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Predigt zur Trauerfeier von Bischof Luigi Padovese in Iskenderun

Erzbischof Ruggero Franceschini: Habt keine Angst!

Bei der heutigen Trauerfeier im türkischen Iskenderun hat der Metropolitanerzbischof von Smirne, Ruggero Franceschini, die Predigt gehalten, die wir im Wortlaut dokumentieren. Bischof Padovese, der am Fronleichnamstag ermordet wurde, wird in der kommenden Woche in Mailand beigesetzt.

Die tragische Nachricht des gewaltsamen Todes von Bischof Luigi Padovese hat uns erschüttert. Wir können nicht nachvollziehen, wie sich ein so schrecklicher Vorfall ereignen konnte, vor allem gegen einen Kirchenmann, einen Bischof, der eng mit den Türken und der Türkei befreundet war. Erneut bestätigt sich dieses Land als Ort des Martyriums auch für diejenigen, die es innig geliebt haben.

Bischof Luigi Padovese galt als „eine anständige Person“ und er war es in der Tat. Er hat sich tiefgründig mit den Studien über die erste Kirche und vor allem über die patristische Epoche befasst; er kannte diese Orte sehr gut, wo die Kirche ihre ersten Schritte tat, wo sie die ersten Konzile hielt und wo sie zum ersten Mal eine maßgebende theologische Struktur angenommen hat, und hat sie leidenschaftlich geliebt.

Doch noch mehr als dieses Land liebte er dieses Volk. Sein Verhältnis zu den lokalen Behörden stand immer im Geiste der Zusammenarbeit; noch am Tag seiner Ermordung war er mit diesen zusammengekommen, um über die religiösen Minderheiten (türkischer Nationalität) zu reden und Wege der Zusammenarbeit für das Gemeinwohl zu finden.

Die Erinnerung an P. Luigi bedarf gar nicht eine Auflistung all seiner guten Taten, um bereichert zu werden. Doch der Wahrheit und der Gerechtigkeit halber möchten wir der Kirche in der Türkei und allen nicht-christlichen Freunden einige der Taten nennen, die er zugunsten der Nächstenliebe und der Kultur während seines kurzen Ministeriums als Bischof von Anatolien vollbracht hat: angefangen bei den ganz einfachen Dingen bis hin zur anspruchsvollen Veranstaltung von Symposien, Treffen und Studientagen.

  • die Teilung des Essens mit den moslemischen Freunden im Rahmen der jeweiligen Feiern;
  • die Schaffung eines Lieferdienstes, um 70 Familien, die in Schwierigkeiten lebten (darunter nur eine christliche), mit Lebensmitteln zu versorgen
  • das Personal im Bischofspalast (über 10 Mitarbeiter), das vorwiegend Menschen islamischen Glaubens zählte;
  • seine Zuneigung zur islamischen Kultur, die auch durch das gute Verhältnis zum Mufti von Iskenderun bestätigt wurde;
  • die guten Beziehungen, die er zu den zivilen Behörden hegte. Doch es erübrigt sich beinah, diesen Punkt zu nennen – man braucht sich heute nur umzuschauen: eine Schar von Freunden, die den gleichen Schmerz teilen;
  • die wohlbekannte und tiefe Freundschaft mit seiner Heiligkeit, dem Patriarchen Bartholomäus, und mit allen orthodoxen Freunden, die heute durch ihre Priester vertreten sind.

Ein besonderer und aufrichtiger Dank gilt dem syrischen Metropoliten von Adyaman, Bischof Gregorios Melki Ürek.

Die Barmherzigkeit von Bischof Luigi erstreckte sich bis zur Welt des Leidens und war sowohl in Notfällen als auch im alltäglichen Leben zu spüren.

  • die Hilfeleistungen, die er während der Überschwemmungen in Iskenderun und Batman der lokalen Bevölkerung leistete;
  • seine konstante und großzügige Hilfe zugunsten derer, die an einer Krankheit litten;
  • seinen maßgebenden Beitrag zur Kanalisierung des Wassers auch in abgelegenen Dörfern.

Man könnte noch lange fortfahren. Ich möchte nur hinzufügen, dass Bischof Luigi all das getan hat, ohne irgendeine Gegenleistung zu erwarten. Er war nicht auf seinen eigenen Vorteil bedacht, strebte keine Imageaufwertung oder religiöse Propaganda an. Wie das Evangelium uns lehrt, war es allein die christliche Nächstenliebe, die sein Handeln führte.

Dies vorausgeschickt war Bischof Padovese vor allem für seine Studien bekannt. Es ist schwierig, alle akademischen Titel oder Ämter zu nennen, die er innehatte, und sogar unmöglich, alle wissenschaftlichen Publikationen aufzulisten, die er verfasst hat. Es genügt, die wertvollen Führer zu nennen, die er für die christlichen Pilger in der Türkei schrieb, und natürlich auch seine Studien über die Theologie der Kirchenväter, die in diesem Land lebten. Zu erwähnen sind auch die kulturellen Symposien, die er seit 1990 auf höchster Ebene in Iskenderun, Antalya, Tarsus und Ephesos, veranstaltete; das letzte Symposium musste aufgrund seines frühen Todes unterbrochen werden.

Liebe Mitbrüder, dies war der Bischof, den der Herr uns geschenkt hat, dies war der Freund, den wir alle verloren haben. Sein Tod erinnert vor allem uns Christen daran, dass unter gewissen Umständen die Treue zum Evangelium auch das Leben kosten kann. In einem seiner letzten Briefe an Euch Christen aus diesem apostolischen Vikariat, schrieb Bischof Luigi: „mit Euch und zwischen Euch zu Leben war für mich eine Gnade“; leider hatte er nicht die Möglichkeit gehabt, so lange wie ich in diesem Land zu leben. Er kannte die Väter dieser Kirche sehr gut – in tiefster Demut kann ich nur behaupten, dass ich die Kinder dieser Kirche und dieses Landes kennen gelernt und geliebt habe; trotz meines Leidens kann ich Euch allen als Vater, Bruder und Freund und in Erinnerung an den verehrten Heiligen Vater Johannes Paul II, kraftvoll sagen: Habt keine Angst! Verliert nicht Euren Mut und freut Euch, wie es die Apostel taten, ein leidvolles Leben zu führen, das Euch ständig auf die Probe stellt, ohne dabei Euren Glauben zu verlieren, denn dies ist der Grund unserer Hoffnung, dies ist die Grundlage unserer Freude.

Keiner wird diese Fackel löschen können, weil sie von den vielen Märtyrern und Heiligen dieses Landes, von der Heiligen Jungfrau und ab heute – darüber bin ich mir sicher – auch von einem weiteren Engel im Dienst am Throne Gottes getragen wird: Euer und unser Bischof Luigi. Wir wünschen ihm, einem Bruder des Heiligen Franziskus, Priester des allerhöchsten Gottes und Bischof des Heiligen Stuhls, in Frieden neben seinem Herrn zu ruhen. Mit ihm werden auch wir weiterhin dafür beten, dass im Nahen Osten der Himmel bald wieder erheitert und die Herzen den Weg des Friedens wieder begehen werden, zugunsten eines harmonischen Zusammenlebens in der Zusammenarbeit für das Gemeinwohl.

Bevor ich meine Abschiedsrede für Bischof Luigi Padovese beende, möchte ich all denen danken, die uns in diesen Tagen ihre Nähe bezeugt haben. In primis, natürlich, der Heilige Vater Benedikt XVI, dessen Botschaft S.E. Bischof Antonio Lucibello, Apostolischer Nunzius in der Türkei, gleich vorlesen wird. Am Tag, an dem Bischof Padovese ermordet wurde, hat Kardinal Dionigi Tettamanzi in Padoveses Heimatstadt Mailand die Messe von Fronleichnam mit einem wunderbaren Gebet beendet. Ich möchte mit Euch allen eine besonders rührende Passage teilen:

Herr Jesus,
Sohn des Ewigen und Sohn des Menschen,
hör nie damit auf, uns auch einzuladen und zu empfangen
bei diesem wunderbaren Festmahl der Freundschaft,
damit unser alltägliches Leben,
die Aufgaben unseres Ministeriums,
die Worte, die wir aussprechen,
die Dienste, die wir leisten,
und auch die düsteren Züge unserer Menschheit
eine Tür und keine Wand
für unsere Brüder sind:
eine Tür, die sie zur Begegnung mit Dir führt
und zur Schönheit Deines Mysteriums,
und keine Wand, die Dich versteckt und Dich von ihrem Anblick entfernt.


Das Leben von Bischof Padovese war eine “Tür und keine Wand”,
sie stand oft unter Geleitschutz und war doch so frei,
das Evangelium in einem trockenen Land zu verkünden;
Eine “Tür und keine Wand” war auch die Kirche, die er gewollt hat,
eine Herde, die der Freundschaft zu den Bevölkerungen offen stand;
“Tür und keine Wand”, um bis zum Ende,
wie Du, Herr Jesus, es getan hast,
die Wunden aufzunehmen, die die Herzen der Bevölkerungen und der Menschen bewohnen,
auch das Herz von demjenigen, der von Sinnen seine Hand gehoben hat und für den er weiterhin „Bruder“ und „Vater“ ist.

Ich ersuche Euch, liebe Brüder und Schwestern, engste Mitarbeiter in diesem apostolischen Vikariat, und ich ersuche die gesamte Kirche in der Türkei sowie alle Männer und Frauen guten Willens, mit allen Kräften an den Frieden zu glauben, den wir allein mit der gegenseitigen Vergebung, mit dem Gebet und der Aufopferung erreichen werden. Möge uns Pater Luigi helfen und uns vom Himmel aus beschützen! Amen!

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