Katholischer Medienpreis 2017

Katholischer Medienpreis 2017: Erklärung zum Preisträger Claas Relotius

Zur Verleihung des Katholischen Medienpreises am 16. Oktober 2017 an den ehemaligen Spiegel-Redakteur Claas Relotius erklärt der Pressesprecher der Deutschen Bischofskonferenz, Matthias Kopp:

„Nachdem Claas Relotius gestern (27. Dezember 2018) über seinen Rechtsanwalt nunmehr öffentlich zugegeben hat, den Beitrag ‚Königskinder‘ (Spiegel 9. Juli 2016) in wesentlichen Punkten gefälscht zu haben, aberkennt die Deutsche Bischofskonferenz Herrn Relotius den 2017 verliehenen Katholischen Medienpreis in der Kategorie Printmedien. Sie wird das Preisgeld in Höhe von 5.000 Euro von Herrn Relotius zurückfordern. Herr Relotius hat für die Reportage am 16. Oktober 2017 den Medienpreis erhalten. Der Katholische Medienpreis wird von der Deutschen Bischofskonferenz zusammen mit der Gesellschaft Katholischer Publizisten Deutschlands und dem Katholischen Medienverband verliehen.“

Verleihung und Bekanntgabe der Preisträger 2017

Der Katholische Medienpreis ist heute (16. Oktober 2017) zum 15. Mal verliehen worden. Bei einem Festakt im LVR-LandesMuseum Bonn zeichnete die Deutsche Bischofskonferenz gemeinsam mit dem Katholischen Medienverband e. V. (KM.) und der Gesellschaft Katholischer Publizisten e. V. (GKP) Jeanne Turczynski (Kategorie Elektronische Medien) und Claas Relotius (Kategorie Printmedien) aus. Erstmals wurde der „Sonderpreis der Jury“ vergeben. Gewürdigt wurde Christina Fee Moebus für ihren Beitrag „Der Gespenster-Schiff-Prozess“ (Crossmedia-Serie des Nordwestradios). Eine sechsköpfige Jury hatte aus 200 Einreichungen die Preisträger ermittelt.

Bischof Dr. Gebhard Fürst (Rottenburg-Stuttgart), Vorsitzender der Publizistischen Kommission der Deutschen Bischofskonferenz und der Jury des Katholischen Medienpreises, betonte in seiner Begrüßung die Bedeutung von Digitalisierung: „Klar ist, Digitalisierung durchdringt alles und betrifft wirklich jeden. Zu den unbestrittenen Fortschritten und Freiheitszuwächsen kommen schwierige Herausforderungen dazu.“ Auch habe Papst Franziskus in seiner Botschaft zum Welttag der sozialen Kommunikationsmittel gesagt, dass Dank des technischen Fortschritts sehr viele Menschen gute oder schlechte, wahre oder falsche Nachrichten teilen könnten. „Er nimmt das Bild vom menschlichen Geist als einer Mühle, die vom Wasser bewegt niemals angehalten werden kann“, so Bischof Fürst. Der Geist des Menschen sei immer aktiv und könne nicht aufhören, das zu „mahlen“, was er aufnehme. Es sei aber an uns zu entscheiden, welches Material wir dazu liefern. „Papst Franziskus ermutigt die, die jeden Tag viele Nachrichten ‚mahlen‘, ein wohlriechendes und gutes Brot denen anzubieten, die sich von den Früchten der persönlichen und journalistisch-professionellen Kommunikation ernähren. Er ruft alle zu einer konstruktiven Kommunikation auf, die Vorurteile über den anderen zurückweist und eine Kultur der Begegnung fördert. Diese Kultur der Begegnung lehrte uns, die Wirklichkeit eben mit bewusstem Vertrauen anzuschauen.“ Bischof Fürst würdigte die Preisträger und Nominierten und bestärkte die Journalisten, eine Kultur der Begegnung zu fördern.

Begrüßung von Bischof Dr. Gebhard Fürst,
Vorsitzender der Publizistischen Kommission der Deutschen Bischofskonferenz und der Jury des Katholischen Medienpreises
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Laudatio von Patricia Riekel,
ehemalige Chefredakteurin Bunte, für Claas Relotius
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Laudatio von Volker Herres,
Programmdirektor Erstes Deutsches Fernsehen, für Jeanne Turczynski
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Laudatio von Stefan Kläsener,
Chefredakteur Schleswig-Holsteinischer Zeitungsverlag, für Christina Fee Moebus
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Preisträgerin in der Kategorie Elektronische Medien

In der Kategorie „Elektronische Medien“ erhielt Jeanne Turczynski den Preis für „Risiko Spätabbruch. Eine Entscheidung zwischen Leben und Tod“ (gesendet im Bayerischen Rundfunk radioThema, Bayern 2 am 22. September 2016). „Durch die immer genauer werdenden Frühdiagnosen bei Schwangerschaften steigt die Bereitschaft zu Abtreibungen, auch zum Spätabbruch.

An vier konkreten Fällen zeigt die packende Hörfunksendung, in welche Gewissenskonflikte Betroffene geraten … Dass Hörfunksender einem solch schwergewichtigen Thema eine Stunde Sendezeit zur Verfügung stellen, verdient eine besondere Erwähnung.“, so die Jurybegründung. Laudator Volker Herres (ARD Programmdirektor) würdigte den Beitrag: „Jeanne Turczynski hat mit ihrer außergewöhnlichen Reportage ‚Risiko Spätabbruch. Eine Entscheidung zwischen Leben und Tod‘ nicht nur herausragende journalistische Qualität bewiesen, sondern vor allem auch Mut …, ein Dilemma anzupacken … Je mehr sich der Mensch die Erde untertan macht, je mehr unsere technischen und wissenschaftlichen Fähigkeiten zunehmen, desto häufiger finden wir uns in ethischen Dilemmata-Situationen wieder“, so Herres. 

 

Jurybegründung Preisträgerin in der Kategorie „Elektronische Medien“ 2017 – Jeanne Turczynski

Preisträger in der Kategorie Printmedien

In der Kategorie „Printmedien“ erhielt Claas Relotius, der aus persönlichen Gründen nicht an der Preisverleihung teilnehmen konnte, den Katholischen Medienpreis für seinen Beitrag „Königskinder“ (erschienen in DER SPIEGEL am 9. Juli 2016). Barbara Schmid, langjährige Redakteurin von DER SPIEGEL, nahm den Preis stellvertretend entgegen und dankte auch im Namen des Preisträgers.

In dem Artikel geht es um ein 12 und 13 Jahre altes Geschwisterpaar aus Aleppo, die dort Grausames erlebt haben und in die Türkei geflüchtet sind. „Es ist das große Verdienst von Claas Relotius, hinter das Abkommen der EU mit der Türkei zu schauen und auf Schicksale aufmerksam zu machen, nach denen hierzulande kaum jemand fragt. Auch die Medien interessiert das Thema nicht sonderlich.“, so die Jury. Laudatorin Patricia Riekel (ehemalige Chefredakteurin Bunte), würdigte bei der Preisverleihung den Beitrag: Wortungetüme seien es, „… mit denen die Politik in der Flüchtlingsfrage jongliert – und die uns fast vergessen lassen, von was hier die Rede ist: von rund 60 Millionen Menschen, die weltweit auf der Flucht sind“. Erst in der Nahaufnahme durch die erschütternde Reportage von Claas Relotius bekämen sie ein Gesicht, eine Geschichte. „Wie kann es sein, dass wir zulassen, dass Kinder in einem solchen Elend leben müssen?“, fragte Riekel.

 

Jurybegründung Preisträger in der Kategorie „Printmedien“ 2017 – Claas Relotius

Sonderpreis der Jury

Christina Fee Moebus wurde für ihren Beitrag „Der Gespenster-Schiff-Prozess“ (veröffentlicht als Crossmedia-Serie des Nordwestradios am 26./27./28. September 2016 im Internet) mit dem „Sonderpreis der Jury“ ausgezeichnet. „Es ist ein zeitgemäß aufbereitetes Stück lokaler Erinnerungskultur, frei von moralisierender Kommentierung. Die Journalistin hat einen traurigen Schatz gehoben, der bewahrt gehört aus Respekt vor den Opfern. Die Jury möchte die originelle Umsetzung bei spärlichen Foto- und Filmquellen ebenso würdigen wie den Ansatz, die Grausamkeiten der NS-Zeit in eine Nachbarschaft zurückzuholen, die sich damals hilflos und passiv zeigte“, so die Jurybegründung.

In seiner Laudatio betonte Stefan Kläsener (Chefredakteur Schleswig-Holsteinischer Zeitungsverlag): „Die Muschelsammler der Jury haben einen kleinen Bernstein gefunden.“ Das dokumentarische Feature zahle sehr auf die Werte ein, für die der Katholische Medienpreis stehe: „Es geht um Schuld, es geht um Sühne, es geht um Rechtfertigungsversuche und Reue, es geht um das Leid der Opfer, es geht aber auch um die Schuld des Leviten, der dem unter die Räuber Gefallenen eben nicht hilft, sondern sich über die Ruhestörung beschwert.“ Die Autorin habe ein medienübergreifendes Werk gemacht und konsequent von der Verbreitung in Sozialen Netzwerken her gedacht. 

 

Jurybegründung Preisträgerin „Sonderpreis der Jury“ 2017 – Christina Fee Moebus

Neben den beiden Hauptpreisen und dem Sonderpreis wurden auch die Nominierten geehrt und mit Urkunden ausgezeichnet: In der Kategorie „Elektronische Medien“ sind das Jürgen Brügger und Jörg Haaßengier für „Nordstadtkinder“ (WDR Fernsehen, 9. Mai 2016) sowie Manuel Daubenberger und Lara Straatmann für „Nach 30 Jahren ein Zuhause. Eine Romreise mit Folgen“ (NDR Fernsehen, 30. Januar 2017). In der Kategorie „Printmedien“ wurden Björn Stephan mit „Klassenunterschied“ (Süddeutsche Zeitung Magazin, 15. Juli 2016) und Lena Niethammer mit „Sieht mich jemand?“ (Tagesspiegel, 29. Oktober 2016) geehrt.

Hintergrund
Der Katholische Medienpreis, der in der Kategorie „Printmedien“ und „Elektronische Medien“ mit jeweils 5.000 Euro dotiert ist, wird seit 2003 jährlich von der Deutschen Bischofskonferenz in Kooperation mit der Gesellschaft Katholischer Publizisten e. V. (GKP) und dem Katholischen Medienverband e. V. (KM.) ausgeschrieben. Die Preisträger wurden von einer sechsköpfigen Jury aus insgesamt 200 Einreichungen ausgewählt. Für die Kategorie Elektronische Medien wurden 100 Beiträge eingereicht, davon waren 48 Fernseh-, 31 Radio- und 21 Internetangebote. Für die Kategorie Printmedien wurden 100 Beiträge eingereicht.