| Pressemeldung | Nr. 030c

Statement von Bischof Dr. Walter Mixa (Augsburg)

Militärbischof, beim Pressegespräch der Frühjahrs-Vollversammlung der Deutschen Bischofskonferenz zur Debatte über den Einsatz in Afghanistan am 23. Februar 2010

Die seelsorgerliche Einsatzbegleitung der Bundeswehr in Afghanistan durch die Katholische Kirche

  • Das Recht auf Religionsausübung

Soldatinnen und Soldaten haben – wie jeder andere Mensch in Deutschland – einen verfassungsrechtlich garantierten und gesetzlich normierten Anspruch auf ungestörte Religionsausübung. Soldaten haben darüber hinaus auch ein im Soldatengesetz garantiertes Recht auf Seelsorge.

  • Konkret: Die seelsorgerliche Begleitung der Truppe in Afghanistan

Evangelische und katholische Militärgeistliche haben den Afghanistan- Einsatz ( ISAF) von den ersten Januartagen des Jahres 2002 an bis heute kontinuierlich begleitet. Darüber hinaus wurden auch die Bundeswehrangehörigen, die sich im Rahmen der „Operation Enduring Freedom“ (OEF) in Afghanistan aufhielten, durch deutsche Militärgeistliche beider Konfession begleitet.

Im Moment halten sich zwei katholische Militärgeistliche an den Stationierungsorten MAZAR-E SHARIF und FEYZABAD auf. Drei evangelische Militärgeistliche werden derzeit an den Stationierungsorten MAZAR-E SHARIF, KUNDUZ und KABUL eingesetzt.

  • Die Verantwortung des Waffenträgers und der Kirche

Die Bundeswehr gilt als Parlamentsarmee und ist Teil der staatlichen Exekutive. Sie ist in einem genau definierten Bereich zur Ausübung des staatlichen Gewaltmonopols befugt.
Dazu gehört auch der Auftrag, physische Gewalt auszuüben, wenn dies unvermeidlich ist.

Unser Staat legt seinen „Waffenträgern“ somit eine hohe Verantwortung auf.
Die Kirche ist davon überzeugt, dass sie die Menschen, denen im staatlichen Auftrag der Dienst mit der Waffe anvertraut ist, mit ihren Fragen nicht allein lassen darf, und zwar im Inland ebenso wie im Ausland.

Militärseelsorger versuchen, durch geistliche Orientierungshilfen zu einer Ethik des Soldatenberufs beizutragen im Sinne der Vorgaben der Pastoralkonstitution des Zweiten Vatikanischen Konzils von 1965:
„Wer als Soldat im Dienst des Vaterlandes steht, betrachte sich als Diener der Sicherheit und Freiheit der Völker. Indem er diese Aufgabe recht erfüllt, trägt er wahrhaft zur Festigung des Friedens bei.“

Nach dieser Vorgabe werden unsere Militärseelsorger in Afghanistan zwar nicht den ISAF-Einsatz oder andere militärische Operationen der Koalitionstruppen in Afghanistan zu begründen oder zu rechtfertigen haben, werden aber versuchen, die ihrer Seelsorge anvertrauten Soldatinnen und Soldaten in Gottesdiensten, Unterrichten und persönlichen Seelsorgegesprächen zu einem gewissenhaften Dienst anzuleiten.

Als Militärbischof weiß ich, dass die seelsorgerliche Begleitung einer Einsatztruppe in „kriegsähnlichen Zuständen“ auch für unsere Pfarrer zu einer neuen, oft sehr schwer belastenden Verantwortung geworden ist.

  • Verantwortung des Staates gegenüber seinen Streitkräften

Die Kirche sieht sich in der Pflicht, die Verantwortlichen für die Beteiligung der Bundeswehr an internationalen militärischen Einsätzen nötigenfalls zu ermahnen, politische Interessen und Ambitionen nicht auf dem Rücken derer auszutragen, die sich als Soldatinnen und Soldaten durch einen Eid oder durch ein Versprechen zum treuen Dienen und zur tapferen Verteidigung verpflichtet haben.

Um so mehr freue ich mich, wenn mir unsere Militärseelsorger bei einem Rückkehrergespräch von persönlichen Erfolgserlebnissen berichten können.

Das Engagement zahlreicher internationaler Hilfsorganisationen in Afghanistan wurde häufig erst durch den von der ISAF-Truppe gewährten militärischen Schutz ermöglicht.

Viel mehr Menschen, insbesondere Mädchen und Frauen, haben heute in Afghanistan Zugang zu Bildungsangeboten.

In dem Maße, in dem staatliche Ordnung erfolgreich aufgebaut wird, zum Beispiel durch Ausbildung und Ausstattung von Polizei und einheimischem Militär, kann das vielerorts bisher praktizierte „Faustrecht des Stärkeren“ allmählich zurückgedrängt werden.

  • Abschließend ein konkretes Beispiel

Die afghanische Bevölkerung der Gegend um FEYZABAD stand noch zu den Zeiten der sowjetischen Besatzung und später, als letztes Bollwerk gegen die Taliban - Herrschaft, im Rufe eines besonders hartnäckigen Widerstandes gegen Fremdherrschaft und jegliche Einmischung von Außen.

Seit dem Sommer 2004 wird im Rahmen der ISAF in FEYZABAD ein PRT (Provincial Reconstruction Team) durch die deutsche Bundeswehr betrieben.

Die Menschen spüren, ob sie von den fremden Soldaten respektvoll behandelt werden. Viele Einheimische konnten die Erfahrung machen, dass deutsche Soldaten kompetent sind und gute Manieren haben. Die große Mehrheit der Bevölkerung ist den deutschen Soldaten gegenüber freundlich gesonnen. Dementsprechend wird die Bedrohungslage dort derzeit als eher niedrig eingestuft.

In diesem Klima und – wohlgemerkt im Schutz deutscher Soldaten – konnten dort schon etliche Projekte zum Wiederaufbau der staatlichen Ordnung und zur Entwicklung der Region begonnen werden.

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