| Pressemeldung | Nr. 047

„Verfolgte und bedrängte Christen“

Deutsche Bischofskonferenz veröffentlicht Arbeitshilfe zur Situation in Pakistan

Die Deutsche Bischofskonferenz hat heute (14. März 2023) eine Arbeitshilfe zur Situation der Christen in Pakistan veröffentlicht. Sie ist Teil der jährlichen Initiative Solidarität mit verfolgten und bedrängten Christen in unserer Zeit, mit der die Bischofskonferenz seit 20 Jahren auf die schwierige Situation von Christinnen und Christen in zahlreichen Ländern aufmerksam macht. Bereits 2011 war die Lage in Pakistan in den Mittelpunkt der Initiative gestellt worden.

Bischof Dr. Bertram Meier (Augsburg), Vorsitzender der Kommission Weltkirche der Deutschen Bischofskonferenz, erklärte anlässlich der Vorstellung der Arbeitshilfe in einem Pressegespräch dazu: „Pakistan hat seit seiner Gründung im Jahr 1947 immer wieder mit religiösen Konflikten zu kämpfen. Die Mehrheit der Bevölkerung ist muslimisch, aber es gibt eine bedeutende christliche Minderheit von etwa 1,3 Prozent der Gesamtbevölkerung. Nach den Hindus sind die Christen die drittgrößte religiöse Gruppe. Obwohl die Verfassung die Religionsfreiheit garantiert, sind Christen wie andere religiöse Minderheiten Diskriminierung und Verfolgung ausgesetzt.“ Grundsätzlich sei leider ein negativer Trend wahrzunehmen: „Extremistische Interpretationen des Islam, die Wahrheits- und Geltungsansprüche für alle Bereiche des öffentlichen und privaten Lebens erheben, haben in den vergangenen Jahren an Unterstützung gewonnen.“

Doch trotz eines schwieriger werdenden gesellschaftlichen Umfelds gebe es auch Veränderungen, die Mut machten: „Seitdem wir uns im Jahr 2011 das erste Mal diesem Land gewidmet haben, ist das Bewusstsein für die Bedeutung lokaler und regionaler Dialoginitiativen in allen Religionen gewachsen. Die daran Beteiligten wollen gemeinsam die Gräben überwinden, die von extremistischen Gruppen und von einer auf Spaltung gerichteten Politik vertieft werden. Viele Dialoginitiativen von Christen, Hindus und Muslimen setzen sich für ein tolerantes Miteinander und für gegenseitigen Respekt auf allen Ebenen der Gemeinschaft ein“, fasste Bischof Meier die Gespräche mit pakistanischen Bischöfen zusammen, die er in den vergangenen Monaten geführt hat.

Kardinal Joseph Coutts, emeritierter Erzbischof von Karachi, wies im Pressegespräch auf die komplexe politische Situation hin. Seit einiger Zeit werde das Land von einer Regierung geführt, die nur kommissarisch im Amt sei. Weitreichende Impulse für eine Verbesserung der Situation seien aus dieser Richtung nicht zu erwarten. „Unter dem wachsenden Einfluss der islamistischen Gruppen leiden nicht nur die Christen. Alle, die sich als Muslime, Hindus oder Christen für Toleranz einsetzen, werden angegriffen. Die Regierung bemüht sich jedoch im Rahmen ihrer Möglichkeiten um Schutz und Sicherheit auch für die Christen.“ Im Umgang mit den Blasphemiegesetzen zeige sich die Gefahr, die von den Extremisten ausgehe. „Emotionen der Menschen werden von Populisten geschürt und sie erzeugen damit einen gesellschaftlichen Druck, der auf weitere Verschärfung gerichtet ist. Die Behörden können dem nur wenig entgegensetzen.“ In diesem Umfeld sei es nicht sehr aussichtsreich, mit Initiativen auf eine Abmilderung der rigiden Gesetze hinzuwirken.

Boris Wilke, Politikwissenschaftler und Pakistan-Experte, ordnete diese Probleme in den Kontext der politischen Kultur des Landes ein: „Das multiethnische Pakistan in Südasien ist historisch und kulturell eng mit seinen Nachbarn Iran, Afghanistan und Indien verbunden.“ Das Land sei als parlamentarische Demokratie gegründet worden, habe jedoch wiederholt Militärputsche erlebt. „Während der Regierungszeit des islamistischen Präsidenten Zia-ul-Haq-Regi (1977–1988) kam es immer häufiger zu gewaltsamen Übergriffen auf Andersgläubige, darunter Christen, Hindus und muslimische Minderheiten.“ Dieser Trend setze sich bis heute fort. „Die Grenzregion zu Afghanistan ist zu einem Zufluchtsort für Mitglieder verschiedener militanter islamistischer Gruppen geworden, zu denen seit der westlichen Invasion in Afghanistan im Jahr 2001 auch die Taliban gehören“, so Wilke zu den Ursachen der Probleme. 

Der Präsident des Internationalen Katholischen Missionswerks Missio in Aachen, Pfarrer Dirk Bingener, hob in seinem Statement die Bedeutung intensiver weltkirchlicher Zusammenarbeit hervor: „Für unser Engagement ist der enge Austausch mit unseren Partnerinnen und Partnern in Afrika, Asien und Ozeanien zentral. Nur sie können einschätzen, welche Art der Unterstützung die Menschen vor Ort wirklich brauchen, und wie es möglich ist, das sensible Thema Religionsfreiheit zur Sprache zu bringen, ohne Menschen zu gefährden.“ Derzeit stehe im Rahmen der Missio-Kampagne zu Pakistan das Thema Zwangsehe und Zwangskonversion im Zentrum. „Menschenrechtsorganisationen im In- und Ausland schätzen, dass in Pakistan jährlich etwa 1.000 Mädchen und junge Frauen religiöser Minderheiten betroffen sind. Sie werden von meist deutlich älteren Männern entführt, vergewaltigt und missbraucht, müssen ihre Peiniger heiraten und zum Islam konvertieren. Ihre Familien haben kaum Möglichkeiten, gegen diese Verbrechen vorzugehen und die eigenen Kinder zu schützen.“ Gesetzesinitiativen, die den Schutz religiöser Minderheiten verbessern sollen, seien wiederholt gescheitert.


Hintergrund

Die Arbeitshilfe Solidarität mit verfolgten und bedrängten Christen in unserer Zeit – Pakistan gibt einen Überblick über die Situation der Christen in dem multiethnischen Staat in Südasien. Sie erläutert aktuelle Konfliktlinien innerhalb der Gesellschaft, analysiert die Hintergründe und lässt Mitglieder der Ortskirche zu Wort kommen. 

Die Arbeitshilfe Solidarität mit verfolgten und bedrängten Christen in unserer Zeit – Pakistan ist als pdf-Datei zum Herunterladen unter www.dbk.de in der Rubrik Publikationen verfügbar. Dort kann das Dokument auch als Broschüre (Arbeitshilfen Nr. 336) bestellt werden.

Die Initiative Solidarität mit verfolgten und bedrängten Christen in unserer Zeit wurde von den deutschen Bischöfen 2003 ins Leben gerufen, um für die Lage bedrohter Glaubensgeschwister zu sensibilisieren. Mit Publikationen, liturgischen Handreichungen und öffentlichen Veranstaltungen wird auf die teilweise dramatischen Verhältnisse christlichen Lebens in verschiedenen Teilen der Welt aufmerksam gemacht. Zusätzlich pflegen die Bischöfe mit Solidaritätsreisen den Kontakt zu den unter Druck stehenden Ortskirchen. In Deutschland sucht die Bischofskonferenz auch immer wieder das Gespräch mit Politikern und gesellschaftlichen Akteuren, um auf bedrohliche Entwicklungen hinzuweisen.


Hinweis:

Wir dokumentieren untenstehend als PDF-Dateien zum Herunterladen die Statements von Bischof Dr. Bertram Meier, Boris Wilke und Pfarrer Dirk Bingener.