| Pressemeldung | Nr. 025

Kardinal Marx zum Abschluss der Internationalen Kinderschutz-Konferenz im Vatikan

Gemeinsamer, ehrlicher und realistischer Blick – und ein Auftrag

Zum Abschluss der Internationalen Konferenz „Protection of the minors“ erklärt der Vorsitzende der Deutschen Bischofskonferenz, Kardinal Reinhard Marx heute (24. Februar 2019):

„Die von Papst Franziskus einberufene Konferenz aller Vorsitzenden der nationalen Bischofskonferenzen weltweit, die vom 21. bis 24. Februar 2019 im Vatikan stattgefunden hat, darf als einzigartig bezeichnet werden. Nie zuvor hat es ein Treffen dieser Art und zu diesem Thema – dem Schutz Minderjähriger vor sexuellem Missbrauch – gegeben.

Die Vorträge und Diskussionen wurden in großer Offenheit und gegenseitigem Vertrauen geführt. Deutlich wurde, dass die Bereitschaft  besteht, die anstehenden Fragen beim Thema sexueller Missbrauch Minderjähriger anzugehen und zwar quer über alle Kontinente. Gerade deshalb ziehe ich eine positive Bilanz dieser Tage.

Natürlich – und das habe ich stets im Vorfeld gesagt – kann ein solches Treffen keinen rasch zusammengestellten Maßnahmenkatalog verabschieden. Vor allem ging es zunächst um den gemeinsamen, ehrlichen und realistischen Blick auf den sexuellen Missbrauch Minderjähriger in der Kirche, der eine schreckliche weltweite Realität ist. Wir tragen Verantwortung gegenüber den Opfern in aller Welt. Während der Konferenz ist deutlich geworden, dass wir Bischöfe eine gleiche Einschätzung der Situation haben. Niemand von uns kann das Problem länger negieren oder gar tabuisieren. Ich bin dankbar, dass ich in meiner Rede und in vielen Einzelgesprächen die Arbeit vorstellen konnte, die wir als deutsche Bischöfe in den zurückliegenden Jahren zum Thema geleistet haben. Gerade das war ein wichtiger Bestandteil dieser Tage: Wir haben voneinander gelernt. Da ist es gut, dass einige Bischofskonferenzen auch vorangehen.

Gelernt habe ich auch bei meiner Begegnung mit den internationalen Opferverbänden ‚Ending clergy abuse‘ am vergangenen Freitag (22. Februar 2019). Mir war es wichtig, durch Zuhören zu verstehen und die Anliegen der Verbände anderen Bischöfen und dem Heiligen Vater zu vermitteln. Dieser Dialog muss weitergeführt werden.

Jetzt sind verschiedene Entscheidungsebenen verantwortlich und gefordert, die Überlegungen von Rom umzusetzen. Es kann nicht sein, dass alle Entscheidungen beim Heiligen Stuhl liegen. Wir Bischöfe tragen eine eigene Verantwortung und der müssen wir uns gerade bei diesem Thema stellen. Papst Franziskus hat deutlich gemacht, dass ihm das ein Anliegen ist. Entscheidend ist, dass Leitlinien verbindlich sind. Nach meiner Meinung ist es notwendig, ihre Einhaltung mit Hilfe eines Monitorings zu überprüfen. Von Rom aus sollten lokale und regionale Aktivitäten unterstützt und auch Fragen des Kirchenrechts entschieden angegangen werden. Ich begrüße die heutige Ankündigung des Vatikans, dass Antimissbrauchsgesetze im Vatikanstaat und beim Heiligen Stuhl eingeführt werden, dass es einen Leitfaden für alle Bischöfe geben soll und dass eine Art ‚Taskforce‘ vorgesehen ist, mit der der Heilige Stuhl Bistümer bei der Bewältigung des Verbrechens sexuellen Missbrauchs unterstützen will und darauf schaut, dass Leitlinien wirklich konsequent umgesetzt werden.“

Dankbar bin ich Papst Franziskus für seine Abschlussansprache am heutigen Sonntag (24. Februar 2019). Sie bestätigt in vielen Aspekten den Weg, den wir als Kirche in Deutschland eingeschlagen haben. Dazu zählen unsere Leitlinien, aber auch die umfangreiche Präventionsarbeit. Durch die Worte des Papstes können wir gestärkt die nächsten notwendigen Schritte in unseren Diözesen gehen. Besonders hebe ich hervor, dass Papst Franziskus betont, dass in der Kirche das Pflichtbewusstsein gewachsen sei, ‚nicht nur danach zu streben, den höchst schwerwiegenden Missbräuchen durch Disziplinarmaßnahmen und zivile und kanonische Prozesse Einhalt zu gebieten, sondern auch sich dem Phänomen mit Entschlossenheit sowohl innerhalb als auch außerhalb der Kirche zu stellen.‘ Dies und die Forderung von Papst Franziskus nach ‚Demut, Selbstanklage, Gebet und Buße‘ müssen uns aufrütteln. In diesem Geist geht es um eine Reform der Kirche, eine wirkliche Erneuerung im Geiste Jesu. Klar formuliert der Heilige Vater als Ziel der Kirche, ‚den missbrauchten, ausgebeuteten und vergessenen Minderjährigen, wo auch immer sie sich befinden, zuzuhören, sie zu bewahren, zu schützen und zu betreuen.‘ Deutlich betont der Papst, dass es eine Pflicht der Kirche sei, den Betroffenen jede notwendige Hilfe zukommen zu lassen. Sein eindringlicher Appell an alle Verantwortungsträger – in Kirche und Gesellschaft – darf nicht ungehört bleiben. Das gilt auch für, wie Franziskus sagt, das ‚Übel des Klerikalismus‘, der ‚den fruchtbaren Boden für all diese Gräuel bildet‘, denn der Missbrauch geistlicher Macht ist oft der Ursprung dieser Verbrechen.

In der Deutschen Bischofskonferenz werden wir diese Tage intensiv beraten und unsere Schlussfolgerungen ziehen. Ich bin zuversichtlich, dass wir den in Fulda im September 2018 eingeschlagenen Weg entschlossen und kontinuierlich fortsetzen werden. Die römische Tagung hat uns dazu ermutigt.“