| Pressemeldung | Nr. 146

Jahrestagung der Görres-Gesellschaft diskutiert das Thema „Freiheit“

„Der Staat ist der Garant der Freiheit“

Mit einem Appell, Freiheit als gesellschaftlichen Auftrag und individuelles Wagnis zu sichern, ist heute (24. September 2023) die 125. Jahrestagung der Görres-Gesellschaft in Tübingen zu Ende gegangen. Seit dem vergangenen Freitag widmeten sich 80 wissenschaftliche Vorträge in 15 parallelen Sektionen dem Rahmenthema „Freiheit“.

Bundesverfassungsrichter a. D. Professor Dr. Paul Kirchhof formulierte den Appell beim Festakt in der Universität Tübingen. Er hob hervor, dass sich die „Freiheitsidee an die Gesellschaft, den einzelnen Menschen und den Staat wendet. Von der Gesellschaft erwartet sie Selbstbestimmung im Privatleben, in Wirtschaft und öffentlichem Meinungsaustausch. Den einzelnen Menschen führt sie in das Wagnis, das eigene Leben selbstverantwortlich zu gestalten. Der Staat ist Garant der Freiheit, hat ihre Voraussetzungen zu regeln, zu hegen und zu pflegen, kann aber auch ihr Gegner sein“, so Professor Kirchhof. Er benannte aktuelle „Gefährdungen des freien Informationstausches, des freien Wortes, der Forschung im Sog von Digitalisierung und Finanzierung, der Einbußen von Wettbewerbs- und Vertragsfreiheit und führte sie in eine Freiheitsperspektive“ zurück. „Geboten ist gegenwärtig eine neue Qualifikation zur Freiheit. Familien, Schulen, Vereine und Kirchen sind verpflichtet, die Menschen zur Freiheit zu befähigen. Der Staat muss dann zu neuem Vertrauen in den anständigen Bürger und den ehrbaren Kaufmann zurückfinden und gesetzlich unterscheiden, wann Freiheit Privatheit verlangt, einen rechtlichen Rahmen braucht, durch Finanzanreize gelenkt werden darf oder auf gesetzliche Ausgestaltung angewiesen ist“, sagte Professor Kirchhof.

In seiner Predigt beim Gottesdienst vor dem Festakt warb Bischof Dr. Gebhard Fürst (Rottenburg-Stuttgart) für eine Überwindung von Dialogunwilligkeit und Dialogunfähigkeit. Gegen diese Begriffe trete die Görres-Gesellschaft ein: „Als eine Aufgabe der Görres-Gesellschaft betrachte ich, für eine Kultur der Freiheit einzutreten, in der die Freiheit des Denkens, der Theologie, Philosophie und Wissenschaft zur verantworteten Freiheit in der Gestaltung des eigenen Lebens und des Miteinanders führt. Von Ihrem Selbstverständnis her als ‚eine Plattform, die die aktuellen wissenschaftlichen Debatten in ihrer gesellschaftlichen Vielfalt aufgreift und sich im Spannungsfeld von säkularer Welt, wissenschaftlichem Fortschritt und christlicher Tradition aktiv und profiliert daran beteiligt‘, kommt Ihnen an dieser Stelle eine große Bedeutung zu“, sagte Bischof Fürst. So verstanden, wirke die Görres-Gesellschaft im Sinn der Humanität mit, die Dimensionen von Freiheit und Kultur in Gesellschaft und Leben vorkommen zu lassen. „Diese Dimensionen sind meines Erachtens von großer Bedeutung. Darin sehe ich Ihre Aufgabe, in der ich Sie ausdrücklich bestärke.“

Der Präsident der Görres-Gesellschaft, Professor Dr. Bernd Engler, sagte mit Blick auf das Thema „Freiheit“: „Gegenwärtig können wir in verschiedenen Weltregionen beobachten, wie Menschen um ihre Freiheit und die ihres Staates kämpfen, oft unter Einsatz ihres Lebens. Das Verständnis von ‚Freiheit‘ ist von zentraler Bedeutung für unsere demokratische Gesellschaft. Damit einher gehen tiefgreifende Fragen, die wir bei unserer Tagung diskutieren wollen: Wie verhalten sich Freiheit und Verantwortung zueinander? Wo beginnt, wo endet die Freiheit – etwa auch in der Wissenschaft? Welche ethischen Leitplanken gilt es zu beachten, beispielsweise in Fragen der Medizin- und Bioethik?“, so Professor Engler.
 

Hintergrund

Die Görres-Gesellschaft zur Pflege der Wissenschaft ist mit rund 2.900 Mitgliedern eine der größten und zugleich eine der ältesten deutschen Wissenschaftsgesellschaften. Sie wurde 1876 in Koblenz gegründet. Vor dem Hintergrund eines christlichen Menschenbildes diskutieren die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler die Ergebnisse aktueller Forschungen an der Schnittstelle von Wissenschaft, Gesellschaft, Politik und Religion.

Das besondere Augenmerk der Görres-Gesellschaft gilt der Förderung des wissenschaftlichen Nachwuchses. Das eigens für diese Gruppe ins Leben gerufene „Junge Forum der Görres-Gesellschaft“ bietet die Möglichkeit, sich zu vernetzen und eigene Akzente zu setzen.

Bei der diesjährigen Jahrestagung prägten insbesondere die Sektionen der Görres-Gesellschaft das Programm. Hierzu einige Beispiele: Die Sektionsveranstaltung der Wirtschafts- und Sozialwissenschaft, die in Zusammenarbeit mit der Aktionsgemeinschaft Soziale Marktwirtschaft e. V. tagte, widmete sich dem Thema „Verantwortete Freiheit – 75 Jahre Soziale Marktwirtschaft“. Die Philosophie diskutierte „Paradoxien der Freiheit“ und fragte unter anderem nach der „Freiheit in Zeiten des Klimawandels“. Bei der Sektion für Geschichte ging es um die „Geschichte und Gefährdung der Wissenschaftsfreiheit“. Die Sektion für Religionswissenschaften verglich u. a. den Freiheitsbegriff in verschiedenen Weltreligionen und die Europäische Ethnologie debattierte das Thema „Fremdbestimmung und Selbstbestimmung: Die Gestaltung von Lebensstilen und Lebensformen“. Die Debatte der Sektion Rechts- und Staatswissenschaften widmete sich dem Thema „Zuwanderung und Zugehörigkeit – Entwicklungen im Migrations- und Staatsangehörigkeitsrecht“.

Weitere Informationen zur Görres-Gesellschaft finden Sie unter www.goerres-gesellschaft.de.
 

Hinweis:

Die Predigt von Bischof Dr. Gebhard Fürst ist unterstehend als PDF-Datei verfügbar.

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