| Pressemeldung | Nr. 156
Gesprächsprozess der Deutschen Bischofskonferenz in Würzburg beendet
Mit einem feierlichen Gottesdienst im Würzburger Dom ist heute der 2011 begonnene Gesprächsprozess der Deutschen Bischofskonferenz zu Ende gegangen. Vor zahlreichen Gläubigen und den rund 300 Teilnehmern des Gesprächsforums erinnerte der Vorsitzende der Deutschen Bischofskonferenz, Kardinal Reinhard Marx, in seiner Predigt an den Abschluss der Würzburger Synode der deutschen Bistümer vor 40 Jahren im Würzburger Dom.
„Die Praxis des Glaubens mag in den Zahlen schwächer geworden sein. Dennoch sind das Konzil und die Würzburger Synode Ereignisse der Ermutigung. Die Kirche ist auf dem Weg: Der Umbruch, der durch das Konzil und die Synode sichtbar wurde, ist noch nicht verarbeitet. Die moderne Welt, in die wir hineingestellt sind in einer Kultur der Freiheit, weiß selber noch nicht, wie sie ihre Zukunft gestalten wird. In diese Kultur der Freiheit hinein tragen wir unsere Botschaft des Evangeliums, die wir immer neu verkünden müssen“, so Kardinal Marx. Deshalb sei der Gesprächsprozess der vergangenen Jahre ein Weg der Vergewisserung gewesen: „Wir ziehen uns nicht zurück in eine Form kirchlichen Lebens ohne Kommunikation und intellektuelle Anstrengung. Unsere Aufgabe ist es, auf der Höhe der Zeit das Evangelium in die Gegenwart voranzubringen.“ Zahlen seien nicht die ganze Wirklichkeit der Kirche. Eine ressourcenorientierte Pastoral sei eine Ermutigung, so Kardinal Marx: „Wir dürfen – gerade nach dem Gesprächsprozess – nicht immer vom Mangel ausgehen. Gehen wir von dem aus, was wir haben, was uns Gott schenkt, an Menschen, Charismen, Ideen, Bereitschaft und Kraft. So können wir zu einer kritischen Zeitgenossenschaft werden, nicht indem wir uns der Zeit anpassen, aber die Zeichen der Zeit erkennen.“ Die Botschaft der Kirche habe Bestand, betonte Kardinal Marx. „Diese Botschaft vom unzerstörbaren Leben, von der Auferstehung, von der Gerechtigkeit für die Opfer der Geschichte ist die Wahrheit, die wir verkünden. Verkündigung aber ist nicht ein Buch, sondern eine Person, die das Leben ist: Jesus Christus. Das zu bezeugen, macht große Freude und ist eine Quelle der lebendigen Hoffnung. Eine solche Quelle war auch der Weg des gemeinsamen Gesprächsprozesses“, so Kardinal Marx.
Seit Freitag diskutierten die haupt- und ehrenamtlichen Vertreter aus den 27 deutschen Bistümern, 32 Mitglieder der Deutschen Bischofskonferenz sowie Vertreter des Zentralkomitees der deutschen Katholiken (ZdK), der kirchlichen Bewegungen und geistlichen Gemeinschaften, des Deutschen Caritasverbandes, der Deutschen Ordensobernkonferenz und der Katholisch-Theologischen Fakultäten über die Ergebnisse des Gesprächsprozesses.
Der Gesprächsprozess als Lernprozess
Während der Beratungen würdigte Kardinal Marx die Initiative seines Vorgängers als Vorsitzender der Deutschen Bischofskonferenz, Erzbischof em. Dr. Robert Zollitsch, der den Gesprächsprozess ins Leben gerufen hatte. „Der Gesprächsprozess war ein Lernprozess“, so Kardinal Marx. „Es gibt eine lehrende, aber vor allem auch eine lernende Kirche. Lehren und Lernen gehören zu einem Kommunikationsprozess, den die Kirche fortsetzen muss. Dieser Kommunikationsprozess ist auch ein geistlicher Weg, der sich in der Feier der Eucharistie und im Glaubenszeugnis ausdrückt.“ Wichtig sei es für die Zukunft der Kirche, miteinander zu kommunizieren und zu sprechen, ohne die Einheit der Kirche zu gefährden oder gar in Frage zu stellen. „Eine Kirche, die um sich selbst kreist, wird keine Relevanz haben und absolut belanglos bleiben“, betonte Kardinal Marx.
Bischof Dr. Franz-Josef Bode (Osnabrück) zeigte sich beeindruckt, mit welcher Sachlichkeit und Zielstrebigkeit der Gesprächsprozess über mehrere Jahre gelungen sei: „Das, was wir gestern als Verlauf und Ergebnisse berichtet haben, müssen sich Bischöfe aneignen und sich zu eigen machen. Es ist unsere Aufgaben, diese Ergebnisse aktiv in die Gemeinden zu bringen“, so Bischof Bode. „Wir Bischöfe sind dankbar für die gebündelte Erfahrung aus dem Dialogforum. Uns ist wichtig, dass es nicht eine Rückkehr zur Einbahnkommunikation oder zur einbahnigen Teilhabe gibt, die Kirche lebt von der participatio. Deshalb ist es gut, dass in den vergangenen fünf Jahren der Grundwasserspiegel des Miteinanders erheblich gestiegen ist“, sagte Bischof Bode. In Würzburg wurden Elemente für eine Botschaft der deutschen Bischöfe mit allen Teilnehmern des Gesprächsforums diskutiert, die vom Ständigen Rat der Deutschen Bischofskonferenz im November verabschiedet werden soll.
Konkrete und transparente Schritte
Bischof Dr. Franz-Josef Overbeck (Essen), der wie Kardinal Marx und Bischof Bode zur Bischöflichen Steuerungsgruppe des Gesprächsprozesses gehört, stellte abschließend die Frage, wie die in den vergangenen Jahren verbesserte Kommunikation zwischen den unterschiedlichen Gruppen weiter gepflegt werden könne. Damit hänge auch die Frage zusammen, welche Formen der Teilhabe geschaffen werden könnten: „Das heißt: Räume des gemeinsamen Diskutierens, des Zuhörens und Beratens? Und wie kann das, was dann beraten und diskutiert wurde, in Verbindlichkeit überführt werden? Genau das haben Sie auf all den Jahresveranstaltungen immer wieder eingefordert. Es reicht nicht aus, sich über bestimmte Fragen auszutauschen. Es müssen daraus konkrete und transparente Schritte folgen, die gemeinsam festgelegt worden sind“, so Bischof Overbeck.
Während des Gesprächsforums diskutierten die Teilnehmer einen finalen Abschlussbericht des Gesprächsprozesses. Dieser wurde mit der überwältigenden Mehrheit aller Anwesenden verabschiedet (veröffentlicht im Dossier „Gesprächsprozess“). Bischof Overbeck bezeichnete den Abschlussbericht als „unser ‚Hausaufgabenheft‘. Er bietet eine Zusammenstellung unserer ‚Hausaufgaben‘ – und das heißt: für die Deutsche Bischofskonferenz mit ihren Kommissionen, für die Diözesen, die Gemeinden, Verbände und Gemeinschaften. Nur so kann der Gesprächsprozess eine Nachhaltigkeit entwickeln. Gerne empfehle ich den unterschiedlichen Ebenen und Gremien, aus diesem Blickwinkel den Abschlussbericht auszuwerten und mit ihm weiterzuarbeiten.“
Eine neue Offenheit
Der Präsident des ZdK, Alois Glück, würdigte die Offenheit und Klarheit, mit der die Situation der Kirche in Deutschland im Abschlussbericht beschrieben werde. Das wertete er als Erfolg des Dialogs. „Vom Beginn in Mannheim bis in die Schlussabstimmung in Würzburg ist deutlich geworden, wie groß die Übereistimmung in einem breiten Spektrum der aktiven Katholiken in unserer Kirche darüber ist, in welcher Situation unsere Kirche steht und was zu tun ist“, so Glück. „Der Dialogprozess hat gezeigt, in welcher Weise sich das Selbstverständnis unserer Kirche hin zu einer barmherzigen und den Menschen zugewandten Kultur des Miteinanders weiter verändern muss. Sicher hat auch Papst Franziskus dazu beigetragen, dass wir uns mutiger als zuvor auf diesen Weg begeben konnten“, sagte Alois Glück. Er fügte hinzu: „Die Offenheit im Umgang mit den Befragungsergebnissen zur Weltbischofssynode, der Beginn einer Transparenzoffensive in der Frage kirchlicher Finanzen, die Förderung von Frauen in kirchlichen Leitungspositionen und die Verabschiedung einer neuen Grundordnung des kirchlichen Dienstes sind zwar nicht unmittelbare Ergebnisse des Dialogprozesses, aber wie sie derzeit angegangen werden, wäre ohne den Dialogprozess nicht vorstellbar.“
Hinweis:
Während der Beratungen in Würzburg verabschiedeten die Teilnehmer eine Erklärung zur aktuellen Flüchtlingskrise. Dieser steht als pdf-Datei zum Herunterladen in der Rubrik „Gesprächsprozess“ zur Verfügung. Dort finden sich auch die Dokumente des Gesprächsprozesses sowie die Dokumentation früherer Gesprächsforen.