| Aktuelle Meldung | Nr. 024
Bischof Bätzing zur ethischen Bewertung von Triage
Der Vorsitzende der Deutschen Bischofskonferenz, Bischof Dr. Georg Bätzing, hat sich gegenüber dem Redaktionsnetzwerk Deutschland (RND) am 18. Dezember 2020 zur ethischen Bewertung der Triage geäußert. Wir dokumentieren sein Statement im Wortlaut:
„Bei der Form der Triage, über die aktuell in der Öffentlichkeit gesprochen wird, handelt es sich um ein medizinisches Notfall-Entscheidungsverfahren, das vor allem in der Militär- und Katastrophenmedizin Anwendung findet. Ein solches Verfahren ist der Versuch, in einer akuten Notsituation die unzureichenden Hilfsmöglichkeiten unter der Prämisse, so viele Leben wie möglich zu retten, nach rationalen Kriterien zuzuteilen. Die Triage muss daher ethisch unter dem Aspekt der Ultima Ratio betrachtet werden. Es handelt sich nach Ausschluss aller anderen Alternativen um ein letztes Mittel, so rational wie möglich vorzugehen, um so viel Humanität und Leben zu bewahren, wie es die Situation zulässt. In diesem Sinn ist das Entscheidungsverfahren im Fall einer unüberbrückbaren Kluft von medizinischen Ressourcen und Behandlungsbedarf, aktuell in Folge einer pandemischen Überlastung des Gesundheitssystems, zulässig und gerechtfertigt.
Ist die Triage absolut unvermeidbar, dann ist es aus ethischer Sicht von höchster Bedeutung, sie in streng limitiertem Rahmen nach den etablierten Regeln der ärztlichen Heilkunst und den Grundsätzen der Medizinethik und des ärztlichen Berufsethos durchzuführen. Als Entscheidungskriterien kommen ausschließlich medizinische Aspekte in Betracht, insbesondere aber die Behandlungsbedürftigkeit und die Prognose, die sorgfältig individuell abgewogen werden müssen. Unethisch und abzulehnen sind äußere Kriterien wie etwa das Lebensalter, Behinderungen oder das Geschlecht, insbesondere jedoch soziale Kriterien wie Stellung, Bekanntheitsgrad, ökonomische Aspekte oder auch „Systemrelevanz“. Unerlässlich ist es auch, alle Patienten, die zum Zeitpunkt der Überlastung eine intensivmedizinische Behandlung benötigen, in die Triage einzubeziehen und diese nicht nur auf die Personen mit COVID19 zu begrenzen.
Zuletzt handelt es sich bei der Entscheidung um ein unausweichliches Urteil des behandelnden Arztes.“