FAQ zur MHG-Studie
Antworten zu häufig gestellen Fragen in Bezug auf das interdisziplinäre Forschungsprojekt „Sexueller Missbrauch an Minderjährigen durch katholische Priester, Diakone und männliche Ordensangehörige im Bereich der Deutschen Bischofskonferenz“ („MHG-Studie“).
Grundsätzliche Fragen zur Studie
Papst Franziskus ist vom Vorsitzenden der Deutschen Bischofskonferenz, Kardinal Reinhard Marx, persönlich über die zentralen Inhalte der MHG-Studie informiert worden, ebenso über die von der Bischofskonferenz beschlossenen Maßnahmen. Bei verschiedenen Gesprächen in Rom seit September 2018 hat Kardinal Marx Inhalte und weitere Schritte aus der Studie in der römischen Kurie darstellen können. Die Studie hat dadurch auch einen internationalen Kontext erreicht. Sie wird aus Sicht der Deutschen Bischofskonferenz eine Rolle spielen, wenn Papst Franziskus zu einer Konferenz aller Vorsitzenden der Bischofskonferenzen weltweit einlädt, die vom 21. bis 24. Februar 2019 im Vatikan stattfindet. Mehr lesen
Die Studie wurde auf der Herbst-Vollversammlung am 25. September 2018 in Fulda vorgestellt. Aus der langen Debatte hat die Vollversammlung einen ersten Maßnahmenkatalog entwickelt, der mit einer eigenen Erklärung veröffentlicht wurde: Zur Erklärung von Fulda
Die dort genannten Punkte werden nach und nach in Teilprojekten aufgearbeitet. In der Sitzung des Ständigen Rates am 20. November 2018 haben die Bischöfe diesen Plan von Fulda bekräftigt und um die Frage nach Sondergerichtshöfen und einer Änderung des Kirchenrechts ergänzt. Die Ergebnisse wurden in einer Erklärung festgehalten: Zur Erklärung von Würzburg
Maßnahmenkatalog zur Aufarbeitung der Fälle sexuellen Missbrauchs an Minderjährigen nach der Veröffentlichung der Studie „Sexueller Missbrauch an Minderjährigen durch katholische Priester, Diakone und männliche Ordensangehörige im Bereich der Deutschen Bischofskonferenz“ (Stand: 25. Juni 2019): Datei herunterladen
Nach der Veröffentlichung der MHG-Studie „Sexueller Missbrauch an Minderjährigen durch katholische Priester, Diakone und männliche Ordensangehörige im Bereich der Deutschen Bischofskonferenz“ und den damit verbundenen Erschütterungen ist deutlich geworden: Die Kirche in Deutschland braucht einen Weg der Umkehr und Erneuerung. Aus diesem Anlass haben die deutschen Bischöfe im März 2019 einen Synodalen Weg beschlossen, der der gemeinsamen Suche nach Antworten auf die gegenwärtige Situation dient und nach Schritten zur Stärkung des christlichen Zeugnisses fragt. Der Synodale Weg ist auf zwei Jahre angelegt und hat am ersten Advent (1. Dezember 2019) begonnen. Er wird von der Deutschen Bischofskonferenz und dem Zentralkomitee der deutschen Katholiken (ZdK) getragen. Damit stellt sich die Kirche in Deutschland einer schweren Krise. Sie setzt auf das große Engagement aller, die mit der Kirche in unterschiedlichster Weise verbunden sind und darin aktiv mitarbeiten. Gemeinsam soll verlorenes Vertrauen zurückgewonnen werden. In einem ehrlichen, offenen und selbstkritischen Dialog wird über verschiedene Themen diskutiert und über die Bedeutung von Glaube und Kirche in der heutigen Zeit nachgedacht. Im Mittelpunkt steht die Frage nach Gott und dem Weg, den er heute mit den Menschen gehen will. Mehr unter www.synodalerweg.de.
Überarbeitete Regelwerke zum Umgang mit sexuellem Missbrauch und zur Prävention im Bereich der Deutschen Bischofskonferenz:
Zu Beginn des Jahres 2020 treten die neue „Ordnung für den Umgang mit sexuellem Missbrauch Minderjähriger und schutz- oder hilfebedürftiger Erwachsener durch Kleriker und sonstige Beschäftigte im kirchlichen Dienst“ und die „Rahmenordnung – Prävention gegen sexualisierte Gewalt an Minderjährigen und schutz- oder hilfebedürftigen Erwachsenen im Bereich der Deutschen Bischofskonferenz“ in allen (Erz-)Diözesen in Kraft. Beide Dokumente wurden vom Ständigen Rat der Deutschen Bischofskonferenz am 18. November 2019 beschlossen. Zur Pressemitteilung 9.12.2019
Das Forschungsprojekt ist ein Konsortium aus verschiedenen wissenschaftlichen Einrichtungen. Dazu gehören das Zentralinstitut für seelische Gesundheit (Mannheim), das Institut für Kriminologie der Universität Heidelberg, das Institut für Gerontologie der Universität Heidelberg und die Professur für Kriminologie, Jugendstrafrecht und Strafvollzug an der Universität Gießen. Aus den drei Ortsnamen Mannheim – Heidelberg – Gießen ist die Abkürzung MHG zusammengesetzt.
Seit 2010 hat ein Perspektiv- und Paradigmenwechsel stattgefunden. Nicht mehr das unbeschadete Ansehen der Kirche steht im Vordergrund, sondern der Blick auf das Leid der Opfer. Es gilt, dass man ihnen grundsätzlich glaubt, sie müssen keine Beweise für die Tat vorlegen. Lediglich die Plausibilität ihres Tatberichts wird abgefragt. Eine Kultur der Achtsamkeit etabliert sich allmählich.
Seit 2010 hat es zahlreiche Maßnahmen gegeben, um den sexuellen Missbrauch aufzuarbeiten und zukünftig soweit wie möglich zu verhindern. Hierzu wurden unter anderem die Leitlinien zum Verhalten im Zusammenhang mit Fällen des Missbrauchs und die Rahmenordnung Prävention erstellt und überarbeitet. Es findet auf Bundesebene eine jährliche Fortbildungstagung zu Fragen sexuellen Missbrauchs statt, die Kirche unterstützt den Bund (UBSKM) in der AG Schutzkonzepte und hat sowohl am durch den UBSKM angestoßenen Monitoringprozess, durchgeführt durch das Deutsche Jugendinstitut (DJI), teilgenommen als auch in einer Vereinbarung mit dem UBSKM umfangreiche Maßnahmen zu institutionellen Schutzkonzepten verabredet.
Übersicht der Maßnahmen von 2010 bis 2019
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Die Kosten der Studie, die der Verband der Diözesen Deutschlands (VDD) aufgewendet hat, lagen bei rund 1 Mio. Euro. Diese wurden aus dem Etat des VDD bezahlt.
Ein Gestellungsvertrag wird zwischen einem Bistum und einer Ordensgemeinschaft geschlossen. Die Ordensgemeinschaft stellt zur Erfüllung einer bestimmten Aufgabe im Bistum ein Ordensmitglied zur Verfügung und erhält dafür ein Gestellungsgeld. Männliche Ordensangehörige mit Gestellungsvertrag sind Bestandteil der MHG-Untersuchung.
Die Ordensgemeinschaften wurden nicht gefragt, ob sie sich an der Studie beteiligen, weil eine solche Studie äußerst umfangreich gewesen wäre (440 Ordensgemeinschaften in der Deutschen Ordensobernkonferenz) und weil die Deutsche Bischofskonferenz bzw. die Bistümer keine Jurisdiktion über die Orden haben. Eine solche Studie müsste durch die Orden bzw. durch die Deutsche Ordensobernkonferenz in Auftrag gegeben werden. So wurden in der MHG-Studie nur jene Ordensleute berücksichtigt, die einen Gestellungsauftrag mit einem Bistum haben. Allerdings gibt es eine Reihe von Sonderstudien im Blick auf den Ordensbereich, z. B. der Jesuiten und der Benediktiner (Kloster Ettal).
In neun (zehn) Diözesen wurden die Personalaktenbestände ihrer Priester ab dem 1. Januar 1946 ausgewertet. Diese wurden nach Kriterien der Zufälligkeit und Repräsentativität durch die Wissenschaftler ausgewählt: Bamberg, Berlin, Essen, Freiburg, Hamburg, Magdeburg, Paderborn, Speyer und Trier. Das Erzbistum München und Freising kam aufgrund schon geleisteter Vorarbeiten etwas später auch zu dieser Gruppe. Alle anderen Diözesen werteten die Personalaktenbestände der Priester ab dem 1. Januar 2000 aus.
Die Studie umfasst den Zeitraum 1946 bis 2015 (10 Bistümer) bzw. 2000 bis 2015 (17 Bistümer), so dass die in diesem Dokument genannten Zahlen von Stand 2015 sind. Einige Teile des Forschungsprojektes bezogen sich jedoch nur auf die Zeit bis 2014. Die Bistümer stellen aktuelle Zahlen zur Verfügung, die mit denen aus der Studie daher nicht vergleichbar sind.
Es gibt seit 2016 die vom Unabhängigen Beauftragten für Fragen des sexuellen Kindesmissbrauchs (UBSKM) einberufene unabhängige Aufarbeitungskommission in Deutschland, nachdem der Bundestag dieser zugestimmt hatte. Die Tätigkeit der unabhängigen Aufarbeitungskommission besteht im Wesentlichen darin, Anhörungen mit Opfern sexuellen Missbrauchs durchzuführen oder deren schriftliche Berichte zu lesen. Sie will aufdecken, wodurch sexuelle Gewalt in der Kindheit ermöglicht wird und herausfinden, weshalb Hilfe und Intervention nicht möglich waren. Ein weiterer Schwerpunkt liegt in der Forschungstätigkeit. Jedoch kann die Kommission im Rahmen ihrer Tätigkeit keine Ermittlungen zu einzelnen Taten oder Tätern durchführen und Zeugen oder Täter nicht vorladen. Sie nimmt keine Rechts- oder Einzelfallberatung vor und schaltet sich nicht in individuelle Fälle ein (Quelle: www.aufarbeitungskommission.de).
Die Wissenschaftler der MHG-Studie haben unabhängig gearbeitet. Die Absicht des Projekts war aber keine Aufarbeitung sexuellen Missbrauchs auf der Ebene der deutschen Bistümer, sondern eine wissenschaftliche Studie zu den oben genannten Zielen. Deshalb wurde keine Kommission, sondern ein Konsortium von Wissenschaftlern beauftragt.
Dem Beirat der Studie gehörten an: Prof. Dr. Heiner Keupp (Wissenschaft), Prof. Dr. Friedrich Lösel (Vorsitzender des Beirates, Wissenschaft), Prof. Dr. Karlijn Demasure (Kirche), Prof. Dr. Jörg M. Fegert (Wissenschaft), Staatsministerin a. D. Roswitha Müller-Piepenkötter (Opferverbände), Matthias Katsch (Opferverbände), Bischof Dr. Stephan Ackermann (Kirche), Bischof Dr. Franz Jung (Kirche) und zwei Betroffene. Mit der Veröffentlichung der Studie ist die Aufgabe des Beirates beendet.
Die Studie wurde 2013 international ausgeschrieben. Das Forscherkonsortium um Prof. Dr. Harald Dreßing als Verbundkoordinator konnte sich in der Ausschreibung durchsetzen. Das Forschungsdesign wurde am 24. März 2014 in Bonn vorgestellt.
Mit der Studie will die katholische Kirche in Deutschland mehr Klarheit und Transparenz zum Thema sexueller Missbrauch an Minderjährigen erlangen - um der Opfer willen, aber auch, um selbst die Verfehlungen zu sehen und alles dafür tun zu können, dass sie sich nicht wiederholen. Mit der Studie sollen belastbare Daten erhoben werden zur Häufigkeit von und zum Umgang mit sexuellen Missbrauchshandlungen an Minderjährigen. Zudem erfolgt eine qualitative Analyse institutioneller Einflüsse im Sinne einer „Täter-Opfer-Institutionen-Dynamik“. Dabei geht es vor allem darum, eine vertiefte Einsicht über das Vorgehen der Täter und über das Verhalten von Kirchenverantwortlichen in den zurückliegenden Jahrzehnten zu erhalten. Diese Einsicht erfolgt über exemplarische Interviews mit Betroffenen, mit Verantwortlichen der Kirche sowie mit Tätern. Wichtig ist es, dass mit der Studie eine Zusammenführung bereits vorliegender nationaler und internationaler empirischer Befunde und Studienergebnisse erfolgt.
Konsequenzen aus der Studie
Die Vollversammlung der Deutschen Bischofskonferenz hat mit der Veröffentlichung der MHG-Studie am 25. September 2018 einen sofortigen Maßnahmenkatalog beschlossen, der sich auf verschiedene, in der Studie angesprochene Arbeitsfelder bezieht. Hinzu kommen übergreifende Themen, die im Zusammenhang mit der Studie genannt werden: Machtmissbrauch, Sexualmoral, priesterliche Lebensform. Aus diesen übergreifenden Themen ist der Synodale Weg der Kirche in Deutschland entstanden. Die in Fulda beschlossenen Maßnahmen finden sich hier.
Die Deutsche Ordensobernkonferenz (DOK) hat sowohl die Leitlinien als auch die Rahmenordnung der Deutschen Bischofskonferenz „adaptiert“, sodass für Ordensleute, die sich nicht in einem Gestellungsvertrag befinden, die gleichen Regelungen gelten wie für Ordensleute, die im Auftrag eines Bistums tätig sind. Einige Orden haben eigene Studien veranlasst (z. B. das Kloster Ettal). Die DOK nimmt am Verfahren auf Leistungen in Anerkennung des Leids, das Opfern sexuellen Missbrauchs zugefügt wurde, über die Zentrale Koordinierungsstelle teil.
Es gibt keinen kirchlichen Straftatbestand der „Vertuschung“. Insofern es sich aber um ein absichtliches und zielgerichtetes Handeln einer Person handelt, Hinweise auf sexuellen Missbrauch zurückzuhalten oder gar zu verdecken, sodass ihnen nicht weiter nachgegangen werden kann, ist dies eine Pflichtverletzung im Amt, die Konsequenzen nach sich zieht.
In den vergangenen Jahren hat nicht zuletzt durch die verstärkte Präventionsarbeit die Achtsamkeit für sexualisierte Gewalt auch unterhalb der Schwelle der Strafbarkeit spürbar zugenommen, so dass sich hinsichtlich der Problematik der Vertuschung ein Mentalitätswandel abzeichnet. In Fortbildungen sollte verstärkt auf die Pflichtverletzung der „Vertuschung“ hingewiesen werden.
Die Kirche wird den 2002 eingeschlagenen und 2010 verschärften Weg einer kompromisslosen Aufarbeitung fortsetzen. Das gilt auch für die Täter: Missbrauch ist ein Verbrechen, das geahndet werden muss. Gemäß den Leitlinien, die zurzeit wieder in der Überprüfung sind, wird auch die Frage der Versetzung von Tätern bzw. der Weiterbeschäftigung im kirchlichen Dienst mit äußerster Schärfe und Sorgfalt behandelt.
Die Kirche ist beschämt und erschüttert über die Ergebnisse. Es gilt – was die deutschen Bischöfe schon 2010 gesagt haben –, dass die Prämisse Opferschutz vor Täterschutz gelten muss. Dazu wird die Kirche erneut das Gespräch mit den Betroffenen suchen. Gleichzeitig sind Betroffene gebeten, sich bei den Stellen der Kirche zu melden, damit ihnen zugehört wird und aufgearbeitet werden kann.
- Zur Liste der diözesanen Missbrauchsbeauftragten
- Zur Liste der Missbrauchsbeauftragten der Orden (Internetseite der DOK)
- Zur Liste der Präventionsbeauftragten
Fragen zur Statistik
In der Regel führen die Betroffenen ein Gespräch mit den Ansprechpersonen der Diözesen, ggfs. in Begleitung einer Vertrauensperson. Wenn gewünscht, werden auch Gespräche mit dem Bischof oder auch dem Generalvikar vermittelt. Wie häufig das der Fall ist, wäre ebenfalls in den einzelnen Diözesen nachzufragen.
Die Studie vermerkt dazu: Aus kirchlicher Sicht drastische oder irreversible Sanktionen wie Entlassung aus dem Priesterstand oder Exkommunikation waren in geringer Zahl verzeichnet.
Betroffene können sich weiterhin an die Ansprechpersonen der Diözesen wenden, die auf den unten genannten Listen sowie auf den entsprechenden Websites der Diözesen zu finden sind.
- Zur Liste der diözesanen Missbrauchsbeauftragten
- Zur Liste der Missbrauchsbeauftragten der Orden (Internetseite der DOK)
- Zur Liste der Präventionsbeauftragten
Insgesamt konnten nach Personal- und Handakten 3.677 Kinder und Jugendliche als von sexuellem Missbrauch betroffen zugeordnet werden (Seite 5 der MHG-Studie). 62,8 Prozent der Betroffenen waren männlichen und 34,9 Prozent weiblichen Geschlechts. Bei 2,3 Prozent fehlten Angaben zum Geschlecht. Zur Altersstruktur vgl. S. 6 der MHG-Studie: „Beim ersten sexuellen Missbrauch waren 51,6 Prozent der Betroffenen bis maximal 13 Jahre alt. Vierzehn Jahre und älter waren 25,8 Prozent; bei 22,6 Prozent war das Alter unbekannt (TP 6). Das mittlere Alter von Betroffenen, von denen das Alter bekannt war, lag bei 12,0 Jahren (TP 6 und TP 3) bzw. bei 10,6 Jahren (TP 2).“
Zur zeitlichen Verteilung siehe auch Abb. 6.1 auf der S. 256 der MHG-Studie: „Bei der Analyse der zeitlichen Häufung dieser Erstbeschuldigungen ergab sich ein Muster unterschiedlicher Häufungen über die Fünfjahreszeiträume des Untersuchungszeitraums (1946 bis 2014) hinweg. Demnach ergab sich eine Häufung der Erstbeschuldigungen ab Mitte der 1950er bis Mitte der 1970er Jahre. Beim jüngsten dargestellten Zeitraum (2011 bis 2014) ist zu berücksichtigen, dass er aufgrund der Erhebungsfristen des Forschungsprojektes nur vier Jahre umfasste und deshalb entsprechend weniger Erstbeschuldigungen umfasste.“
Es waren 1.429 Beschuldigte Diözesanpriester, 159 Beschuldigte Ordenspriester im Gestellungsvertrag und 24 Beschuldigte hauptamtliche Diakone.
Nach den Personal- und Handakten wurden 1.670 Kleriker des sexuellen Missbrauchs beschuldigt.
Sofern die Möglichkeit besteht, soll die Anerkennungsleistung durch den Täter bezahlt werden. Wenn diese Möglichkeit nicht besteht, weil dieser z. B. bereits verstorben ist oder nicht über entsprechende Mittel verfügt, wird die Leistung von der zuständigen kirchlichen Körperschaft (Diözese, Orden, Trägerverein) nach dem Subsidiaritätsprinzip bezahlt. Generell geben die Bistümer zu dieser Frage Auskunft, etwa auch, inwieweit man die gezahlten Anerkennungsleistungen von den Tätern zurückgefordert hat.
Die ZKS hat im Dezember 2020 ihre Arbeit eingestellt. Bis dahin wurden 2.430 Anträge auf Leistungen in Anerkennung des Leids bearbeitet insgesamt rund 11,5 Millionen Euro empfohlen. Die Empfehlungssummen reichten hierbei von 1.000 Euro bis zu 15.000 Euro. Das sind im Durchschnitt ca. 5.000 Euro pro Antrag. Hinzuzufügen ist, dass häufig auch Therapieleistungen bezahlt wurden, die in der von den Wissenschaftlern genannten Gesamtsumme der ZKS-Empfehlungen nicht enthalten sind.
Diese Fragen müssen individuell durch die Bistümer beantwortet werden. Generell ist festzuhalten: In Bezug auf die Nennung der geleisteten Anerkennungszahlungen ist zu erwarten, dass die inzwischen tatsächlich geleisteten Zahlungen sichtlich höher sind, als die von den Wissenschaftlern erfassten. Das System der Anerkennungsleistungen existiert seit 2011. Dadurch wird durch die Studie nur etwa die Hälfte des Zeitraums erfasst, in dem solche Zahlungen geleistet wurden.
Einige Bistümer haben zudem Zahlungen geleistet, die über die Empfehlungen der Zentralen Koordinierungsstelle (ZKS) hinausgingen oder ohne Befassung der ZKS vorgenommen wurden. Darüber hinaus wurden häufig auch Therapieleistungen bezahlt, die in der von den Wissenschaftlern genannten Gesamtsumme der ZKS-Empfehlungen nicht enthalten sind.
Fragen zur Prävention
Im Jahr 2011 wurde durch die Deutsche Bischofskonferenz ein Fonds zur Förderung von Präventionsprojekten innerhalb und außerhalb der katholischen Kirche eingerichtet, der mit einem Kapital von 500.000 Euro ausgestattet war. Insgesamt wurden daraus 43 Projekte gefördert. Im Jahr 2010 wurde die Rahmenordnung Prävention in Kraft gesetzt, die die Schutzmaßnahmen grob definiert. Damit erging der Auftrag an die Diözesanbischöfe, die Vorgaben der Rahmenordnung in diözesanen Präventionsordnungen zu spezifizieren. Zwei Vereinbarungen mit dem UBSKM (2012 und 2016) haben das Ziel, die Umsetzung der Präventionsmaßnahmen transparent zu machen. Es finden jährliche Fortbildungen für Generalvikare, Personalverantwortliche, Missbrauchs- und Präventionsbeauftragte statt (vgl. unten). Im Jahr 2015 wurde die Bundeskonferenz der diözesanen Präventionsbeauftragten eingerichtet (vgl. unten). Diese setzt sich dafür ein, dass in allen Diözesen einheitlich geltende Schutzstandards entwickelt werden. Die Bundeskonferenz hat hierzu einige Materialien entwickelt: Arbeitshilfe „Kinder haben Rechte“ und die Leitprinzipien.
Mehr Informationen: Prävention.
Strukturelle Fragen
In einer Erklärung der Frühjahrs-Vollversammlung am 25. Februar 2010 Veröffentlichung der vier Leitgedanken: „die Wahrheit aufdecken, die Leitlinien auswerten, die Prävention stärken und Verantwortung verorten“. Ernennung des Beauftragten für Fragen sexuellen Missbrauchs Minderjähriger im kirchlichen Bereich, seit 2015 mit dem Zusatz „und für Fragen des Kinder- und Jugendschutzes“. Einrichtung des Büros für Fragen sexuellen Missbrauchs Minderjähriger im kirchlichen Bereich, seit 2015 mit dem Zusatz „und für Fragen des Kinder- und Jugendschutzes“.
Von 2010 bis 2011 Teilnahme am Runden Tisch sexueller Kindesmissbrauch in Abhängigkeits- und Machtverhältnissen in privaten und öffentlichen Einrichtungen und im familiären Bereich der Bundesregierung.
Erste Leitlinien der Deutschen Bischofskonferenz zum Vorgehen bei sexuellem Missbrauch wurden bereits im Jahr 2002 veröffentlicht. Überarbeitung der Leitlinien 2010. Erneute Überarbeitung 2013. (Rahmenordnung Prävention und Präventionsfonds s. o.). (Mehr lesen: Normen und Leitlinien – Mehr lesen: Prävention)
Seit 2011 findet eine jährliche Fortbildungstagung zu unterschiedlichen Themen zum sexuellen Missbrauch statt, die sich an Generalvikare, Personalverantwortliche, Präventions- und Missbrauchsbeauftragte richtet. Seit November 2015 unterstützt die Bischöfliche Arbeitsgruppe für Fragen des Kinder- und Jugendschutzes den Beauftragten.
2011 Einrichtung des Verfahrens auf Leistungen in Anerkennung des Leids, das Opfern sexuellen Missbrauchs zugefügt wurde, seit 2013 Teilnahme am Ergänzenden Hilfesystem des Bundes. Mitarbeit in der AG Schutzkonzepte und im Beirat des UBSKM. In 2015 Einrichtung der Bundeskonferenz der diözesanen Präventionsbeauftragten.
Die MHG-Studie wurde auf der Herbst-Vollversammlung am 25. September 2018 in Fulda vorgestellt. Aus der langen Debatte hat die Vollversammlung einen ersten Maßnahmenkatalog entwickelt, der mit einer eigenen Erklärung veröffentlicht wurde: Zur Erklärung von Fulda
Die dort genannten Punkte werden nach und nach in Teilprojekten aufgearbeitet. In der Sitzung des Ständigen Rates am 20. November 2018 haben die Bischöfe diesen Plan von Fulda bekräftigt und um die Frage nach Sondergerichtshöfen und einer Änderung des Kirchenrechts ergänzt. Die Ergebnisse wurden in einer Erklärung festgehalten: Zur Erklärung von Würzburg
Priesterausbildung
Spezielle Module zur Prävention sexualisierter Gewalt sind in die Ausbildung der Priesterkandidaten implementiert. Bei der praktischen Durchführung bzw. der konkreten Terminierung im Laufe der Ausbildung gibt es in den Diözesen und Ausbildungshäusern unterschiedliche Modelle, z. B. zwei jeweils 12-stündige Präventionsschulungen, die eine zu Beginn der Ausbildung im Rahmen des Propädeutikums, die andere nach Abschluss des Studiums vor dem Beginn des Einsatzes im pastoralen Dienst in einer Pfarrei. Die regelmäßige Einholung des erweiterten polizeilichen Führungszeugnisses zu Beginn des Bewerbungsverfahrens aber auch im weiteren Verlauf der Ausbildung, gehören zum Standard.
Vom Beginn des Bewerbungsverfahrens bis zur Priesterweihe geben die Ausbildungsverantwortlichen regelmäßig Impulse zur Auseinandersetzung mit den Themen Sexualität und Zölibat. Dazu zählen die regelmäßig stattfindenden Semestergespräche zwischen dem Priesterkandidaten und der Ausbildungsleitung, die monatlichen (oder häufigeren) Gespräche des Priesterkandidaten mit seinem geistlichen Begleiter, die Präventionsschulungen, die Gespräche im Rahmen der psychologischen Standortbestimmung und der Evaluation der psychosozialen Kompetenzen. Im Laufe der Ausbildung gibt es mehrere spezielle Module (Blockseminare, wöchentliche Kursstunden) zur zölibatären Lebensform des Priesters und zur Auseinandersetzung mit der eigenen Sexualität. Darüber hinaus wird auch die Frage des Umgangs mit dem Thema der Homosexualität in der Priesterausbildung besonders berücksichtigt. Pastoralpsychologische Basiskurse fördern außerdem die Auseinandersetzung der Priesterkandidaten mit der eigenen Person im Blick auf die menschliche Reife insgesamt.
Insbesondere die Diskussion der MHG-Studie in der Herbst-Vollversammlung 2018 der Deutschen Bischofskonferenz hat gezeigt, dass das Thema Sexualität und Zölibat in der Priesterausbildung wesentlich vertieft werden muss. Daher heißt es in der Erklärung der deutschen Bischöfe von Fulda vom 27. September 2018: „Die für die katholische Kirche spezifischen Herausforderungen wie die Fragen nach der zölibatären Lebensform der Priester und nach verschiedenen Aspekten der katholischen Sexualmoral werden wir unter Beteiligung von Fachleuten verschiedener Disziplinen in einem transparenten Gesprächsprozess erörtern.“
Hundertprozentige Sicherheit gibt es nicht. Wir achten in der Priesterausbildung und bei der Zulassung zur Weihe auf eine umfassende menschliche und sexuelle Reife der Kandidaten.
Die Zahl ist unbekannt.
Verfahren
Die Kirche wird volle Kooperationsbereitschaft mit den Ermittlungsbehörden zeigen. Kirchliches Recht kann nicht gegen staatliches Recht stehen. Die (Erz-)Bistümer in Deutschland haben die Zusammenarbeit mit den Staatsanwaltschaften bereits seit 2010 klar geregelt. Sobald sich ein Verdachtsfall erhärtet, wird er zur Anzeige gebracht (vgl. Leitlinien für den Umgang mit sexuellem Missbrauch, Nr. 29-31).
Es gibt im kirchlichen Rechtsbereich Strafen. Für Kleriker (Priester und Diakone) gibt es zum einen die sogenannte Suspension. Sie besteht darin, dass ihm alle oder auch nur einige Akte seiner Ausübung der Rechte als Kleriker, die er durch die Weihe erhalten hat, untersagt werden. Die Suspension eines Klerikers ist eine sogenannte Beugestrafe, die zum Ziel hat, dass sich der Straftäter von seinem falschen Weg abwendet und Verantwortung für seine Taten übernimmt.
Zum anderen gibt es die Entlassung aus dem Klerikerstand als Strafe. Sie wird bei schweren Straftaten verhängt, so auch bei sexuellem Missbrauch von Minderjährigen. Es handelt sich dabei um die dauerhafte Entbindung von den Rechten und Pflichten des Klerikers.
In der Folge der Diskussion der MHG-Studie haben die deutschen Bischöfe im Ständigen Rat am 20. November 2018 auch Fragen zu einer kirchenrechtlichen Klärung der Thematik beschlossen. Wörtlich heißt es in der Erklärung: „Der Ständige Rat unterstützt außerdem den Vorschlag, interdiözesane Strafgerichtskammern für Strafverfahren nach sexuellem Missbrauch auf dem Gebiet der Deutschen Bischofskonferenz zu errichten. Dafür wird sich der Ständige Rat mit den entsprechenden Stellen in Rom in Verbindung setzen. Außerdem sieht er Reformerfordernisse im Bereich des kirchlichen Rechts und des Prozessrechts. Die deutschen Bischöfe sind bereit, auf weltkirchlicher Ebene mitzuhelfen, das Kirchenrecht in dieser Hinsicht weiterzuentwickeln. Sie nehmen außerdem den Aufbau einer kirchlichen Verwaltungsgerichtsbarkeit erneut in den Blick.“
Eine generelle Meldepflicht an die Glaubenskongregation besteht erst seit dem entsprechenden Päpstlichen Gesetz von 2001 (Motu Proprio Sacramentorum sanctitatis tutela), allerdings nur, wenn der Beschuldigte noch nicht verstorben ist.
Struktur/Ordnung der Akten
1. Das mit dem Forschungskonsortium vereinbarte Projekt stützte sich bei der Analyse von Personalakten auf Angaben in Erhebungsbögen, die die Wissenschaftler den Mitarbeitern jedes Bistums zur Verfügung stellten. Somit hatten die Wissenschaftler keinen direkten Einblick in die Personalakten, sondern konnten mit den ihnen durch die Fragebögen übermittelten Angaben arbeiten.
In der früher mit dem Kriminologischen Forschungsinstitut Niedersachsen e. V. (KFN) und Prof. Dr. Christian Pfeiffer vereinbarten Forschungsarbeit war vertraglich niedergelegt worden, dass Archivmitarbeiter der jeweiligen Diözese in einem ersten Schritt sämtliche Personalakten von Priestern und Diakonen daraufhin durchsehen sollten, ob gegen sie der dringende Tatverdacht eines sexuellen Missbrauchs bestanden hat. Nur diese Personalakten sollten dann in die empirische Untersuchung einbezogen werden. Ferner war vereinbart, mit der Durchführung der Aktenanalyse ehemalige Richter und Staatsanwälte zu beauftragen. In den Räumen der Diözesen sollten sie aus den Täterakten die relevanten Daten in die vom KFN entwickelten Erhebungsbögen übertragen. Es ist somit klar, dass weder im KFN-Projekt noch bei der MHG-Studie Wissenschaftler direkten Zugang zu den Personalakten haben sollten und hatten. Beim KFN-Projekt wurde allerdings durch Beiziehung von ehemaligen Richtern und Staatsanwälten eine zweite Ebene geschaffen. Gleichwohl gilt auch beim KFN-Projekt, dass sich die Forschungsarbeit auf die Vorarbeiten der diözesanen Archivmitarbeiter hätte stützen und verlassen müssen.
Es ist also irreführend zu sagen oder zu suggerieren, die MHG-Studie sei (im Unterscheid zum geplanten Vorgängerprojekt) ohne „Öffnung der Archive“ erfolgt.
2. Der Canon 489 § 2 CIC (betr. „Geheimarchiv“) sieht vor, dass „Akten der Strafsachen in Sittlichkeitsverfahren, deren Angeklagte verstorben sind oder die seit einem Jahrzehnt durch Verurteilung abgeschlossen sind“ vernichtet werden müssen. Es geht also um Akten aus Verfahren, nicht lediglich um Hinweise auf Sittlichkeitsdelikte, die kein kanonisches Verfahren nach sich gezogen haben. Selbst Verfahrensakten, die vernichtet werden sollten (z. B. wenn der Angeklagte verstorben ist), müssen nach kanonischem Recht weiterhin bekannt bleiben: Das Endurteil und eine Zusammenfassung des Falles müssen zugänglich bleiben und so gestaltet sein, dass kein Informationsverlust erfolgt.
3. Das Thema Aktenführung in den Bistümern ist schwierig und stellt einen besonderen Fokus der MHG-Studie dar. Dass es im kanonischen Recht Kassationsvorschriften gibt, ist im Nachhinein nicht zu ändern und stellt ganz offensichtlich keine Beschränkung der wissenschaftlichen Arbeit dar, die deren Validität infrage ziehen würde.
Die Sorge, dass die im kirchlichen Gesetzbuch (vgl. c. 489 § 2 CIC) ausgesprochene Verpflichtung zur Vernichtung von „Akten der Strafsachen in Sittlichkeitsverfahren, deren Angeklagte verstorben sind oder die seit einem Jahrzehnt durch Verurteilung abgeschlossen sind“, eine wissenschaftliche Untersuchung der Missbrauchsfälle vereiteln würde, ist weitgehend unbegründet, weil das Kirchenrecht von Strafsachen in Sittlichkeitsverfahren spricht. Es ist zunächst zu prüfen, inwieweit tatsächlich Verfahrensakten existieren oder ob es sich vielleicht nur um Hinweise auf Sittlichkeitsdelikte handelt, die nicht zu einem kanonischen Verfahren geführt haben. Letztere werden nicht vernichtet. Außerdem bleiben auch bei den tatsächlich zu vernichtenden Verfahrensakten die zentralen Informationen weitgehend erhalten, da der Fall und das Endurteil aufzubewahren sind. Die vom Kirchenrecht geforderte Zusammenfassung sollte so gestaltet sein, dass kein Informationsverlust erfolgt.
Ausdrücklich zu nennen ist hier der Umgang mit dem sogenannten Päpstlichen Geheimnis. Papst Franziskus hat dieses am 17. Dezember 2019 bei der Verfolgung von Missbrauchstaten abgeschafft. Die Instruktion regelt, dass die kirchlichen Strafverfahren zu sexuellen Handlungen unter Gewalt, Drohung oder Amtsmissbrauch, sexuellen Handlungen mit Minderjährigen, Besitz und Verbreitung von kinderpornografischem Material sowie die Vertuschung solcher Taten vom Päpstlichen Geheimnis entbunden werden. Bischof Dr. Stephan Ackermann bezeichnete diese Entscheidung als richtigen Schritt in einem langen Prozess der Kirche, der von vielen Seiten als notwendig angesehen wurde.
Mehr lesen: Pressemitteilung 17. Dezember 2019
Sonstige Fragen
Um das Anliegen von Papst Franziskus, der den nationalen Bischofskonferenzen seine Bitte zur Einrichtung eines „Tages des Gebetes und der Buße für die Opfer sexuellen Missbrauchs“ übermittelt hat, aufzugreifen, wurde der Gebetstag auch in Deutschland eingeführt. Der Gebetstag soll im zeitlichen Umfeld des durch den Europarat initiierten „Europäischen Tages zum Schutz von Kindern vor sexueller Ausbeutung und sexuellem Missbrauch“ begangen werden. Dieser findet seit 2015 jeweils am 18. November statt. Die Ziele des europäischen Tages sind es, Impulse für einen verbesserten Kinderschutz zu geben und die Gesellschaft weiterhin für die Thematik des sexuellen Kindesmissbrauchs zu sensibilisieren.
Materialien zum Gebetstag für Missbrauchsopfer bzw. zum Europäischen Tag zum Schutz von Kindern vor sexueller Ausbeutung und sexuellem Missbrauch sind verfügbar auf der Themenseite zum Gebetstag.
Das Beichtgeheimnis erstreckt sich auf alle innerhalb der sakramentalen Beichte erworbenen Kenntnisse und ist unter allen Umständen, auch über den Tod des Beichtenden hinaus, einzuhalten. Die Verletzung des Beichtgeheimnisses wird innerkirchlich streng bestraft. Das Beichtgeheimnis ist gegenüber Eingriffen auch von staatlicher Seite geschützt (vgl. Zeugnisverweigerungsrecht in Zivilprozessordnung und Strafprozessordnung). Es besteht allerdings für den Beichtvater die Möglichkeit, die Absolution zu verweigern.
Der Beichtpriester kann und muss im Übrigen den deutlichen Versuch unternehmen, den Beichtenden im Fall sexuellen Missbrauchs dazu zu bringen, sich seiner Verantwortung zu stellen. Alles, was im seelsorglichen Gespräch außerhalb der Beichte im engen Sinn des Sakraments besprochen wird, unterliegt dieser strengen Geheimhaltung nicht.
Die schon vorgenommenen Verlängerungen der Verjährungsfristen sowohl im kirchlichen wie im staatlichen Bereich wurden begrüßt. Im kirchlichen Bereich betragen die Verjährungsfristen bei sexuellem Missbrauch Minderjähriger 20 Jahre. Die Verjährung beginnt mit dem Tag, an dem die minderjährige Person ihr achtzehntes Lebensjahr vollendet.
Wir brauchen insgesamt ein neues Miteinander in der Kirche im Sinne einer Achtsamkeit und einer qualifizierten Feed-Back-Kultur. Es braucht eine entsprechende Diskussion über das Priesterbild und es braucht entsprechende Maßnahmen in der Auswahl der Priesteramtskandidaten, sowie der Aus- und Fortbildung der Priester.
Das haben auch die Beratungen der Herbst-Vollversammlung der Deutschen Bischofskonferenz nach der Vorstellung der MHG-Studie bekräftigt. Am Ende ihrer Erklärung von Fulda vom 27. September 2018 schreiben die Bischöfe: „Ihm [Papst Franziskus] stimmen wir zu, dass alle Selbstherrlichkeit von Amtsträgern der Kirche überwunden werden muss. Nötig ist ein neues Miteinander in der Kirche.“
Hierzu ist das Ergebnis der MHG-Studie sorgfältig auszuwerten. In jedem Fall legt die Studie nahe, dass die Dominanz männlicher Amtsträger die Vertuschung begünstigt hat.
Das Zölibatsversprechen ist in erster Linie die Zusage zu einem Verzicht, der aus Gründen des persönlichen Glaubens erfolgt. Die Ehelosigkeit symbolisiert die besondere Verbundenheit mit Jesus Christus. In diesem Sinn ist der Zölibat zeitgemäß. Ob er immer an das Priestertum in der römisch-katholischen Kirche gebunden sein muss, wird diskutiert.
Nicht die zölibatäre Lebensweise oder die sexuelle Ausrichtung als solche bewirken, dass Priester oder Diakone Kinder und junge Menschen sexuell missbrauchen. Deshalb sind ein Verzicht der Kirche auf das Zölibatsversprechen oder die Zurückweisung homosexuell orientierter Priester kein Lösungsangebot hinsichtlich des Missbrauchs. Entscheidend sind die Persönlichkeitsstärke und -reife des Einzelnen. Sie machen im positiven Fall eine überzeugende zölibatäre Lebensführung möglich, im negativen Fall stehen sie ihr im Weg. Wohl aber müssen und werden wir uns sorgfältig und kritisch fragen, welchen negativen Einfluss die kirchliche Sexualmoral im moralischen Umfeld, in dem Seminaristen und Geistliche in der Kirche leben, nehmen kann oder tatsächlich nimmt.
Darauf hat auch die Vollversammlung der Deutschen Bischofskonferenz in ihrer Abschlusserklärung vom 27. September 2018 in Fulda aufmerksam gemacht. Darin heißt es: „Die für die katholische Kirche spezifischen Herausforderungen wie die Fragen nach der zölibatären Lebensform der Priester und nach verschiedenen Aspekten der katholischen Sexualmoral werden wir unter Beteiligung von Fachleuten verschiedener Disziplinen in einem transparenten Gesprächsprozess erörtern.“
In der Studie heißt es dazu:
„Monokausale Erklärungen für das deutliche Überwiegen männlicher von sexuellem Missbrauch betroffener Kinder und Jugendlicher durch Kleriker der katholischen Kirche greifen zu kurz. (…) In diesem Kontext sind deshalb auch ambivalente Aussagen und Haltungen der katholischen Sexualmoral zur Homosexualität und die Bedeutung des Zölibats zu diskutieren. Die Verpflichtung zu einem zölibatären Leben könnte Priesteramtskandidaten mit einer unreifen und abgewehrten homosexuellen Neigung als Lösung innerpsychischer Probleme erscheinen, die zusätzlich die Aussicht auf ein enges Zusammenleben ausschließlich mit Männern (…) mit sich bringt. Insoweit könnten spezifische Strukturen und Regeln der katholischen Kirche ein hohes Anziehungspotential für Personen mit einer unreifen homosexuellen Neigung haben. (…) Das komplexe Zusammenspiel von sexueller Unreife, abgewehrten und verleugneten sowie die zum Zeitpunkt der Berufswahl möglicherweise latenten homosexuellen Neigungen in einer ambivalenten, teilweise auch offen homophoben Umgebung könnte also eine weitere Erklärung für das Überwiegen männlicher Betroffener beim sexuellen Missbrauch durch katholische Kleriker bieten. Allerdings sind weder Homosexualität noch Zölibat eo ipso Ursachen für sexuellen Missbrauch von Minderjährigen.“ (Vgl. S. 11 der Studie)