionarisch Kirche sein“

Um die in der Seelsorge tätigen Priester und Laien zu ermutigen, den missionarischen und evangelisierenden Auftrag der Kirche wiederzuentdecken, hat die Pastoralkommission eine Erklärung „Zeit zur Aussaat – Missionarisch Kirche sein“ erarbeitet. Der Text will Mut ma-chen, die Welt vom Glauben her wahrzunehmen, eine missionarische Spiritualität zu leben und Wege der missionarischen Verkündigung einzuschlagen. Dabei geht es nicht um eine Initiative neben anderen; vielmehr soll hier motiviert werden die vielfache pastorale Arbeit in missionarischer Perspektive zu stützen. Der Text orientiert sich am biblischen Gleichnis vom Sämann (Mk 4,3-9), um drei wesentliche Aspekte des Vorgangs „Mission“ zu verdeutlichen:

„Das Ackerfeld, auf dem der Same ausgestreut werden muss; die innere Einstellung des Sämanns, der in Gelassenheit und mit Zuversicht das Samenkorn die¬sem Acker anvertraut; und schließlich den Vorgang des Wachsens und Reifens der Saat, der den Gedanken des Weges und Sich-Entwickelns mit einbezieht, ohne den missionarische Verkündigung weder früher noch heute vorstellbar ist“ (Schlusskapitel).
Der Erklärung soll ein ausführlicher Werkstatt-Teil zur Gemeindearbeit und ein Brief des Vorsitzenden der Pastoralkommission (Bischof Dr. Joachim Wanke, Erfurt) beigefügt werden. Es ist beabsichtigt, die Materialien auch auf CD-Rom zu veröffentlichen und weitere pastorale, didaktisch-pädagogische Hilfen in Auftrag zu geben.

III.    Glaubensfragen

1.    Bioethik

Die Vollversammlung befasst sich mit aktuellen Entwicklungen im Bereich der Fortpflanzungsmedizin (Präimplantationsdiagnostik, Diskussion um ein Fortpflanzungsmedizingesetz) sowie mit neueren biotechnologischen und gentechnischen Entwicklungen (Entschlüsselung des menschlichen Genoms, Stammzellenforschung, Patentierung von Gensequenzen u. a.). Die Bischöfe beabsichtigen, im „Jahr der Lebenswissenschaften 2001“ eine Erklärung zu diesem Themenkomplex zu veröffentlichen.

IV.    Gesellschaftliche Fragen

1.    Richtlinien zur Entschädigung von Zwangsarbeitern in kirchlichen Einrichtungen und Versöhnungsfonds

Der Ständige Rat hatte am 28. August 2000 beschlossen, 5 Millionen DM zur Entschädigung von Zwangs- und Fremdarbeitern, die in unter kirchlicher Verantwortung stehenden Einrichtungen tätig waren, zur Verfügung zu stellen und weitere 5 Millionen DM für die Versöhnungsarbeit. Bei der Vollversammlung ging es darum, Ausführungsregelungen zu beraten, damit mit der Entschädigung begonnen und Projekte im Bereich der Versöhnungsarbeit ge-fördert werden können.

Entschädigung von Zwangsarbeitern   

Die endgültigen Richtlinien für die Durchführung der Entschädigung werden in den nächsten Tagen in Kraft gesetzt. Die Vollversammlung hat folgende Regelungen vereinbart:

  • Der Deutsche Caritasverband ist mit der Durchführung der Entschädigung beauftragt. Er hat eine Geschäftsstelle in der Hauptvertretung München eingerichtet, deren Geschäfts-füh¬rung Ferdinand Michael Pronold, der Geschäftsführer des Suchdienstes der kirchlichen Wohlfahrtsverbände übernommen hat. Die Anschrift lautet: Deutscher Caritasverband, Hauptvertretung München, Geschäftsstelle des Entschädigungsfonds, Lessingstr. 1, 80336 München, Tel.: 089/54497-0.
  • Die Entschädigung beträgt in der Regel 5.000 DM. Sie wird in zwei Raten ausgezahlt.
  • Die Frist zur Antragstellung läuft bis zum 31. Dezember 2002.
  • Kriegsgefangene sind von der Entschädigung ausgenommen. Sie werden einbezogen, so-fern sie nach der Entlassung aus der Kriegsgefangenschaft einen Zivilstatus erhielten.
  • Von der Geschäftsstelle des „Entschädigungsfonds“ und den Untersuchungskommissio-nen in Diözesen und Ordensgemeinschaften werden die betroffenen Personen aktiv ge-sucht. Über die Medien und mit Hilfe der Nachbarbischofskonferenzen soll versucht wer-den, die Betroffenen auf die Regelung aufmerksam zu machen.
  • Die Auszahlung der ersten Entschädigungen soll vor Jahresende erfolgen.

Versöhnungsfonds

  • Aus Mitteln des Versöhnungsfonds werden Projekte gefördert, die der Versöhnung mit unseren Nachbarländern dienen. Dabei wird ausdrücklich betont, dass es sich um neue Maßnahmen handelt und nicht um die Finanzierung ohnehin durchgeführter Maßnahmen.
  • Ende dieses Jahres wird ein eintägiger Kongress stattfinden, bei dem die in diesem Be-reich tätigen kirchlichen Organisationen und Verbände über ihre bisherige Arbeit be¬rich¬ten und neue, zukunftsweisende Projekte besprechen. Dabei ist ausdrücklich auch die Zu-sammen¬arbeit mit nicht-kirchlichen Organisationen vorgesehen.

Die Geschäftsführung des „Versöhnungsfonds“ ist der Aktion RENOVABIS übertragen worden, die in Kürze Vergaberichtlinien vorlegen wird.

2.    Charta der Grundrechte

Die Vollversammlung hat sich in einer intensiven Aussprache mit der derzeitigen Diskussion um eine Charta der Grundrechte der Europäischen Union befasst. Sie dankt dem früheren Bundespräsidenten Prof. Dr. Roman Herzog für seine große Mühe und sein Engagement. Viele hatten nicht erwartet, dass ein Text in so kurzer Zeit erarbeitet werden konnte. Es sind sehr unterschiedliche Interessen aufeinandergestoßen. So konnte nur ein äußerst zer¬brech¬li¬ches Gleichgewicht in den Formulierungen erreicht werden. Deshalb wirken einige Punkte in der Präambel und in den 54 Artikeln noch unausgereift.

Es ist bedauerlich, dass die Bezugnahme auf das religiöse Erbe der Europäischen Union in der Präambel nicht verankert werden konnte. Aus der harmlosen Anerkennung einer historischen Selbst¬ver¬ständlichkeit, dass die Europäische Union auch religiöse Wurzeln hat, eine Infrage-stellung des Prinzips der Trennung von Staat und Kirche abzuleiten, ist geradezu absurd.

Die Kompromissformel, die vom spirituellen und moralischen Erbe spricht, kann nicht befrie-digen. Dass in der deutschen Übersetzung „spirituell“ mit „geistig-religiös“ wiedergegeben wird, begrüßen wir. Das Wort „religiös“ hätte freilich stärker den gemeinschaftlichen und institutionellen Rahmen des Glaubens her¬vorgehoben. In dieser Frage hätte auch der Artikel 10 über die Religionsfreiheit noch wei¬ter gehen können.

Fast eine Art von Diskriminierung stellt die Tatsache dar, dass der Artikel über die Vereinigungsfreiheit zwar politische, staatsbürgerliche und gewerkschaftliche Vereinigungen besonders herausstellt, nicht aber religiöse (Artikel 12, Abs. 1).
Nicht zufrieden sind wir mit den Formulierungen der Charta zum Thema Ehe und Familie. Der Artikel 9 klärt gar nichts und trägt dadurch zu einer weiteren Aufweichung oder Umdeu-tung des Ehe- und Familienbegriffs in fast allen EU-Mitgliedsstaaten bei. Wir werden hier weiterhin und beharrlich die eigenen Bedenken anmelden.
Das Verbot des Klonens in Artikel 3, Abs. 3 der Charta beschränkt sich auf das reproduktive Klonen. Therapeutisches Klonen, das jetzt die britische Regierung erlaubt hat, wird vom Verbot der Charta nicht mehr erfasst. In den ersten Entwürfen war diese Verbotsklausel noch enthalten.Offensichtlich hat sich hier die biomedizinische Forschung durchgesetzt. Wir appellieren an die Bundesregierung, die Grundrechtscharta nicht anzunehmen, solange in dieser Frage keine Klarheit geschaffen ist.

V.    Schule, Bildung und Kultur   

1.    Theaterstück „Corpus Christi“

Vom September 1999 bis zunächst Februar 2000 ist in Heilbronn und anschließend in einigen anderen Stadt-Theatern das Theaterstück „Corpus Christi“ des amerikanischen Autors Te¬rence McNally aufgeführt worden. Jesus und seine Jünger werden darin als eine homosexuelle Männergruppe dargestellt, die Figur Marias ist als Transvestitenrolle angelegt und wird als Dirne dargestellt.
Das Stück zielt bewusst auf die Verspottung von Personen und Ereignissen, die den Christen heilig sind. Es stellt eine öffentliche Missachtung und Verspottung Jesu Christi, des Sohnes Gottes, dar. Wir Bischöfe teilen die Empörung vieler Christen über ein Stück, das offensichtlich darauf angelegt ist, ihre religiösen Gefühle zu verletzen.

Mit Recht wehrt sich unsere Gesellschaft gegen Exzesse körperlicher Gewalttätigkeit. Die körperliche Unverletzlichkeit ist ein universales Menschenrecht. Die Menschenwürde beruht aber auf der Einheit von Körper und Geist. Blasphemie, das bewusste Verletzen der religiösen Gefühle anderer, muss als Exzess psychischer Gewalt betrachtet werden. Die Kirche scheut keineswegs die Auseinandersetzung im Streit der Meinungen, wie sie einer offenen Gesell-schaft ansteht. Sie tritt ein für Toleranz und Respekt im Umgang mit anderen Weltanschauun-gen und Religionen. Das Recht auf freie Meinungsäußerung und die Freiheit der Kunst haben aber dort eine Grenze, wo Blasphemie als eine Form von psychischer Gewalt bewusst auf Verletzung, Provokation und Tabubruch zielt.

Weil der § 166 StGB die Beschimpfung des religiösen Bekenntnisses nur dann unter Strafe stellt, wenn der öffentliche Friede gestört wird, ist der gesetzliche Anspruch auf Schutz des christlichen Glaubens praktisch nicht gewährleistet. Denn von Christen wird erwartet, dass sie sich in der gesellschaftlichen Auseinandersetzung jeglicher Gewaltandrohung oder gar Ge-waltanwendung enthalten.

Wir Bischöfe sind besorgt darüber, dass die Grenzen dessen, was als öffentlich erlaubt gilt, immer durchlässiger werden. In der Werbung und in den Medien häufen sich die Fälle von Blasphemie. Alle sind aufgerufen, sich für eine Gesellschaft einzusetzen, in der Gewalt gegen Andersdenkende weiterhin ein Tabu bleibt. Dies gilt nicht nur für physische, sondern auch für psychische Gewalt.

2.    Empirische Untersuchung zum Religionsunterricht

Erneut haben wir die Situation des Religionsunterrichtes erörtert und dabei insbesondere die Ergebnisse einer bundesweiten empirischen Studie zur Kenntnis genommen, die von Prof. Dr. Dr. Anton Bucher, Salzburg, im Auftrag der Deutschen Bischofskonfernz erarbeitet worden ist. Die Studie belegt, dass die Akzeptanz des konfessionellen Religionsunterrrichts bei Schülerinnen und Schülern deutlich höher ist, als in der öffentlichen Diskussion behauptet wird.
In der Grundschule hat der Religionsunterricht ein besonders hohes Ansehen. Bei mehr als drei Viertel der Dritt- und Viertklässler ist er „beliebt“ und „sehr beliebt“. Beliebter sind nur noch die Fächer Kunst und Sport. In der Sekundarstufe I, also in den Klassen 5 bis 10, lässt die Akzeptanz des Faches – auch wohl entwicklungspsychologisch bedingt – nach.

Hinsichtlich seiner Beliebtheit rangiert es im hinteren Drittel. Dennoch wird der Religionsunterricht, übrigens in allen Schularten, von gut der Hälfte ausdrücklich gerne besucht. 56 % der Schüler geben an, im Religionsunterricht viel über andere Religionen gelernt zu haben. Für 48 % för¬dert er das selbständige Nachdenken über den Glauben und für 37 % die Gottesbe-ziehung. Wie in der Grundschule sind die häufigsten Unterrichtsthemen theologischer Art (Gott, Je¬sus), auch wenn in den höheren Klassen Themen wie Liebe und Partnerschaft oder Drogen stärker in den Vordergrund treten. Für die Akzeptanz des Faches in dieser sicher nicht nur für Religionslehrer schwierigen Altersstufe spricht auch die geringe Abmeldebereitschaft (ca. 16 %); dem entspricht die faktisch niedrige Abmeldequote von unter 5 %.

In der Sekundarstufe II sind die Ergebnisse nach Schulformen zu differenzieren. In der Ober-stufe des Gymnasiums nehmen die Abmeldungen vom Religionsunterricht zu, wohl nicht zuletzt, weil die faktische Wahlsituation zwischen Religionsunterricht und Philosophie bzw. Ethik den philosophisch interessierten Schülern keine andere Möglichkeit lässt. Doch auch in den Klassen 11 bis 13 besuchen 43 % den Religionsunterricht „gerne“ und nur 14 % „nicht gerne“. Einen schwierigen Stand hat der Religionsunterricht in den berufsbildenden Schulen, nicht zuletzt aufgrund der hohen Ausfallquote (etwa 40 % der Stunden und mehr). Ein unre-gelmäßig erteiltes Fach kann von Schülern nicht als besonders wichtig wahrgenommen wer-den. Den¬noch rangiert der Religionsunterricht auch in dieser Schulform hinsichtlich seiner Beliebtheit im Mittelfeld.

Die Studie zeigt deutlich, dass die Akzeptanz des Faches vor allem vom Unterrichtsgeschehen abhängt. Ein handlungsorientierter Unterricht, der biblisch-theologisch akzentuiert und anspruchsvoll ist, ist bei Schülern besondern beliebt. Die Studienergebnisse stützen das Bemü-hen um einen didaktisch und methodisch profilierten Religionsunterricht, wie ihn auch das Bischofswort „Die bildende Kraft des Religionsunterrichts“ (1996) gefordert hat. Die Studie hatten wir am 6. September 2000 in Berlin auf einer öffentlichen Veranstaltung vorgestellt, die wir nun dokumentieren und zu¬sammen mit den Ergebnissen der Bucher-Studie verbreiten wollen.

VI.    Weltkirchliche Fragen

1.    Wort „Gerechter Friede“

Die Vollversammlung hat unter dem programmatischen Titel „Gerechter Friede“ ein Wort der Bischöfe zum Frieden verabschiedet. Nach einigen Bearbeitungen, die in den nächsten Wo-chen erfolgen sollen, werden wir dieses Wort am 11. Oktober in Berlin dann im Rahmen einer eigenen Pressekonferenz vorstellen.

Die Bischöfe knüpfen mit ihrem neuen umfassenden Schreiben an das Wort „Gerechtigkeit schafft Frieden“ von 1983 an. Damals wurde in Deutschland sehr heftig über die Stationie-rung von Mittelstreckenraketen debattiert und darüber hinaus um die Legitimität der atomaren Abschreckung überhaupt gerungen. Wir als Bischöfe waren angefragt, eine ethische Bewertung zu geben.

Die damals vorgelegte Einschätzung bleibt aus unserer Sicht auch heute gültig, doch hat sich seit den frühen achtziger Jahren die friedens- und sicherheitspolitische Landschaft grundlegend verändert: Die Konfrontation der Blöcke und damit die Teilung Europas und auch Deutsch¬lands konnten überwunden werden. Diese Entwicklung war und ist uns Anlass zur Freude. Aber wir haben in den letzten zehn Jahren auch feststellen müssen, dass die erforder-liche politische und wirtschaftlich-soziale Neuordnung vielerorts von gewaltigen Erschütte¬run-gen begleitet wurde. Im ehemaligen Jugoslawien mussten wir erleben, wie Nationalismus und „Ethnozentrismus“ der Geschichte erneut ein blutiges Mal aufprägten. Bei vielen ge¬walttätig ausgetragenen Konflikten handelt es sich nicht um „klassische“ zwischenstaatliche, sondern um innerstaatliche Auseinandersetzungen. Sie können – wie vielfach in Afrika – bis zum Zerfall der staatlichen Ordnung führen.

All dies ist – zusammen mit anderen Entwicklungen – für die Bischofskonferenz Anlass, sich erneut in grundsätzlicher Weise mit den Fragen des Friedens auseinander zu setzen. Mit dem Titel „Gerechter Friede“ wollen wir zum Ausdruck bringen, dass sich die Friedensfrage nicht erst dann stellt, wenn Auseinandersetzungen bereits mit Waffengewalt geführt werden. In der gesamten Politik – national und international – muss es vielmehr darum gehen, die Ursachen von Gewalt frühzeitig und mit Nachdruck zu bekämpfen und Gewaltverhältnisse auszutrock-nen. Die Bischöfe wollen damit einen Gegenakzent zu den üblichen öffentlichen Diskussio¬nen über Frieden und Sicherheit setzen, bei denen häufig die Frage nach bewaffneten Inter-ventionen in bereits eskalierte Konflikte im Vordergrund steht.

Diese Diskussion über Kriterien für militärische Interventionen zum Schutz der Menschenrechte – also um sogenannte „humanitäre Interventionen“, wie wir sie z. B. im Kosovo erlebt haben – ist sicherlich erforderlich und das Wort der Bischöfe wird dazu auch einen Beitrag leisten. Aber der entscheidende Ansatzpunkt einer Politik in der Perspektive des „gerechten Friedens“ liegt darin, dass sie darauf ausgerichtet ist, den Rückgriff auf Gewaltmittel möglichst zu vermeiden. Das Be-mühen um Gewaltprävention muss dabei sowohl auf der Ebene der Politik wie der Gesellschaft wirksam werden.

2.    Christen im Heiligen Land

Schon seit mehreren Jahren befassen wir uns intensiv mit der Situation der Christen im Heiligen Land. Die Mitglieder der Kommission für weltkirchliche Aufgaben haben im Frühjahr dieses Jahres eine Pilgerfahrt ins Heilige Land unternommen, die auch den Charakter eines Solidaritätsbesuches hatte. In diesem Rahmen führte die Wissenschaftliche Arbeitsgruppe der Zentralstelle Weltkirche in Jerusalem einen Workshop zu „Situation und Selbstbehauptungs-strategien der christlichen Minderheiten im Heiligen Land“ durch, an dem Vertreter nahezu aller christlicher Denominationen vor Ort teilgenommen haben.

Im Anschluss an diese wissenschaftliche Tagung hat die Kommission für weltkirchliche Fragen beschlossen, die partnerschaftliche Hilfe für Christen im Heiligen Land zu verstärken. Dazu soll eine gründliche Erhebung der lokalen und regionalen Bedürfnisse der Christen, vorhandener Ressourcen und laufender Initiativen vorgenommen werden. Insbesondere haben wir entschieden, eine Machbarkeitsstudie zur Einrichtung einer Kleinkreditbank zur Förde¬rung palästinensischer Wirtschaftsinitiativen in Auftrag zu geben. Diese soll auch ein Kurzgutachten umfassen über die Frage, ob und durch welche ökonomischen Maßnahmen (Kreditvergabe, Wohnungsbau usw.) der Emigration von Christen entgegengewirkt werden kann. Den Forschungsauftrag für die Machbarkeitsstudie erhielt Prof. Bernard Sabella (Universität Bethlehem).

VII.    Personalien

Bischof Dr. Gebhard Fürst (Rottenburg-Stuttgart) wurde zum Mitglied der Kommission für Wissenschaft und Kultur und der Kommission Weltkirche gewählt.

Weihbischof Rainer Klug (Freiburg) wurde zum Mitglied der Kommission für geistliche Be-rufe und kirchliche Dienste und der Liturgiekommission gewählt.

Weihbischof Dr. Anton Losinger (Augsburg) wurde zum Mitglied der Kommission für gesell-schaftliche und soziale Fragen und der Kommission für Erziehung und Schule gewählt.

Diese Wahlen gelten jeweils für den Rest der laufenden Amtsperiode der Kommissionen bis zur Herbst-Vollversammlung 2001.

Weihbischof Leo Schwarz wurde mit Zustimmung des Hauptausschusses des Zentralkomitees der deutschen Katholiken (ZdK) für ein weiteres Jahr zum Geistlichen Assistenten des Zen-tralkomitees der deutschen Katholiken gewählt.

Weihbischof Werner Radspieler (Bamberg) wurde für den Rest der Arbeitsperiode (bis zur Herbst-Vollversammlung 2001) als Nachfolger von Weihbischof Gerhard Pieschl zum Be-auftragten der Deutschen Bischofskonferenz für die Polizeiseelsorge gewählt.

Als katholische Mitglieder wurden für die Dauer von fünf Jahren in den Ökumenischen Vorbereitungsausschuss zur Woche der ausländischen Mitbürger berufen: Prälat Dr. Peter Prassel (Nationaldirektor für Ausländerseelsorge); Delegat José A. Arzoz (spanisch sprechende Katholiken), Dieter Griemens (Diözese Aachen), Edith Giebson (Diözese Magdeburg), Stefan Herceg (Kroatische Sozialarbeit – DCV) und Katrin Gerdsmeier (Katholisches Büro).

Zum Vorsitzenden des MISEREOR-Beirates hat die Kommission Weltkirche der Deutschen Bischofskonferenz Prof. Theodor Hanf für die Dauer von fünf Jahren berufen. Theodor Hanf ist Professor für Soziologie am Deutschen Institut für Internationale Pädagogische Forschung (Frankfurt) und Direktor des Arnold-Bergsträsser-Instituts für kulturwissenschaftliche For-schung (Freiburg).

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