| Pressemeldung | Nr. 034

Abschlusspressekonferenz der Frühjahrs-Vollversammlung der Deutschen Bischofskonferenz in Vierzehnheiligen 2022

Pressebericht von Bischof Dr. Georg Bätzing, Vorsitzender der Deutschen Bischofskonferenz

Die Frühjahrs-Vollversammlung der Deutschen Bischofskonferenz ist heute (10. März 2022) zu Ende gegangen. Sie hat mit einem Gebet für den Frieden in der Ukraine und in Europa im Eröffnungsgottesdienst begonnen und war geprägt von den erschütternden Nachrichten zum Krieg in der Ukraine. Das Ergebnis der Beratungen ist in einer Erklärung der Deutschen Bischofskonferenz mit dem Titel „Der Aggression widerstehen, den Frieden gewinnen, die Opfer unterstützen“ festgehalten.

Wir dokumentieren den Pressebericht zur Frühjahrs-Vollversammlung der Deutschen Bischofskonferenz, den der Vorsitzende, Bischof Dr. Georg Bätzing, bei der Abschlusspressekonferenz am 10. März 2022 vorgestellt hat sowie Anlage 1 „Der Aggression widerstehen, den Frieden gewinnen, die Opfer unterstützen“.

Der Pressebericht und die Anlage sind untenstehend auch als PDF-Dateien verfügbar.

1.  Einleitung

2.  Eröffnungsmesse, Friedensgebet und Predigt

3.  Grußwort des Apostolischen Nuntius, Erzbischof Dr. Nikola Eterović

4.  Synodaler Weg: Studieneinheit und weitere Schritte

5.    Kirchliches Arbeitsrecht: Zum Prozess der Weiterentwicklung der Grundordnung

6.    Sexueller Missbrauch – Aufklärung und Aufarbeitung

7.    Dokument der deutschen Bischöfe zur Seelsorge

8.    Ukraine: Zur aktuellen Situation nach dem russischen Überfall

9.    Indien – Besuch von Kardinal Oswald Gracias

10.    Weitere aktuelle Fragestellungen

  • Beschluss des Bundeskabinetts zur Streichung des § 219a
  • Kirchenmitgliederentwicklung

11.    Personalia

 

1.    Einleitung

Nach 1980 hat die Vollversammlung der Deutschen Bischofskonferenz vom 7. bis 10. März 2022 zum zweiten Mal in Vierzehnheiligen getagt. In dieser schweren Zeit – politisch und kirchlich – sind wir dankbar gewesen, uns der Fürsprache der hier verehrten 14 Nothelfer vergewissern zu können. Es war gut, dass uns viele Menschen in diesen Tagen mit ihrem Gebet begleitet haben – vor Ort in Vierzehnheiligen und zu Hause, in Gemeinden und Verbänden. Nachdem wir unsere Frühjahrs-Vollversammlung vor einem Jahr noch coronabedingt digital durchführen mussten, war es gut, dass wir hier, wie schon im Herbst vergangenen Jahres, wieder in Präsenz zusammenkommen konnten.


2.    Eröffnungsmesse, Friedensgebet und Predigt

Die Eröffnungsmesse der Frühjahrs-Vollversammlung war geprägt von den Erschütterungen, die wir derzeit in Europa erleben. Deshalb haben wir den Gottesdienst in der Basilika von Vierzehnheiligen ganz bewusst für die Ukraine und den Frieden in Europa gefeiert. Das Friedensgebet zu Beginn der Messe am Gnadenaltar war Ausdruck dessen, worum es uns als Christinnen und Christen geht: Wir flehen Gott an, dass er die Menschen zur Einsicht lenken möge, die Waffen schweigen zu lassen. Neben aller materiellen Hilfe und den politischen Herausforderungen, die auch Thema während der Vollversammlung waren und auf die ich weiter unten eingehe, war dieses Friedensgebet zugleich ein Zeichen, dass wir solidarisch mit den Menschen in der Ukraine und den vielen hunderttausenden Flüchtlingen sind. Ganz bewusst habe ich das Gebet im Wechsel mit dem Apostolischen Exarchen für die Ukrainer des byzantinischen Ritus in Deutschland und Skandinavien, Bischof Dr. Bohdan Dzyurakh CSsR, gesprochen, der Mitglied der Deutschen Bischofskonferenz ist und dem wir uns in diesen dramatischen Zeiten ganz besonders verbunden fühlen.

Von Verbundenheit habe ich auch in meiner Predigt gesprochen: „In Zeiten, wo das Erscheinungsbild der Kirche allen Grund zur Klage gibt; wo sich Menschen schämen, zur katholischen Kirche zu gehören; denn: Statt Heil zu vermitteln, hat sie vielfach Unheil zugelassen und damit Leid über Menschen in ihrer Mitte gebracht. In diesen Zeiten, wo sich Gläubige in Scharen abwenden und damit auch ein Zeichen gegen die Veränderungsresistenz dieser Kirche setzen, das schmerzt wirklich.“ Für mich ist die Frage leitend, wie wir mit diesen Menschen wieder in Verbindung treten können, wie Verbundenheit im Glauben und damit auch in der Kirche gelingen können. Unser Ziel ist die Verbundenheit mit allen Menschen in der Kirche und über sie hinaus – so verschieden sie auch sind: „Katholizität meint Verbundenheit. Um dieses Zielbild zu verwirklichen, müssen wir wohl noch etliche Barrieren überwinden, Durchbrüche wagen und bisher gültige Denkweisen verändern – und zuallererst demütig bekennen, wie sehr wir uns in der Kirche an unseren eigenen Geschwistern schuldig gemacht haben; wie sehr wir deren Leben belastet und ihnen die Verbundenheit verwehrt haben. Vielleicht will uns der Herr durch die gegenwärtige tiefe Krise der Kirche dazu bewegen, uns nicht mehr über andere zu erheben, sondern umzukehren zu gelebter Katholizität, die viele in ihrer Verbundenheit mit Gott und untereinander unterstützt und auf die dann irgendwann auch wieder Menschen stolz sein können.“


3.    Grußwort des Apostolischen Nuntius, Erzbischof Dr. Nikola Eterović

Als Gast unserer Vollversammlung war der Apostolische Nuntius in Deutschland, Erzbischof Dr. Nikola Eterović, zugegen. In seinem Grußwort hat er die vorbereitende Phase der Bischofssynode 2023 „Für eine synodale Kirche – Gemeinschaft, Teilhabe, Mission“ thematisiert. Ausgehend von der Erzählung der Apostel auf dem Weg nach Emmaus deutete er die radikale Veränderung der Situation durch die Begegnung mit dem Auferstandenen, der ihnen die Schrift auslegt. Auch heute sei die Heilige Schrift der Generalschlüssel für das tiefere Verständnis der Sendung Jesu Christi, ebenso wie die Feier der Sakramente, insbesondere der Eucharistie. Im Licht des Ostergeheimnisses lassen sich die Zeichen der Zeit erkennen und eine Unterscheidung der Geister treffen. Jene notwendige Unterscheidung der Geister habe Papst Franziskus bereits in seinem Brief an das pilgernde Volk Gottes in Deutschland von 2019 angemahnt. Dazu seien alle Getauften eingeladen, die am gemeinsamen Priestertum aller Gläubigen Anteil haben. In seinem Grußwort hat der Apostolische Nuntius die Bedeutung der Vorbereitungsphase mit Blick auf die Bischofssynode 2023 hervorgehoben. Der Dialog in der Vorbereitungsphase solle mit vielen geführt werden, nicht nur mit Christen oder Gläubigen anderer Religionen, sondern generell mit allen Menschen guten Willens. Dem sehen wir uns in Deutschland verpflichtet.


4.    Synodaler Weg: Studieneinheit und weitere Schritte

Die dritte Synodalversammlung des Synodalen Weges der Kirche in Deutschland (3.–5. Februar 2022) hat gezeigt, dass uns der eingeschlagene Weg zu den Kernfragen führt und weiterbringt. Das Programm, das wir auf dem Synodalen Weg bewältigen, ist nicht nur vom Umfang her immens, sondern die komplexen Fragen sind auch eine theologische Herausforderung. Das betrifft sowohl die sehr grundsätzlichen Fragen, an die wir immer wieder stoßen, das betrifft die Kontroversen, die greifbar geworden sind und wichtige Einzelthemen, zu denen wir uns als Bischöfe in den kommenden Abstimmungen verhalten müssen. Bereits im Ständigen Rat am 24./25. Januar 2022 – also vor der Synodalversammlung – hatten wir uns verständigt, einen Großteil dieser Vollversammlung mit genau diesen theologischen Fragen zu gestalten. Ich bin dankbar, dass wir mehrere Gäste unter uns hatten, und zwar die Co-Vorsitzenden der Synodalforen, Birgit Mock, Dr. Claudia Lücking-Michel, Stephan Buttgereit und Prof. Dr. Dorothea Sattler. Ebenso war der Vizepräsident des Zentralkomitees der deutschen Katholiken und Vizepräsident des Synodalen Weges, Prof. Dr. Thomas Söding, anwesend. Wir haben zur Hälfte im Plenum und zur Hälfte in jeweils vier parallelen Arbeitsgruppen getagt.

Im Plenum ging es dabei um die beiden grundsätzlichen Themenkomplexe von Anthropologie (am Beispiel von Segensfeiern) und Ekklesiologie (am Beispiel der Frauenordination). Zum ersten Bereich haben Bischof Dr. Peter Kohlgraf, Bischof Dr. Stefan Oster SDB und Weihbischof Johannes Wübbe die Fragestellungen ausgeleuchtet, bevor wir alle gemeinsam die verschiedenen Positionen diskutiert haben; in der zweiten Runde kamen die Eingangsstatements von Bischof Dr. Michael Gerber, Bischof Dr. Karl-Heinz Wiesemann und Weihbischof Dr. Stefan Zekorn zum Tragen.

In der Gruppenarbeit wurde folgenden, von den Bischöfen vorher angemeldeten Themen nachgegangen:

  • Bischöfliche Letztentscheidung und verantwortliche Rechenschaftslegung. Ergänzung oder Widerspruch?
  • Selbstbindung des Bischofs an diözesane Gremien: Verschränkung von „decision making“ und „decision taking“?
  • Wie gewinnt die Kirche Menschen für das Priestertum?
  • Wie sieht die Zukunft der zölibatären Lebensform aus?
  • Förderung der Rolle der Frau in der Kirche: Maximalforderungen oder kleine Schritte?
  • Zugang von Frauen zum Diakonat. Unterstützen? Fordern? Wie einbringen?
  • Was unterscheidet das Ehesakrament von einer Segensfeier?
  • Wie kann eine künftige Sexualpädagogik auf der Grundlage eines christlichen Menschenbildes aussehen?
  • Wie kann Synodalität in der Arbeit eines „Synodalen Rates“ konkrete Gestalt gewinnen?
  • Ist eine Kirche, die sich verändert, noch „meine Kirche“?

Das sind sehr konkret die Fragestellungen, die in der nächsten Synodalversammlung auf der Tagesordnung stehen werden. Auch wenn die dann zur Abstimmung vorliegenden Texte jetzt noch nicht diskutiert werden konnten, weil sie von den Synodalforen noch nicht abschließend beraten worden sind, so konnten wir in unserem Austausch doch schon die Herausforderungen besprechen und reflektieren, welche Veränderungen aus unserer Sicht für die Zukunftsfähigkeit von Kirche notwendig sind. Um es an einem Beispiel konkret zu machen: bei der Frage, wie in Zukunft ein Synodaler Rat aussehen kann, wurde intensiv diskutiert, wie unser bischöfliches Amt sich verändern kann und muss, aber auch, wie ein solcher neuer Rat sich sinnvoll in die bisherigen Strukturen integrieren kann.

Neben diesen grundsätzlichen theologischen Debatten, die wir geführt haben und zu denen es keine Beschlüsse gibt, sondern die der grundlegenden Verständigung dienen sollten, haben wir uns auch mit dem weiteren Fortgang des Synodalen Weges auseinandergesetzt.

Die dritte Synodalversammlung hat erstmalig Beschlüsse des Synodalen Weges gemäß Art. 11 Abs. 1 Satzung Synodaler Weg (SaSW) gefasst. Beschlossen wurden der Orientierungstext „Auf dem Weg der Umkehr und der Erneuerung“ (vorgelegt vom Synodalpräsidium), der Grundtext „Macht und Gewaltenteilung in der Kirche – Gemeinsame Teilnahme und Teilhabe am Sendungsauftrag“ (Synodalforum I „Macht und Gewaltenteilung“) und der Handlungstext „Einbeziehung der Gläubigen in die Bestellung des Diözesanbischofs“ (Synodalforum I „Macht und Gewaltenteilung“).

Laut Satzung entfalten die Beschlüsse von sich aus keine Rechtswirkung und binden weder die Deutsche Bischofskonferenz noch die einzelnen Diözesanbischöfe in ihrer jeweiligen Zuständigkeit, Rechtsnormen zu erlassen und ihr Lehramt auszuüben (vgl. Art. 11 Abs. 5 SaSW). Während in der Satzung geregelt ist, dass Beschlüsse, deren Themen einer gesamtkirchlichen Regelung vorbehalten sind, dem Apostolischen Stuhl als Votum des Synodalen Weges übermittelt werden (vgl. Art. 12 Abs. 2 SaSW), stellt sich die Frage, wie und wann jene Beschlüsse des Synodalen Weges, die keiner gesamtkirchlichen Regelung vorbehalten sind, denen aber doch auch mindestens eine Zweidrittelmehrheit der Mitglieder der Deutschen Bischofskonferenz zugestimmt hat, auf den verschiedenen Ebenen der (Erz-)Diözese und der Bischofskonferenz Umsetzung erfahren können. Die Satzung regelt dies nicht, sondern setzt lediglich in Art. 13 SaSW drei Jahre nach der letzten Synodalversammlung eine Evaluation an. Das Synodalpräsidium hat in seiner Sitzung am 8. Februar 2022 entschieden, dass mit der Umsetzung der Beschlüsse sukzessive begonnen wird. Damit wird die Ernsthaftigkeit der aus den Beratungen hervorgegangenen Beschlüsse unterstrichen und gleichzeitig können durch dieses Vorgehen weitere synodale Erfahrungen gemacht und neue Formen der Beratung und der Zusammenarbeit erprobt werden, die eine zukünftig noch deutlicher synodale Kirche prägen.

In unserer Diskussion während der Vollversammlung haben wir uns daher mit der Frage befasst, wie es nach dem Synodalen Weg weitergeht, denn die Beschlüsse der Synodalversammlung betreffen sehr unterschiedliche Ebenen kirchlichen Handelns:

  • zum Teil geben die Beschlüsse Impulse für die Haltungen, in denen wir gemeinsam Kirche sind,
  • zum Teil werden Rahmenvorgaben für diözesanes Recht oder gemeinsame Ordnungen zur Regelung einer Materie im Bereich der Deutschen Bischofskonferenz empfohlen und
  • es wird Beschlüsse geben, die in die synodalen Prozesse auf der Ebene der Weltkirche eingespeist werden, oder die zur weiteren Klärung dem Apostolischen Stuhl vorgelegt werden müssen.

Mit Blick auf die Dynamik, die der Synodale Weg inzwischen entfaltet hat, und auf die Evaluation erscheint es sinnvoll, die Beschlüsse nicht nur in die jeweilige Zuständigkeit zu verweisen, sondern die Phase der Umsetzung gebündelt zu monitoren. Ziel dieses Prozesses ist,

  • die Dynamik des Synodalen Weges lebendig zu halten, der davon lebt, dass die sehr konkreten Einzelthemen im Licht des Ganzen gesehen und gedeutet werden. Es darf nicht passieren, dass diese Kraft und Lebendigkeit durch die Atomisierung in einzelne Beschlüsse geschwächt werden;
  • die Beschlüsse in die bestehenden kirchlichen Strukturen zu integrieren und die entsprechenden Bereiche an der Umsetzung zu beteiligen, um eine nachhaltige Veränderung des Systems zu erreichen;
  • die Perspektiven, die sich für die Zukunft der Kirche aus dem Orientierungstext des Präsidiums und den Grundtexten der Synodalforen ergeben, in das kirchliche Leben zu intergrieren;
  • sicherzustellen, dass die Erfahrungen in der gemeinsam getragenen Verantwortung des Synodalen Wegs auch die Umsetzungsphase prägen, um so die Synodalität als ekklesiologische Grundausrichtung nachhaltig zu stärken.

Wie ein solches Monitoring im Detail aussehen kann, werden wir weiter erarbeiten. Wichtig war in der Vollversammlung, dass wir uns mit einer Mehrheit auf einen solchen Schritt verständigt haben. Das zeigt: wir machen ernst. Gleichzeitig müssen wir in der Implementierung der Beschlüsse der Unterschiedlichkeit der Diözesen und der Tatsache Rechnung tragen, dass bei den Diözesanbischöfen eine hohe Verantwortung liegt.

Ich möchte an dieser Stelle noch einmal kurz auf die Situation im Erzbistum Köln eingehen und wiederhole bewusst, was ich am Montag bereits gesagt habe. Die Auszeit von Kardinal Rainer Maria Woelki ist vorbei. Seit Aschermittwoch hat er seinen Dienst im Erzbistum Köln wieder aufgenommen. Ich bin dankbar, dass er hier in Vierzehnheiligen dabei war und sich in die Vollversammlung mit eingebracht hat. Gleichzeitig bin ich ihm dankbar, dass er dargelegt hat, wie er die Auszeit erlebt und was das in ihm ausgelöst hat. Ich wünsche ihm und dem Erzbistum Köln, dass beide Seiten aufeinander zugehen und Brücken des Dialogs und der Verständigung bauen. Kardinal Woelki hat einen Hirtenbrief veröffentlicht, in dem er Hinweise gibt, wie der Weg von seiner Seite aussehen kann. Es liegt nun an allen, das zu konkretisieren. Und sein Angebot zum Rücktritt liegt in Rom vor. Dort wird man eine Entscheidung treffen müssen. Ich betone sehr deutlich: Ich wünsche mir, dass ein Weg der Versöhnung im Erzbistum Köln gelingt und hoffe, dass dieser sich positiv auf die Kirche in Deutschland auswirkt. Auch für Kardinal Woelki und das Erzbistum Köln gelten: Jeder hat eine neue Chance verdient.


5.    Kirchliches Arbeitsrecht: Zum Prozess der Weiterentwicklung der Grundordnung

Beim Thema Arbeitsrecht stehen wir an einem spannenden Punkt, als dass gerade eine Dynamik entstanden ist; nicht nur durch die dritte Synodalversammlung, sondern auch durch die Initiative #OutInChurch.

Die Grundordnung des Kirchlichen Dienstes, die am 1. Januar 2016 in allen (Erz-)Diözesen in Kraft gesetzt wurde, sollte nach fünf Jahren – so war es damals festgelegt worden – einer Evaluierung unterzogen werden. Diese wird seit dem vergangenen Jahr durchgeführt. Wichtig ist zu beachten, dass die Evaluierung nicht nur die Fragen der Loyalitätsobliegenheiten und der Kündigungsgefahr betrifft, sondern eine Vielzahl von Einzelfragen, da das Kirchliche Arbeitsrecht ein höchst komplexes Konstrukt ist. Die von den Bischöfen angestoßene Reform des Arbeitsrechts verfolgt das Ziel, ein neues Narrativ vom kirchlichen Dienst zu entwickeln, das sich einem institutionenorientierten Ansatz verpflichtet weiß. In diesem Zusammenhang werden insbesondere die positiven und bereichernden Aspekte der Arbeit im kirchlichen Dienst gegenüber dem bisher überwiegend sanktionierenden Charakter einiger Regelungen der Grundordnung sehr viel stärker in den Blick genommen. Neben dem rechtlich-justiziablen Teil soll die Grundordnung künftig auch zentrale programmatische Aussagen zu den Grundlagen des kirchlichen Dienstes enthalten (etwa zum Sendungsauftrag, zur Dienstgemeinschaft oder zu den Grundfunktionen der Kirche) und die Verantwortung des Dienstgebers für den Erhalt und die Stärkung des kirchlichen Profils zum Ausdruck bringen.

Die Synodalversammlung hat am 5. Februar 2022 den Handlungstext „Grundordnung des kirchlichen Dienstes“ in erster Lesung beraten und mit großer Mehrheit angenommen. Dieser Vorschlag fokussiert sehr stark auf die Loyalitätsobliegenheiten; der Fokus ist von daher mit den Planungen zur grundsätzlichen Neuformulierung der Grundordnung nicht vollkommen identisch.

Wir haben uns in der Vollversammlung aufgrund der verschiedenen Initiativen, die das Thema gerade nach vorne bringen, über den aktuellen Stand des Beratungsprozesses informiert. Wir werden in den verschiedenen Gremien auf der Ebene der Deutschen Bischofskonferenz die Beratungen priorisiert voranbringen, aber wir müssen die vorgesehenen Schritte einhalten. Es geht uns Bischöfen um Sorgfalt, Prozesstreue, Sachlichkeit und das Signal, dass es einen Willen zur Veränderung gibt. Dieser Wille ist – das steht außer Frage – da. Ich denke, dass Veränderungen noch im Laufe dieses Jahres möglich sind.


6.    Sexueller Missbrauch – Aufklärung und Aufarbeitung

Die Vollversammlung hat mit großem Interesse den Tätigkeitsbericht der Unabhängigen Kommission für Anerkennungsleistungen (UKA) aufgenommen. Bischof Dr. Stephan Ackermann, Beauftragter der Deutschen Bischofskonferenz für Fragen des sexuellen Missbrauchs im kirchlichen Bereich und für Fragen des Kinder- und Jugendschutzes, hat uns dazu noch einmal Details vorgestellt. Am 18. Februar 2022 konnte die UKA diesen ersten Jahresbericht veröffentlichen.

Im Jahr 2021 sind insgesamt 1.565 Anträge auf Anerkennungsleistungen eingegangen, 975 Anträge davon in den ersten vier Monaten. Von diesen hat die UKA in 606 Fällen Anerkennungsleistungen in Höhe von rund 12,9 Millionen Euro entschieden. Nachdem rund 3,5 Millionen Euro aus vorherigen Leistungen und Verfahren, unter anderem dem Verfahren der Zentralen Koordinierungsstelle, angerechnet wurden, sind insgesamt knapp 9,4 Millionen Euro direkt durch die UKA ausgezahlt worden. In 47 Fällen (acht Prozent der Anträge) wurden Anerkennungsleistungen über 50.000 Euro ausgesprochen. Diese Möglichkeit sieht die Verfahrensordnung ausdrücklich vor. In all diesen Fällen ist die vorgesehene Zustimmung der kirchlichen Institution gegeben worden. Zum Stand 28. Februar 2022 sind insgesamt 1.664 Anträge eingegangen und 794 entschieden worden, was alleine im Februar fast 110 Entscheidungen durch die UKA bedeutet. Dafür sind wir Bischöfe den Mitgliedern der Kommission und den Mitarbeitenden in der Geschäftsstelle und den (Erz-)Diözesen sehr dankbar.

Die Zahlen führen noch einmal vor Augen, welches Ausmaß der sexuelle Missbrauch an Kindern, Jugendlichen und erwachsenen Schutzbefohlenen in der katholischen Kirche hat, den es umfassend aufzuarbeiten und aufzuklären gilt. Das Verfahren zur Anerkennung des Leids ist ein wichtiger Bestandteil davon. Die Zahlen verdeutlichen gleichzeitig, dass wir trotz der nicht zu bestreitenden Startschwierigkeiten und weiter bestehender Herausforderungen ein unabhängiges, transparentes, sinn- und wirkungsvolles Anerkennungssystem eingerichtet haben. Der Bericht der UKA wird ein wichtiger Bestandteil sein, das Anerkennungsverfahren zu überprüfen und dort anzupassen, wo es noch nicht vollumfänglich seinen Zielen gerecht wird. Bei allen Problemen und komplexen Herausforderungen, die ein solches System mit sich bringt, bestärkt der Bericht der UKA, den eingeschlagenen Weg weiter zu gehen.

Thematisiert wurde ebenfalls das Ende der Tätigkeit des Unabhängigen Beauftragten für Fragen des sexuellen Kindesmissbrauchs (UBSKM), Johannes-Wilhelm Rörig. Herr Rörig hatte dieses Amt seit Dezember 2011 bis Februar 2022 inne. Er war in all dieser Zeit ein wichtiger und konstruktiv-kritischer Gesprächspartner für die deutschen Bischöfe. Die Gemeinsame Erklärung über verbindliche Kriterien und Standards für eine unabhängige Aufarbeitung von sexuellem Missbrauch in der katholischen Kirche in Deutschland ist die Grundlage der unabhängigen Aufarbeitungsbemühungen in den (Erz-)Diözesen. Sie ist ein Ergebnis der Bitte um Unterstützung, mit der sich die deutschen Bischöfe bei der Regelung und Kontrolle unabhängiger Aufarbeitung an den UBSKM wandten, und ein Ergebnis der guten und wirkungsvollen Zusammenarbeit. Zentrale Kriterien sind dabei Unabhängigkeit, Transparenz sowie die Partizipation von Betroffenen.

Ich möchte an dieser Stelle versichern, dass wir auch in Zukunft die Umsetzung der Gemeinsamen Erklärung und die darüber hinausgehende Zusammenarbeit fortsetzen werden. Vor diesem Hintergrund begrüßen wir die im Koalitionsvertrag vereinbarte gesetzliche Regelung der Arbeit des UBSKM ebenso wie die Fortführung der unabhängigen Aufarbeitungskommission und weitere vorgesehene Maßnahmen. Der Impuls, den Herr Rörig mit seinem Papier „Staatliche Verantwortungsübernahme bei der Aufarbeitung von sexuellem Kindesmissbrauch“ (Februar 2022) für die zukünftige Arbeit gesetzt hat, zeigt, dass wir hier sehr gut gemeinsam und in dem bisher von der Politik gesetzten Rahmen unterwegs sind. Selbstverständlich sind wir offen, wenn die Politik hier noch weitere Instrumentarien – Stichwort Wahrheitskommission – auf den Weg bringt.

Über den Stand der unabhängigen Aufarbeitungen in den (Erz-)Diözesen informiert eine regelmäßig aktualisierte Übersicht auf den Internetseiten der Deutschen Bischofskonferenz und des UBSKM. In allen (Erz-)Diözesen werden unabhängige Aufarbeitungskommissionen eingerichtet und Strukturen zur Betroffenenbeteiligung geschaffen, wobei überdiözesane Zusammenarbeit möglich ist. Mitte Februar weist diese aus, dass in 60 Prozent der (Erz-)Diözesen die unabhängigen Aufarbeitungskommissionen sich konstituiert bzw. ihre Arbeit aufgenommen haben. In allen anderen befinden sich diese im Aufbau bzw. vor der Konstituierung. Ein ähnliches Verhältnis besteht bei der institutionalisierten Betroffenenbeteiligung. In allen (Erz-)Diözesen, in denen sich Strukturen im Aufbau befinden, werden große Anstrengungen unternommen, diese zu vervollständigen.


7.    Dokument der deutschen Bischöfe zur Seelsorge

Bei einer Pressekonferenz am vergangenen Dienstag (8. März 2022) haben Ihnen Weihbischof Matthäus Karrer, Bischof Dr. Peter Kohlgraf und Bischof Dr. Michael Gerber das Wort der deutschen Bischöfe zur Seelsorge In der Seelsorge schlägt das Herz der Kirche vorgestellt. Es war nicht mehr eigener Beratungsgegenstand in dieser Vollversammlung, aber ich möchte das Dokument noch einmal kurz im Zusammenhang mit dem zuvor gemachten Punkt „Aufklärung und Aufarbeitung“ erwähnen. Ich bin froh und dankbar, dass wir mit diesem Dokument und seinem Unterkapitel „Missbrauch in der Seelsorge“ erstmals den Versuch unternommen haben, geistlichen und sexuellen Missbrauch in seelsorglichen Kontexten von Erwachsenen wahrzunehmen, Kriterien für die Aufklärung und Prävention zu gewinnen und Maßnahmen zum Schutz vor Missbrauch in der Seelsorge zu ergreifen. Ich mache mir zu eigen, was Bischof Kohlgraf Ihnen bereits gesagt hat: Die hier formulierten Grundlagen müssen in einem weiteren Schritt in diözesane Richtlinien zum Schutz vor geistlichem und sexuellem Missbrauch in allen Seelsorgekontexten sowie in die Aus- und Fortbildung der Seelsorgerinnen und Seelsorger aufgenommen werden. Es geht – ohne Frage – bei der Aufarbeitung von Missbrauch in seelsorglichen Kontexten um die Glaubwürdigkeit kirchlicher Seelsorge. Das Wort In der Seelsorge schlägt das Herz der Kirche setzt dafür die Maßstäbe. Sie finden das Dokument auf www.dbk.de unter Publikationen.


8.    Ukraine: Zur aktuellen Situation nach dem russischen Überfall

Am 24. Februar 2022 hat sich die Welt verändert – ganz sicher für die Ukrainer, aber auch für alle Europäer und die ganze Welt. Wir sind Zeugen eines brutalen und menschenverachtenden Überfalls Russlands auf die Ukraine geworden. Dieser Krieg hält uns in Atem. Er hat selbstverständlich auch unsere diesjährige Vollversammlung geprägt.

Schon im Eröffnungsgottesdienst haben die Bischöfe dem Gebet für den Frieden breiten Raum gegeben. Gestern haben wir eine öffentlich stark wahrgenommene Pressekonferenz veranstaltet, bei der Bischof Dr. Bertram Meier, der Vorsitzende der Kommission Weltkirche unserer Bischofskonferenz, Bischof Dr. Bohdan Dzyurakh CSsR, der Apostolische Exarch der katholischen Ukrainer des byzantinischen Ritus in Deutschland, Prof. em. Dr. Heinz-Günther Stobbe, Moderator für Friedensfragen der Deutschen Kommission Justitia et Pax, und Andrij Waskowycz, langjähriger Präsident der Caritas Ukraine, das Wort ergriffen haben. Heute nun hat die Vollversammlung sich ausführlich mit dem Krieg in der Ukraine befasst, mit den politischen Folgen und besonders auch mit der Hilfe für die Opfer, unter ihnen Millionen von Flüchtlingen. Dazu hatten wir auch Pfarrer Prof. Dr. Thomas Schwartz, den Hauptgeschäftsführer von Renovabis, eingeladen.

Lassen Sie mich noch einmal betonen, was ich beim Friedensgebet bereits am Montag gesagt habe: Die russische Aggression kennt offenbar keinen Halt. Die perfide Kriegsführung aus Moskau zeigt erschreckend, wozu Menschen in der Lage sind. Dieser Krieg ist inakzeptabel, er ist ein Verbrechen. Wir verurteilen erneut den eklatanten Verstoß gegen das Völkerrecht. Europa ist ein großartiges Friedensprojekt, das seit Jahrzehnten Bestand hat – zuverlässig, stabil, ausgeglichen, ein Projekt mit fallenden Grenzzäunen und einem neuen Brückenbau nach den Schrecken des Zweiten Weltkriegs. Der russische Überfall auf die Ukraine ist ein Verrat am Frieden. Und freie Menschen werden in ihrer Würde und in ihrem Selbstbestimmungsrecht missachtet. Dieser ungerechte Krieg legt – vor aller Welt sichtbar – die hässliche Fratze tyrannischer autokratischer Macht frei. Es muss ein Ende damit haben, und zwar sofort!

Ich bin deshalb froh und dankbar, dass sich von Anfang an auch Papst Franziskus unmissverständlich geäußert hat. Besonders erinnere ich an seine eindringlichen Worte vom 6. März 2022, als er den Krieg als Wahnsinn bezeichnete und um ein Ende des Blutvergießens flehte. Wir bekommen viele Briefe, in denen wir aufgefordert werden, uns dafür einzusetzen, dass der Papst nach Moskau reist. So einfach ist das leider nicht, denn seit über 30 Jahren wünschen sich die Päpste, nach Moskau zu reisen. Bisher ist das vonseiten der russisch-orthodoxen Kirche aber nicht gewollt. Ich glaube, der Papst selbst wäre sofort dazu bereit. Weil ihm das aber derzeit verwehrt ist, ist es ein gutes Zeichen, dass er zwei seiner wichtigsten Mitarbeiter, Kardinal Krajewski und Kardinal Czerny, in die Ukraine geschickt hat, um den Menschen nahe zu sein und zu helfen.

Ebenso dankbar bin ich für den Dienst der vielen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter von Caritas international, Renovabis, der Malteser und von anderen Organisationen, die konkret vor Ort helfen: in der Ukraine und vor allem in den Grenzgebieten zur Ukraine, wo sich ein endloser Stau von Flüchtlingen gebildet hat, die versorgt werden müssen. Diesen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern gilt der aufrichtige Dank der Deutschen Bischofskonferenz, weil sie Präsenz der Kirche vor Ort zeigen und Hilfe und Unterstützung ermöglichen.

Das Ergebnis unserer Beratungen ist in einer Erklärung der Deutschen Bischofskonferenz mit dem Titel „Der Aggression widerstehen, den Frieden gewinnen, die Opfer unterstützen“ (Anlage 1) festgehalten, die ich gleich verlesen werde. Sie knüpft an meine Stellungnahme vom Vorabend des Kriegsbeginns an sowie an die gemeinsame Verlautbarung, die die Ratsvorsitzende der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD), Präses Annette Kurschus, und ich am 24. Februar 2022 veröffentlicht haben. Diese enthielt einen Aufruf zu Gebetsgottesdiensten, dem am Sonntag, dem 27. Februar 2022, viele katholische, evangelische und orthodoxe Gemeinden gefolgt sind. In die jetzt bei der Vollversammlung verabschiedete Erklärung sind auch eine Reihe von Überlegungen eingegangen, die in öffentlichen Äußerungen zahlreicher deutscher Bischöfe vorgetragen wurden. Die Themenseite Krieg in der Ukraine informiert und gibt einen Überblick über Stellungnahmen und Initiativen.


9.    Indien – Besuch von Kardinal Oswald Gracias

Der Erzbischof von Bombay, Kardinal Oswald Gracias, war am Montag (7. März 2022) Gast der Vollversammlung, nachdem er am Vortag an der Eröffnung der diesjährigen Fastenaktion von Misereor in Freiburg mitgewirkt hatte. Kardinal Gracias ist Vorsitzender der Catholic Bishops‘ Conference of India (CBCI), der nationalen Bischofskonferenz der katholischen Kirchen in Indien und Mitglied des Beratungsgremiums mehrerer Kardinäle der Weltkirche von Papst Franziskus. Er leitet auch die Vorbereitungsgruppe für die 50. Generalversammlung der Asiatischen Bischofskonferenz (FABC), die im kommenden Oktober abgehalten wird und im Zeichen der von Papst Franziskus einberufenen Weltbischofssynode zu Fragen der Synodalität steht. Es war für die deutschen Bischöfe von hohem Interesse zu erfahren, welche Konzepte die Kirche in Asien auf dem Weg zu einer „synodalen Kirche“ entwickelt. Auch in Asien steht, wie Kardinal Gracias erläuterte, die Suche nach zeitgerechten Bildern des Kirche-Seins im Zentrum. Die Grundfrage laute: Wie kann die Kirche solidarisch handeln, damit die Welt gerechter, friedvoller und harmonischer wird? Das Zielbild sei also eine Kirche, die nicht selbstreferenziell agiert, sondern kreativ auf dem Weg ist, glaubwürdig das Evangelium in der Welt von heute zu verkünden. Voraussetzung dafür sei die Bereitschaft von Laien, Ordensleuten, Priestern und Bischöfen, vertieft aufeinander zu hören und miteinander im Dialog zu stehen. Kardinal Gracias wies darauf hin, dass sich die katholische Kirche in Asien insofern auf einen ähnlichen Weg begebe wie die Kirche in Deutschland, wenngleich natürlich die sehr unterschiedlichen Kulturen die jeweiligen Prozesse prägten. Die Kirche in Asien sieht der indische Kardinal für ein synodales Kirchenverständnis gut gerüstet, da sie über langjährige Erfahrungen im Umgang mit kultureller Pluralität verfüge.

In den Ausführungen von Kardinal Gracias ging es auch um die kirchliche und politische Situation Indiens. Zwar könne man nicht von einer Verfolgung der Christen sprechen. Gleichwohl gebe es Herausforderungen und Schwierigkeiten, die in den zurückliegenden Jahren gewachsen seien. In Teilen der indischen Gesellschaft und der Politik würden die Minderheitsreligionen (vor allem der Islam und das Christentum) angefeindet. Dennoch sei die überwiegende Mehrheit der Bevölkerung den Christen gegenüber nicht kritisch eingestellt und schätze das soziale Engagement der Kirche und deren Einsatz für Bildung. Kardinal Gracias zeigte sich zuversichtlich, dass die Radikalisierungen in der Gesellschaft langfristig überwunden werden.


10.    Weitere aktuelle Fragestellungen

  • Beschluss des Bundeskabinetts zur Streichung des § 219a

Gestern (9. März 2022) hat das Bundeskabinett einen Gesetzesentwurf beschlossen, der die Streichung des § 219a, des Werbeverbots für Schwangerschaftsabbrüche, aus dem Strafgesetzbuch vorsieht. Sofern Reformbedarf besteht, halten wir eine Überarbeitung des § 219a StGB weiterhin für den besseren Weg als die Streichung aus dem Strafgesetzbuch.

Grundsätzlich ist zu begrüßen, dass die Bundesregierung das Werbeverbot nicht – wie ursprünglich vorgeschlagen – ersatzlos streichen will, sondern durchaus einen Regelungsbedarf für ein spezifisches Werbeverbot für Schwangerschaftsabbrüche sieht. Vorgesehen ist nach dem Vorschlag der Bundesregierung nunmehr, die Zulässigkeit von Werbung für Schwangerschaftsabbrüche generell im Heilmittelwerbegesetz (HWG) zu regeln. Auf bestehende Schutzlücken haben wir in unserer Stellungnahme zum Referentenentwurf hingewiesen. Ob dieser nun vorgeschlagene Weg geeignet ist, werden wir genauer prüfen. Wir haben weiterhin die Sorge, dass das Schutzniveau zulasten des grundgesetzlich gebotenen Lebensschutzes zu sehr abgesenkt wird.

Frauen, die ungewollt schwanger sind, sollen sich eigenständig vor und nach dem Beratungsgespräch weiter über die für sie im Zusammenhang mit der Entscheidung relevanten medizinischen Fragen informieren können. Vor diesem Hintergrund hat der Gesetzgeber im Jahr 2019 die Informationsmöglichkeiten für Frauen und Ärztinnen und Ärzte durch § 219a Absatz 4 StGB bereits erweitert. Sollten diese Informationsmöglichkeiten als nicht ausreichend angesehen werden, ist nach wie vor wichtig, dass die Qualität und Neutralität der im Internet zur Verfügung gestellten Informationen zu Schwangerschaftsabbrüchen gewährleistet wird und sie den Zielen des dem Lebensschutz dienenden Beratungsmodells nach § 219 StGB nicht widersprechen.
 
Eine schwangere Frau in einer Konfliktsituation ist auf seriöse, verlässliche und neutrale Informationen angewiesen. Zudem darf ein Schwangerschaftsabbruch im Hinblick auf den gebotenen Lebensschutz – so auch das Bundesverfassungsgericht – nicht als ein alltäglicher, „der Normalität entsprechender Vorgang“ erscheinen. Der nun vorgelegte Gesetzentwurf muss sich auch daran messen lassen.

Der Schutz des ungeborenen Lebens kann nur mit der Mutter und keinesfalls gegen sie gelingen. Der unabhängigen psychosozialen Beratung und dem persönlichen Beratungsgespräch kommen hier eine zentrale Bedeutung zu, was in der Diskussion oft zu kurz kommt. Es ist daher wichtig, die Beratungs- und Hilfsangebote für Frauen in einer Konfliktsituation zu stärken, um ihre Nöte und Bedarfe wahrzunehmen und ihnen auch Perspektiven für ein Leben mit dem Kind aufzuzeigen.  

  • Kirchenmitgliederentwicklung

Wir haben die gestern (9. März 2022) vom Sozialwissenschaftlichen Institut (SI) der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD) vorgestellte Studie zur Entwicklung der Kirchenmitgliederentwicklung zur Kenntnis genommen, ebenso die Zahlen zu den Kirchenaustritten der EKD in 2021, wobei ich betonen möchte, dass es sich um Schätzzahlen handelt, wie die EKD selbst schreibt: „Nach den aktuellen Berechnungen auf Basis der gemeldeten vorläufigen Zahlen …“. Seit mehr als 30 Jahren legen die Deutsche Bischofskonferenz und die 27 (Erz-)Diözesen immer finale und damit absolute Zahlen vor. Das werden wir auch weiterhin beibehalten, weshalb es bei einem einheitlichen Veröffentlichungstermin aller Bistümer im Sommer bleibt. Die Gesamtzahlen liegen erst dann vor und werden bundesweit am 27. Juni 2022 veröffentlicht.


11.    Personalia

  • Weihbischof Josef Holtkotte (Paderborn) wird Mitglied der Kommission für gesellschaftliche und soziale Fragen der Deutschen Bischofskonferenz.
  • Weihbischof Ansgar Puff (Köln) wird Mitglied der Migrationskommission der Deutschen Bischofskonferenz.

 

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