| Pressemeldung | Nr. 55

Zusammenhalt und Gerechtigkeit, Solidarität und Verantwortung zwischen den Generationen.

Eröffnungsreferat von Kardinal Karl Lehmann,
Vorsitzender der Deutschen Bischofskonferenz,
bei der Herbst-Vollversammlung der Deutschen Bischofskonferenz
am 22. September 2003 in Fulda







 I. Anthropologische und theologische Klärungsversuche zur aktuellen Diskussion um die SozialsystemeImmer wieder tauchen in den Diskussionen dieser Wochen, Monate und Jahre über die künftige Gestaltung der Sozialsysteme Hinweise auf die Notwendigkeit z. B. eines neuen Generationenvertrags auf. Dabei wird das grundsätzliche Generationenverhältnis nicht oft ausführlicher angesprochen. Eine Ausnahme bildet der umfangreiche Bericht der Enquête-Kommission "Demographischer Wandel. Herausforderungen unserer älter werdenden Gesellschaft an den Einzelnen und die Politik". Freilich wird gerade bei der sorgfältigen Erörterung der Thematik festgestellt, der Generationenbegriff sei nicht einheitlich. Wenn sich der Begriff auf das Lebensalter oder den Geburtsjahrgang von Personen beziehen, wird hier von Kohorten oder von Altersgruppen gesprochen. Es wird auch deutlich gemacht, dass der traditionelle Generationenvertrag weitgehend auf die Familie begrenzt ist, während der Generationenvertrag moderner Prägung "eine Umverteilung zwischen gesellschaftlichen Generationen im Lebenszyklus zum Gegenstand" hat. Konsequent ist dann von einem "Tauschverhältnis" die Rede, das nach dem Prinzip der "intergenerationellen Solidarität" ausgestaltet wird.Schon lange bin ich der Überzeugung, dass Philosophie und Theologie sich nicht mit einer allgemeinen Skizze des Generationenbegriffs begnügen dürfen. Es bleibt auch die Frage, ob der Generationenbegriff so leicht ersetzt und verdrängt werden darf, wie es heute oft geschieht. Dies scheint notwendig zu sein, bevor das Generationenverhältnis in ökonomische Modelle umgesetzt wird, was gewiss unentbehrlich ist. Ich möchte mich erneut darum den anthropologischen, sozialphilosophischen und auch theologischen Fundamenten im Sinne einer Ergänzung und auch z. T. Korrektur der Diskussion zuwenden. Die katholische Soziallehre und die evangelische Sozialethik haben hier gewiss noch eine unerledigte Bringschuld.
I. Zur Vielschichtigkeit des GenerationsbegriffsDas begriffliche Verständnis von Generation ist gewiss vieldeutig. Dies hängt auch mit der Begriffsgeschichte zusammen. Man macht darauf aufmerksam, dass der Generationsbegriff von der Antike her hauptsächlich von der Metaphorik der Welt- und Lebensalter, also stark kosmologisch, bestimmt wird. Auch nach der intensiveren Entdeckung der eigenen Bedeutung der Geschichte, was durchaus eine Folge des biblisch-christlichen Glaubens ist, blieb der Begriff - auch noch im Deutschen Idealismus - recht undeutlich. Mehr und mehr wird der Generationsbegriff in den Zusammenhang der geschichtlichen Zeit überhaupt einbezogen. Die heutigen Grundvorstellungen über das Verständnis von Generation vor allem im 20. Jahrhundert gehen wesentlich auf die Arbeiten von W. Dilthey und K. Mannheim zurück. Zu den konstitutiven Merkmalen von Generation gehört, dass sie aus einer Gruppe etwa altersgleicher Personen besteht. Dabei spielt die Gemeinsamkeit der Lebensphasen eine besondere Rolle, vor allem in der Kindheit und Jugendzeit. Eine Generation ist nicht zuletzt auch dadurch geprägt, dass sie gemeinsame geschichtliche und gesellschaftliche Wandlungen durchlebt hat und auch eine gemeinsame Mentalität und Identität besitzt. Dies bedeutet eine stärkere Prägung, sodass etwa H. Schelsky 1957 im Blick auf die Nachkriegsjugend von der "skeptischen Generation" sprechen konnte. "Als Zusammenfassungen von benachbarten Jahrgängen mit gemeinsamem Erlebnishintergrund können Generationen als aktiv handelnde Gruppen eine Veränderung bestimmter gesellschaftlicher Bedingungen anstreben." So sprechen wir auch von "Kriegs-Generation". Eine solche Generation erfährt sich nicht selten als eine Art Schicksalsgemeinschaft, die durch schwerwiegende Ereignisse auf dem Lebensweg gemeinsam betroffen ist. Der Begriff der Generation kann auch stark davon bestimmt sein, wie sich Altersgruppen gemeinsam im Hinblick auf ihre Lebenssituation einstellen und wie sie sich vor allem bei bestimmten sozialen, politischen oder kulturellen Veränderungen verhalten. Dabei ist der Zusammenhang zwischen den historischen Bedingungen und bestimmten Bevölkerungsgruppen sowie gesellschaftlichen Wirkungen ziemlich eng. Als Beispiel wäre auch die Rede von der "68er Generation" zu erwähnen. So bedeutet Generation vielfach eine bestimmte Zeitgenossenschaft derer, die ein gemeinsames Geschick durchgemacht haben und dadurch einander verbunden sind. Man könnte dafür auch das Wort "Geschlechterfolge" verwenden. "Die Geschlechterfolge lässt uns auf eine ganz elementare Weise den zeitlichen Zusammenhang der Sozialität denken, der Erfahrungen, Handlungsweisen, Ausdrucksformen und Lebensstile umfasst."Hat man früher gewöhnlich eine Generation fast selbstverständlich auf ca. 30 Jahre berechnet, zögert man heute eher, solche Zahlen anzusetzen, denn "die Beschleunigung der Geschichte (...) läuft darauf hinaus, dass die Generationszeit schrumpft, was wiederum Probleme mit sich bringt, weil jede Generation auch eine gemeinsame Verarbeitung von Erfahrung und eine gemeinsame Vorverständigung mit sich bringt. Wenn sich alles sehr schnell ändert, so hat dies den Nachteil, dass vieles nicht ausgelebt wird."An diesen und anderen Beispielen wird erkennbar, dass es einen Unterschied in der Bestimmung des Generationsbegriffes gibt zwischen Makro- und Mikroebene. Die Makroebene setzt vor allem bei einem ziemlich einheitlichen Altersbezug von Individuen in der Gesellschaft an. Die Mikroebene bezieht sich sehr viel stärker auf die Familie. "Familiensoziologisch stellt die Zugehörigkeit der Familienmitglieder zu unterschiedlichen Generationen ein für Familie konstitutives Kriterium dar. Die Generationenfolge innerhalb der Familie besteht (in nur sehr grober Alterseinteilung) aus den einzelnen Generationen der (Ur-)Großeltern, Eltern, Kinder, Enkel. Während in vorindustriellen Gesellschaften schon Familien mit drei und mehr Generationen eher die Ausnahme bildeten, gehören aufgrund der gestiegenen Lebenserwartung vor allem auch ältere Menschen, Familien mit vier Generationen (die allerdings nicht unbedingt in einem Haushalt zusammen leben) durchaus zum Erscheinungsbild moderner Gesellschaften." In jüngster Zeit spricht man in der weiteren Reflexion auf unsere gesellschaftlichen Wandlungen sogar davon, dass wir auf dem Weg zu einer "Fünf-Generationen-Gesellschaft" sind. Mit Alfred Schütz kann man auch zwischen Vorwelt, Mitwelt und Nachwelt unterscheiden. Die Vorwelt bezieht sich auf die Vorfahren, die Mitwelt auf die Zeitgenossen und die Nachwelt auf die Nachfahren.Im Einzelnen ist es besonders aufschlussreich, wie die Beziehungen zwischen den Generationen innerhalb der Familie gestaltet sind. Vor allem in der amerikanischen sozialwissenschaftlichen Diskussion ist der schon genannte Begriff der Intergenerationellen Solidarität geprägt worden, der oft nach sechs Dimensionen hin entfaltet wird: Familienstruktur, quantitative und auch qualitative Komponente der Beziehungen, Austausch von Hilfe und Unterstützung, Übereinstimmungen in Werthaltungen sowie an das Familienleben gestellte Erwartungen. Die konkrete Form der Beziehungen zwischen den Generationen auf dieser Familienebene ist vielfach auf die Formeln gebracht worden "Intimität auf Abstand" bzw. "Innere Nähe bei äußerer Distanz". Vielfach wird gerade auch im Raum der Europäischen Union von einer Gleichheit zwischen den Generationen als neuer sozialer Norm gesprochen, eine Formulierung die freilich ein sehr breites Deutungs-Spektrum aufweist.Es fällt die vieldimensional verschränkte Beziehung im Generationsbegriff auf. Eine Generation ist in biologischen Fakten, wie z. B. Geburt und Altern, begründet. Schließlich leben diese Personen aber im selben historisch-sozialen Raum; so sind sie im etwa gleichen Lebensalter denselben gesellschaftlichen Ereignissen und Zuständen ausgesetzt und haben so endlich auch eine Zeit gemeinsamer Chancen des Erlebens und ihrer Verarbeitung. In diesem Sinne gehört zur Generation Generationsbewusstsein und Generationsidentität. Dazu passen ähnliche Weltsichten, Lebensstile, Einstellungen und Handlungsmuster. Es ist darum verständlich, dass sich im 19. und 20. Jahrhundert vor allem auch die neueren Literatur-, Kunst- und Geschichtswissenschaften mit dem Thema beschäftigt haben und heute noch beschäftigen.Wenn man diese Bestimmung des Generationenbegriffs näher ins Auge fasst, fällt jedoch auf, dass das Moment einer bestimmten Zeitgenossenschaft im beschriebenen Sinne, vermutlich auch durch den Vorrang der sozialwissenschaftlichen Betrachtung, dominiert. Es ist erstaunlich, dass die biologische, näherhin die leibliche Verankerung der Generationen ziemlich zurücktritt. "Zunächst der einfache Sachverhalt: jedermann kommt auf die Welt als Kind von Eltern. Dies wird niemand bezweifeln, doch es verwundert, dass die Philosophen darüber so wenig Worte verloren haben." Es ist erstaunlich, wie wenig in der Anthropologie und Sozialphilosophie die Rede ist von der Bedeutung der Geburt und von der Ordnung, die von diesem Ereignis für die Folgezeit ausgeht. Nun ist der Mensch gewiss nicht einfach durch die Geburt definiert, eben dadurch, dass er z. B. Sohn, Tochter, Mitglied einer Familie usw. ist. Das Personverständnis betont die befreiende Kraft des eigenen Denkvermögens und der Selbstbestimmung. Dies ist eben nicht nur eine biologische Erbschaft. Es ist wichtig, soziale Barrieren zu durchbrechen. Die Betonung der Wichtigkeit des auch leiblich bestimmten Generationszusammenhangs darf freilich nicht zu einer biologistischen Determination des Menschen führen. Wer aber wie das neuzeitliche Denken in hohem Maß das Menschsein auf eine weitgehend absolute Selbstbestimmung reduziert, kann mit dem Grundfaktum der Geburt offensichtlich wenig anfangen. Dies ist eigentlich erschreckend. Das Geborenwerden ist nämlich ein Grundereignis sozialen Charakters. Die Geburt ist etwas, das mir zugestoßen ist, ein Ereignis, an dem Andere schon beteiligt waren. Später wiederholt sich dieses Ereignis, denn die Geburt als biologisches Ereignis wäre eine Abstraktion. Als Kind auf die Welt kommen heißt immer schon, in einen symbolischen Zusammenhang eintreten, einen Namen empfangen. Der Name ist kein bloßes Etikett, keine bloße Markierung, wie man sie dem Vieh aufprägt, sondern einen Namen zu tragen, das setzt voraus, dass ich bereits auf Andere bezogen bin." Es ist ein Defizit in der Diskussion, dass diese Dimension vernachlässigt wird. Dies hat erhebliche Konsequenzen in der Fassung nicht bloß des Generationenbegriffs, sondern vor allem des Generationenzusammenhangs. Hier spielt die Folge der Geschlechter in ihrem Zusammenwirken und in ihrer Kontinuität, auch in ihrem ethischen Gehalt, eine zu geringe Rolle. Dies macht sich in den konkreten Diskussionen über die künftige Sicherung der Sozialsysteme bemerkbar. Bei der notwendigen Erweiterung des Generationsbegriffs um diesen biologischen Zusammenhang und die leibliche und soziale Verankerung des Einzelnen sind vor allem einige Denker besonders nützlich, deren Arbeiten jedoch in unserem Bereich mindestens in dieser Hinsicht weniger wirksam geworden sind. So spricht z. B. Hanna Arendt von der Natalität, der Geburtlichkeit des Menschen. Vergleichbare Äußerungen finden sich dem Gewicht nach bei Franz Rosenzweig und Hans Jonas, schließlich auch bei Emmanuel Lévinas und besonders bei Maurice Merleau-Ponty. In diesem Zusammenhang bedarf es einer kritischen Ergänzung sozialwissenschaftlicher Betrachtungsweisen durch die philosophische Reflexion. Nur nebenbei sei erwähnt, dass sich beim späten Edmund Husserl wertvolle, bisher nicht genügend reflektierte Gedanken zur "Generativität" und damit auch zur Geschlechterfolge finden.
II. Interdependenz der GenerationenZwei Begriffe gehören eng zur Bestimmung des Generationsbegriffs. Auf der einen Seite liegt es nahe, vom Generationenkonflikt zu sprechen, wenn man vor allem auch die unterschiedlichen Einstellungen alter und junger Menschen vergleicht. Dies hat es gewiss schon immer gegeben, aber seit den 60er Jahren ist in der Literatur - man sieht es schon sehr oberflächlich an den Registern - viel vom Generationenkonflikt, aber wenig vom Themenkomplex "Generationen" überhaupt die Rede. Es gibt nämlich in diesen Vergleichen sehr rasch problematische Etiketten, die oft den Zusammenhang, die ethischen Herausforderungen und damit auch den Dialog und die Kooperation zwischen den Generationen übersehen lassen. Auch sind die Angehörigen der alten Generation nicht nur Nehmende, sondern auch Gebende. Es ist deshalb nicht angemessen, das Verhältnis der Generationen untereinander mit dieser Engführung des Begriffs "Generationenkonflikt" zu bestimmen. Dabei will ich selbstverständlich solche Konflikte, die ja immer wieder untersucht werden, keineswegs leugnen. Aber es muss auch einen Gegenakzent geben: "Nicht ein Gegeneinander der Generationen trägt zur Daseinsbewältigung und Erhöhung der Lebensqualität aller Generationen bei, sondern ein Miteinander und Füreinander."Ein weiteres wichtiges Stichwort enthält der Begriff "Generationenvertrag". Dies ist ein gängiger, aber in gewisser Weise auch ungenauer Begriff. Dieser Begriff scheint von W. Schreiber geschaffen oder mindestens wieder in die Diskussion gebracht worden zu sein. O. von Nell-Breuning hat immer wieder bemerkt, der Begriff "Generationenvertrag" sei unglücklich gewählt, da es sich hierbei nicht um einen Vertrag im juristischen Sinne handle, sondern eher um eine von den Generationen untereinander geübte und auch akzeptierte Solidarität. Dieses Verhältnis der Generationen ist dadurch geprägt, dass die erwerbstätige Generation einen Teil ihrer Produktion an die Generation, die ihr vorausgegangen ist, abgibt, sowie einen Teil an die nachwachsende Generation. Die produktive Generation vertraut dabei darauf, dass die nachwachsende Generation, wenn sie einmal produktiv geworden ist, bereit ist, den Lebensunterhalt der ehemals produktiven Generation zu sichern. Der schon erwähnte Begriff der "intergenerationellen Solidarität" will dies zum Ausdruck bringen. Freilich gibt es einen allgemeineren Begriff von Generationenvertrag, der mehr die Notwendigkeit einer verbindlichen Verpflichtung der Generationen füreinander zum Ausdruck bringt.Gerade hier erhebt sich die Frage nach dem Grund und den tragenden Bedingungen sowie Mechanismen einer solchen Solidarität. Die persönliche Verpflichtung der Eltern, ihre Kinder in Kindheit und Jugend zu unterstützen sowie die persönliche Verpflichtung der Kinder, den altgewordenen Eltern zu helfen, sind gewiss elementarer Ausdruck für eine gesamtgesellschaftliche Solidarität zwischen den Generationen. Die erwerbsfähige Generation gibt dabei Mittel an die nicht mehr erwerbsfähige Generation ab und muss eine nachwachsende Generation aufziehen. Sie trägt einerseits die Schuld ab im Blick auf die Eltern, die diese Last getragen haben. Anderseits schafft die erwerbstätige Generation die einzig mögliche Vorsorge dafür, dass auch für sie, wenn sie aus dem Erwerbsleben ausgeschieden ist, ein Sozialprodukt erarbeitet wird, aus dem Unterhaltsmittel für sie abgezweigt werden können.Man hat dies, wie schon erwähnt, seit längerer Zeit Drei-Generationen-Solidarität genannt. Dabei ist uns schon lange bewusst, dass wir nicht nur in der Bundesrepublik Deutschland ein bedenkliches Ungleichgewicht im Blick auf die Aufbringung des Unterhalts für die beiden nicht erwerbsfähigen Generationen haben. Nachdem eine Zeit lang diese Probleme für die nicht mehr erwerbsfähigen Generationen verdrängt oder gar geleugnet worden sind, kommen sie nun schon seit einiger Zeit in der Diskussion über die zukünftige Gestaltung der Sozialsysteme, besonders bei der Rentenreform, voll an den Tag und verlangen eine Antwort. Dabei ist vor allen Einzelheiten die Richtung evident, in der ein Umdenken erfolgen muss. Für die noch nicht erwerbsfähige Generation liegt die Last zu einem erheblichen Teil bei den Familien, die den Mut und die Kraft zu mehr Kindern haben. Dies führt insgesamt zu gewichtigen Problemen der Verteilungsgerechtigkeit und erfordert eine energische Wende in der Familienpolitik, wie sie das Bundesverfassungsgericht seit Jahren einfordert. Sonst wird die gesamtgesellschaftliche Generationensolidarität gefährdet. Die Belastungsprobleme der erwerbstätigen Generation ergeben sich aus einem drastischen Anstieg der Alterslastgebote und aus den demographisch bedingten Belastungen der Generationensolidarität. Das Wort vom "sozialen Chaos" geistert schon lange durch die Literatur. Radikale Forderungen der jüngeren Generation, wie sie in letzter Zeit immer wieder - wenn auch unüberlegt und überzogen - vorgetragen worden sind, zeigen, dass die Alarmglocke bereits laut schrillt. Dabei ist es für den Laien, der sich mit diesen Fragen und der entsprechenden Literatur befasst, erschreckend, seit wie langer Zeit die Forderung nach einer Balance und dem Ausgleich der Generationen von den Experten verlangt wird. Die Politik, aber auch die gesellschaftlichen Kräfte haben, ganz unabhängig von den konkreten politischen Parteien, seit Jahrzehnten diese Mahnungen und Warnungen nicht ausreichend wahrgenommen. Ich erwähne als Beleg dafür nur drei in diesem Zusammenhang gewichtige Autoren, nämlich G. Mackenroth, F.-X. Kaufmann und M. Wingen.
III. Das vierte Gebot in seiner BedeutungEs ist nun notwendig, neben der sozialphilosophischen Fragestellung auch die theologische Dimension näher zu befragen. Im Alten Testament ist das Thema freilich in einen umfassenderen Gesamtzusammenhang integriert, der das Verhältnis von Individuum und Gemeinschaft überhaupt betrifft. Es ist gewiss nicht möglich, diesen umfassenden Kontext einfach zusammenzufassen.Es mag jedoch angebracht sein, die Grundaussagen über die Generationensolidarität an einem konkreten Beispiel zu veranschaulichen. Alle kennen das vierte Gebot: "Ehre deinen Vater und deine Mutter, damit du lange lebst in dem Land, das der Herr, dein Gott, dir gibt." (Ex 20,12) Mit diesem so genannten Elterngebot setzt im Dekalog die Reihe der Sozialgebote ein. Dabei hat man sich oft gewundert, warum dieses Elterngebot an der Spitze steht. Wir sind natürlich ohnehin im Verständnis dieses Gebotes verunsichert, weil wir dieses Gebot seit langer Zeit vor allem in der Unterordnung der Kinder unter die Eltern deuten und dabei besonders die Aspekte der Autorität und des Gehorsams hervorgehoben haben. In diesem Sinne betrachten viele, die dem Gebot nicht mehr in seinem authentischen Sinn nachgehen, es als Ausdruck einer weitgehend patriarchalischen Lebensordnung.Dem ursprünglichen Sinn nach richtete sich die Pflicht, Vater und Muter zu "ehren", an die erwachsenen Kinder zur Sicherstellung der Versorgung der alten Eltern. In vielen Rechtssammlungen, in den Sprichworten der Weisheit wie in der Prophetie spielt das Verhalten gegenüber den Eltern eine überaus große Rolle. Dieses Gebot steht wohl an der Spitze der ethischen Weisungen im Alten Testament. Im Grunde geht es hier nicht um das Verhältnis von Kindern zu Eltern, sondern von Erwachsenen zu Alten. Es gab damals keinerlei außerhäusliche Altersversorgung. Die Alten, Kranken, Schwachen waren allein auf die Versorgung durch die Jüngeren angewiesen. Auch der so häufige und dringende Wunsch nach männlichen Nachkommen und die Nöte, die beim Ausbleiben von Söhnen entstanden, haben diesen Hintergrund. Söhne waren lebensnotwendig für die Zeit des Alters. "Ehren" (kibbed) meint in diesem Zusammenhang die Verpflichtung zu konkreten materiellen Versorgungsleistungen. "Das Gebot zielt so nicht auf eine spezifische Legitimation elterlicher Gewalt, sondern will vielmehr der Gefahr der Mittel- und Hilflosigkeit, der gerade der alte Mensch ausgesetzt war, entgegenwirken." Das Elterngebot im Dekalog meint also "konkret die angemessene Versorgung der alten Eltern mit Nahrung, Kleidung und Wohnung, bis zu ihrem Tod, darüber hinaus einen respektvollen Umgang und eine würdige Behandlung, die trotz der Abnahme ihrer Lebenskraft ihrer Stellung als Eltern entspricht. Dazu gehört schließlich eine würdige Beerdigung."Dieser Befund ist sehr wichtig, wird aber leider sehr oft in einer problematischen Weise isoliert. Dies ist gerade für das Thema dieses Beitrags wichtig. Die Eltern haben nämlich eine eigene Stellung in diesem Gebot, weil sie auch die Aufgabe haben, z. B. den Dekalog weiterzugeben. Die gegenwärtige Generation der Eltern soll sich die Weisungen Gottes einprägen und die Söhne darin unterweisen. Darin ist die Weitergabe der Tora impliziert. Dabei kann man erkennen, dass auch für diese Aufgabe die Reihe der Weitergabe sich auf drei Generationen erstreckt. Es geht also auch um die Anerkennung der Eltern und ihrer Vermittlungsaufgabe. Dies gilt erst recht für manche Epochen des Alten Testaments, in denen die Institutionen zusammengebrochen sind, die die profanen und religiösen Traditionen gebunden und gepflegt haben. In diese für das Überleben und die Identität des Volkes lebensgefährliche Lücke müssen die Eltern einspringen. Die späte Weisheit darf hier nicht übersehen werden. Dabei ist die Erzähltradition, die von den Eltern bzw. vom Hausvater auf die Kinder überging, die wohl entscheidende Überlieferungsform. Die Bibel weiß, dass solches Erzählen zum ABC des Glaubens gehört: "Erzählt euren Kindern davon, und eure Kinder sollen es ihren Kindern erzählen und deren Kinder dem folgenden Geschlecht." Dabei ist nicht zu übersehen, dass es hier gerade auch um die spezifische Form der mündlichen Überlieferung geht, die zugleich die Praxis des Lebens aus dem Glauben und die Vorbildfunktion der Eltern einschließt. Es besteht kaum ein Zweifel, dass dieser generationenübergreifende Zusammenhang, der den Glauben kommenden Generationen weitergibt, für das Überleben nicht zuletzt auch des Judentums und des christlichen Glaubens über Tausende von Jahren eine entscheidende Rolle spielt. Dabei geht es nicht nur um die Weitergabe isolierter oder abstrakter Glaubensüberzeugungen, sondern es geht auch um die Voraussetzungen und Bedingungen, die gegeben sein müssen, um geistige, spirituelle Erfahrungen, Werte und Inhalte weiterzuvermitteln. Dabei ist eine solche Kraft des Zusammenhaltens und der Solidarität in einem Grundvertrauen zwischen den Generationen begründet, der nicht nur den Willen zur Überlieferung von Normen und Geboten voraussetzt, sondern eben vom Anspruch der Wahrheit des Glaubens selbst abhängt. Am Ende können nur die Kraft des Glaubens und die Freude an ihm durch alle Schwierigkeiten hindurch eine Solidarität und Kontinuität erzeugen, die auch die Bedrängnisse und Wirren der Geschichte überdauert. Man weiß auch, dass eine solche Weitergabe des Glaubens gefährdet ist. Man befürchtet, dass die Wundertaten Gottes vergessen werden könnten. Es ist überliefert, dass nach Josuas Tod und dem Aussterben seiner Generation "nach ihm ein anderes Geschlecht aufkam, das von Jahwe nichts wusste noch von den Taten, die er für Israel getan hatte". In Psalm 71,18 fleht der Bittsteller sogar um hohes Alter und graue Haare, damit er kommenden Geschlechtern von Gottes Macht künden könne. Auch das Gedenken an notwendige Gerichtstaten Gottes muss künftigen Generationen überliefert werden. Wenn schon der Übergang von einer Generation zur anderen im menschlichen Leben Unterbrechung und Unruhe verursacht, so nimmt es nicht wunder, dass besonders die Hüter des Glaubens diesem Übergang mit gesunder Besorgnis gegenüberstehen. Immer wieder richtet sich daher diese Sorge auf Gott selbst, denn er ist der entscheidende Garant der Beständigkeit. Er ist die Zuflucht, auf die man sich verlassen kann von Geschlecht zu Geschlecht.Es ist nicht nur Sache der Eltern, den jungen Menschen Antworten auf ihre Fragen zu geben, sondern vor allem, wie eben schon angedeutet, ihnen eine stete Zuflucht zu bieten, in der sie wie selbstverständlich alles finden, was sie zum gesicherten Leben benötigen. "Der Gottesfürchtige hat feste Zuversicht, noch seine Söhne haben eine Zuflucht." Die Weisen werden deshalb besonders dem allgemeinen Schutz empfohlen. Ein törichter Vater kann seinen Söhnen keine Hilfe bieten. Dabei ist aufschlussreich, dass nicht nur wie in allen Formen des Elterngebots die Mutter ausdrücklich neben dem Vater genannt wird, sondern gelegentlich auch vor ihm. - Die Familie heißt einfach "Haus" (bajit) oder "Vaterhaus" (bēt´āb). Dieser Begriff von Familie wird, wie eigens gezeigt werden müsste, im Neuen Testament intensiviert, ausgeweitet und integriert.Dieser Hinblick besonders auf das Alte Testament scheint in mancher Hinsicht für die Fragestellung nach dem Generationszusammenhang wichtig zu sein. Sicher werden viele Fragen der Altersversorgung angesprochen. Aber es geht auch um die Achtung der jungen Menschen vor den Älteren, nicht zuletzt wegen ihres Vorsprungs an Erfahrung und Weisheit. Dies begründet echte Autorität. Dennoch haben die Eltern auch die Pflicht, ihre Kinder im Blick auf ihre Lebensüberzeugungen und Lebenserfahrungen, besonders aber auch im Blick auf den Glauben zu unterrichten und diesen den künftigen Generationen weiterzugeben. So ist auch die Ehrerbietung nicht nur materiell zu verstehen, wie umgekehrt die älteren Generationen ihre Pflicht gegenüber den Kindern fortsetzen müssen. Jedenfalls gilt, was R. Gronemeyer in die Worte fasst: "Das Verhältnis der Generationen ist in dem Gebot verpackt, wenn das auch in den urtümlichen Worten schwer erkennbar ist. Dann besagt es, dass die Älteren die Lebensmöglichkeiten der Nachkommen im Auge haben müssen - denn sonst sind sie nicht ehrenwert. Und es besagt, dass die Jüngeren die ,Ausgebrauchten' nicht als Entsorgungsfälle betrachten dürfen, weil sie sonst die Humanität ihrer Gesellschaft beschädigen. Überträgt man das Gebot auf unsere modernen Verhältnisse, dann erinnert es daran, dass Egoismus - der dem anderen die Würde abspricht - die Substanz einer menschenwürdigen Gesellschaft zerstört. Mehr als Erinnerungshilfe kann das Gebot nicht sein, es spricht sehr deutlich in eine vorneuzeitliche Lebenslage, die durch den Familienverband bestimmt ist. Je weniger das Leben des Einzelnen aber durch familiäre Verhältnisse geprägt ist, desto mehr muss der Geist dieses Gebotes auf die neuen - sagen wir ruhig - multikulturellen Verhältnisse der Menschen übertragen werden."
IV. Neuere Probleme um die GenerationensolidaritätDamit sind wir in einem raschen Übergang bereits auch bei der gegenwärtigen Wirklichkeit angelangt. Es ist immer wieder darauf aufmerksam gemacht worden, in welch hohem Maß der Generationenvertrag im Sinne der Generationensolidarität heute bereits von den ökonomischen Grundlagen her erschüttert wird. Es wäre jedoch fatal, wenn die zweifellos tiefgreifende Veränderung der Lebensverhältnisse auch eine Aufkündigung der Generationenzusammengehörigkeit nach sich ziehen würde. Wenn dies geschehen sollte, gibt es keine Solidarität und Verantwortung mehr füreinander, sondern bestenfalls einen perfektionierten Lobbyismus. Dies alles kann in einem artigen Gewand einhergehen, so wenn z. B. eine "Stiftung für die Rechte zukünftiger Generationen" gegründet wird oder mit großer Selbstverständlichkeit die schon früher erwähnte Gleichberechtigung bzw. Gleichheit der Generationen eingefordert wird. Diese Perspektive hat natürlich mehrere Dimensionen. Sie darf nicht einfach zum Vorwurf an die junge Generation werden. Hier kommt z. B. auch wirklich die Frage nach der Weitergabe der Werte ins Spiel, die ja oft etwas abstrakt bleibt. Die Gesellschaft verrät heute z. B. oft Werte, die Jugendliche brauchen, um ihr Leben zu gestalten. Manches führt in die Gewalt, in die Kriminalität und in das seelische Leiden. Erwartet werden Durchsetzungsfähigkeit, Flexibilität, Ellbogen - eben Erfolg um jeden Preis. So können Jugendliche, die darin eigentlich nicht ihre Welt erkennen können, gleichgültig werden. Dies führt schließlich zu mannigfachen Formen der Ausweglosigkeit und der Verweigerung. Dieses Verhalten der Erwachsenen gibt jungen Menschen keine Zukunft.Diese Vermittlung mannigfacher Werte an andere Generationen geschieht nicht mechanisch, automatisch oder umsonst. Dies ist beim Menschen anders als z. B. im organischen Bereich. Die Sorge für die eigenen Nachkommen ist bereits viel primitiveren Organismen eigentümlich und lässt sich soziobiologisch leicht erklären. Es erscheint darum in diesem Lichte als ungewöhnlich, wenn eine Kultur sich von elementaren Prinzipien intergenerationeller Solidarität entfernt. Genau das aber scheint derzeit in vielen westlichen Industriestaaten zu geschehen. Dafür gibt es viele Ursachen. Weder der Markt noch die Demokratie garantieren die Rechte kommender Generationen. Die kommenden Generationen sind auch noch nicht da. Dies ist nicht nur eine selbstverständliche Banalität, sondern hat durchaus auch eine metaphysische Dimension, denn es geht um Verantwortung gegenüber Menschen, die noch gar nicht sind und deren Bedürfnisse wir im einzelnen noch nicht kennen, die wir aber eben doch als künftige Menschen in einem uneingeschränkten Sinne erwarten. Hans Jonas hat sich immer um die Frage gequält, wie Menschen, die noch nicht existieren, überhaupt Rechte haben können. Die heute lebenden Generationen verfügen im Übrigen erstmals über technische Möglichkeiten, den Fortbestand menschlichen Lebens ernsthaft zu gefährden oder zumindest durch gegenwärtige Entscheidungen und Verhaltensweisen die Lebensfundamente künftiger Generationen in einem bisher kaum bekannten Ausmaß zu beeinträchtigen. "Beruhten Generationen-Konflikte bisher weitgehend auf Auseinandersetzungen zwischen Wertvorstellungen der jüngeren und älteren bzw. vorangegangenen Generationen, so berühren Werthaltungen und Verhaltensweisen der heute lebenden Generationen nun auch existentielle Belange künftiger Generationen. Die heute lebenden Generationen haben die Möglichkeit, diese Belange gegenwärtigen Zweckmäßigkeiten oder Erleichterungen zu opfern."Vor diesem Hintergrund ist die Frage nun auch verständlich, ob man nicht künftige Generationen stärker schützen müsse. Es kam der Gedanke auf, ob dieser "Schutz des Schwächeren" nicht auch auf den Schutz künftiger Generationen ausgedehnt werden müsse. Schließlich sind Leben, Freiheit und Menschenwürde künftiger Generationen gefährdet. "Die schutzwürdigen Belange künftiger Generationen gelten insbesonders dann als bedroht, wenn es nicht gelingt, die Gefahren abzuwenden, die sich aus Überbevölkerung, Erschöpfung wirtschaftlicher Ressourcen und Zerstörung der Umwelt, aber auch aus einer überhöhten Staatsverschuldung, aus unzureichenden Investitionen in die Zukunft oder aus Manipulationen des Erbgutes ergeben." In dieser Linie liegt auch der Gedanke, den die Cousteau-Society der Vollversammlung der Vereinten Nationen vorgelegt hat. Den Rechten der jetzt lebenden Generation werden dabei die "Grundrechte künftiger Generationen" gegenübergestellt: "Kommende Generationen haben u. a. ein Recht auf eine unverseuchte und unbeschädigte Erde. Als Sachwalter künftiger Generationen besteht für jede Generation die Pflicht, irreversible und irreparable Schäden des Lebens auf der Erde, der Menschenwürde und Freiheit abzuwenden und Maßnahmen zu ergreifen, um die Rechte kommender Generationen zu schützen. Die Verantwortung für das Schicksal kommender Generationen umfasst indessen nicht nur die Verantwortung für deren menschenwürdige Existenz, sondern - dieser noch vorgelagert - für deren Existenz überhaupt."Vielleicht muss man jedoch diese Überlegungen noch weiterführen. An die Stelle der familiengebundenen Altenfürsorge, wie sie etwa das vierte Gebot voraussetzt, ist die von der Gesamtgesellschaft getragene Altersversorgung getreten. Damit stellt sich generell ein Zusammenhang mit der jeweiligen Bevölkerungsentwicklung, aber auch mit der jeweiligen wirtschaftlichen Entwicklung überhaupt heraus. Insofern gibt es einen Zusammenhang, der zu einer generationenübergreifenden Solidarität geradezu zwingt. Die damit gegebenen Voraussetzungen und Folgen sind, obwohl längst bekannt, noch nicht genügend in unser Bewusstsein getreten.Dahinter steckt eine vielfache Schwächung der Familie. Wenn man dies nicht erkennt, überfordert man sie. Die produktive Arbeit ist weitgehend aus der modernen Familie ausgelagert. Damit hängt auch die Entwicklung zur Kleinfamilie zusammen. Die meisten alten Menschen verbringen ihren Lebensabend nicht mehr im Kreis der Großfamilie. Die elterliche Kompetenz gegenüber den Jüngeren schwächt sich ab oder entfällt. Wechselseitige Unterhaltsansprüche und entsprechende Verpflichtungen verlieren objektiv an Bedeutung und im gesellschaftlichen Bewusstsein an Akzeptanz. Zugleich setzt der fortschreitende Prozess der Industrialisierung den Wert des überkommenen Wissens außer Kurs. Lebenserfahrung verliert in vielen Bereichen ihre Bedeutung. Die Autorität des Alters und sein bisher akzeptierter Vorrang vor der Jugend lösen sich auf. Damit verschärft sich das Phänomen des immer schon gegebenen Generationenkonfliktes. "Die jüngere Generation emanzipiert sich mit der Aneignung des jeweils Neuesten an Einsichtsbeständen zugleich von den tradierten Erfahrungen der Alten. Sie verschafft sich eine eigene Form von Überlegenheit. Die Konfliktkonstellation tendiert hier zur Umkehrung: Nicht die Jüngeren müssen sich von der Übermacht der Älteren befreien, sondern die Älteren müssen sich gegen die Jüngeren behaupten." Unter diesen Voraussetzungen werden die Beziehungen innerhalb der Familie mehr und mehr von materiellen und rechtlichen Einforderungen und Einbindungen befreit; sie verlieren aber auch gleichzeitig ihre äußeren Stützen. Die verbleibende personale Zuwendung der Mitglieder ist institutionell nur noch gering abgesichert. Diese Gefährdungen werden enorm erhöht, wenn man an die immer noch vorherrschenden Tendenzen einer extremen Individualisierung und Privatisierung des menschlichen Lebens denkt. Auf jeden Fall wird auch bei der Anerkennung von Verpflichtungen sowohl der jetzt erwerbsfähigen und der erwerbslosen Generationen noch keine Symmetrie entstehen. Die Wechselseitigkeit von Geben und Nehmen ist nicht gewährleistet. "Denn nichts garantiert einer gegenwärtigen Generation, dass die folgenden ihr Andenken eher bewahren, wenn sie dasselbe mit ihren Vorgängern tut. Und auch eine Verschleuderung natürlichen und kulturellen Vermögens kommender Generationen führt nicht zu einer direkten Bestrafung der Vorgängergeneration, weil es für sie häufig schlicht zu spät ist, sich zu rächen. Aber immerhin besteht eine Art kaskadenartiges Gebilde einer in dem Progress der Generation verlaufenden Verantwortung."Es besteht kein Zweifel, dass diese Grundstruktur im Verhältnis der Generationen vielfach gestört und beschädigt ist. Wir spüren dies gegenwärtig besonders in der Verletzlichkeit der sozialen Sicherungssysteme, besonders in der Rentenfrage. Aber auch die Frage der Staatsverschuldung wird von hier aus dramatisch. Folgeprobleme sind auch die Arbeitslosigkeit und die Investitionen in den Bildungseinrichtungen. Nicht zuletzt darum werden immer wieder politische Rechte für Kinder und Heranwachsende gefordert. Manche wollen sogar die Einrichtung eines Staatsorgans, das die Rechte und Interessen kommender Generationen gleichsam vormundschaftlich repräsentiert und vom Parlament bzw. dem Verfassungsgericht gehört werden muss, wenn Gesetze die Belange kommender Generationen betreffen. Auf der anderen Seite ist hier viel Skepsis am Werk, weil gerade die jüngeren Generationen fürchten, die Politiker würden zunächst einmal die Mehrheit des Wahlvolkes bedienen, das jetzt schon zu einem guten Teil aus Rentnern besteht. In diesem Sinne gibt es manche Vorschläge, wie man durch Einzelmaßnahmen der Brüchigkeit der Generationensolidarität entgegengehen und Abhilfe schaffen kann. Es bleibt jedoch die Frage, ob dies mit einzelnen Maßnahmen überhaupt möglich ist oder ob nicht zunächst und zuerst ein ganz neues Denken dafür notwendig wird.
V. Störungen und Reparaturversuche der intergenerationellen SolidaritätDie Krise der intergenerationellen Solidarität geht jedoch noch weiter und tiefer. Dies hängt gewiss auch mit der Tatsache zusammen, dass die Familie selbst nicht mehr diese dominierende Stellung im Generationenverhältnis hat und dass sie selbst gerade in der Realisierung dieser Funktion anfällig ist. Heute ist der Generationenkonflikt darum weithin aus dem familiären Milieu in den öffentlichen Raum gewandert und wird eher in der Politik und in den Medien ausgetragen. Eltern und Kinder standen bisher prinzipiell in einem Verhältnis gegenseitiger Verantwortung zueinander. Es besteht kein Zweifel, dass sich auch im moralischen Kontext des vierten Gebotes "Du sollst deinen Vater und deine Mutter ehren!" harte Konflikte abgespielt haben. Man darf aber das vierte Gebot nicht auf einen Versorgungsauftrag oder die Technik des Umgangs mit den Alten reduzieren, sondern es bezieht sich auch auf eine Ehrerbietung, die am Ende nicht quantifizierbar oder materialisierbar ist. Die Anerkennung der Alten bezog sich dabei nicht nur auf den Dank für Zeugung, Geburt und Erziehung, sondern hatte auch die Anerkennung im Sinne einer größeren Erfahrung in sich. Dabei geht es nicht nur um berufliches, alltägliches und technisches Können, sondern vor allem auch um das Lebenswissen, in vielen Fällen auch mit "Altersweisheit" vergleichbar. Natürlich gab es darüber immer wieder Auseinandersetzungen, die den spezifischen Generationenkonflikt ausmachen. Deshalb fragen sich viele, ob diese Autorität heute eigentlich vermodert sei und nur noch ihren eigenen Niedergang aufhalten will. "Ist es ein Trick der Älteren, dass sie diesen Satz Gott in den Mund legen, weil sie ihre eigene Herrschaft mit einer religiösen Aura umkleiden und sich so unangreifbar machen wollen? Hat sich dieses Gebot inzwischen nicht als völlig überholt erwiesen? (...) Welche Weisheit sollte da Respekt abnötigen? Kompetenz ist mit den raschen Modernisierungs- und Innovationsprozessen immer mehr zu den Jüngeren gewandert. Zum erstenmal scheinen die Alten zu nichts mehr nütze als zu einer Existenz, in der sie Konsumenten von Waren, Dienstleistungen, Fernreisen und Tabletten sind, wenn sie Geld haben." Ich halte jedoch daran fest, dass zwar die Berufung auf die Autorität der Alten hemmend und zwanghaft werden kann, vor allem wenn die nötige Macht damit einhergeht, dass es zugleich jedoch ein übertriebener Jugendkult wäre, das erworbene Lebenswissen der Alten einfach zu übergehen. Es gibt gewiss viel Altersstarrsinn, in dem das Gegenteil von Weisheit zu finden ist. Aber es wäre auch verkürzt, wollte man einen Vorsprung an Lebenserfahrung grundsätzlich in Frage stellen und einfach übergehen.Mag es im Bereich von Technik und Produktion heute ein rasch alterndes und unbrauchbares Wissen geben, so wäre es jedoch falsch, diese Tatsache auf das Lebenswissen älterer Generationen einfachhin zu übertragen und daraus auch das Veraltetsein solcher Erfahrungen zu folgern. Gerade dies würde auch die Spannweite der Beziehungen und des Austausches zwischen den Generationen nochmals sehr einschränken und verkürzen. Man hat sich dann weitgehend nichts mehr zu sagen. Es gibt auch noch einen anderen Bereich, in dem nicht nur die Eltern Autorität einbüßten. In der Erziehungsautorität zeigten sie früher nämlich den Weg auf, den die Nachkommen gehen sollten. In der Zwischenzeit ist jedoch "Erziehung" für sehr viele ein leerer Begriff geworden. Keiner weiß mehr so recht, wohin es gehen soll. Kinder erscheinen eher als ein "Produkt", das mit Fähigkeiten angereichert werden soll, damit sie sich auf dem Markt bewähren. Man hat darauf hingewiesen, dass dieses Verschwinden elterlicher Autorität von einem Prozess begleitet wird, der alle Beteiligten infantilisiert. "Die Älteren, die gar zu gern Partner der Jüngeren wären und mit ihnen um Jugendlichkeit konkurrieren, die Jüngeren, denen es nicht gelingt, die kindischen Eierschalen abzuschütteln. Vielleicht ist eben dies das Unheimlichste am Generationenkonflikt, dass es ihn in dieser Form nicht mehr gibt. Die Auseinandersetzungen zwischen den Generationen haben die Menschen begleitet. Jetzt aber schwimmen alle nur in dem schleimigen Brei der Infantilität, die Grenzen zwischen Alt und Jung sind eingerissen, und die neue Demokratie zwischen ihnen beschränkt sich auf das Gezänk um die Ressourcen: Wer kriegt was? Weshalb man sagen kann, dass aus dem Generationenkonflikt ein Generationenkrieg geworden ist."Es gibt im Gefolge dieser Entwicklung zwischen den Generationen oft ein hohles Partnerschaftsverhältnis, das keine echte Spannung in sich enthält. Die Flexibilität, die Beseitigung starrer Hierarchien und die Macht der Tauschverhältnisse haben auch das Verhältnis der Generationen untereinander stark verflüssigt. Das Gefälle ist entfallen. Darum haben Respekt, Autorität und Ehrerbietung mindestens ihre frühere Rolle eingebüßt. Damit sind die Generationenbeziehungen auf eine neue Geschäftsgrundlage gestellt worden. Ein Beispiel dafür mag wiederum die seit kurzer Zeit in Deutschland existierende "Stiftung für die Rechte zukünftiger Generationen" sein. Diese hat sich zur Aufgabe gemacht, neue Generationenverträge auszuarbeiten. Gewiss handelt es sich um eine modische Erscheinung, aber gerade so ist sie doch auch symptomatisch für die gewandelten Verhältnisse. Es geht jetzt in einer Weise um die Herstellung einer Gleichberechtigung der Generationen, die sehr stark einem Durchsetzen der je eigenen Interessen ähnelt und dient. Es ist nicht zufällig, dass solche "Stiftungen" eher Interessenverbänden oder einem Lobby-System gleichen. Dann ist es auch durchaus möglich, dass man viel von seinen Rechten, aber sehr wenig von seinen Pflichten spricht. Es mag auch in einer solchen Situation schwieriger sein, sich überhaupt für Kinder zu entscheiden. Wozu Kinder?
VI. Generationenzusammenhang und Krise des deutschen SozialstaatesSpätestens an dieser Stelle wird deutlich, wie sehr die ganze Frage des Generationenzusammenhangs einher geht mit der seit Jahren behandelten Krise des Sozialstaates. Selbstverständlich kann dieses Thema hier nicht ausführlicher behandelt werden. Was einst mit der Sozialgesetzgebung Bismarcks begann und Deutschland an die Spitze der Industrienationen führte, gilt heute als Standortproblem. Dabei geht es heute nicht mehr um die Verteilung von Zuwächsen, sondern um die Verteilung von Kürzungen im Kontext stagnierender oder gar schrumpfender öffentlicher Haushalte. "Ein allgemeiner Verteilungskampf ist entbrannt, wie ihn die Bundesrepublik seit ihrem Bestehen noch nicht erlebt hat (...) Es ist ungemütlich geworden im deutschen Sozialstaat." Es ist ein Gemeinplatz geworden, dass der Wohlfahrtsstaat in einer unübersehbaren Krise steckt. Aber die Empfehlungen für einen Umbau sind in hohem Maße widersprüchlich.Am stärksten wird die Problematik von der Bevölkerungswissenschaft thematisiert. Doch entsteht immer wieder der Eindruck, dass ihre Ergebnisse vor allem im Blick auf den Missbrauch der Bevölkerungswissenschaft in der Zeit von 1933 bis 1945 nicht die Beachtung finden, die sie mit ihrer hohen Prognosegewissheit verdiente. Man kann aber die demographischen Probleme nicht in irgendeiner Weise verdrängen. So ist es in unserem Land schwierig gewesen, eine an Fakten orientierte öffentliche Diskussion über eine an demographischen Zielen ausgerichtete Politik zu entwickeln. Man darf annehmen, dass sich dieses Verhältnis in letzter Zeit vor allem im Blick auf die Politik und auch die Wirtschaftswissenschaften positiv ändern wird. Anzeichen dafür gibt es schon.In diesem Zusammenhang scheint mir auch eine Neubesinnung notwendig zu sein über den Ort und die Funktion der Familie im Kontext des Generationenzusammenhangs. War früher die Familie fast selbstverständlich der einzige Horizont für die Frage des Generationenzusammenhangs, so scheint sie in vielen Erörterungen eher verdrängt worden zu sein. Dies ist nicht nur in einer Krise von Ehe und Familie begründet. Es hängt gewiss auch damit zusammen, dass die private Solidarität in der Familie auf der einen Seite überfordert und auf der andere Seite ausgehöhlt wurde. Es gibt jedoch auch ideologische Relativierungen der Bedeutung der Familie. Insgesamt kam es so auch zu einer Kluft zwischen Verfassungsrecht und Verfassungswirklichkeit, weil das Ziel des sozialen Rechtsstaates mit den heutigen demographischen Strukturen kaum mehr zu vermitteln ist. In diesem Sinne ist gewiss eine Korrektur in der Erfassung und politischen Gestaltung des Generationenzusammenhangs notwendig. Mit aller Deutlichkeit sagt es P. Kirchhof: "Den Generationenvertrag des Sozialstaates halten nur die Eltern ein. Dass gerade sie an diesen Vertrag kaum beteiligt werden, ist ein rechtsstaatlicher Skandal." Dabei geht es nicht nur um die Funktionsfähigkeit der Sozialsysteme, sondern auch um die Gerechtigkeit als Fundament des Grundgesetzes. In diesem Sinne muss es nicht nur in der Perspektive der Familienpolitik im engeren Sinne, sondern auch im Bereich des Verfassungsrechts, der Gesetzgebung, der Rechtssprechung und der Sozialpolitik in ganz neuer und entschiedener Weise um "Priorität für die Familie" gehen. Dies ist schließlich eine ethische Frage. Darum sind am Ende auch bei aller Notwendigkeit der Konsensbildung politische Kompromisse nicht zureichend. Mit Recht sagt der Bielefelder Bevölkerungswissenschaftler H. Birg: "Jede Kultur, jede Gesellschaft lebt von der Geltungskraft ihrer ethischen Prinzipien. Ethische Maßstäbe können zwar nicht absolut gelten, wenn die Lebenswirklichkeiten unterschiedlich sind, aber trotz aller Relativität der kulturellen Werte gibt es einen Punkt, bei dem auch die unterschiedlichsten Kulturen mit ihren voneinander abweichenden Ethik- und Wertesystemen verglichen werden können: Dies ist die Fähigkeit und Bereitschaft der Menschen, über das eigene Leben hinaus zu denken, zu planen und darauf aufbauende Entscheidungen für die Zeit jenseits ihrer Lebensspanne zu treffen. Eines der wichtigsten Ergebnisse solcher Entscheidungen sind die Kinder, die die demographische Reproduktion einer Kultur gewährleisten." Darum ist auch ein entschiedener Wille notwendig, der nicht auf plötzliche Wendungen oder gar Wunder warten darf: "Die kulturellen Werte fallen nicht vom Himmel, sie entstehen, erlangen Geltung oder vergehen ausschließlich durch menschliche Handlungen und Unterlassungen. Insbesondere das demographisch relevante Handeln wirkt werteschaffend oder wertevernichtend. Die praktischen Auswirkungen dieser ungreifbaren qualitativen Sphäre sind so real, dass sich die qualitativen Vorgänge auch in quantitativen ökonomischen Größen niederschlagen und mit Zahlen messen lassen." Die Bevölkerungswissenschaftler weisen darauf hin, dass es sich bei der heutigen lange anhaltenden Bevölkerungsschrumpfung, die ja auch nur langsam verbessert werden kann, um "ein neues Phänomen (handelt), weil die Veränderung keine negativen äußeren Ursachen wie Kriege, Seuchen oder Hungersnöte hat und weil sie sich in Friedenszeiten und bei einem nie gekannten Wohlstand vollzieht". Nicht minder alarmierend ist bereits seit 1960 immer wieder die Stimme von F. X. Kaufmann: "Ohne die Einsicht, dass die bisherige sozialstaatliche Entwicklung einseitig zu Lasten der Eltern gegangen ist und dass daher massive Umverteilungen innerhalb des Sozialbudgets das Gebot der Stunde sind, wird sich nichts verändern (...) Eine zentrale Frage unserer Zukunft ist es, ob es uns noch gelingt, verlässliche Beziehungen zwischen den Geschlechtern und Generationen auf Dauer zu stellen."
VII. Die Notwendigkeit einer ethischen Zuwendung zum GenerationenproblemDamit ist das Wichtigste in aller Klarheit gesagt. Freilich müssen dafür erst auch die sozialen, ökonomischen und politischen Voraussetzungen geschaffen werden. Es fehlt jedenfalls nicht an Information und Erkenntnis. In der Zwischenzeit gibt es längst auch grundlegende Reflexionen, wie man die intergenerationelle Solidarität wieder stärken kann. Dabei scheint es mir wichtig zu sein zu erkennen, dass es einerseits keine selbstverständliche, gleichsam von Natur und Geschichte her gegebene Generationenzusammengehörigkeit gibt, die einfach funktioniert. Viele soziale, gesellschaftliche und psychologische Wandlungen haben eine gewisse "Naturwüchsigkeit" im Generationenverhältnis mindestens aufgesprengt. Zwar sollte man sich frühere Verhältnisse nicht zu simpel als "naturwüchsig" vorstellen, denn auch hier herrschte im antiken "Haus" und in der europäischen "Familie" durchaus eine Gestaltungsaufgabe, deren anthropologischer und ethischer Gehalt nicht zu unterschätzen ist. Allein schon die biblischen "Haustafeln" sind ein Beleg für ein differenziertes, aber auch am Ende wieder einfaches Regelsystem der Beziehungen untereinander. Aber es gab stabilisierende Stützen von außen für diese Beziehungen, die wir nicht mehr voraussetzen können. Man sollte sich klar sein, dass man nicht allein den guten Willen zu einer solchen vormodernen Generationensolidarität beschwören darf. Freilich ist es wohl auch kein gangbarer Weg, wenn man das Problem der Generationenbeziehungen vor allem in formaler Weise bloß rechtlich und ökonomisch zu regeln versucht. Dabei geht es nicht um die juristische und wirtschaftliche Regelung als solche, sondern um den exklusiven Anspruch, damit allein eine Neuordnung durchsetzen zu können. Es ist aber auch keine Lösung, wenn man glaubt, die Frage der Generationenbeziehungen einfach übergehen zu können. Oft verkennt man in unserer Gegenwart einerseits die biologischen Grundlagen menschlicher Beziehungen, andererseits aber auch das Gewicht längerfristiger Zeitstrukturen, wie z. B. die Gesetze der menschlichen Geschlechterfolge. Die "Lebensalter" bestimmen durchaus auch ein Stück weit die Selbsterfahrung des gegenwärtigen Menschen. Ich sehe hier nur einen Weg, der zwar nicht mehr einer Naturwüchsigkeit des Verhältnisses eine fraglose Stabilität zutraut, aber auch weiß, dass eine bloß technisch-funktionale, weitgehend rechtliche und ökonomische Lösung auf die Dauer allein nicht möglich ist. Es geht um eine neue ethische Verantwortung der Generationen untereinander. Dabei muss man - wie mir scheint - den ethischen Sinn dieser Verantwortung in einer Richtung bedenken, wie sie zuerst Hans Jonas vorgedacht hat. Im Vordergrund steht in diesem Begriff von Verantwortung nicht zuerst und allein die Übernahme von Verantwortung für bereits geschehene Handlungen, sondern diese Verantwortung richtet sich auf die Zukunft und ganz besonders auf den Erhalt der Lebensbedingungen für die künftigen Generationen. Dies ist etwas Neues. "Vorausdenkende Verantwortung brauchte es früher nicht zu geben, weil die Reichweite menschlicher Macht, die Auswirkungen menschlichen Handelns wie auch die Reichweite menschlicher Voraussicht sehr begrenzt waren (...). Heute liegt alles im hellsten Licht des Wissens, mindestens eines wohl begründeten Vermutungswissens, aber wir wissen alle, dass die Eingriffe unserer technologischen Macht in die Biosphäre, von der wir leben, mit einem stabilen Gleichgewicht unverträglich sind, dass möglicherweise Prozesse in Gang gekommen sind, die sich selbst beschleunigen und unserer Kontrolle entgleiten. (...) Seit der industriellen Revolution hat sich die Natur unseres Handelns verändert; da Verantwortung aber ein Korrelat der Macht ist, einer Macht, die wissend ist und dem freien Willen untersteht, ist das Prinzip Verantwortung erstmals in den Vordergrund getreten und hat sogar Vorrang vor vielen Wünschen, Begierden und Verwöhnungen der Gegenwart einschließlich des Vermehrungsbedürfnisses."Dies ist nicht nur die modifizierende Zuspitzung eines Begriffs, sondern hier wird ein neues Denken, ja ein Umdenken verlangt. Dies bedeutet auch, dass die Generationen Wege zu einem neuen Miteinander finden müssen. Dies gilt auch für die Kommunikation und die soziokulturelle Erfahrung miteinander. Nichts anderes verlangt das vierte Gebot in seinem humanen Kern. Dieses neue Denken ist nicht selbstverständlich und bedarf einer vertieften Entfaltung, was freilich im Rahmen dieses einführenden Beitrags nicht mehr möglich ist. Dieses neue Denken muss sich auf vielen Feldern bewähren. Kaum ein Lebensbereich ist ausgenommen, in dem die Verantwortung im Blick auf künftige Generationen nicht eine hohe Priorität hätte. Ich möchte gegen Ende nochmals zwei grundlegende, durchgehende Perspektiven nennen, die mir notwendig zu sein scheinen. Auch wenn die heutige Familie nicht allein das Hauptfeld dieser Auseinandersetzung sein kann, so bleiben alle Bemühungen um eine Erneuerung der Familie zentral. Dabei geht es nicht nur um die immer noch höchst notwendige Familienpolitik, sondern auch um die Lebensbedingungen heutiger Familie. Ich verweise hier z.B. auf die außerordentlich wichtigen Überlegungen von H. Bertram. Dabei sollten wir uns philosophisch von den großen jüdischen Denkern des letzten Jahrhunderts anregen lassen, wenn wir vor allem den Sinn der Geschlechtlichkeit und der Fruchtbarkeit des Menschen neu reflektieren, wie es dringend notwendig ist. Wir brauchen eine neue Liebe zum Leben. Ich denke dabei besonders an die schon erwähnten Gedanken von E. Lévinas.Schließlich wird man aber das gestellte Problem gerade im Sinne eines kulturellen Grundwertes nicht bewältigen, wenn man nicht das Problem der Weitergabe elementarer Kenntnisse und Überzeugungen ethischer, geistiger und spiritueller Art bedenkt. Es besteht kein Zweifel - und ist durch viele Untersuchungen belegt -, dass wir im Zusammenhang oder im Gefolge der 68er-Ereignisse in dieser Weitergabe grundlegender Bildung und Kultur einen kaum zu unterschätzenden Umbruch hatten, der bis zum heutigen Tag nachwirkt und sich besonders in unserer Bildungsmisere wiederspiegelt. Vor allem E. Noelle-Neumann und R. Köcher haben mit ihren internationalen Partnern aufgewiesen, wie sehr es gerade in der Bundesrepublik Deutschland eine Unterbrechung in der Vermittlung elementarer kultureller Werte, besonders auch religiöser Inhalte, zwischen den Generationen gibt. Sie sprechen von einem dramatischen Sinken der Weitergabe besonders religiöser Überzeugungen, was hier aber auch grundlegende humane Verhaltensweisen einschließt. Die Kirchen haben sich in den letzten zwei Jahrzehnten intensiv mit dieser Überlebensfrage beschäftigt. Diese Aufgabe kann jedoch nur im Zusammenhang einer Erneuerung von Bildung und Kultur überhaupt bewältigt werden. In diesem Sinne geht es bei der Generationensolidarität wirklich um einen kulturübergreifenden Grundwert, der allgegenwärtig ist. Wir brauchen diese Erneuerung auch da, wo wir es vielleicht gar nicht vermuten, wie z. B. angesichts der Reform unserer Sozialversicherungssysteme, nicht zuletzt der Rentenprobleme.Nur das vierte Gebot hat einen ganz eigenen verheißungsvollen Zusatz: "Ehre deinen Vater und deine Mutter, wie es dir der Herr, dein Gott, zur Pflicht gemacht hat, damit du lange lebst und es dir gut geht." Nach der Bibel ist also das rechte Generationenverhältnis in unserer heutigen Sprache wirklich ein kultureller Grundwert, der wenigstens anfänglich alles andere einbegreift. Die Bibel weiß also um den tiefen irdischen, ja säkularen Gehalt dieser Verheißung. Aber sie macht uns auch unüberhörbar aufmerksam, von woher allein dieses Gelingen abhängt.
Anmerkungen:1 Die Publikation erfolgte durch das Referat Öffentlichkeitsarbeit des Deutschen Bundestages, Berlin 2002 (691 Seiten).2 Vgl. den Abschnitt Generationenverhältnis, 73-121, ausführliche Literaturangaben: 115 ff.3 Ebd., 77.4 Eine erste Beschäftigung mit der Thematik erwuchs im Zusammenhang des Jahreskolloquiums der Alfred Herrhausen-Gesellschaft im Jahr 2000 und ist unter dem Titel "Generationen übergreifende Verantwortung als kultureller Grundwert" in der Dokumentation des Kolloquiums veröffentlicht: Generationen im Konflikt, hrsg. von der Alfred Herrhausen-Gesellschaft für internationalen Dialog. Ein Forum der Deutschen Bank, München 2000, 23-50. Diesen Grundtext habe ich beträchtlich in inhaltlicher Hinsicht erweitert und aktualisiert, mit Anmerkungen versehen und durch Teil II anschaulich zu machen versucht. Ausdrücklich möchte ich auf die anderen Beiträge in dem erwähnten Sammelband hinweisen. 5 Eine Ausnahme bilden die Akten der "Päpstlichen Akademie der Sozialwissenschaften": Intergenerational Solidarity, hrsg. von E. Malinvaud, Vollversammlung vom 8.-13. April 2002, Acta 8, Vatican-City 2002. 6 Vgl. M. Riedel, Art. Generation, in: Historisches Wörterbuch der Philosophie III, Basel 1974, 272-278.7 W. Dilthey, Über das Studium der Wissenschaften vom Menschen, der Gesellschaft und dem Staat, Leipzig 1924 (= Gesammelte Schriften 5). Vgl. dazu das Zitat bei M. Heidegger, Sein und Zeit, 8. Auflage, Tübingen 1957, 385 mit Anm. 1.8 K. Mannheim, Das Problem der Generationen (1928/29), in: Ders. Wissenssoziologie, hrsg. von K. H. Wolff, Neuwied 1964.9 H. Schelsky, Die skeptische Generation, Düsseldorf 1957.10 M. Wingen, Generation, in: Staatslexikon II., Freiburg i. Br. 1986, 866.11 B. Waldenfels, Das leibliche Selbst. Vorlesungen zur Phänomenologie des Leibes, Frankfurt 2000, 304. Derselbe Verfasser hat die Einheitlichkeit und Gemeinsamkeit einer Generation eindrucksvoll beschrieben, in: Phänomenologie in Frankreich, 2. Auflage, Frankfurt 1998. Vgl. auch Ders., Ordnung im Zwielicht, Frankfurt 1987; Antwortregister, Frankfurt 1994, 463ff., 586 ff.12 B. Waldenfels, Das leibliche Selbst, 305.13 M. Wingen, Generation (vgl. Anm. 10), 868.14 Vgl. U. Lehr, Auf dem Weg zur "Fünf-Generationen-Gesellschaft", in: Die Lebensalter in einer neuen Kultur? hrsg. von R. W. Leonhardt (= Veröffentlichungen der Hanns Martin Schleyer-Stiftung 13), Köln 1984, 21-35.15 Das Problem der Relevanz, Frankfurt 1971, 179 ff., 208 ff.; Die Strukturen der Lebenswelt, Neuwied/Darmstadt 1975, 2. Auflage Frankfurt 1979, Bd. 2: Frankfurt 1984; Theorie der Lebensformen, Frankfurt 1981. Gesammelte Aufsätze I-III, Den Haag 1971; Dazu R. Grathoff / B. Waldenfels, Sozialität und Intersubjektivität = Übergänge 1, München 1983. 16 Vgl. vor allem V. Bengtson u. a., Aging, Generation and Relations between Age Groups, in: Handbook of Aging and the Social Science. Hg. R. Binstock, E. Shanas. New York 1984.17 Vgl. dazu P. P. Donati, Equità fra le generazioni: Una nuova norma sociale, in: Intergenerational Solidarity, (vgl. oben Anm. 5), 151-189.18 Vgl. dazu auch M. Riedel, Wandel des Generationsproblems in der modernen Gesellschaft, Düsseldorf 1969; H. Plessner, Diesseits der Utopie, Düsseldorf 1966, 74 ff.19 B. Waldenfels, Das leibliche Selbst, 305.20 Ebd., 307.21 Vgl. dazu mit Literaturangaben K. Ulrich-Eschemann, Vom Geborenwerden des Menschen. Theologische und Philosophische Erkundungen = Studien zur Systematischen Theologie und Ethik 27, Münster 2000, 25 ff.22 Ebd., 55 ff., 70 ff.23 Vgl. zusammenfassend immer noch S. Strasser, Jenseits von Sein und Zeit = Phaenomenologica 78, Den Haag 1978, 147 ff., 155 ff., 164 ff.24 Das Auge und der Geist, Reinbek 1984; Das Sichtbare und das Unsichtbare, München 1986; Keime der Vernunft, hrsg. von B. Waldenfels, München 1994. Dazu vor allem auch J. Seewald, Leib und Symbol, München 1992. 25 Die damit gestellten Aufgaben sind, gewiss überspitzt, formuliert von F. H. Tenbruck, Die unbewältigten Sozialwissenschaften oder: Die Abschaffung des Menschen, Graz 1984.26 Vgl. bes. Die Krisis der europäischen Wissenschaften und die transzendentale Phänomenologie = Husserliana VI, Den Haag 1954; dazu G. Brand, Die Lebenswelt. Eine Philosophie des konkreten Apriori, Berlin 1971; B. Waldenfels, Das Zwischenreich des Dialogs. Sozialphilosophische Untersuchungen im Anschluss an E. Husserl = Phaenomenologica 41, Den Haag 1971, 345 ff.; M. Sommer, Lebenswelt und Zeitbewusstsein, Frankfurt 1990; R. Grathoff, Milieu und Lebenswelt, Frankfurt 1989, 139 ff. (vor allem zu A. Schütz); M. Riedel, Art. Generation, 276 f. 27 Zum differenzierten Prozess des Nehmens und Gebens vgl. die sehr hilfreichen Ausführungen im Gesamtwerk von B. Waldenfels, z. B. in: Antwortregister, 586-626.28 U. Lehr, a.a.O., 34.29 Vgl. W. Schreiber, Existenzsicherheit in der industriellen Gesellschaft, Köln 1955.30 Vgl. O. von Nell-Breuning, Soziale Sicherheit?, Freiburg 1979.31 Vgl. dazu H. Maier, Plädoyer für einen neuen Generationenvertrag, in: Generationen im Konflikt (vgl. Anm. 4), 189-200, vgl. auch 141 ff.32 Vgl. M. Wingen, Art. Generation, 86933 Vgl. dazu P. Koslowski (Hg.), Das Gemeinwohl zwischen Universalismus und Partikularismus = Collegium Philosophicum 3, Stuttgart 1999; R. Zoll, Was ist Solidarität heute?, Frankfurt 2000; H. Brunkhorst, Solidarität, Frankfurt 2001; D. Grieswelle, Gerechtigkeit zwischen den Generationen. Solidarität, Langfristdenken, Nachhaltigkeit in der Wirtschafts- und Sozialpolitik = Abhandlungen zur Sozialethik 47, Paderborn 2002; K. Deufel/M. Wolf (Hg.), Ende der Solidarität? Die Zukunft des Sozialstaats, Freiburg i. Br. 2003; H. J. Meyer, Am Ende der Ichgesellschaft. Im Gespräch mit Jürgen Hoeren = Herder spektrum 5338, Freiburg i. Br. 2003, 124 ff. u. ö. Vgl. auch Anm. 72.34 Vgl. dazu den Bericht der Kommission "Nachhaltigkeit in der Finanzierung der sozialen Sicherungssysteme" ("Rürup-Kommission"), eingesetzt vom Bundesministerium für Gesundheit und Soziale Sicherung, Berlin 2003 (237 Seiten und Anhang). 35 Die Reform der Sozialpolitik durch einen deutschen Sozialplan (1952), in: Sozialpolitik und Sozialreform, hrsg. von E. Boettcher, Tübingen 1957, 43-74.36 Zukunft der Familie im vereinten Deutschland. Gesellschaftliche und politische Bedingungen = Schriftenreihe des Bundeskanzleramtes 16, München 1995 (1. Auflage unter dem Titel "Zukunft der Familie" als Bd. 10 derselben Schriftenreihe, München 1990), 188 ff., 219 ff.; Ders., Sozialpolitik und Sozialstaat: Soziologische Analysen = Sozialpolitik und Sozialstaat, Opladen 2002; Ders., Herausforderungen des Sozialstaates, Frankfurt 1997; Ders., Varianten des Wohlfahrtsstaats. Der deutsche Sozialstaat im internationalen Vergleich, Frankfurt 2003; Ders., Die Überalterung, Zürich und St. Gallen 1960.37 Unter den vielen Veröffentlichungen seien nur genannt: Die wirtschaftliche Förderung der Familie, Paderborn 1958; Familienpolitik, Paderborn 1964 (2. Auflage 1965); Grundfragen der Bevölkerungspolitik, Stuttgart 1975; Bevölkerungsentwicklung, München 1980; Generationensolidarität in einer alternden Gesellschaft, Stuttgart 1986; Vierzig Jahre Familienpolitik in Deutschland, Grafschaft 1993; Familienpolitik, Stuttgart 1997; Familienpolitische Denkanstöße = Connex 1, Grafschaft 2001; vgl. die Bibliografie in der Festschrift für M. Wingen: Familienwissenschaftliche und familienpolitische Signale, hrsg. von B. Jans, A. Habisch, E. Stutzer, Grafschaft 2000, 665-676.38 Vgl. umfassend R. de Vaux, Das Alte Testamente und seine Lebensordnungen, 2 Bände, 2. Auflage, Freiburg i. Br. 1964/1966; L. Köhler, Theologie des Alten Testamentes, 4. Auflage, Tübingen 1966, 149 ff.; Cl. Westermann, Theologie des Alten Testaments in Grundzügen, Göttingen 1978; W. Zimmerli, Grundriss der alttestamentlichen Theologie, 6. Auflage, Stuttgart 1989; L. Köhler, Der hebräische Mensch, Darmstadt 1976; H. W. Wolff, Anthropologie des Alten Testaments, München 1973, 141 ff., 177 ff., 259 ff., 309 ff.; F. Crüsemann, Maßstab: Tora, Gütersloh 2003 (vgl. Schriftstellen-Register).39 Vgl. zum ganzen Katholischer Erwachsenenkatechismus II, Freiburg 1995, 229-268.40 Vgl. dazu H. W. Wolff, Anthropologie des Alten Testaments, 259 ff., Zu den Spannungen und zur Verantwortung: 264 ff., 266 ff.41 W. Korff, Generation, in: Staatslexikon II., 871; ders., Das Vierte Gebot, in: Ders., Wie kann der Mensch glücken? Perspektiven der Ethik, München 1985.42 R. Albertz, Hintergrund und Bedeutung des Elterngebotes im Dekalog, in: Zeitschrift für Alttestamentliche Wissenschaft 90, 1978, 348-374, hier 374; F. Crüsemann, Bewahrung der Freiheit, Gütersloh 1993, 58 ff.; B. Lang, Wie wird man Prophet in Israel?, Düsseldorf 1980, 90-103; F. Crüsemann, Die Tora. Theologie und Sozialgeschichte des alttestamentlichen Gesetzes, München 1992; F.L. Hossfeld, Der Dekalog, Freiburg i. B./ Göttingen 1982, 252 ff; W. H. Schmidt, Die zehn Gebote im Rahmen alttestamentlicher Ethik, Darmstadt 1993, 98-106; umfassend H. W. Wolff, Anthropologie des Alten Testaments, München 1973, 177 ff, 259 ff. Zur weiteren Deutung des vierten Gebotes vgl. T. Koch, Zehn Gebote für die Freiheit. Eine kleine Ethik, Tübingen 1995, 76-109; Die Zehn Gebote heute. Wegweisung auch für unsere Zeit, Freiburg i. Br. 1982, 76-90; T. Giesen, Handle so, und du wirst leben. Die Zehn Gebote, Düsseldorf 2002, 79-94, bes. 90 ff.; Was ist der Mensch...? Beiträge zur Anthropologie des Alten Testamentes, hrsg. von F. Crüsemann, Chr. Hardmeier, R. Kessler, München 1992, 48 ff., 61 ff. u. ö.43 Vgl. Dt 4,10; 11,18-21.44 Vgl. Dt 4,9; 6,2; 6,20 ff.; Ex 10,2, Ps 44,2; 78,3.45 Vgl. Spr 1-9; Mal 1,6; Sir 3,1-16; 7,27 und weite Strecken des Buches Tobit.46 Joel 1,3.47 Ri 2,10.48 Vgl. Dt 29,21; Joel 1,3.49 Vgl. Ps 90,1; dazu Theologisches Wörterbuch zum Alten Testament II, Stuttgart 1977, 181-194, bes. 188 f.50 Spr 14,26.51 Vgl. Dt 14,29; Spr 23,10; Ijob 31,17.52 Vgl. Ijob 5,4.53 Vgl. z. B. Lev 19,3.54 Vgl. dazu T. Roh, Die familia dei in den synoptischen Evangelien, Göttingen 2001, 21 f.55 Zu einer Deutung des vierten Gebotes aus soziologischer und psychologischer Sicht vgl. die ansprechende Deutung von R. Gronemeyer, Die Zehn Gebote des 21. Jahrhunderts. Moral und Ethik für ein neues Zeitalter, Düsseldorf 1999, 125-151.56 Ebd., 151.57 Vgl. dazu H. Petri, Der Verrat an der jungen Generation. Welche Werte die Gesellschaft Jugendlichen vorenthält, Freiburg i. Br. 2002, vgl. bes. 201 ff.58 Vgl. dazu W. Wickler, Die Biologie der Zehn Gebote, München 1971; F. M. Wuketits, Was ist Soziobiologie? München 2003.59 Vgl. Das Prinzip Verantwortung, Frankfurt 1979 u. ö.; Ders. Technik, Medizin und Ethik. Zur Praxis des Prinzips Verantwortung, Frankfurt 1987; vgl. dazu mit weiteren Literaturangaben K. Lehmann, "Also ist die Zukunft noch nicht entschieden." Das vielfältige Erbe des Philosophen Hans Jonas als Auftrag. Festvortrag zum 100. Geburtstag in seiner Geburtsstadt Mönchengladbach am 11. Juli 2003 (im Druck). 60 M. Wingen, Art. Generation, 870. 61 Vgl. E. von Hippel, Der Schutz der Schwächeren, Tübingen 1982.62 M. Wingen. a.a.O., 870.63 Ebd., vgl. auch M. Wingen, Kinder in der Industriegesellschaft - wozu?, Osnabrück 1987.64 Vgl. dazu auch Probleme der sozialen Sicherungssyteme, hrsg. von A. Rauscher, Köln 1993; M. Miegel/St. Wahl, Solidarische Grundsicherung - Private Vorsorge, München 1999; Der Rückgang der Geburten - Folgen auf längere Sicht, hrsg. von H. C. Recktenwald, Mainz 1989; M. Pechstein, Familiengerechtigkeit als Gestaltungsgebot für die staatliche Ordnung. Zur Abgrenzung von Eingriff und Leistung bei Maßnahmen des so genannten Familienlastenausgleichs = Studien und Materialien zur Verfassungsgerichtsbarkeit 59, Baden-Baden 1994; R. Becker (Hg.), Generationen und sozialer Wandel, Opladen 1997; M. Kohli/M. Szydlik (Hg.), Generationen in Familie und Gesellschaft = Lebenslauf-Alter-Generation 3, Opladen 2000; D. von Bubnoff, Der Schutz der künftigen Generationen im deutschen Umweltrecht. Leitbilder, Grundsätze und Instrumente eines dauerhaften Umweltschutzes = Umwelt- und Technikrecht 59, Berlin 2001 (wichtig für die Frage der Rechte künftiger Generationen); Chr. Butterwegge/M. Klundt (Hg.), Kinderarmut und Generationengerechtigkeit. Familien- und Sozialpolitik im demografischen Wandel, 2. Aufl., Opladen 2003; B. Schäffer, Generationen - Medien - Bildung. Medienpraxiskulturen im Generationenvergleich, Opladen 2003. 65 W. Korff, a.a.O., 872.66 Vgl. A. Honneth, Desintegration, Frankfurt 1994, 20ff., 90ff.; Ders., Kritik der Macht, Frankfurt 1989; Ders., Die zerrissene Welt des Sozialen. Erweiterte Neuausgabe, Frankfurt 1999 (Erstauflage 1990); Ders., Kampf um Anerkennung, Frankfurt 1994; Ders., Das Andere der Gerechtigkeit, Frankfurt 2000; Ders., Leiden an Unbestimmtheit, Stuttgart 2001; Ders., Unsichtbarkeit, Frankfurt 2003; N. Fraser/A. Honneth, Umverteilung oder Anerkennung, Frankfurt 2003.67 V. Hösle, Gerechtigkeit zwischen den Generationen, in: Was steht uns bevor? Mutmaßungen über das 21. Jahrhundert, hrsg. von M. Gräfin Dönhoff und Th. Sommer, Berlin 1999, 189-200, hier 197.68 Vgl. dazu auch außer den schon genannten Arbeiten U. Schoen, Subsidiarität. Bedeutung und Wandel des Begriffs in der katholischen Soziallehre und in der deutschen Sozialpolitik, Neukirchen 1998; J. Fetzer/J. Gerlach, Gemeinwohl - mehr als gut gemeint?, Gütersloh 1998; H. Bedford-Strohm, Gemeinschaft aus kommunikativer Freiheit. Sozialer Zusammenhalt in der modernen Gesellschaft = Öffentliche Theologie 11, Gütersloh 1999. 69 R. Gronemeyer, Die 10 Gebote des 21. Jahrhunderts, 131.70 Vgl. H.G. Gadamer, Hermeneutik I-II (= Gesammelte Werke 1-2), Tübingen 1986, I, 276 f., 281 ff.; II, 39 f., 225, 243 f.71 R. Gronemeyer, a.a.O., 133 f.72 F. X. Kaufmann, Herausforderungen des Sozialstaates, Frankfurt 1997, 7, vgl. bes. 69-82; Ders., Modernisierungsschübe, Familie und Sozialstaat, München 1996; Ders., Sozialpolitik und Sozialstaat: Soziologische Analysen = Sozialpolitik und Sozialstaat 1, Opladen 2002; Ders., Varianten des Wohlfahrtsstaates, Frankfurt 2003, 25 ff., 248 ff., 309 ff. Vgl. schon F. X. Kaufmann/L. Leisering, Studien zum Drei-Generationen-Vertrag = Institut für Bevölkerungsforschung und Sozialpolitik, Universität Bielefeld, Materialien Nr. 15, Bielefeld 1984.73 Zur Entwicklung vgl. nun G. Metzler, Der deutsche Sozialstaat. Vom bismarckschen Erfolgsmodell zum Pflegefall, Stuttgart 2003. Unentbehrlich ist das inzwischen mehrbändige Werk von H.-U. Wehler, Deutsche Gesellschaftsgeschichte (1700-1949), 4 Bände, München 1987-2003. Ein fünfter Band (1949-1991) ist in Vorbereitung; Ders., Konflikte zu Beginn des 21. Jahrhunderts, München 2003.74 Vgl. außer der schon genannten Literatur nur H. Birg, Die Weltbevölkerung. Dynamik und Gefahren, München 1996; Ders., Die demographische Zeitenwende. Der Bevölkerungsrückgang in Deutschland und Europa, München 2001, 3. Auflage 2003. Vgl. auch Bundesinstitut für Bevölkerungsforschung (Hg.), Internationale Konferenz 1994 Überbevölkerung und Entwicklung, Sonderheft 26, Wiesbaden 1994; H. Thomas (Hg.), Bevölkerung, Entwicklung, Umwelt, Herford 1995; Sterben wir aus? Die Bevölkerungsentwicklung in der Bundesrepublik Deutschland, hrsg. von B. Heck, Freiburg i. Br. 1988.75 Vgl. H. Birg, Die demographische Zeitenwende, 9-20.76 Vgl. Ehe und Familie unter veränderten gesellschaftlichen Rahmenbedingungen, hrsg. von H. Marré u.a. = Essener Gespräche zum Thema Staat und Kirche 35, Münster 2001; Chr. Kissling, Familie am Ende? Ethik und Wirklichkeit einer Lebensform, Zürich 1998; R. Nave-Herz, Familie heute, 2. Auflage, Darmstadt 2002; W. J. Mückl (Hg.), Familienpolitik, Paderborn 2002; F. W. Busch/R. Nave-Herz (Hg.), Ehe und Familie in Krisensituationen, Oldenburg 1996; F. W. Busch/B. Nauck/R. Nave-Herz (Hg.), Aktuelle Forschungsfelder der Familienwissenschaft = Familie und Gesellschaft 1, Würzburg 1999; Familienpolitische Herausforderungen. Erkenntnisse, Einsichten, Perspektiven, hrsg. von B. Nacke, Mainz 2002; A. Gestrich u.a. (Hg.), Geschichte der Familie = Europäische Kulturgeschichte 1, Stuttgart 2003 (umfassende Behandlung der Themen mit Bibliografie). 77 "Wer Kinder hat, ist angeschmiert", in: DIE ZEIT, 11.1.2001, 9.78 So der Titel eines wichtigen Buches von H. Lampert mit dem Untertitel "Plädoyer für eine rationale Familienpolitik" = Soziale Orientierung 10, Berlin 1996; Hier sind auch die früher genannten Titel von M. Wingen, F. X. Kaufmann u.a. wichtig (vgl. Anm. 37, 72 u.ö.) Immer noch aufschlussreich auch B. Berger /P. L. Berger, In Verteidigung der bürgerlichen Familie, Frankfurt 1984. Zur Stellung der Familie in der modernen Sozialpolitik und auch im Bürgerlichen Recht vgl. Chr. Becker, Verantwortung und Verantwortungsbewusstsein. Über Solidarität zwischen den Generationen, Köln 2001.79 Die demographische Zeitenwende, 19.80 Ebd.81 Ebd., 20.82 Zukunft der Familie im vereinten Deutschland, München 1995, 221, 224 (vgl. überhaupt 219-226).83 Vgl. zusammenfassend D. Grieswelle, Gerechtigkeit zwischen den Generationen; Theorie der sozialen Ordnungspolitik, hrsg. von N. Berthold u. E. Gundel, Stuttgart 2003 (Festschrift für Bernhard Külp mit zahlreichen Beiträgen zu den fundamentalen Themen). 84 Vgl. W. Schrage, Ethik des Neuen Testaments = Grundrisse zum Neuen Testament 4, Göttingen 1982; R. Schnackenburg, Die sittliche Botschaft des Neuen Testamentes, 2 Bände, Freiburg i. Br. 1986-1988 (Neubearbeitung: 80 f., 91 f.).85 Vgl. dazu W. Wickler, Die Biologie der Zehn Gebote, München 1971, 5. Auflage 1981, 133-144.86 Vgl. H. Jonas, Das Prinzip Verantwortung. Versuch einer Ethik für die technologische Zivilisation, Frankfurt 1979 u. ö.87 Ders., Dem bösen Ende näher, Frankfurt 1973, 42.88 Ich verweise in diesem Zusammenhang auch auf die Schriften von V. Hösle, Moral und Politik. Grundlagen einer politischen Ethik für das 21. Jahrhundert, München 1997; D. Birnbacher, Verantwortung für zukünftige Generationen, Stuttgart 1988 und den Sammelband Ethik für die Zukunft. Im Diskurs mit Hans Jonas, hrsg. von D. Böhler, München 1994.89 Vgl. H. Lampert, Priorität für die Familie.90 Vgl. Familie leben, Gütersloh 1997; Familie leben, hrsg. von G. Bachl, Düsseldorf 1995.91 Vgl. z. B. E. Lévinas, Totalität und Unendlichkeit, Freiburg 1987, 161 ff, 206, 366.92 Vgl. E. Noelle-Neumann und R. Köcher, Die verletzte Nation, Stuttgart 1987.93 Vgl. K. Lehmann, Glauben bezeugen, Gesellschaft gestalten, Freiburg 1993, 531-617.94 Vgl. zur Rentendiskussion das veröffentlichte Dokument der beiden großen Kirchen: Verantwortung und Weisheit. Gemeinsame Erklärung des Rates der Evangelischen Kirche in Deutschland und der Deutschen Bischofskonferenz zur Reform der Alterssicherung in Deutschland = Gemeinsame Texte 16, Hannover/Bonn 2000; Solidarität braucht Eigenverantwortung. Orientierungen für ein zukünftiges Gesundheitssystem = Die deutschen Bischöfe. Kommission für gesellschaftliche und soziale Fragen / Kommission für caritative Fragen 27, Bonn 2003.95 Vgl. Dt 5, 16.

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