| Pressemeldung | Nr. 203

Weihbischof Lohmann zur Weltnaturkonferenz in Montreal

„Ein verantwortlicher, wertschätzender Umgang mit der Natur ist ethisch dringend geboten!“

Weihbischof Rolf Lohmann (Münster), der in der Deutschen Bischofskonferenz für Umwelt- und Klimafragen zuständig und Vorsitzender der Arbeitsgruppe für ökologische Fragen der Kommission für gesellschaftliche und soziale Fragen ist, erklärt aus Anlass der Weltnaturkonferenz, die vom 7. bis 19. Dezember 2022 in Montreal stattfindet:

„Der Zustand unserer Natur besorgt mich. Vielerorts verschmutzen wir Menschen durch unsere Lebens- und Wirtschaftsweise Luft und Wälder, Gewässer und Felder und gefährden und zerstören Lebensgrundlagen. Viele Pflanzen- und Tierarten verschwinden durch uns verschuldet von dieser Erde. Ganze Ökosysteme sind bedroht. Als Weltgemeinschaft haben wir die Aufgabe, einen tiefen Wandel unserer Lebens- und Wirtschaftsweise ins Werk zu setzen, und zwar bevor es zu spät ist. Papst Franziskus hat in seiner diesjährigen Botschaft zum Weltgebetstag für die Bewahrung der Schöpfung am 1. September 2022 dazu aufgerufen, auf der Weltnaturkonferenz, die derzeit in Kanada stattfindet, den ‚weiteren Zusammenbruch des Netzes des Lebens‘ aufzuhalten. Auch ich erhoffe mir von dieser Konferenz Signale, dass uns dies gelingen kann, und die zeigen, dass es uns mit der Bewahrung der Schöpfung ernst ist.

Die Natur besitzt einen Eigenwert. Menschliches Handeln muss dem Rechnung tragen: Durch Koexistenz statt Zerstörung und durch Rücksichtnahme anstelle von Rücksichtslosigkeit. Dafür braucht es jetzt alle Kräfte und einen Schulterschluss von Wissenschaft, Politik, Wirtschaft und Gesellschaft. Auch die Deutsche Bischofskonferenz steht dafür ein. Sie hat im vergangenen Jahr mit dem Expertentext Vom Wert der Vielfalt grundlegende Überlegungen und ethische Leitlinien zum Schutz der Biodiversität formuliert. Neben dem Klimawandel sind die Verluste im Bereich der Biodiversität eine ebenso große Herausforderung für die Bewahrung der Schöpfung. Beide Krisen zeigen, dass das Verhältnis des Menschen zur Natur neu bestimmt werden muss. Unsere Existenz braucht die Natur, die uns mit Wasser, Luft, Nahrung, Rohstoffen und mehr versorgt. Um die Dimension zu verdeutlichen, helfen Studien, die diese Ökosystemleistungen monetär ungefähr beziffern. Unser Glaube geht aber noch weiter: Wir begreifen Tiere und Pflanzen als unsere Mitgeschöpfe, die vor Gott einen Eigenwert und eine Aufgabe im Gefüge der Schöpfung haben. Wir Menschen sind beauftragt, für Gottes Schöpfung Sorge zu tragen. Ein verantwortlicher, wertschätzender Umgang mit der Natur ist daher ethisch dringend geboten!

Was braucht es nun? Nötig ist ein gesellschaftliches Bewusstsein für den Eigenwert der Natur in ihren komplexen Wirkungszusammenhängen. Politische und wirtschaftliche Strukturen sollten dem umfassend Rechnung tragen. Von der Weltnaturkonferenz erhoffe ich mir, dass sie in einem neuen globalen Rahmen für den Biodiversitätsschutz ehrgeizige Aktionsziele setzt. Hierzu gehört, bis zum Jahr 2030 mindestens 30 Prozent aller Flächen unter Schutz zu stellen, und diesen Schutz über qualitative Kriterien zu definieren. Auch weitere Flächen sind schonend zu behandeln und umweltschädliche Subventionen sind abzubauen. Entscheidend für Erfolg oder Misserfolg der Weltnaturkonferenz wird es sein, ob wirksame Mechanismen vereinbart werden, wie die Ziele umgesetzt werden. Dabei sind die Rechte lokaler und insbesondere indigener Bevölkerungsgruppen zu wahren. Und auch wenn über das Eigentum an genetischen Daten verhandelt wird, ist globale Gerechtigkeit die Maxime. Bei der Finanzierungsfrage müssen gerade die Industriestaaten Verantwortung übernehmen.

Wir können auch selber und konkret etwas für die Schöpfung tun. Unsere Ernährung kann nachhaltige Produktions- und Konsummuster fördern. Ein wirkungsvoller Ansatz für den Schutz des Klimas und der Biodiversität ist es daher, den persönlichen Fleischkonsum zu verringern. Dabei geht es nicht um radikalen Verzicht, wohl aber um das rechte Maß. In viel zu großem Ausmaß werden die Agrarflächen zum Anbau von Tierfutter genutzt anstatt für die menschliche Ernährung. Angesichts der ökologischen Auswirkungen und des Hungers in der Welt ist das nicht akzeptabel. Als Christinnen und Christen können wir einen Schatz mit großem Potenzial neu heben: Es ist tief in der katholischen Tradition verwurzelt, als Teil des geistlichen Lebens in bestimmten Zeiten zu fasten oder sich am Freitag fleischlos zu ernähren. Vielerorts ist dies nicht nur in kirchlichen, sondern auch in privaten und öffentlichen Küchen bereits gelebte Praxis. Es lohnt sich, Praktiken der Suffizienz wieder neu zu entdecken, sich damit auch dem eigenen Eingebettetsein in das Gesamt der Schöpfung bewusst zu werden und eine Haltung von Demut und Ehrfurcht einzunehmen. Wir brauchen unbedingt mehr Wertschätzung für die Natur. Nur so verhindern wir, dass das Lebensnetz reißt.“
 

Hinweis:

Der Expertentext Vom Wert der Vielfalt – Biodiversität als Bewährungsprobe der Schöpfungsverantwortung der Arbeitsgruppe für ökologische Fragen der Kommission für gesellschaftliche und soziale Fragen der Deutschen Bischofskonferenz kann unter www.dbk.de in der Rubrik Publikationen bestellt oder als PDF-Datei heruntergeladen werden.

Cookie Einstellungen

Wir verwenden Statistik Cookies um zu verstehen, wie Sie mit unserer Webseite interagieren.

Anbieter:

Google

Datenschutz

Matomo

Datenschutz

Diese Cookies sind für den Betrieb der Webseite zwingend erforderlich. Hier werden bspw. Ihre Cookie Einstellungen gespeichert.

Anbieter:

Deutsche Bischofskonferenz

Datenschutz