| Pressemeldung | Nr. 024

Kontinentale Phase des weltweiten synodalen Prozesses in Prag abgeschlossen

„Mehr zu einer synodalen Kirche finden“

© Deutsche Bischofskonferenz/Kopp
Kontinentale Phase des weltweiten synodalen Prozesses in Prag: Beratungen am 9. Februar 2023

Heute (9. Februar 2023) ist die kontinentale Phase Europas des weltweiten synodalen Prozesses zu Ende gegangen. Delegationen von 39 Bischofskonferenzen haben daran teilgenommen. Der Rat der Europäischen Bischofskonferenzen (CCEE) hatte darüber hinaus noch 40 weitere Gäste eingeladen. Neben den Delegierten in Prag waren außerdem aus jedem Land bis zu zehn Teilnehmende online zugeschaltet. Der Versammlung in Prag, die am vergangenen Sonntag (5. Februar 2023) begann, schließt sich eine Konferenz der Vorsitzenden aller europäischen Bischofskonferenzen an. Die deutsche Delegation zieht heute folgendes Fazit zu den Beratungen in Prag:

Die Synodalversammlung der europäischen kontinentalen Etappe des weltweiten, von Papst Franziskus angestoßenen synodalen Prozesses, hat für uns viele Erkenntnisse gebracht. Wir konnten erfahren, wie sich die Kirche in den Ländern Europas auf den Weg macht, um mehr und mehr zu einer synodalen Kirche zu finden. Dieser Weg ist nicht einfach und er ist – vergleicht man die verschiedenen Wortbeiträge und Erfahrungen – von unterschiedlichen Geschwindigkeiten und Auffassungen geprägt. Wir sind dankbar, dass wir insbesondere in den Gesprächen vor Ort und in begrenztem Umfang auch online Möglichkeiten hatten, unsere Erfahrungen des Synodalen Weges der Kirche in Deutschland in Prag mit einzubringen. Die gewählte Methodik des Zuhörens stößt allerdings an Grenzen, wenn es keine Möglichkeiten zu Resonanzen und zum Diskurs gibt.

In der kontinentalen Versammlung war es uns wichtig, an die notwendigen Veränderungen zu erinnern, die die Kirche braucht, um ihrer Verantwortung gerecht zu werden. Es war uns ein Anliegen, die systemischen Ursachen von sexuellem Missbrauch ebenso ins Wort zu bringen wie die Präsenz und Beteiligungsmöglichkeit von Betroffenen sexualisierter Gewalt einzufordern. Wir hoffen, dass dies bei der Weltsynode in Rom geschieht. In den Diskussionen und dem vielen Gehörten haben wir oft große Unterstützung aus anderen Ländern gespürt. Dazu gehört in besonderer Weise die Frage nach der Beteiligung der Frauen in unserer Kirche. Deutlich wurde aber auch, dass es erhebliche Unterschiede zwischen Grundhaltungen bei uns und in Ländern mit anderen Kulturen gibt. Wir sind überzeugt, dass die kommenden Monate genutzt werden müssen, um weiter – europaweit – im Gespräch zu bleiben, einander besser zu verstehen und mit Argumenten zu überzeugen. Der Weg bis zur Synode im Oktober in Rom dauert noch einige Monate. Diese Zeit muss genutzt werden.

Das heute in Prag diskutierte Abschlussdokument der europäischen Versammlung (ein Redaktionsteam wird in den kommenden Wochen die finale Fassung erstellen) wiederholt in großen Teilen das eigentliche Vorbereitungsdokument des synodalen Prozesses, „Mach den Raum deines Zeltes weit; Jes 54,2“. Es ist gut, dass die Themen hier noch einmal genannt werden. So stellt das Abschlussdokument eine Protokollierung der Versammlung in Prag dar. Wie allerdings konkrete Fragen für die Kirche gelöst werden können, sagt das Dokument nicht. Wir sehen es als unsere Aufgabe an, genau diese Fragen weiterhin zu stellen und im Dialog zu klären. Das Dokument lädt ein, den eingeschlagenen Weg weiterzugehen. Wir sind schon jetzt gespannt, welche Abschlussdokumente die anderen kontinentalen Etappen des weltweiten synodalen Prozesses verfassen werden.

Als deutsche Delegation machen wir uns zu eigen, was an vielen Stellen angesprochen wurde. Synodalität zu leben, bedeutet, die Formen der Kommunikation und Partizipation mit allen Beteiligten zu vereinbaren und zu reflektieren. Papst Franziskus hat 2015 bei seiner Rede anlässlich des 50jährigen Bestehens der Bischofssynode an eine lang geübte Kommunikationsregel erinnert: Was alle betrifft, muss auch von allen zumindest beraten werden. Synodalität meint, nicht übereinander, sondern miteinander zu sprechen. Wir bedauern, dass Menschen, die in gleichgeschlechtlichen Partnerschaften leben hier in Prag nicht ihre Lebensgeschichten erzählen konnten. Das gilt auch für die Betroffenen sexueller Gewalt und geistlichen Missbrauchs.

Offenkundig erleben und gestalten wir in Europa in den jeweiligen kulturell geprägten Kontexten die Wirklichkeit unterschiedlich, das heißt in Ungleichzeitigkeit und Dezentralität. Es bedarf auf weltkirchlicher Ebene der Klarheit und Transparenz, Vielfalt und Einheit neu zu vermitteln. An welchen Orten in welchen synodalen Strukturen künftig beraten und entschieden werden soll, gilt es neu zu entdecken. Wie wird Diversität als Reichtum erkannt, wo zerstören Gegensätze die Einheit? Wer entscheidet diesbezüglich und auf welche Weise? In den pastoralen Räumen Europas und der ganzen Welt stellen sich Zukunftsfragen mit hoher Dringlichkeit: partizipative gemeinschaftliche Leitungsstrukturen; neue missionarische Dienste und Ämter; Segensfeiern für Menschen in besonderen Lebenssituationen – und viele Herausforderungen mehr. Wir haben erfahren, dass in sehr vielen Ländern genau dieselben Themen wie auch in Deutschland mit hoher Dringlichkeit bedacht werden.

Das gilt auch für die Rolle der Theologie. Alle materialen und inhaltlichen Themen des synodalen Prozesses sind ohne Bezüge zur wissenschaftlichen Theologie nicht angemessen zu besprechen. Es gibt bei der universitären Ausbildung weltweit Standards, die auch für synodale Prozesse gelten. Es bedarf weiterer Anstrengungen, den internationalen Austausch der Theologien auch mit Blick auf ihre Methodik zu stärken. Ohne exegetisches Wissen und ohne Einsichten in die Hermeneutik der Auslegung historischer Dokumente finden wir nicht mehr zu Konvergenzen. Die Kirchengeschichte belegt: Eine kirchliche Lehre ohne angemessene theologische Begründung findet auf Dauer keine Rezeption.

Synodale Prozesse werden im Blick auf die angesprochenen Themenbereiche nur weiterführen, wenn nicht nur der interne Kreis der kirchennahen Menschen sich versammelt und miteinander spricht. Es bedarf der Fremdprophetie – des intuitiven Blicks auf die Wirklichkeit von Menschen, die sich nicht täglich in Räumen der kirchlichen Institution bewegen, ihr angehören und zur Loyalität verpflichtet sind.

In Prag haben wir erleben können, dass synodale Prozesse nicht einfach zu Ende sind. Wir brauchen mehr gemeinsame Zeit und wir brauchen wachsendes Vertrauen zueinander. Wir brauchen auf Dauer gestellte synodale Strukturen und internationale – auch europäische – Netzwerke. Synodalität zu leben, heißt: sich oft begegnen und einander Raum schenken. Dazu wird die Synodalversammlung vom 9.–11. März 2023 in Frankfurt ebenso dienen wie die Weltsynode im Oktober 2023 und 2024 in Rom. Wir wollen und müssen den Synodalen Weg weiter miteinander gehen.

Die Mitglieder der Delegation aus Deutschland:
Bischof Dr. Georg Bätzing, Dr. Irme Stetter-Karp, Prof. Dr. Thomas Söding, Dr. Beate Gilles, Kerstin Fuchs, Sr. Dr. Katharina Ganz OSF, Lisa Holzer, Hendrik Johannemann, Bischof Dr. Peter Kohlgraf, Prof. Dr. Charlotte Kreuter-Kirchhof, Br. Andreas Murk OFMConv, Dr. Ralph Poirel, Prof. Dr. Johanna Rahner, Prof. Dr. Dorothea Sattler.
 

Hinweise:

Eine englische Übersetzung dieser Pressemitteilung steht unten als PDF-Download zur Verfügung.

Die Redebeiträge, kostenfreies Bildmaterial sowie weitere Informationen zum Treffen in Prag sind zum Herunterladen auf der Themenseite Bischofssynode Synodale Kirche 2021–2024 sowie unter www.facebook.com/dbk.de verfügbar. Dort ist auch ein Video mit Dr. Beate Gilles zu finden. Das Abschlussdokument der kontinentalen Phase wird demnächst auf www.dbk.de bereitgestellt.